Filmpreis für "Schattenstunde"

Jochen Klepper "Unter dem Schatten Deiner Flügel" ist der Titel der Tagebücher des protestantischen Schriftstellers und Dichters Jochen Klepper. Sein Leben wurde verfilmt.

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Der First Steps Award – ein wichtiger Nachwuchspreis - wurde für den Film „Schattenstunde“ von Benjamin Martens vergeben. Es ist eine filmische Biographie über das Leben des protestantischen Dichters Jochen Klepper.

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Der Schatten verdunkelte eine andere Zeit und eine andere Welt.

"Unter dem Schatten deiner Flügel"

Die Tagebücher von Jochen Klepper , Sohn eines protestantischen Pfarrers aus dem schlesischen Beuthen, nehme ich immer wieder in die Hand, seit es in den 1970er Jahren im Berliner UNION Verlag erschien.

Bekannt ist Klepper – neben seinen Kirchenliedern - durch zwei sehr unterschiedliche Bücher. "Der Kahn der fröhlichen Leute", ist eine Heimatgeschichte, in der die Oder die wichtigste Rolle spielt. Mir ist die kleine Erzählung deshalb ein Begriff, weil die DEFA nach dem Kriege nach seinem Buch einen Film gedreht hat. Schon 1950.

Jochen Kleppers wichtigeres und bekannteres Buch ist "Der Vater". Es handelt - episodisch und biographisch eingefärbt – vom "Soldatenkönig", dem Vater des Großen Friedrich. Damit wurde der Schriftsteller - noch in Zeiten des Nationalsozialismus - bekannt, obwohl er im Erscheinungsjahr schon aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen war. Er erhielt aber - weil treue Freunde ihn unterstützten – immer wieder Sondergenehmigungen. Klepper, der konservativ war und sich als unpolitisch verstand, schrieb 1933 in sein Tagebuch:„ Müde, dreißigjährige vierzigjährige Kompromissler, durch primitive Existenzkämpfe verängstigt. Wie wir es drehen und wenden – das sind wir ! Und wie die Nationalsozialisten es drehen und wenden! sie können nichts zustandebringen als eine Verlängerung der Arbeitslosigkeit.“

Er leistete so manche Anpassung, trat 1932 aus der SPD aus, weil das in den neuen Zeiten für seine Arbeit beim Rundfunk nicht opportun war, er erwartete wenig von dieser neuen Herrschaft, aber er ahnte noch nicht, wie bitter es kommen wird.

Ein Verantwortlicher
mit Namen Eichmann

Er ist mit einer Jüdin verheiratet. Mit Hanni Stein, der Witwe eines Rechtsanwalts. Sie hat zwei Kinder Brigitte und Renate mit in die Ehe gebracht.

Mehr und mehr wird die Familie Opfer der antisemitischen Repressionen, Schikanen und lebensbedrohenden Zwänge. Klepper steht zu seiner Frau und ihren Kindern, obwohl Zwangsscheidungen angedroht werden. Die ältere Tochter – Brigitte – kann noch kurz vor Ausbruch des Krieges nach Schweden ausreisen. Der zweiten Tochter Renate aber droht 1942 die Deportation. Klepper verhandelt verzweifelt mit NS-Dienststellen. Die beiden letzten Male sitzt ihm ein Verantwortlicher mit dem Namen Adolf Eichmann gegenüber. Der macht ihm erst Hoffnung, dann verweigert er das Ausreisevisum für die Tochter.

Am 10. Dezember 1942 schreibt Jochen Klepper in sein Tagebuch:

„Nachmittags die Verhandlung auf dem Sicherheitsdienst. Wir sterben nun – ach, auch das steht bei Gott – Wir gehen heute nacht gemeinsam in den Tod. Über uns steht in den letzten Stunden das Bild des Segnenden Christus, der um uns ringt. In dessen Anblick endet unser Leben.“

Jochen Klepper hat über jeden seiner Eintragungen ein Bibelwort gesetzt. Es ging mir bei der Lektüre auch um seine Religiosität. In Zeiten, da so viele vereinfachende Urteile darüber fallen und ich selbst mir den Glauben an einen persönlichen Gott überhaupt nicht mehr vorstellen kann, las ich sein Tagebuch noch einmal nach. Eine mir fremd gewordene Welt, aber so faszinierend, so beeindruckend sicher im Glauben, und auch so mitten aus dem Alltag jener Zeit und doch so gnadenlos herausgehoben durch die Verbindung mit der jüdischen Frau. Das schärft seinen Blick, besiegelt auch aller Schicksal.

„Sei mir gnädig Gott, sei mir gnädig
denn auf dich traute meine Seele,
und unter dem Schatten deiner Flügel
habe ich Zuflucht, bis dass das Unglück vorüber gehe“

Psalm 57,2

Die Bitte des Bibelwortes erfüllt sich nicht.

Zwischen Gottesfurcht, Anpassung und eine, gegen allen Gehorsam immer wieder durchgesetzte Widerständigkeit bewegt sich Kleppers Leben. Ich bin gespannt, was der Film über Klepper zeigt und darstellt.

(Über Jochen Klepper habe ich vor Jahren innerhalb eines anderes Blogs geschrieben

https://www.freitag.de/autoren/magda/poesie-und-bibel

Und hier ist auch ein sehr schöner Beitrag von einem ehemaligen Freitagsblogger.

https://www.freitag.de/autoren/joachim-petrick/dunkel-wird-ins-helle-fallen

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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