Freitagsalon mit Ingo Schulze

Kapitalismuskritik Mehr ein Gedächtnisprotokoll. Vielleicht hängt ja alles damit zusammen, dass es so dunkel war im Saal. Ich habe wenig mitgeschrieben und gabs bald ganz auf.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Aber, ich erinnere mich, dass Ingo Schulze von Jakob Augstein mit der erfreulichen Neuigkeit konfrontiert wurde, dass er einen Oskar hat: Nämlich Oskar Lafontaine als Leser. Der habe ihn kürzlich zitiert. Jakob Augstein hat bei seinen Befragungen immer den Ehrgeiz - wie mir scheint - jenseits des Gängigen mal was ganz anderes zu machen oder zu erfragen. Und das geht nicht immer auf.

Schon, die Information zur Person war ein merkwürdiges Hin- und Her. Es wurde auch viel abgeschweift. Von welchem Thema eigentlich? Ach ja, von der Kritik am neuen marktkonformen Kapitalismus“. Die hat Ingo Schulze in einem Buch mit dem Titel „Unsere schönen neuen Kleider, gegen eine marktkonforme Demokratie“ niedergelegt. Es basiert, so erklärte er, auf einer Rede, die er in Dresden gehalten hat.

Dazwischen erzählte Ingo Schulze ein bisschen von seiner Zeit als Stadtschreiber in Mainz* mit kleiner Präsenzpflicht auch vor Ort. Von seiner Hoffnung, dass nach der Finanzkrise 2008 ein Umdenken hätte erfolgen können.

Sein Eindruck, dass die DDR auf Worte gebaut habe, der Westen aber eher auf Zahlen, der habe sich allerdings gewandelt. Auch der Westen hat ein inneres System der Absprachen – der Ideologie. Keine so rasend neue Erkenntnis.

Dem setzte Augstein die Frage entgegen, ob es „Ostalgie“ sei, die Schulze treibe. Ein Argument, das Bruder Broder kürzlich dem Buch Schulzes angedeihen ließ. Dann formulierte Jakob Augstein noch seinen Glauben an Entwicklung und Weltvernunft. Vielleicht, um Leben in die Debattierbude zu bringen, denn später widersprach er sich da ein bisschen. Er fragte selbst, ob die Gesellschaft einen Gegenentwurf braucht und warum jene, die ihn anbieten, nicht gewählt werden. usw. usw....

Überhaupt sprach Augstein – aus meiner Sicht – zuviel und ließ seinem Gast wenig Raum oder fragte ihn zu sehr ab. Statistiken wurden noch mal erörtert und gedeutet, die wir ja auch gelesen haben.

Er ließ Ingo Schulze nicht „erzählen“ und das ist ja eigentlich das, was ein Schriftsteller tut, auch wenn er nach der Intention seines Schreibens gefragt wird.

Interessant war Augsteins Frage nach Schulzes Gerechtigkeitsbegriff. Glaubt er daran in universaler Weise oder nur an den Staat als großen Umverteiler? Das erinnerte mich an den US-amerikanischen Wahlkampf. Da geht’s um solche Dinge und sehr viel schwappt davon auch hierher. Schulze setzte Gerechtigkeit in Zusammenhang mit Würde, mit der Würde der Arbeit und mit gerechten Bildungschancen.

Jakob Augstein ist eigentlich ein Liberaler, manchmal eben ein bisschen links. Er kokettierte – ei, ei ei - mit seiner Teilnahme an einer Veranstaltung der INSM (Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft) um zu gucken, was die da so treiben. Die werten halt u.a. auch Statistiken aus – aber eben anders. "Wohlstand in Deutschland" hieß deren Thema.

Zweifel an den Mechanismen der Demokratie und der manipulierenden Rolle der Medien ließ Augstein auch nicht gern gelten. Die hielt er für Ausreden.

Wenn’s übrigens Ostalgie gab, dann eine sehr kritische. Was Schulze über die Weichenstellungen 1989/1990 sagt, trifft auch meine Erinnerung. Der Handel mit der CDU-Ost, die erst verdammt und nach Blick auf deren prima Infrastruktur vereinnahmt wurde. Und viele andere Fehlentwicklungen, die im Zuge der überstürzten Einheit zu verzeichnen waren. Auch gegenwärtig wieder in der Debatte.

Literatur erklärt Dinge, die man sonst nicht erklären kann, zitierte Ingo Schulze den Schriftsteller Franz Fühmann. Es ging auch dabei um das Verhältnis des Schreibens und des Schriftstellers zur gesellschaftlichen Entwicklung. Ich fragte mich aber, ob Jakob Augstein Franz Fühmann kennt.

Gesellschaftliches

Gesichtet wurden von der Community: amanda, anne mohnen, archinaut, calvani christianberlin, , goedzak, „ich“ und popkontext. Es ging nach der Veranstaltung recht lebhaft zu und ich selbst war auch ganz angeregt.

Es war das erste Treffen, dass ich nach der längeren Sommerpause und eigener Krankheit wieder mit Freude und ordentlich Bier abfeierte. Vielleicht habe ich darum doch was geschrieben, was ich eigentlich gar nicht beabsichtigte.

* Interessant war, was Schulze über einen Film erzählte, den er - im Zusammenhang mit seiner Mainzer Stadtschreibertätigkeit – mit erstellte. Er handelt von einer Sache, die Terra preta heißt. Hier was Ausführlicheres dazu und hat mit Mainz und dem Schreiben gar nichts zu tun, ist aber sehr interessant.

Dank an Christian, der anne mohnen, calvani und mich nach Hause brachte.
Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden