Es ist nicht zu glauben

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In einem anderen Blog haben wir kürzlich – Titta und ich – über Gutgläubigkeit geschrieben. Ich habe behauptet, die Mehrheit der Westdeutschen ist – vereinfacht gesagt – für mich ein Rätsel, weil die so gutgläubig sind. Aber auf der anderen Seite - konterte Titta – immerhin hätten gutgläubige Ostdeutsche diesem Lande 16 Jahre Kohl beschert. Das stimmt ja nun leider auch. Ich nun wieder wandte ein, dass diese Gutgläubigkeit sehr schnell ein Ende hatte – in Ostdeutschland.

Am Rande fällt mir doch auf, dass das Ende dieser ostdeutschen Gutgläubigkeit auch der Beginn der verschärften „Aufarbeitungswellen“ ist. Man muss den Ostdeutschen noch einmal den Kopf ordentlich nach hinten leiern, damit sie nicht immer so hingucken, auf das, was vor ihren Augen geschieht.

Wenn ich mir das so überlege: Man kann es gar nicht glauben.

Ein gewesener CDU- Titan in Berlin, wie dieser Rüdiger Landowsky, bereichert sich und andere schamlos und sitzt jetzt – nach fast einem Jahrzehnt – endlich vor Gericht. Es wird nicht viel bei rauskommen. Das Land muss die gewährten finanziellen Garantien zahlen.

Ein Bahnvorsitzender ruiniert die S-Bahn Berlin so nachhaltig, dass ein Chaos ausbricht, wie es das realsozialistische Berlin-Ost nie im Leben hingekriegt hätte. Und Revolution kann man auch nicht machen, denn – wie man von Lenin weiß -wenn deutsche Revolutionäre einen Bahnhof stürmen wollten, kauften sie sich erst einmal eine Bahnsteigkarte. Und das geht jetzt schon mal gar nicht.

Eine Politikerkaste quatscht zum Fenster raus, sie wolle mal durchgreifen und durchsetzen, dass man den Managern von Banken, die der Staat stützt, weniger zahlt. Und dann kungeln sie rum, und bearbeiten semantisch, was „Festes Geld“ bedeutet und wasein „Bonus“ ist und höhnisch grinst ein Manager in die Kameras. Nicht zu glauben.

Oder gestern im WDR-Presseclub

www.presseclub.de

Rainer Hank von der „Frankfurter Allgemeinen“ macht da den objektiven Realisten, will auch kein Zyniker sein, nein keineswegs, gibt aber – neben vielen anderen marktliberalen Sätzen – scherzhaft zu bedenken, dass nicht jeder verdienen kann wie Wiedeking von Porsche. Was habe ich da gelacht. Ein Ästhet, direkt von der mich immer so erschreckenden Schöngeisterbahn.

Er redet – im Neusprech - von der „Spreizung der Einkommen“. Wer ein bisschen Sinn für Worte hat, dem entgeht die verschleiernde Obszönität dieses Wortes nicht. Darf der das? Darf der sich satt und zufrieden dort hinsetzen, in die Runde lächeln und erklären, dass alles so schon seine Richtigkeit hat und ein Mindestlohn von absolutem Übel. Unglaublich so was.

Dürfen die das?

Ich werde den Verdacht nicht los, dass die das nicht nur „dürfen“, sondern auch sollen und wollen. Und – bei Rainer Hank speziell - schien es mir, als ob dieser Mann, der monatelang ziemlich abgetaucht war, eine geheime Kenntnis hat, dass die CDU-FDP Koalition diese Wahlen gewinnen wird.

Und wie dieser Sieg dann – auch von der Präsentation her – aussieht, davon bekam man gestern im Presseclub einen Eindruck. Es waren auch noch andere Journalisten dort, die sich gemäßigt neoliberal bis kritisch gaben. Es war auch ein ziemlich verblüffter Vertreter von der Frankfurter Rundschau am Tisch, mit solch naiven Feststellungen, dass es gar nicht genug Jobs gibt in Deutschland. Aber der hatte wenig Chancen.

Ich höre – besonders bei Hank – immer die Frage im Hintergrund: „Wollt Ihr den totalen Markt?“ Wie ist so was möglich? Mitten in der Finanz- und Wirtschaftskrise? Haben die Leute im Westen so einen Schiss vor den Linken, dass sie CDU und FDP wählen wie in Hessen? Man will es gar nicht glauben. Im Guten schon gar nicht.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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