Es geht „rund“ in Griechenland. Jetzt, da sich die Nebel der Debatten um Sieg oder Niederlage, Herschaftsstiefel und Demütigung ein wenig gelichtet haben, sieht man ein bisschen klarer.
Die Gruppe innerhalb von Syriza, die aus prinzipiellen Gründen gegen den Deal mit den Geldgebern gestimmt hat, will eigentlich einen Grexit wie Finanzminister Schäuble auch, nur aus anderen Gründen und in der Folge mit Schritten, die Schäuble nicht gefallen würden. Aber, die sind sich näher als man denkt. Wer hätte das gedacht.
Jene, die aber für das Programm der Demütigung gestimmt haben, sind zwar in der Bredouille, denn man wirft ihnen – wenns hart kommt – Verrat vor, aber sie tun auch nur das, was Yannis Varoufakis kürzlich und immer mal wieder postuliert hat. Sie versuchen, den Kapitalismus zu retten, denn das was in seinem neoliberalen Windschatten aufscheint ist noch hässlicher als das was täglich zu erleben ist. Allerdings will Varoufakis den Kapitalismus ebenfalls mit einer Art Grexit retten, was Alexis Tsipras um keinen Preis will, weil er den Preis nicht abschätzen kann.
Prinzipienfestigkeit hat immer ihren Preis, wissen die Linken: In Griechenland würde ein Grexit-Experiment die Verelendung noch weiter treiben, die Perspektivlosigkeit verstärken. Das meint der Flügel um Tsipras.
Der Sprecher der Anti-Tsipras Gruppe, Costas Lapavitsas hat mehr auf die politische Hoffnung als auf Realismus gesetzt.
Gegenüber dem Tagesspiegel erkärte er: Wir, die wir mit “Nein” gestimmt haben, arbeiten an einem politischen Programm, das das “Nein” in ein entschiedene politische Stimme für die kommende Periode verwandelt. Wir brauchen ein Wirtschaftsprogramm, das ein Gegenmodell zum Bail-out bietet und wir hoffen, bald einige Dokumente veröffentlichen zu können. Es wird Schuldabschreibungen beinhalten, eine Aufhebung der Austeritätsmaßnahmen, Bankenverstaatlichung, eine Strategie für öffentliche Investitionen statt mehr Privatisierungen und eine Restrukturierung des Staates.
Und das geht - so erklärt er - nur außerhalb des Euro. Das ist aber ein Programm, das ohne ein „Tal der Tränen“ nicht zu erfüllen ist. Es ist mit Blick auf eine „lichte Zukunft“ konzipiert. Und das kommt mir - aus der Vergangenheit - sehr bekannt vor und hat was „surreales“.
So geht das alles ziemlich durcheinander. Die Zeitschrift Sozialismus aktuell meinte leicht süffisant:
Es in der Tat surreal, dass der linke Flügel daran arbeitet, die politische Strategie eines befreienden »Grexits« praktisch umzusetzen. Seine politischen Erwartungen toppen die Phantasien der neoliberalen Politiker und Ökonomen: Schon nach wenigen Monaten würden eine Zunahme der Exporte, eine Abnahme der Importe, eine Erhöhung der Produktion im Primärsektor (Rohstoffe oder z.B. Landwirtschaft), eine explosionsartige Zunahme des Tourismus und die Wiederherstellung der notwendigen Liquidität in der Wirtschaft eintreten. Dies würde dazu führen, dass große öffentliche und private Investitionen getätigt werden könnten, die wiederum die Entwicklung und die Beschäftigung verstärken. Tja, das sind so die Träume...vorher aber müssen alle noch eine Weile im Fegefeuer der Erwartung für ein besseres Morgen arbeiten.
Sozialismus aktuell resümiert: Die europäische politische Landschaft ist wirklich verquer. Während der linke Flügel von Syriza für einen »Grexit« kämpft und auf die wohltuenden Effekte des Marktes setzt, kämpft ein Mitglied der bürgerlich konservativen Parteienfamilie gegen den »Grexit«, gegen die Strategie der neoliberalen Ideologen und öffentliche Interventionen. Gemeint damit ist Jean-Claude Juncker. Er habe – zum Ärger der politischen Klasse in Berlin – auch einen kleinen Weg zur Stärkung öffentlicher Investitionen in Europa zusammen mit der europäischen Investitionsbank eröffnet.
Alles durcheinander alles kreuz und quer.
Gestern war das ZDF-Sommerinterview mit Gregor Gysi. Der meinte auch - so nebenbei - man müsste den Kapitalismus vor sich selbst retten. Er sieht auch dessen guten Seiten, was andere in der Linken wahrscheinlich wieder nicht so recht goutieren können.
Er versteht sich bestimmt mit Tsipras besser, weil ihm manche Prinzipien - noch aus eigener Erfahrung - hin und wieder als etwas erscheinen, das den Menschen wenig hilft, sondern nur der „Reinheit“ irgendwelcher Lehren dient.
Ich wäre auch für Alexis Tsipras. Der denkt - wie man hoffen muss - doch eher an die Menschen in seinem Lande und ist eher ein konservativer Linker geworden in diesem ganzen Kampf und Handel. Ist er damit dem Schäuble nun auch wieder näher gekommen? Sieht nicht so aus, aber kann noch kommen. Wenn es Neuwahlen gibt, hätte er wohl eine weitere Chance und dann gibt vielleicht auch Schäuble seine Hoffnungen auf, ohne Syriza und Tsipras mit Griechenland weiter zu verfahren ode "fertig" zu werden.
Es ist schon so: Linke müssen ihre Prinzipienfestigkeit immer mal wieder an der Praxis austarieren und dann entsteht, wenn es gut geht, eine schöpferisch angewandte Prinzipienlosigkeit - der Gedanke hat was dialektisches.
Kommentare 25
Im Spiegel liest sich die Griechenlandkrise als deutsches Erfolgsmodell: "100 Milliarden Einsparungen seit 2010:So stark profitiert der deutsche Staat von der Eurokrise". Das ist dann dass Sparen durch Einkaufen, Buy one - get one for free!
Danke. Das wird ja immer mal wieder ein Thema: Dass Deutschland noch nix verloren, sondern immer nur gewonnen hat.
Die Frage ist nur, wer in Deutschland profitiert. Diese ganzen technokratischen Zahlenspielereien verdecken doch nur, dass es in der Regel immer dieselben sind, die profitieren, egal, ob "Deutschland" profitiert oder bezahlt.
Es ist sowieso ärgerlich (aber sicher kein Zufall), dass immer mit Begriffen hantiert wird, wie "der Staat", "die Wirtschaft" oder "die Bürger", obwohl die verschiedenen Bevölkerungsgruppen ganz unterschiedlich von Entwicklungen betroffen sind.
https://www.freitag.de/autoren/joachim-petrick/athens-uhl-berlins-nachtigall
Hier verlinke ich auch noch einen Blog.
Was mir unbegreiflich ist: Dass in einer sich links nennenden Griechenland-Diskussion nicht einmal über die teils mangelhafte, teils komplett fehlende Rechtsstaatlichkeit in Griechenland geredet und kein Wort verloren wird über ein linkes Reformprogramm, das die Basistrukturen eines demokratischen und sozialen Rechtsstaates jenseits des Oligarchen- und Klientelsystems schafft. Im Ökonomismus treffen sich Neoliberalismus und Linksradikalismus ganz ausgezeichnet, wie mir scheint.
"Und das geht - so erklärt er - nur außerhalb des Euro. Das ist aber ein Programm, das ohne ein „Tal der Tränen“ nicht zu erfüllen ist. Es ist mit Blick auf eine „lichte Zukunft“ konzipiert. Und das kommt mir - aus der Vergangenheit - sehr bekannt vor und hat was „surreales“.
Zweierlei zu diesem:
Nenen Sie uns ein politische Prgramm , dass nicht an der angeblich „lichten Zukunft“ orientiert ist oder war, inklusive der jetztigen Misère. Welche Politik also erklärt uns hier und heute zB., dass es endgültig vorbei ist mit dem industriellen Wachstum in Europa ohne alles vorher kurz und klein zu bomben, obwohl die Politik das natürlich sehr gut weiß?
Was wäre ihnen lieber: ein „Tal der Tränen“ mit Bevormundung durch den Gerichtsvollzieher oder eins ohne?
"Was mir unbegreiflich ist: Dass in einer sich links nennenden Griechenland-Diskussion...".
Dieser Satz ist mir unbegreiflich. Seit wann können sich Griechenland-Diskussionen links nennen - oder auch rechts? Du meinst wohl die teilnehmenden Diskutanten. Beim Lesen ist mir nicht aufgefallen, dass einer bzw. eine sich politisch eingeordnet hätte. Die Einordnung nimmst vielmehr du vor, jedoch ohne Grundlage. Insofern ist dein Einwurf erstens grammatikalisch mehr als fragwürdig und zweitens selbst projiziert. Ergo: billige auf Krawall gebürstete Polemik.
Mir scheint ein Programm, dass erst den ziemlich unwägbaren Grexit ins Auge fasst und dann auch noch so absolut uneinlösbare Punkte enthält, wie sie (s.o. ) gegenüber dem Tagesspiegel geäußert wurden. Für mich ist "Lichte Zukunft" eine Metapher für ein Programm, das nicht einzuhalten ist.
Übrigens in der DDR gabs einige LPG's, die sich "Lichte Zukunft" nannten und auch immer ziemlich herumwursteln mussten. Von daher kommt mein Einwurf.
Was wäre ihnen lieber: ein „Tal der Tränen“ mit Bevormundung durch den Gerichtsvollzieher oder eins ohne?
Das "Tal der Tränen" ohne Bevormundung wäre aus meiner Sicht eine Freiheit, die auch ins Chaos führen kann.
Hab´s mit Interesse gelesen. Finde es sehr informativ und wiegesagt interessant. In " konkret" hat einer von den griechischen Machern in Syriza gesagt, dass sie eine "dezidiert linke Politik" machen. Zumindest haben sie wirklich erreicht , dass der ganze neoliberale Mainstream mal in die öffentliche Disskussion gerät, auch wenn in dieser eine linke Politik gegen die Medien kaum eine Chance hat.
genau das meinte ich verstanden zu haben und genau das beziehe ich auf alle politschen Programnme , die mir je zu Gesicht gekommen sind. Ich wüsste von keinem einzigen , das sich in irgendeiner Weise realisiert hätte , wenn es nicht sowieso nur hohle Geschwurbel war.
"Die Gruppe innerhalb von Syriza, die aus prinzipiellen Gründen gegen den Deal mit den Geldgebern gestimmt hat, will eigentlich einen Grexit wie Finanzminister Schäuble auch, nur aus anderen Gründen und in der Folge mit Schritten, die Schäuble nicht gefallen würden. Aber, die sind sich näher als man denkt. Wer hätte das gedacht."
Exotische Überlegungen in aussichtsloser Lage will ich wohl von Herzen begrüssen.
Gleichwohl gebe ich zu bedenken, Yanis Varoufakis meint expressis verbis, Schäuble will gar nicht den Grexit. wie auch immer, Schäuble will mit dem Grexit drohen. Was wiederum, aufgrund der Eurozonen Verträge, gar nicht geht
"Und das geht - so erklärt er - nur außerhalb des Euro. Das ist aber ein Programm, das ohne ein „Tal der Tränen“ nicht zu erfüllen ist. Es ist mit Blick auf eine „lichte Zukunft“ konzipiert. Und das kommt mir - aus der Vergangenheit - sehr bekannt vor und hat was „surreales“."
Auch die US- Investmentbank Goldman Sachs soll mit etlichen Risikoausfallversicherungspolicen unbekannter Höhe im Rücken, wenn ja bei welcher Rückversicherung in welchem Land?, gegen den Verbleib Griechenlands im Euro wetten.
Der Boden der Weltfinanzwirtschaft ist inzwichen, trotz und dank der Dauerkrisen, gediehen, wie ein monetärer Urwald, in dem ein Kapitalstamm Baum den anderen nährt und umgekehrt in den gemeinsamen Abgrund reißt?
Bei all dem robusten Willen zum nicht konstruktiven aber kommunikativen Chaos bin ich zur Zeit mehr bei Thomas Pikettys Buch
"Schlacht um den Euro", Kapitel "Fiskalischer statt wilder Haircut"
Haircut steht für Schuldenschnitt durch die Hintertür des Fiskus.
Hinten nimmt der Fiskus von Bankeinlagen, sagen wir einmal 25 % insgesamt ab Einlagen von 100 000 €, entlastet damit Banken von Verbindlichkeiten gegenüber allen Kunden in gleicher Prozenthöhe, stützt vorne, ohne dass dieses der Weltfinanzmarkt überhaupt mit seinen Ratings, Rankings registriert, vorübergehend notleidende Banken direkt und als Einzelfall im drohenden Überschuldungsfall.
Kommt es dann doch zum Bankbankrott bleibt das ein Einzelfall, der systemrelevant aus steuerlichen Mitteln des zuvor vollzogen fiskalischen Haircut ausbalanciert wird.
Ist der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) mit Banklizenz nicht genau so ein vorauseilend fiskalischer Haircut in der Eurozone?
https://www.freitag.de/autoren/joachim-petrick/griechennds-fiskalischer-haircut-2015
JOACHIM PETRICK 23.07.2015 | 14:28 5
Griechennds fiskalischer "Haircut" 2015
Thomas Piketty unterscheidet wilden und fiskalischen "Haircut". 2008 Irland, 2010 Griechenland, kam es zum wilden "Haircut". 2015 zeichnet sich in Athen ein fiskalischer "Haircut" ab
POOR ON RUHR schreibt:
>>In " konkret" hat einer von den griechischen Machern in Syriza gesagt, dass sie eine "dezidiert linke Politik" machen. Zumindest haben sie wirklich erreicht , dass der ganze neoliberale Main- stream mal in die öffentliche Diskussion gerät ...<<
Ja, soviel wurde wohl erreicht. Der sich auf Laclau und Gramsci stützende Linkspopulismus hat einige Erfolge darin vorzuweisen, mit Sympolpolitik kulturelle Hegemonie zu erlangen. Was Syriza und auch Podemos für das deutsch-europäische Establishment so unberechenbar und gefährlich machen: sie sind nicht nur populistisch, sondern auch postsozialdemokratisch und postkommunistisch. Man kann sie weder korrumpieren noch kriminalisieren.
Die obsessive Kompromisslosigkeit, mit der die deutsche Regierung die griechische Regierung zur Fortsetzung und Forcierung des desaströsen Austeritätskurses zwingt, sehe ich darin begründet. Einschüchterung und Abschreckung.
Eine "dezidiert linke Politik", wie es oben im Zitat heißt, kann ich mir allerdings nicht vorstellen ohne eine Politik, die die Schuldenkrise als günstige Gelegenheit versteht, die Industrialisierung all der europäischen Länder voran zu treiben, die in ähnlichen Schwierigkeiten stecken wie Griechenland. Das grundlegende Problem Griechenlands sind nicht die Schulden, sondern die Unterentwicklung des Produktionssektors und dessen logisches Gegenstück: die starke Abhängigkeit von ausländischem Kapital.
Diese Abhängigkeit würde durch einen Grexit vielfach verstärkt. Hier würde ich von einer "dezidiert linken Politik" von Syriza die Reformbereitschaft erwarten, neue und rechtsstaatlich gesicherte Institutionen zu schaffen: Investionsfonds, Entwicklungsbank, Kataster etc.
Griechenland müsste sein altes Wirtschaftsmodell überwinden, das auf Einnahmen aus dem Tourismus und aus Immobilien- oder Importgeschäften beruht und von klientelistischen Netzen durchsetzt ist.
"Konkret" nicht gelesen, da wir im Stelios asomatos Kreta nur konkret raki saufen,mit den heimischen Anarchos hier nicht verstehen, was da gelabert wird von Syriza und anderem sozialdemokratischen gedöns. Typisch biodeutsche: nicht nur Gastarbeiter werden importiert, jetzt werden auch noch politikmodelle im Ausland bestellt (Syriza und Podemos sollens machen😫, weil die biodeutsche Langeweile Linke nix auf die Reihe kriegt! Kali nichta! Und den grecos hier geht's besser als die es neoliberslen haben wollen- Krise macht unmögliches möglich👍👍👍👍
Noch ein Programm.
Typisch biodeutsche: nicht nur Gastarbeiter werden importiert, jetzt werden auch noch politikmodelle im Ausland bestellt (Syriza und Podemos sollens machen😫, weil die biodeutsche Langeweile Linke nix auf die Reihe kriegt!
So ein Gefühl habe ich auch manchmal.
Ich wäre auch für Tsipras. Erwähnenswert fände ich noch, daß durchaus auch er den Grexit-Gedanken erwogen hat, nach eigener Angabe. Und was man einem hier veröffentlichten Beitrag von Krätke entnehmen konnte: Dieser Gedanke hätte sich einen realistischen Hintergrund verschaffen können, wenn China kreditmäßig eingesprungen wäre. China wollte das wohl auch irgendwie, die anderen BRICS-Staaten aber weniger. Und China selbst wird zuletzt eingesehen haben, daß das noch nicht der richtige Zeitpunkt ist, eine geopolitische Krise an dieser NATO-Flanke Griechenland heraufzubeschwören. So hatte also Tspras was Richtiges versucht, ist nicht verantwortlich dafür, daß es erstmal nicht ging, und auch sonst ist niemand verantwortlich, sondern wir haben einen genaueren Blick auf die momentanen geopolitischen Kräfteverhältnisse, dabei aber auch darauf, daß sie nicht stillstehen. Und Tsipras bleibt dabei, seinem Volk die Wahrheit zu sagen. Noch einmal, ich kann mir auch keinen besseren Politiker vorstellen.
@Magda.
Dass Sie bereits auf ein paar kurze Sätze zur Notwendigkeit neuer demokratischer Institutionen für die Industrialisierung Griechenlands mit der Bemerkung "noch ein Programm" reagieren, ist vielleicht etwas zu viel der schöpferischen Prinzipienlosigkeit.
@Doncoz.
Völlig falsch verstanden. Ich mag keine Politikmodelle. Ich schätze die Kunst des Möglichen, die für Sie vermutlich nur sozialdemokratisches Gedöns aus dem langweiligen Norden ist.
anmerkung dazu: danke griechenland für die schwarze null * krisengewinnler schäubler wär wohl auch drüber, aber nun ja * ggf. war der grexit vorschlag ein schachzug um die anderen finanzminister auf die euro für griechenland spur zu bringen * wilder mutmaßungsmodus aus * die inhaber von lebenversicherungen, kleinst zinsen sparguthaben, die zivilgesellschaften zahlen bei krisen drauf * feinste restnacht cp
Nee, das ist ein Missverständnis. Wenn Sie Ihre Anmerkungen nicht andauernd so vorwurfsvoll formuliert hätten, dann hätte ich auch nicht ironisch reagiert. Ich erhebe überhaupt keinen Anspruch auf irgendwelche Analysen oder weitergehende Schritte. Schreiben Sie's doch einfach auf. Dass Griechenland neue Strukturen braucht, leuchtet ja völlig ein, aber worauf die Industrialisierung beruhen soll, ist mir schleierhaft. Es gibt Anmerkungen über Bodenschätze, aber ich weiß nicht mehr, wo ich das gelesen habe. Ich bleibe - in diesem Kommentarblog - schlichtweg "bei meinen Leisten".
Danke, für den Hinweis auf Krätke, den ich wirklich noch nicht gelesen habe. Ich finde Tsipras auch bewundernswert.
@Magda.
Pardon. Habe verstanden.
Halte Tsipras ebenfalls für einen großen Politiker. Vermutlich läuft das auf ein breites Links-Mitte-Bündnis mit ihm an der Spitze hinaus. Das wäre ein wichtiges Signal gegen die Querfront überall in Europa.
"Dieser Gedanke hätte sich einen realistischen Hintergrund verschaffen können, wenn China kreditmäßig eingesprungen wäre. China wollte das wohl auch irgendwie, die anderen BRICS-Staaten aber weniger. Und China selbst wird zuletzt eingesehen haben, daß das noch nicht der richtige Zeitpunkt ist, eine geopolitische Krise an dieser NATO-Flanke Griechenland heraufzubeschwören"
Das sind ja dunkle Überlegungen.
Woran machst Du das fest, China gewährt Griechenland, wie vielen Ländern in der Welt, u. a. in Afrika, Kredite und löst an der griechischen NATO- Flanke eine Krise aus?
Fürchtet China als Exportweltmeister nicht viel mehr, wie andere Länder, Deutschland, dass mit einem wilden Haircut (s. Thomas Piketty "Schlacht um den Euro") in Griechenland im Rahmen eines Grexits eine Weltfinanzkrise bis hin zu einer Weltwirtschaftskrise ausgelöst wird?
Magda schreibt:
"Dass Griechenland neue Strukturen braucht, leuchtet ja völlig ein, aber worauf die Industrialisierung beruhen soll, ist mir schleierhaft."
Ich bin kein Griechenland-Kenner, aber dass das Land von Oliven, Feta und Tourismus alleine nicht leben kann, ist schon klar, selbst wenn sie um 50 Prozent billiger würden. Griechenlands Industrie- und Exportpotential ist seit über 30 Jahren, seit dem Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft gleichbleibend schwach, schlimmer noch: die Strukturschwächen der griechischen Wirtschaft haben sich durch das klientelistische Wirtschaftsmodell noch verfestigt. Daher kann man natürlich nicht erwarten, dass die Tsipras-Regierung kurzfristig dafür sorgt, die Krise mit einem Export-Boom zu mildern.
Griechenland verfügt dennoch über Exportprodukte, die in Europa konkurrenzfähig sind. Diversen Expertenartikeln entnehme ich, dass dazu gehören: Erdölprodukte, Nahrungsmittel, chemische Erzeugnisse, NE-Metalle und Rohstoffe. Bei Bauvorprodukten ist Griechenland sogar europäischer Marktführer. Auch hat Griechenland im vergangenen Jahr immerhin einen deutlichen Anstieg des Exports von Dienstleistungen erreicht, nicht nur beim Tourismus, sondern auch beim Seetransport.
Einen Ausgleich für die schlechte Binnenkonjunktur kann ich darin zwar nicht erkennen, sie hängt eben zum großen Teil an der viel zu schwachen Binnenkaufkraft.
Aber fest steht auch, dass selbst in den bestehenden Export-Industrien zu wenig in moderne Strukturen und Angebote investiert wurde – im Gegensatz zu anderen Mittelmeerländern.
Ohne eine Investitionsoffensive kann es keinen Exportboom geben. Und die kann ich mir nicht anders vorstellen als auf der Basis neuer Wirtschaftsinstitutionen, die sowohl neue wirtschaftliche Anreize und Gelegenheiten als auch gesicherte Eigentums- und Vertragsrechte bzw. eine funktionierende Justiz schaffen, die das Wirtschaftsleben zivilisieren. Zu diesen rechtsstaatlichen Notwendigkeiten habe ich allerdings bisher von Syriza und seinen Führungskräften wenig gelesen.
Mir wird jetzt gleich noch dialektischer, wenn ich höre, dass Tsipras seine Politik der Zustimmung zu dem Programm der Eurogruppe + IWF mit dem Begriff "alternativlos" begründete. Jetzt brat' mir einer einen Storch.