Heimkinder in Ost und West

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Ich habe vor einigen Wochen schon einmal auf ein Thema hingewiesen, das mir am Herzen liegt. Ich war in den fünfziger Jahren in der DDR mehrere Male und immer über mehrere Monate in einem Kinderheim, weil meine Mutter sehr krank war. Ich habe daran ganz normale Erinnerungen, mir ging es dort – abgesehen vom Heimweh nach der Mutter – recht gut.

Alles andere steht in diesem Beitrag hier.

www.freitag.de/community/blogs/magda/kinderheime

Zwei Meldungen haben meine Aufmerksamkeit erneut auf das Thema gelenkt:

Ex-DDR-Heimkinder können auf Entschädigung hoffen

Heute meldet dpa und mehrere Zeitungen haben die Meldung abgedruckt: Frühere DDR-Heimkinder können auf Entschädigungen für ihre Zeit in den Heimen hoffen. Das «Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz» zum Ausgleich von DDR- Unrecht befasse sich nicht nur mit Freiheitsentzug aufgrund von Straftaten und politischer Verfolgung, befand das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nach einer Mitteilung von Donnerstag. Es gab damit der Klage eines Ex-Heimkindes statt und hob eine Entscheidung des Naumburger Oberlandesgerichts auf. Der Beschwerdeführer war seit den 1960er Jahren in mehreren Heimen gewesen.

Chancen für Heimkinder-West?

Ob dieses Urteil für den Erfolg der Klagen ehemalige Heimkinder-West einen positiven Effekt hat, ist noch nicht abzusehen.

Ich aber spüre in mir einen unglaublichen Zorn, wenn ich die Berichte über die Erlebnisse der Heimkinder lese. Man glaubt es streckenweise nicht. Peter Wensierski, der sich mit einem Buch „Schläge im Namen des Herrn“ dieses Themas angenommen hat, schildert immer wieder die unglaublichen Zustände.

www.wensierski.info/html/aktuelles.html

Liest man die Berichte von Betroffenen, dann war es nicht – wie in der DDR – Verhaltensauffälligkeit, es genügte, dass Kinder Waisen waren oder die Mütter nicht verheiratet.Das hat mich – ich habe keinen Vater – zusätzlich erschreckt. Die Bundesrepublik der fünfziger Jahre hatte sehr sehr dumpfe Ecken. Ich frage mich manchmal, ob ich – bei den gleichen Schwestern in einem westdeutschen Heim – vielleicht ganz andere Erfahrungen gemacht hätte.

Bei anderen Kindern und Jugendlichen war es der Hang, Anpassung zu verweigern, die Rebellion der Pubertät. Auch da war oft das Erziehungsheim das Mittel der Disziplinierung.

Es ist die von Matthias Dell in seinem Beitrag "Sprachmauer" geschilderte unterschiedliche Art der Wahrnehmung, die sich auch bei diesem Thema dokumentiert.

www.freitag.de/positionen/0920-deutschland-ost-west-sprache

Ich hatte zu DDR-Zeiten einen Bekannten, der in Jugendhaft war und wusste also, was dort als Erziehungsmaßnahmen gang und gäbe war. Es ist erschreckend genug, aber das ändert nichts daran, dass man nicht immer nur in eine Richtung empört sein sollte. So was führt zu glatter Heuchelei. Und es verhindert ehrliche Aufarbeitung.




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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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