Erinnerung an eine Klavierlehrerin

Frauenspuren in Pankow Bis in die Mitte der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts lebte in Berlin- Weißensee eine schon ältere Klavierlehrerin mit dem Namen Ella Detta Schenk.

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Sie bewohnte ein kleines Haus in der Parkstraße - ob es ihr Elternhaus war, ob es ihr gehörte oder nicht, ist nicht bekannt - das so nach und nach verkam, denn sie gehörte zu den Menschen, die wenig praktischen Sinn haben und sich um ihre Lebensbedingungen kaum kümmern. Sie besaß ein gutes Instrument – und viele, viele Katzen.

Gekümmert hat sie sich um ihre Schülerinnen und Schüler, Kinder oder schon Erwachsene, denen sie eine strenge, aber hervorragende Ausbildung angedeihen ließ. Sie verstand die ihr anvertrauten jungen Menschen ein bisschen auch als ihre Familie. Ihre Schwester war im Bombenhagel in Berlin gestorben, weitere Verwandte hatte sie wohl nicht. So galt ihre ganze Aufmerksamkeit der Lehre und Vermittlung musikalischer Bildung.

Sie nahm Einfluss auf das kulturelle Leben in ihrem Bezirk, engagierte sich bei der Vermittlung musikalischer Kenntnisse in der Volkshochschule. Sie veranstaltete in ihrem Haus Soireen – mit Musik und literarischen Gesprächen – die junge Menschen zusammenführten.

Dokumente eines intensiven

und doch bescheidenen Lebens

Vor einiger Zeit hatten wir - der Frauenbeirat Pankow - Kontakt mit einer älteren Dame. Sie bot der AG Spurensuche - die sich um Frauen kümmert, die im Bezirk kulturell oder politisch aktiv waren und ihn mit geprägt haben - einige Dokumente über Ella Detta Schenk an. Ein Freundeskreis ehemaliger Schüler hatte sie aufbewahrt. Aber, auch sie würden älter, erklärte sie und wüssten nicht so recht, wie man die Erinnerung an sie am besten bewahrt.

So kam die Geschichte von Ella Detta Schenk zu uns: Dokumente über ihr Leben, Auszeichnungen, Wirken. Sie soll Eingang finden in eine neue Broschüre über Frauen in Pankow

Dass diese Frau so in der Erinnerung der Menschen geblieben ist, die mit ihr zu tun hatten und sie jetzt dem Vergessen entreißen – es geht mir nach. Auch ich hatte als Kind Klavierunterricht und denke oft an meine Lehrerinnen und Lehrer. So war dies für mich persönlich wie ein freundlicher Auftrag aus der Vergangenheit, einer interessanten, leidenschaftlichen Person der Vergangenheit wieder Gestalt zu geben.

Kürzlich habe ich mich mit einem ihrer ehemaligen Schüler getroffen. So lebendig die Erinnerung und so viele Seiten an einer Person, der die Musik alles war, aber auch ein bisschen ein „verrücktes Huhn“, ein bisschen bohememäßig mit wenig Interesse an dem, was die Nachbarn sagen oder „die Leute“. Eine Person, die junge Leute zusammenführte, nicht nur zum Musizieren, sondern auch zum Debattieren, manchmal auch um Partnerschaften zu stiften. Eine Person, die sich manchmal auch da einmischte, wo ihr Rat nicht so gefragt oder gar beachtet wurde, sie aber trotzdem immer geachtet.

"Um andere zu entzünden, muss man selbst brennen" zitierte der ehemaliger Schüler ihr Lebesnmotto.

Ein gelebtes Leben tut sich auf mit vielen Lücken - die jungen Jahre sind wenig dokumentiert. Aber, ein Leben, das bis zu ihrem einsamen Tod – sie wurde in ihrer Wohnung tot aufgefunden – doch soviel Wirkung hatte und Menschen bereicherte.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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