Eugen Drewermann „Kleriker – Psychogramm eines Ideals

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Ein Lesetagebuch aus biographischem und aktuellem Anlass

Eugen Drewermanns Buch ist schon im Jahr 1989 erschienen und wurde umfangreich besprochen. Ich war in dieser Zeit sehr befreundet und verliebt in einen Kleriker, einen Niederländer. Eine lange Geschichte, die ihre eigene Erzählung kriegen sollte. Ein bisschen davon ist hier nachzulesen. www.freitag.de/community/blogs/magda/am-meer---was-mit-liebe/?searchterm=Am+Meer

Ich bin selbst katholisch aufgewachsen und deshalb war mir vieles an „klerikalen“ Verhaltensweisen nicht fremd. Neu war mir eine – in meinem ostdeutschen Umfeld unbekannte – sehr männliche Seins- und Selbstgewissheit, die er ausstrahlte und auch eine Mischung aus kindlichem Vertrauen und großer Geschicklichkeit im Umgang mit Menschen. Diese offene weitherzige Art kannte ich von den Kaplänen meiner Kindheit nur sehr begrenzt. Die meisten waren sehr konservativ. Auch in der Zeit des II. Vatikanischen Konzils blieben sie in Deckung – umgeben von Feinden ist „aggiornamento“ weniger geboten. Ich trat schon in jungen Jahren aus der Kirche aus.

Nach der Wende gab es die Möglichkeit, sich zu sehen und zu besuchen. K. lebte in einer Ordenskommunität, die sehr modern und offen war. Man trug dort auch selten Ordenskleidung und hatte ständig Gäste im Haus.

Ich fuhr dort mehrfach hin und es gab einen ausführlichen Briefwechsel. Die Beziehung wurde aus vielen Gründen sehr konfliktbeladen und anstrengend.

Um mich in einem entstehenden Groll gewissermaßen geistig zu „munitionieren“ kaufte ich mir den Drewermann, fand da zwar keine Munition, aber viel einleuchtende Erklärung für manches Unbehagen. K. selbst war irritiert, als ich mit ihm über das Buch sprechen wollte. Er fand, Drewermann habe ja nie in einer Ordensgemeinschaft gelebt, wobei dies auch nicht der Schwerpunkt in Drewermanns Buch ist, sondern die „weltlichen“ Kleriker. Dieser Einwand war mir als Ostdeutsche in anderen Zusammenhängen sehr bekannt.

Wie auch immer, wir entfernten uns voneinander, auch weil unser Leben ja fest lag und niemand es ändern konnte oder wollte. Vor einigen Jahren ist er gestorben.

Und da spürte ich erneut, wie sehr ich ihn geliebt hatte und wie bereichernd und wichtig für mein Leben diese Beziehung gewesen war. Der Tod schuf Versöhnung, wo vorher ja auch kein Hass, sondern nur Enttäuschung und Entfremdung gewesen waren.

Dies also der Hintergrund.

Ich stelle beim Schreiben fest, dass das eine gute Form ist, diese Geschichte aus der bekannten „Frau liebt Priester-Ecke“ raus zu kriegen und auch über die Bereicherung zu schreiben, die mit solch einer Beziehung verbunden ist.

„Ich denke nur an Dich und dadurch ständig Neues“ – das ist eine Formel, die das durchaus beschreibt. Es war ein ständiger direkter oder auch innerer Disput und natürlich Streit. Jahre später kam mir Luise Rinsers „Gratwanderung“ in die Hände. de.wikipedia.org/wiki/Luise_Rinser

Sie hat da den Briefwechsel mit Karl Rahner de.wikipedia.org/wiki/Karl_Rahnerveröffentlicht, mit dem sie zärtlich-erotische Freundschaft verband. Rahner ist einer der großen Konzilstheologen gewesen, von Hans Küng als „Protaogonist der Freiheit der Theologie“ gewürdigt. Da fand ich einige Empfindungen wieder, obwohl ich zu Luise Rinsers Arbeiten ein gespaltenes Verhältnis habe. Es wurde auch noch einmal deutlich, welchen Aufbruch die Katholische Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil verpasst und versäumt hat und welche großen Geister sie verleugnet oder vernachlässigt.

Ich werde also "Kleriker" noch einmal lesen und in Fortsetzungen das mir Wichtige im Blog schreiben und dabei meine eigenen Erfahrungen versuchen, einzuarbeiten.

(Hoffentlich halte ich durch und vielleicht gibt es Interessierte.)

Zum Vorwort

Schon im Vorwort entzaubert Drewermann sein Thema, gerade indem er sich auf verklärende Literatur bezieht: „Francis Jammes „Der Pfarrherr von Ozeron“ zum Beispiel ist ein Buch, in dem der Kleriker „in der Tat „Symbol, Repräsentant, ja geistiger Garant einer Welt (ist) die trotz aller Schwachheit und Schuld der Menschen aus den Händen Gottes nie herausgefallen ist“. Er setzt dieser Sicht die Analyse entgegen, aber nicht, um irgendwelcher Entlarvung Nahrung zu liefern, sondern, weil er glaubt, dass es darum geht, den Priesterstand aus seiner Erstarrung zu erlösen und ihm seine prophetische und dichterische Existenzform zurückzugeben.

Mir gefiel das damals sehr. Denn ich behauptete im Streit, dass die wirkliche Transzendenz immer von den Kreativen, den Künstlern ausgehe und nicht von der Kirche und ihren Klerikern. Bei denen sei das eine Behauptung. Nicht ohne Grund und auch aus Rivalität habe die Kirche die Künstler immer mit Misstrauen betrachtet oder so fest und machtvoll in den eigenen Dienst gestellt, dass sie sich nur schwer wieder befreien konnten.

Drewermann führt dann noch Hermann Hesses „Narziß und Goldmund“ als Beispiel für die sich bedingenden Widersprüche von – vereinfacht gesagt - Denken und Fühlen an, die durch den Priesterstand getrennt werden und ihn unfruchtbar machen.

„Wir Denker suchen uns Gott zu nähern, indem wir die Welt von ihm abziehen. Du näherst Dich ihm, indem du seine Schöpfung liebst und noch einmal erschaffst. Beides ist Menschenwerk und unzulänglich, aber die Kunst ist unschuldiger “ spricht Narziß zu Goldmund.

Ende 1. Teil (Fortsetzung folgt)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden