Eine merkwürdige Krawallmacherei ist das. Die EKD hat eine Studie vorgestellt, die sich mit Männern als Opfer häuslicher Gewalt beschäftigt. www.epd.de/nachrichten/index_82172.html
Die Studie ist noch gar nicht veröffentlicht, da sind sie schon da, die eifrigen Interpreten. Und ein Jubel bricht los, als hätten sie das große Los gezogen: Ja, wir hatten schon immer Recht. Auch Männer sind Gewaltopfer: Hurra, hurra.
Nach wie vor aber geht von Männern die brutalere Gewalt aus. Das erklärte der theologische Vorsitzende der EKD-Männerarbeit, Heinz-Georg Ackermeier bei der Vorstellung der Studie. Die von Männern häufiger verübten körperlichen Angriffe wie Tritte, Faustschläge oder Bedrohung mit einer Waffe sollten nicht verharmlost werden.
Die Leiterin des Verbandes "Evangelische Frauen in Deutschland", Beate Blatz, erklärte gegenüber dem evangelischen pressedienst, in der Auseinandersetzung um die Frage nach Opfern und Tätern häuslicher Gewalt müsse klar definiert werden, um welche Art von Gewalt es sich handele. So könnten zum Beispiel massive körperliche Bedrohungen nicht mit Anschreien gleichgesetzt werden.
Solche Statements belegen die Begründetheit des Verdachts, dass die Vorabdeutungen dieser Studie, die man en detail ja erst einmal ansehen muss, sehr einseitig sind. Nach dem Hase-und-Igel-Motto: "Wir sind schon da".
"Wir streiten nicht ab, dass auch Männer Opfer von Gewalt sind", sagte Beate Blatz weiter. In den meisten Fällen handele es sich dann aber um Gewalt unter Männern. Dieser binnengeschlechtliche Aspekt müsse berücksichtigt werden, um mit dem Problem präventiv umzugehen." Wenn Männer als Opfer anderer Männer ebenfalls in dieser Studie auftauchen, dann ist das - von der geschlechtsspezifischen Auswertung her, eigentlich unredlich.
Wie auch immer: Der internationale Aktionstag "NEIN zur Gewalt gegen Frauen" am 25. November 2010 hat nach wie vor seine Berechtigung.
In Pankow wird es zahlreiche Aktivitäen aus diesem Anlass geben:
Eine davon ist diese Theateraufführung:
Mittwoch, 24.11.2010, 19:30 Uhr „Barbara" -
Barbara aus Bolivien lebt seit der Flucht vor den Misshandlungen ihres Mannes, einem hohen Militär, nunmehr elf Jahre geduldet in Brüssel. Als sie eine Vorladung zur Polizei erhält, kommt mit der Angst vor der Abschiebung in die Heimat die traumatischen Erfahrungen der erlebten Gewalt und der Flucht zurück…
WO: Jugendhaus Königstadt, Saarbrücker Str. 23, 10405 Berlin
Das Theaterstück wird von zwei Gebärdensprachdolmetscherinnen simultan übersetzt.
Eine Kooperation der Gleichstellungsbeauftragten und der Integrationsbeauftragten des Bezirksamtes Pankow sowie der Arbeitskreise der Pankower Frauenprojekte und der MigrantInnenprojekte. Mit Unterstützung des Michael Tschechow Studios Berlin.
Kommentare 18
Männer könne auch Opfer häuslicher Gewalt sein. Das berüh mte Nudelholz, wenn der Mann abends besoofen nach Hause kommt ist nicht so harmlos wie es aussieht. Es kann schwer verletzen.
Sicher gibt es die Sache mit der häuslichen Gewalt wahrsdcheinlich viel oters umgedreht, aber man sollte Frauen auch nicht idealisieren. Sie können auch zuschlagen, auch wenn das viel seltener im wirklichen Leben der Fall ist, aber überbewerten sollte man diese Studie vielleicht trotdem nicht. Nicht , dass es nicht vorkommt , aber es ist auch eine Sache mit der die Privaten in ihren Talkshows billige Sendungen produzieren. ....aber wenn Frauen das machen und es Wird bewiesen sollte das auch genauso hart bestraft werden, wie es es bei männlichen Strftäterrn der Fall sein müsste, aber leider oft nicht ist.
Gewalt in häuslichen Beziehungen ist kein Kavaliersdelikt!
Lieber poor,
ich denke wie Du, dass jede Art von Gewalt ganz gleich ob Männer gegen Männer, Frauen gegen Frauen, Frauen gegen Männer und Männer geggen Frauen nicht zu billigen ist.
Aber, in diesem Falle war das erste Echo so merkwürdig laut ,dass ich mich nicht enthalten konnte, paar Anmerkungen zu machen.
Jetzt muss man sehen, wie die Studie überhaupt aussieht. Es kennt sie ja noch keiner.
Gruß
von Magda (ohne Nudelholz und Bratpfanne)
Aus der Thematik ergeben sich für mich ein paar Fragen:
"So könnten zum Beispiel massive körperliche Bedrohungen nicht mit Anschreien gleichgesetzt werden."
Warum nicht? Weil körperliche Bedrohungen sich folgenreicher auswirken als seelische Verletzungen?
Ist nicht die Höherbewertung der körperlichen (=männlich konnotierten) Gewalt eine Festschreibung androzentrierten Herrschaftsdenkens?
"Wenn Männer als Opfer anderer Männer ebenfalls in dieser Studie auftauchen, dann ist das - von der geschlechtsspezifischen Auswertung her, eigentlich unredlich."
Gibt es entsprechende Untersuchungen zur Gewalt von Frauen an Frauen?
Die Männer, mit denen ich zu tun hatte als Opfer von weiblicher Gewalt, waren welche, die sich körperlich durchaus gut hätten zur Wehr setzen können. Was ist aus dem Umstand zu schließen bzw. zu lernen, daß sie es trotzdem nicht getan haben? Was ist daraus zu folgern in Bezug auf Frauen als Opfer von körperlicher Gewalt?
Gewalt ist vielschichtig. Jemandem den Mund verbieten, ist Gewalt. Einem verirrten Kind den Weg nicht zu zeigen, ist Gewalt. Einem durstigen Menschen kein Glas Wasser zu geben, ist Gewalt. Ein Volk hungern zu lassen, ist Gewalt. Einen Bettler frieren zu lassen, ist Gewalt. Der Gewalt nicht zu widerstehen, ist ebenfalls Gewalt, und Gewalt mit Gewalt bekämpfen zu heißt, neue Gewalt an die Stelle der alten setzen. Selbst Gewaltfreiheit, wenn sie Gewalt erzwingt, wird zur Gewalt.
Gewalt ist ein Stück Primitivität, die uns sehr deutlich zeigt, wie wenig der Intellekt, auf den wir uns ja so viel einbilden, doch die Emotion, das Tierische und Ursprüngliche in uns, beeinflusst.
Die Meldung gleicht der Geschichte mit dem Finger, der auf andere zeigt, während drei auf einen selbst zeigen.
Das Getöse um "was auch immer" regt mich nicht mehr so sehr auf, seit ich konsequent versuche, dahinterzuschauen, warum ausgerechnet diese spezielle Meldung zu diesem Zeitpunkt publiziert wird. Was ist die Absicht und was steckt dahinter? Es scheint nur auf den ersten Blick offensichtlich.
"Warum nicht? Weil körperliche Bedrohungen sich folgenreicher auswirken als seelische Verletzungen?"
Das ist wohl nicht der Punkt. Aber ich erinnere mich, dass gerade Männer einst sich über Statistiken und Frauenaussagen erregt haben, die auch "Niedermachen" und "Beleidigung" mit als Gewalt werteten. Damals wurde das moniert. Heute - wo es der Statistik hilft - ist es auf einmal von Belang. Statistiken haben immer eine Zielrichtung. Man muss erstmal sehen, wie diese EKD-Statistik aussieht.
Ist nicht die Höherbewertung der körperlichen (=männlich konnotierten) Gewalt eine Festschreibung androzentrierten Herrschaftsdenkens?
Vielleicht, kannst ja dafür kämpfen, dass sich das ändert. Sehr lohnende Aufgabe. Dann wird weibliches Anschreien genau so bewertet wie der Schlag, den eine Frau dafür dann einstecken muss. Das ist eine prima Quotenregelung.
"Dann wird weibliches Anschreien genau so bewertet wie der Schlag, den eine Frau dafür dann einstecken muss. Das ist eine prima Quotenregelung."
Das fände ich zB einen prima Anfang, denn beides sind Formen von Gewaltanwendung, die jeweils auf ihre ganz eigene Art und Weise wirksam sind. Siehe auch die Beispiele von GeroSteiner. Gewaltbereitschaft würde ich allerdings nicht so negativ konnotieren wollen wie dieser, schließlich gehört sie zum Instrumentarium, das dem Menschen das Überleben sichert, ist also evolutionsgeschichtlich durchaus sinnvoll. Sonst gäbe es sie ja nicht.
"Das Getöse um "was auch immer" regt mich nicht mehr so sehr auf, seit ich konsequent versuche, dahinterzuschauen, warum ausgerechnet diese spezielle Meldung zu diesem Zeitpunkt publiziert wird. Was ist die Absicht und was steckt dahinter? Es scheint nur auf den ersten Blick offensichtlich."
Und was ist deiner Meinung nach das, was sich erst auf den zweiten Blick erschließt in Hinblick auf diese spezielle Meldung und der folgenden Aufregung darüber?
"Das fände ich zB einen prima Anfang, denn beides sind Formen von Gewaltanwendung, die jeweils auf ihre ganz eigene Art und Weise wirksam sind."
Na, was wird denn, wenn der aufs Anschreien hin erfolgte Schlag zum Tod führt? Rechnet man dann auf, dass das Anschreien ja vorher den Angeschrieenen zu Tode hätte erschrecken können? Dass jede Art von Gewaltanwendung auf ihre eigene Art wirksam ist.
Das wäre dann ein prima Ende für alle an der Gewaltausübung Beteiligten.
Und wie bewertet man Vergewaltigung. Ist das auch die adäquate Antwort eventuell auf unziemliche Anmache?
Bis jetzt noch keine schlüssige Folgerung. Keine Ahnung, in welche Richtung das geht.
Kirche, evangelisch, Gewalt, Frauen, Männer, unterschiedlich, anschreien, Prügel, Umfrage, geschlechtervergleichende Studie, häusliche Gewalt, Männerarbeit, unsichtbare verbale Gewalt, Tritte, Faustschläge, öffentliche Diskussion, nicht abstreiten.
Das muss noch ein paar Tage reifen, bevor ich das einsortieren kann. Kommen sicher noch ein paar andere dazu passende Meldungen, dann wird es vielleicht klarer.
Zum einen: Frauen auf die Opferrolle festzuschreiben, wohin führt das? Bei Männern wie bei Frauen?
Zum anderen auch gerne noch mal: Auch Frauen, die Kampftechniken bzw. Selbstverteidigungstechniken vorzüglich beherrschen, - und jetzt formuliere ich einmal provokativ - haben sich vergewaltigen lassen. Weil, wie sie hinterher sagten, sie etwas in ihrem eigenen Inneren daran gehindert habe, den Mann einfach zusammenschlagen, wozu sie locker imstande gewesen wären.
Woher kommen solche Phänomene? Wie sind sie zu erklären?
Frauen werden nicht nur vergewaltigt, weil sie vorgeblich die körperlich Schwächeren sind. Da wirkt noch etwas über das Körperliche hinaus.
Und hier wird ein Punkt interessant: Was können Frauen von weiblichen Tätern in dieser Hinsicht lernen? Was wirkt, ganz offenkundig, bei Täterinnen körperlicher Gewalt nicht?
Frauen sind nicht nur Opfer, sie lassen sich auch dazu machen. Dieser Teil der Verantwortung ist nicht an die Männer bzw. an die Gesellschaft deligierbar.
@GeroSteiner
Bitte bleib dran!
zum weiterlesen
www.taz.de/1/leben/alltag/artikel/1/die-kleinen-unterschiede/
Danke für den Link.
Niemand definiert Frauen heutzutage nur als Opfer.
Dass Frauen sich zu Opfern machen lassen musst Du mal den vergewaltigten Frauen im Kongo oder auf dem Balkan erzählen. Die freuen sich darüber unglaublich. Keine Frau will Opfer sein, aber sie wird es halt und muss überleben.
Hier noch der Link zum Taz-Beitrag von Barbara Kavemann. Vielleicht ist die - lange in der Gewaltprävention tätig glaubwürdiger als ich es für Titta usw. bin. Und auch sie bestreitet selbstverständlich nicht, dass Gewalt von beiden Geschlechtern ausgeht und zwar psychisch und physisch.
www.taz.de/1/leben/alltag/artikel/1/gewalt-von-frauen-ist-wenig-gravierend/
antjeschrupp.com/2010/11/16/gewalt-ist-nicht-geschlechtsneutral/
Und noch eine Stellungnahme, die im Grunde in meine Diskursrichtung geht.
evangelischesfrankfurt.de/2009/05/wenn-worte-wie-schlage-sind
Psychische Gewalt geht auch von Männern aus.