Geschlechterdebatte im WZB

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Eine wissenschaftliche Veranstaltung war es nicht, zu der das Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) eingeladen hatte. Aber – nachdem sich WTB-Präsidentin Jutta Allmendinger und Forschungsdirektor Jens Alber schon in den WZB-Nachrichten einen Schlagabtausch geliefert hatten, waren interessierte Akteurezur Frage ob die Geschlechterzugehörigkeit bei der Beurteilung von Ungleichheit noch eine wesentliche Kategorie ist , auf den Zug aufgesprungen. Z. B. Eckhard Kuhla vom Verein AGENS e.V., dem Gelegenheit gegeben war, ein Eingangsstatement abzugeben.

Kuhlas Klagen

Die anfängliche Verwunderung über diese Öffnung für AGENS e.V – der von Thomas Gesterkamp in seiner Untersuchung „Geschlechterkampf von rechts“ als reichlich konservativ eingeschätzt wurde, wich aber bald ziemlicher Gelassenheit. Denn Kuhla sprach zwar in moderatem Ton über nichts anderes als männliche Benachteiligungs-Befindlichkeiten, aber wirkliche Beleg dafür konnte er nachprüfbar nicht bieten. Was soll es denn bedeuten, wenn er meint, Männer verharrten in Schuldgefühlen statt eigene Interessen anzumelden. Was hat es auf sich mit dem „Schweigen der Männer“ oder dem „Mehltau“ auf der nach einem Reformprozess lechzenden Gesellschaft oder mit der Verhaltensstarre, die zu beobachten sei. Was es allerdings bedeutet, wenn die „junge“ Bundesministerin Schröder von ihm als progressiv belobigt und gegen die „alten Feministinnen“ in Stellung gebracht wird, kann man sich vorstellen. Sie hat ja endlich das „Gender-Kompetenz-Zentrums“ geschlossen, brav, brav.. Kuhlas Einlassungen trugen jenes Ressentiment, das in allen Internetforen zum Thema so deutlich zu spüren ist.

Fakten und Forschungen

Jutta Allmendinger beantwortete diese Einlassung mit nichts anderem als Fakten und Ergebnissen empirischer Erhebungen. Über die Umverteilung von Vollzeit- in Teilzeitstellen zu Ungunsten von Frauen, über die unveränderte schlechtere Einkommenssituation von Frauen, ihre Unterrepräsentanz in Führungspositionen usw. Nur ein interessantes Detail von vielen: Die Witwenrenten, welche Frauen im Westen beziehen, sind meist höher als die selbst erworbenen Rentenanwartschaften. Im Osten ist das reichlich anders. Da haben Männer und Frauen fast die gleichen Anwartschaften. Es ist einfach so, dass die „Verhaltensstarre“ eher bei denen liegt, die den Frauen Platz machen müssten, die nach wie vor ein stereotypes Frauenbild propagieren und „Gender“ als eine Teufelei ansehen.

Man kann sich darüber streiten, ob Frauen Teilzeitarbeit selbst „wollen“ oder ab sie das wollen, weil sie keine Kinderbetreuung für bestimmte Zeiten finden, ob ein GirlsDay wirklich immer effektiv ist, aber im Endeffekt ist das alles – pardon – pillepalle, der darüber hinwegtäuscht, dass Männer nicht befreit werden müssen, dass sie nicht vorwärts wollen, sondern eher wieder zurück zu alten Gewissheiten.

Was wollte Kelle?

Völlig uninteressant war die eingeladene Birgit Kelle von einem Verein namens „Frau 2000plus“, die sich gegen Kinderkrippen einsetzte und das Geld dafür lieber allen Müttern geben will. Und die nirgendwo eingeschränkte Wahlfreiheit für ihre Lebensentwürfe erkennen kann, weil das „Privatsache“ sei. Sogar Jens Alber, der seine Thesen vom Bedeutungsverlust der Geschlechterkategorie bei der Einschätzung von Ungleichheit wiederholte, widersprach ihr dabei mehrmals. Alber bestand aber darauf, den Fokus mehr auf die Zugehörigkeit zu bestimmten unterprivilegierten Schichten oder zu Migranten zu richten. Und er wandte sich gegen die Quote als obrigkeitsstaatliches Instrument. Dazu gabs dann aus dem engagierten Publikum auch entsprechende Repliken.

Amendts Thesen

Erschreckend fand ich Prof. Gerhard Amendt, Gründungsmitglied von AGENS, der mit seinen Thesen über Gewalt zwischen Männern und Frauen nicht überzeugen konnte. Dass er veränderte Mentalitäten statt Zahlen forderte oder konstatierte, mutete seltsam an. Immerhin ist er es doch, doch, der mit Zahlen und Statistiken nachweisen will, dass Gewalt in der Partnerschaft zu gleichen Teilen von beiden Geschlechtern ausgeht. Damit sich auseinander zu setzen wird einen extra Beitrag erforderlich machen. Sonst hielt er sich aus den Debatten ziemlich raus.

Monika Ebeling

Die abgewählte ehemaligen Gleichstellungsbeauftragte von Goslar, Monika Ebeling, plädierte für mehr Geschlechtergerechtigkeit, forderte eine „Modernisierung der Gleichstellungsarbeit und auch Evaluierung der entsprechenden Stellen. Dass Kuhlas Buch über Männerbefreiung eine Offenbarung für sie war, die sie zur AGENS-Mitgliedschaft bewogen hat, kann ja sein, aber das klärte nicht, warum gerade sie auf dem Podium saß, was später in der Diskussion Heike Gerstenberger, Gleichstellungsbeauftragte von Berlin-Pankow, nachfragte. Zur Modernisierung ihrer Arbeit erklärte Gerstenberger, es sei für sie ganz normal, dass sie mit Männern und Frauen zusammenarbeite.

Wie es weitergehen sollte, war zwar am Ende nicht geklärt, aber es wurde ziemlich klar, wie viel Ressentiment und – was das allgemeine Verhältnis zu Genderfragen, zu Genderforschung usw. betrifft – blanke Ignoranz und Unkenntnis die Debatte bestimmen. Am Ende machte Prof. Allmendinger noch mal deutlich, dass sie die Schärfe der Angriffe, denen sie im Vorfeld dieser Veranstaltung ausgesetzt war, so nicht erwartet hatte. Sie warnte vor einem Backlash, der mit reinen Befindlichkeitserklärungen einhergeht und weniger mit der Realiät zu tun hat.

War das nötig?

Ob es notwendig war AGENS e.V. die Tür zum WZB zu öffnen, ist eine Frage für sich. Es ist zu vermuten, dass Jens Alber mit seinem – schon im März in der FAZ veröffentlichten -Beitrag eine Debatte erzwingen wollte, die Jutta Allmendinger fair austragen wollte. Das Publikum hat das honoriert.

Dass eine kürzlich in Hannover von AGENS e.V. gemeinsam mit der Friedrich –Naumann-Stiftung angebotene Veranstaltung zum gleichen Thema wegen zu geringer Teilnehmerzahl abgesagt werden musste, sei hier nur am Rande bemerkt. Und natürlich wurde das den Feministinnen „angerechnet“. Deren Gegner versammelten sich vergangenes Wochenende in der Schweiz beim Antifeminismus-Treffen. Monika Ebeling war auch dabei.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden