Ja, er hat unsereinen so durch die Zeiten begleitet. "Buridans Esel" – immer wieder gern gelesen. Und immer, wenn ich mal durch die jetzt so aufgehübschte Berliner Auguststraße gehe, denke ich an einen Kapitelanfang mit den Worten „Beginnt nach Frost die Frühlingszeit, ist der Rohrbruch nicht mehr weit“. Und ich denke daran, wie ich – dienstlich – mal vor seiner Tür dort stand, aber er war Gottseidank nicht zu Hause. Schon damals war er ein Stadtflüchtling und suchte die Ruhe in Brandenburg. Rohrbrüche sind heute wohl nicht mehr zu erwarten in den gentrifizierten Vierteln.
Märkische Forschungen und Abrechnung mit Wolfgang Harich
Noch mehr beeindruckt und begeistert hat mich Märkische Forschungen über einen – mit den Instrumentarien der zweckgerichteten Literaturforschung - aufgepeppten Dichter zum Revolutionär und die Revolte eines simplen Heimatforschers gegen solche Manipulationen. Eine Abrechnung übrigens mit dem Philosophen Wolfgang Harich (1923-1995), der mit seiner Forschung über Johann Paul Friedrich Richter immer in Konkurrenz zu de Bruyn stand, der ein sehr viel beachtetes Buch geschrieben hatte über den unter dem Namen Jean Paul bekannten deutschen Dichter zwischen Klassik und Romantik.
Zwischenbilanz und Vierzig Jahre
Gelesen – oder eher mit Vergnügen gehört – habe ich auch seine biographischen Sachen. Zwischenbilanz und Vierzig Jahre. Er war ein konservativer Mensch in der DDR. In seinem Rückblick ein bisschen zu viel Rechtfertigung für das Verbleiben in diesem von ihm so wenig geliebten Land. Aber dennoch einer, der so genau hinsah, wie die Dinge so liefen im Lande und Neue Herrlichkeit (auch einer seiner wunderbaren zeitdiagnostischen Romane) dingfest machte.
Die ihn kennen, sagen er sei so sanftmütig. Und so sanftmütig und doch manchmal ganz verdeckt giftig sind seine Bestandsaufnahmen.
Ein reiches deutsches Schrifstellerleben ging zu Ende.
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