Gomringer Gedichte und Gender

Avenidas Wenn mich etwas sehr verwundert, dann war es vor Jahr und Tag die Entscheidung für Gomringers nett-betuliches Gedicht. Im Hellersdorfer Umfeld sowieso eher eine Ironie

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Die Alice Salomon Hochschule im Berliner Stadtteil Hellersdorf
Die Alice Salomon Hochschule im Berliner Stadtteil Hellersdorf

Foto: OTFW/Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Das Gomringer-Gedicht erinnert an eine idyllische "alte Welt". Es ist ein "Flaneur", der da die Blumen und die Frauen, die ja auch ein Stück Natur sind, bewundert. Hübsch, aber das ist auch alles. Gomringer hat sein Gedicht ja auch bestimmt nicht sexistisch "gemeint". Darum gehts gar nicht. Ein Literaturprofessor hat sich in der "Süddeutschen" dazu hermeneutische Gedanken gemacht.

Die Alice Salomon Hochsschule ASH bietet vor allem Fächer zur Sozialarbeit an. Sie engagiert sich innerhalb dieser Angebote besonders für Gender- und Diversityfragen.

Geschlechterforschung hat an der ASH Berlin eine lange Tradition und spielt in der Lehre eine große Rolle. Mit der Umstellung der Studiengänge auf Bachelor und Master wurde die Vermittlung von Gender-Wissen und -Kompetenz in allen Studienordnungen, Studienplänen und Modulhandbüchern als Querschnittsthema verankert. Explizite Gender-Module sind zudem in den Studiengängen Soziale Arbeit und Erziehung und Bildung im Kindesalter vorgesehen.I

In diesem Jahr beteiligt sie sich in diesem Rahmen am Verbundprojekt „Jungen*pädagogik und Prävention von sexualisierter Gewalt. Potenziale und Herausforderungen männlichkeitsbezogener Jugendarbeit, Sexualpädagogik, Prävention sexualisierter Gewalt sowie queerer Bildung. Einer von vielen Belegen dafür, dass Gender ohnehin nie nur das weibliche Geschlecht im Blick hat. Das aber nur am Rande.

Und während überall die Gefahr von "Gender" erfunden und aufgebauscht wird, meist von Leuten, die wenig Kenntnisse über diese Denk- und Betrachtungsweise haben, lädt die Konrad Adenauer Stiftung zu einer Tagung in Mainz zum Thema "Gender-Ideologie" ein. (Quelle: Queer.de )

Beobachter meinen, damit bewegt sie sich weit in Richtung AfD, die ja das Ende all des "Gender-Unsinns" schon im Programm hat. Es werden da prominente Leute aus dem rechtskatholischen Umfeld erwartet.

Neurechte

Verschwörungstheorie

Die Behauptung und Konstruktion einer angeblich hochgefährlichen "Gender-Ideologie" haben neurechte und christlich-fundamentalistische Kreise in den letzten Jahren zu einer umfassenden Verschwörungstheorie hochgepusht, die sich gegen Themen wie Emanzipation und Gleichstellung von Frauen, Rechte von Homo und Transsexuellen bis zur Schulaufklärung über LGBTI sowie Sexualpädagogik richtet.

In Polen war die Beschwörung der „Gender-Gefahr“ eine prima Waffe um der PiS an die Macht zu verhelfen und – nebenbei auch noch – von einem Missbrauchsskandal innerhalb der katholischen Kirche selbst zu abzulenken. https://www.freitag.de/autoren/magda/gender-als-polenschreck

An der Alice Salomon Hochschule lehrte auch eine so renommierte Psychologin und Pädagogin, wie Birgit Rommelspacher, deren Schrift „Dominanzkultur“ gerade gegenwärtig durchaus von Belang ist. Denn es geht in der Debatte über das Gomringer-Gedicht weniger um das Gedicht selbst, sondern darum, wer sich dazu ein Urteil erlauben darf und wer dessen Verwendung bestimmt. Und da hört man hier die Hähne ordentlich krähen.

Esther Dischereit: Ein

Gedicht wird verlassen

Die Schriftstellerin Esther Dischereit hat sich in einem Text für die ASH dazu zu Wort gemeldet milde und verhalten, aber doch Partei ergriffen. Und sie sieht das Beste darin, dass eine Debatte initiiert wurde und - gerade an den Kommentaren nicht nur hier – wird deutlich, dass es um Kunst dabei nun wirklich nicht mehr geht.

Die Gegner dieses Gedicht-Verlassens – die Leute verlassen dieses Gedicht – das sind ja die gleichen, die Gegner der ME TOO Bewegung sein würden, wenn sie sich in Deutschland nur annähernd so entfalten würde. Dabei sind wir hier ebenfalls in ekelhafter Weise, besonders als sehr junge Frauen, von übergeordneten Männern angemacht und belästigt worden. Ich habe unter meinen Bekannten keine gefunden, der das nicht schon passiert wäre. Das muß man ja nicht für selbstverständlich oder für jede Generation von Frauen erneut zumutbar halten.

Es geht eben um mehr als dieses Gedicht. Die AfD gewinnt an Land hierzulande, Fragen von Geschlechtergerechtigkeit und Diskurse über geschlechterspezifische Probleme werden bekämpft und medial niedergebrüllt. Der Feminismus wird als Faschismus-Abart geschmäht und ein Klima erzeugt, dass Angst dokumentiert. Es ist eine männliche Angst.

Unter friedlichen Umständen fällt der kriegerische Mensch über sich selbst her.Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844-1900)

Ein weiser Spruch, aber manchmal habe ich schon das Empfinden, dass manche Männer noch immer am liebsten Frauen schlagen.

Hier auch: https://magdaskram.wordpress.com/2018/02/03/gomringer-gedichte-und-gender/

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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