Die Rechte leiblicher Väter

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Während sich in der Vorweihnachtszeit Gläubige auf die Ankunft eines Kindes vorbereiteten, dessen leiblicher Vater gar nicht von dieser Welt sein soll, erging vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein Urteil, welches das Umgangsrecht der irdischen leiblichen Väter mit ihren Kindern im Geltungsbereiches dieses Gesetzes betrifft.

Laut dieses EGMR- Urteils hat ein biologischer Vater einen grundsätzlichen Anspruch auf ein Umgangsrecht.

Hier kann man den Gesetzestext downloaden

Der Sachverhalt

Der Kläger, der 43-jährige Nigerianer, Frank Eze Anayo, war 2003 nach Deutschland in eine baden-württembergische Kleinstadt gezogen und hatte Asyl beantragt. Dort hatte er eine Beziehung mit einer deutschen Frau. Sie wurde von ihm schwanger und gebar Zwillinge. Schon während der Schwangerschaft aber trennte sich diese verheiratete Freundin von ihm und ging zu ihrem Mann zurück. Der Asylantrag wurde später rechtskräftig abgelehnt und er lebt jetzt in Spanien.

Die Frau und ihr Ehemann haben drei gemeinsame Kinder. Sie lehnten die mehrfachen Bitten des leiblichen Vaters ab, seine beiden Töchter sehen zu dürfen. Anayo erstritt in dieser Zeit ein kurzfristiges Umgangsrecht. Ein Gutachter meinte, es sei- gerade für die Kinder dieses Mannes - ihren Vater kennen zu lernen und zu erleben, es sei wichtig für ihre Wurzeln, für ihre Identität, ihr Selbstwertgefühl, zumal sich diese Fragen für sie als Deutsch-Afrikaner in besonders auffälliger Weise stellten. Dieser Gerichtsbeschluss aber wurde später wieder aufgehoben.

Frank E. Anayo kann den Fall nun erneut deutschen Gerichten vorlegen, denn rechtskräftige Urteile des EGMR hat die Justiz so wie nationale Gesetze zu beachten, informieren die Medien.

...und viele Fragen

Können eigentlich Richterinnen und Richter ganz unbeeinflusst von Geschlecht persönlicher Lebenserfahrung und persönlichem Erleben über solche Dinge urteilen?, fragte ich mich, als ich diese Geschichte verfolgte. Haben sich die Richter – unbewusst angesichts eines schwarzafrikanischen Vaters – besonders um Fragen der Identität der Zwillinge gekümmert?

Wäre das bei einem „deutschen“ Vater genau so? War es ihnen wegen des „fremdländischen“ Vaters besonders einleuchtend, dass Kinder, die dann auch noch so anders aussehen, wissen müssten, wer ihr leiblicher Vater ist?

Ist nicht schon bei der Begründung des psychologischen Gutachters eine merkwürdige Haltung zu beobachten, der plötzlich die afrikanische Herkunft des Vaterszu einem Thema macht? Will er möglicherweise kein Fremdenfeind sein? Wollten die Europäischen Richter vielleicht ebenfalls diesen Vorwurf nicht auf sich ziehen. Ist der Vorwurf, den die Familie dem Vater macht, er wolle mit seiner Klage nur seine Chancen auf Asylgewährung verbessern, berechtigt? Wie auch immer, die afrikanische Herkunft gibt diesem Urteil noch eine zusätzliche „Umdrehung“ in der Problemlage. Es erhielt auch so – neben einigen verhalten-triumphalistischen Väteräußerungen – sehr viel Kritik.

Ein Sprengsatz für
viele Familien

Heribert Prantl von der „Süddeutschen“ überschrieb seinen Kommentar dazu mit Recht der Spermien. Er sieht in dem Urteil einen Sprengsatz, der das Leben von Tausenden von Familien aus dem Gleichgewicht bringen kann. Der leibliche Vater, ganz gleich wie diese Vaterschaft zustande kam, hat auf einmal Möglichkeiten, mächtig in eine Familie hinein zu wirken. Und kann dabei auch noch das Kindeswohl bemühen, eine Größe, die vieles abdecken muss, hin und wieder sogar tatsächlich das Wohl des Kindes. Das Kind wird das, was von manchen Vätern oftmals den Müttern vorgeworfen wird, ein Machtfaktor. Prantl resümiert: „Rechte entstehen (so das Bundesverfassungsgericht) nicht allein dadurch, dass ein Kind von jemand abstammt, sondern nur, wenn dafür auch Verantwortung übernommen wird. Das Straßburger Gericht sprengt diesen Zusammenhang. Es urteilt unverantwortlich.“

Die Befürworter des Urteils beschwören das Recht von Kindern, ihren leiblichen Vater kennen zu lernen. Ich frage mich, was mit den vielen Kindern wird, die von ihren leiblichen Vätern verleugnet werden. Kann man dann – in der Umkehrung - „leibliche“ Väter auch zum Umgang mit ihrem Kinde zwingen?

Mir kommt die Grusche aus Brechts „Kaukasischem Kreidekreis“ in den Sinn. Wäre ein „guter Vater“ nicht einer, der diese Konflikte erst einmal ruhen- und loslässt, bis die Kinder selbst fragen?

Zwischen Kampf
und Verleugnung

Vaterschaften sind – wie es scheint - umkämpfte Domänen oder geleugnete Tatsachen.

Während um das Umgangsrecht eines leiblichen Vaters gestritten wurde, kämpfte ein Politiker lange Jahre darum, eine leibliche Vaterschaft nicht einräumen und – schon gar nicht – dafür aufkommen zu müssen.

Kürzlich erst hat der ehemalige Innenminister von Brandenburg, Rainer Speer, nach wochenlangen Spekulationen zugegeben, dass er ein uneheliches Kind hat, für das er bisher die Staatskasse hat zahlen lassen. Im Oktober habe er sich einem Vaterschaftstest unterzogen, um sich Klarheit zu verschaffen. Er habe daraufhin den damals vom Jugendamt an die Mutter des Kindes gezahlten Unterhaltsvorschuss zurückgezahlt, sagte Speer, der wegen des Vorwurfs eines möglichen Sozialbetrugs politisch unter Druck geraten und Ende September zurückgetreten war. „Alle Forderungen sind beglichen", sagte er weiter. Er werde jetzt künftig offiziell Unterhalt an das inzwischen 14 Jahre alte Kind zahlen. Auch alle nötigen standesamtlichen Regelungen seien getroffen worden.

Er räumte ein, dass es ein Fehler gewesen sei, die nötigen Klärungen zur Vaterschaft nicht schon früher vorgenommen zu haben.

Gott hat auch auf dem Umgangsrecht mit seinem Kind bestanden. Wie es Josef dabei ging, hat niemanden interessiert.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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