Fünf Punkte zur Lösung des Konflikts

Ukraine Der ehemalige demokratische Senator, Bill Bradley, meint im Time-Magazin: Das Bemühen um die Verbesserung der Beziehungen USA- Russland-muss mit der Ukraine beginnen.

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Der Ukraine-Konflikt ist an einem Scheideweg, wie alle Beobachter spüren.

Wer hoffnungsvoll gestimmt ist, sieht möglicherweise im Wiederaufflammen der Kämpfe den Versuch, Positionen zu sichern, bevor Verhandlungen wesentlicher werden. Wer pessimistisch ist, sieht den Konflikt in eine neue Runde gehen. Schwer zu sagen.

Auffällig ist aber, dass sich – neben den beunruhigenden Berichten über USA-Waffenlieferungen in Staaten des Baltikums – immer wieder Politiker und politische Strategen melden, die für eine vernünftige Sicht eintreten.

Bzrezinski: Neutralität für die Ukraine

Wäre eine vernünftige Alternative

Selbst der höchst umstrittene Stratege Zbigniew Brzezinski hat kürzlich in Bezug auf die Ukraine vor einem Wiederaufflammen des Kalten Krieges gewarnt und schlägt – wie auch Henry Kissinger – für die Ukraine einen Neutralitätsstatus vor. (Quelle: Welt am Sonntag)

Im vergangenen Jahr waren bereits Stimmen zu vernehmen, die das „Ukraine-Abenteuer“ des Westens als Fehlschlag, als Irrweg kennzeichneten. Im Juli 2014 – kurz vor dem verhängnisvollen Abschuss einer Verkehrsmaschine über dem Gebiet der Separatisten – gab es laut britischem Independent geheime Verhandlungen im „Normandie-Format“ – also Russland, Ukraine, Frankreich und Deutschland - die eine diplomatische Lösung anstrebten.

Der Beitrag im Time Magazin, den der demokratische Senator publiziert hat, geht in die gleiche Richtung. Er meint, die Verbessserung der Beziehungen mit Russland, muss mit der Ukraine beginnen.

Vor dem Hintergrund des völlig darniederliegenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens in der Ukraine, in dem die ethnische Spaltung verstärkt und die politische Einheit zerstört ist, konstatiert er einen gefährlichen Stillstand zwischen den USA, Europa und Russland, die Unfähigkeit, den Standpunkt der anderen zu verstehen. Er warnt vor einer Ausweitung des Krieges mit allen Risiken, die das für das für das ukrainische Volk, Europa und die amerikanisch-russischen Beziehungen bedeuten würde.

Bradley schlägt einen großen Bogen in die Geschichte seit der Beendigung des Kalten Krieges und verweist auf bereits bekannte Erkenntnisse: Es sei damals die vorherrschende Meinung in Washington gewesen, dass die USA stark sind und die Russen geschwächt, zu schwach, um in einer unipolaren Welt zu zählen. Die USA hätten die russische Abwehr gegen die NATO-Erweiterung, den Irak-Krieg, und die US-geführte militärische Intervention in Serbien im Kosovo-Krieg ignoriert.

Bradley: Wir sicherten Russland zu, dass der Luftkrieg gegen Libyen nur zur Rettung der Zivilbevölkerung geführt würde und kein Regimewechsel geplant sei. Wir zogen uns vom ABM-Vertrag zurück und schlugen sogar vor, dass die Ukraine und Georgien der NATO beitreten sollten.

Mit jedem Affront sei Russlands Unmut gewachsen. Durch die Unterstützung des Westens für die pro-europäischen Proteste in „Platz der Unabhängigkeit“ 2013 (Euromaidan) und der rechtswidrigen Entmachtung von Präsident Viktor Janukowitsch im Jahr 2014 habe sich das in Russlands angesammelte Unbehagen über die Absichten des Westens verstärkt und es habe die militärische Intervention in der Ost-Ukraine begonnen, meint Bradley,der dabei die tatsächlichen separatistischen Bewegungen in diesem Gebiet überhaupt nicht als eigenständig zu betrachten scheint. Aus seiner Sicht sähen die Russen möglicherweise im Vorgehen der USA im Kosovo den Präzedenzfall für Russland, die Krim aus der Ukraine nach diesem Muster zu lösen.

George Bradley meint optimistisch, es sei noch nicht zu spät den befürchteten „Kalten Krieg“ abzuwenden, die Beziehungen zu Russland zu „reparieren“.

Voraussetzung dafür aber sei die Lösung des Konfliktes um die Ukraine, die nur für Russland von historischem strategischem Interesse sei, aber keineswegs für die USA und die NATO.

An der Eskalation der Krise

Haben alle Parteien Anteil

Er erinnerte an das Treffen zwischen US-Außenminister John Kerry als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Wladimir Putin im Mai.

Sie hätten signalisiert, dass sofortige diplomatische Bemühungen beginnen könnten, um den gegenwärtigen Stillstand bei der Bewältigung der Krise in der Ukraine zu durchbrechen. Diese Bemühungen müssten aber von der Erkenntnis ausgehen, dass – im Rückblick - alle Parteien für die gegenwärtige Situation verantwortlich seien:

Russland durch die Militärinterventionen; die USA und Europa durch ihre Versuche, die Ukraine ausschließlich in die Einflusssphäre des Westens und vor allem in die NATO zu bringen und nicht zuletzt die Ukraine selbst, die die Chance, eine bessere Regieurng zu schaffen, die Korruption zu bekämpfen und eine nationale Einheit zu schaffen, nicht genutzt habe.

Die Akzeptanz dieser gemeinsamen Verantwortung für die Krise in der Ukraine, schaffe auch Verständnis für die Berechtigung der russischen Bedenken über die Bedrohungen seiner Sicherheit an seinen Grenzen und die Bedeutung der Selbstbestimmung für das ukrainische Volk.

Ein solches Abkommen würde

fünf Merkmale aufweisen

1 Russischen Truppen würden sich vom Osten der Ukraine zurückziehen, und Russland würde die derzeitigen Grenzen der Ukraine in einem verbindlichen Vertrag akzeptieren.

2 Die Ukraine würde einen NATO-Eintritt für immer ausschließen .

3 Die Ukraine würde sowohl in der Europäischen Union als auch in der Eurasischen Wirtschaftsunion Mitglied werden können.

4 Ein neues, international überwachtes Referendum müsste auf der Krim abgehalten werden, bei dem entschieden wird, ob die Krim zu Russland gehören oder Teil der Ukraine bleiben soll oder - am Ende - ganz unabhängig werden solle, wie es Michael O'Hanlon von der Brookings Institution und andere vorgeschlagen haben.

5 Alle Wirtschaftssanktionen gegen Russland würden aufgehoben werden.

Wenn der Westen also erneute Verhandlungen mit Russland über die Ukraine Krise verfolge, dann sei davon nicht zu erwarten, dass sie nichts als rusissche Zugestängnisse produzierten. Es gehe um gangbare Kompromisse, die aber nicht „Appeasment“ meinten und vor allem Putin nicht als strategischen Kriegstreiber betrachteten, sondern als taktischen Opportunisten.

Wenn Russland ein Gefühl der territorialen Sicherheit vermittelt würde durch das Versprechen, die NATO nicht durch die Ukraine oder Georgien zu erweitern, würde das auch Putin keinen Grund mehr liefern, eine expansionistische Aggression gegenüber seinem Volk zu rechtfertigen.

Nur eine militärisch neutral Ukraine – eine politische Situation, die wirtschaftliche Entwicklung wirkungsvoll ermöglicht, eine Ukraine, die weder ein Spielball des Westens noch des Ostens werden könne, würde Russlands Unsicherheit beenden. Militärisch neutral, würde die Ukraine sowohl in der Europäischen Union und der Eurasischen Wirtschaftsunion Mitglied sein können.

Indem die USA Russland nachweisen, dass sie seine territoriale Sicherheit respektieren, könnten sie das Vertrauen der russischen Menschen sichern und möglicherweise die Beziehung mit der russischen Regierung wieder beleben.

Mit dieser Krise hinter sich, könnten die USA und Russland eine produktive Partnerschaft auf vielen der wichtigsten Probleme, mit denen beide Staaten konfrontiert sind - einschließlich der Gefahren des islamistischen Terrorismus, der Atomwaffen in Iran, und des lange vernachlässigten Prozesses der Kernwaffenkontrolle - erneuern. Die USA und die aktuelle russische Regierung sind möglicherweise nicht beste Freunde, aber zumindest können sie für immer vermeiden, Feinde zu werden. meint Ex-Senator Bradley.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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