Ein noch immer gültiger Appell

Gewalt und Männlichkeit Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die männliche überwinden. Das schrieb - vor vielen Jahren schon - Erhard Eppler der SPD ins Parteiprogramm.

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Wenn wir gleiche Teilhabe für Frauen und Männer verwirklichen wollen, müssen wir alle Lebensbereiche umgestalten: Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die männliche überwinden. Das schrieb - vor vielen Jahren schon - Erhard Eppler der SPD ins Parteiprogramm. Der Satz ist - trotz mancher Debatten - auch im zuletzt 2007 verabschiedeten Programm noch immer drin.

Scharfe Abrechnung mit

Helmut Schmidt

Erhard Eppler ist in seinem

jüngsten Buch Links leben - laut Rezensionen - sehr scharf mit dem verstorbenen Helmut Schmidt ins Gericht gegangen. Dessen Macher-Pathos habe ihn immer abgestoßen, seine Verachtung für ökologische Themen, seine "Brandt-Verachtung".

Die biographische Abrechnung fällt in die Zeit, da die Bundesrepublik des verstorbenen Kanzlers gedenkt und kritische, zornige Worte gegen ihn wenig passen.

Aber, mir ging Epplers Wort von der Überwindung der männlichen Gesellschaft gerade wieder durch den Sinn.

Die mörderischen Anschläge in Paris, die wilden Reden von Rache und Zorn, die Debatten um junge Männer aus Syrien und anderen arabischen und afrikanischen Ländern und deren Frauenbild.

All das lässt eine erneute Debatte über "Männlichkeit" und Gewalt in den Vordergrund treten.

Der Autor, Coach und philosphische Berater Florian Goldberg hat in seinem heutigen politischen Feuilleton bei deutschlandradiokulur gefragt: Ist Gewalt Männersache und kommt zu dem Schluss

"All (diese)Scheußlichkeiten werden in aller Regel von Männern begangen. Welche Rolle Frauen dabei auch immer spielen mögen - sie sind es nicht, die andere Menschen zerhacken, verdreschen, vergewaltigen, versklaven, erschießen, steinigen. Sie sind es bis auf ganz wenige Ausnahmen nicht, vor denen Menschen rund um den Globus flüchten. Es sind Männer, häufig junge. Im Fall von Paris wohl blutjunge."

Es kann sein, dass dieser so eindeutige Beitrag einen Weg in die Öffentlichkeit fand, weil damit - unterschwellig - gegenwärtige Besorgnisse über die vielen jungen Männer, die zu uns flüchten, transportiert werden, aber er trifft dennoch ein - nur gegen großen Widerstand - zu diskutierendes Problem.

Die Thesen von Gunnar

Heinsohn und die Kriege

Die Frage, welche Rolle junge Männer, die in ihren Ländern keine wirkliche Bestätigung, keine Anerkennung, keinen Broterwerb finden, beim Ausbruch künftiger Kriege spielen mögen, hat der Soziologe Gunnar Heinsohn vor Jahren gestellt.

Eine leicht radikalisierbare Masse von Halbwüchsigen, ein Millionenheer gewaltbereiter Krieger sah er 2004 am Horizont. Diese Thesen wurden entschieden abgelehnt - einige Kritiker sprachen von Stammtischnähe

Darum hält sich Florian Goldberg auch mit diesen Theorien nicht auf, sondern sieht in der nächsten Umgebung, nicht fern in Afrika auf die Zeichen struktureller Gewalt:

"Diese latent-strukturelle Gewalt tritt im Alltag zutage im Autofahrer, der wütend einen Fußgänger schneidet, dem beim Überqueren der Kreuzung die Ampel auf Rot umgesprungen ist. Oder in der Managementsitzung, bei der die einzige Frau im Kreis mit einer Mischung aus anzüglichen Witzchen und väterlicher Gönnerhaftigkeit bedacht wird. Oder in der Zweifelsfreiheit, mit welcher im Moment die politischen Positionen zementiert und die jeweiligen Gegner diskreditiert werden.

Mit anderen Worten: Die Gewalt, die wir so verabscheuen, hat mit uns als Einzelnen zu tun. Verehrte Hörer: mit Ihnen und mit mir!"

Er wird ziemlich viel Ärger bekommen, denn mit "männlicher Gesellschaft" fühlen die meisten Männer sich gerade nicht gemeint oder sehen in Epplers Satz gar eine Kampfansage an die Männer insgesamt. Aber, es ist dennoch viel Wahrheit in diesem Einwurf.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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