Griechenland - Symbolpolitik und Pokern

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Heute kommt der griechische Ministerpräsident Georgios Papandreou nach Berlin. Laut und deutlich hat er angekündigt, dass er kein Geld will. Aber Solidarität will er einfordern.

Eine Welle deutscher Arroganz rollte ohnehin auf Griechenland zu. Er soll Inseln verkaufen, überhaupt mehr privatisieren schlagen besonders abenteuerlustige Politiker von CDU und FDP vor. Er soll überhaupt durchgreifen, fordern jene forsch, die schon immer für ordentlichen Peitschenknall waren. Der deutsche, aber griechischstämmige FDP-Politiker, Mitglied des Europaparlaments, Jorgo Chatzimarkakishat sich deshalb in einem Interview mit Deutschlandradio Berlin www.dradio.de/dkultur/sendungen/interview/1137586/

sehr befremdet geäußert auch gegenüber Mitgliedern der eigenen Partei.

Überhaupt, so der Politiker, sei die gesamte Debatte um die griechischen Haushaltsprobleme eine Scheindebatte gewesen, bei der esmehr um die Angriffe von Währungsspekulanten auf den Euro insgesamt gegangen sei. Dem ist mit der erfolgreichen Platzierung von griechischen Staatsanleihen erst einmal ein Riegel vorgeschoben, wie es scheint.

"Guter Willen"

vom Volk bezahlt

Griechenlands Regierung hat seinen „guten Willen“ ja längst gezeigt. Aber die Unruhen werden in Papandreous Heimat nicht aufhören. Man wird sich die verordneten Sparmaßnahmen nicht so ohne weiteres gefallen lassen. Sie sind ja auch – wie viele Kritiker anmerken – überhaupt nicht wirklich effektiv, sie sind reine Symbolpolitik, Unterwerfungsrituale auf Kosten wie immer der einfachen Leute. Ein Einschwenken auf deutsche Niedriglohnpolitik, gemäß den Plänen, europaweites Lohndumping zu installieren.

Auch der griechischePremier pokert, er weiß, dass der Euro insgesamt in Gefahr gerät, wenn sein Land währungspolitisch zu Boden geht. Er zieht öffentlich immer mal wieder in Betracht, sich an den IWF zu wenden. Auch das ist etwas, was man in Europa generell nicht wünschen kann, denn es schwächt die eigene Position.

Wenn Griechenland zahlungsunfähig ist, dann ist die europäische deutsch-französisch dominierte Luftfahrindustrie (EADS) ebenfalls in Schwierigkeiten. Guido Westerwelle engagierte sich bei seinem jüngsten Griechenlandbesuch für die Abnahme von Eurofightern durch das Land.

Auch darauf verwies der Europaabgeordnete Chatzimarkakis. Die Rüstungs- und Luftfahrindustrie hat an Griechenland reichlich verdient. Überhaupt an den Konflikten zwischen Griechenland und der Türkei, aber das ist ein anderes Thema.

Spektakuläre Szenarien

von Hans Werner Sinn

Hans Werner Sinn vom Ifo-Institut München forderte dieser Tage – sekundiert von einigen Börsenexperten - den Ausstieg Griechenlands aus dem Euro-Bereich und die Rückkehr zur Drachme.

Aber, das wäre wohl kaum gelebte wirkliche Solidarität., sondern eine noch massivere Schwächung des Landes. Deshalb schlägt er, noch spektakulärer vor, Griechenland am Ende das Geld zu „schenken“.

Gar nicht schlecht: Im Grunde wäre das eine Kompensation für den enormen Wettbewerbsdruck, den Deutschland auf dieses und andere EU-Länder ausgeübt hat. Und –eigentlich ist es logisch.

Denn: auch in einer europaweiten Wirtschaftszone gilt: Wenn Dank gnadenlosen Sparkurses kein Geld mehr unter den Ländern und Menschen ist, wird sich auch der Exportweltmeister Deutschland nach Kunden sehnen. Man kann ja nicht nur Eurofighter verkaufen.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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