Heizungsfragen

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

"Die Heizung ist ausgefallen", erklärte mein Mann, als ich ihn fragte, warum er mich vor der Zeit und noch im Dunklen weckt. Es sei noch warmes Wasser da und bevor auch das abkühle, könnte ich es doch noch nutzen. Ichhätte ja vom Haare waschen gesprochen usw. "Ach, so ein fürsorglicher Mensch", seufzte ich und sah zu, dass ich ins Bad kam. Mit ein bisschen weniger Geplansche, mit zwischendurch mal Wasser Abstellen, klappte es auch noch mit der komfortablen Körperhygiene.

Beispiel: Lychener 64

Ich dachte an den Dok-Film Lychener Str. 64, der kürzlich im Fernsehen zu sehen war. Ich kenne die Lychener, eine Gegend, in der man früher vor Ödnis den Blues bekam, jetzt aber „Hip“ wie verrückt und nicht so sehr meine Welt. Ein altes, unsaniertes Haus, in dem sich nach der Wende junge Leute einquartiert hatten und wieder weichen müssen, weil die Luxussanierung sich freundlich aber unerbittlich ihren Weg bahnt. Mit netten Worten und kaschierter Fachlichkeit von Partizipität oder so ähnlich. Zwei Männer, die aussehen wie Plüsch und Plum, von der Gesellschaft für Behutsame Stadterneuerung (S:T:E:R:N) schwatzen erbaulich-verschleierndes. Professionelles Schachern und Pokern um eine angemessene Abfindung für den Auszug.

Ich dachte an die elenden, kalten Wohnungen, die von der Kindheit bis in die mittleren Jahre mein Quartier waren. Entweder mit Klo außerhalb oder hinter der Speisekammer. Die meisten mit gemütlichen Kachelöfen, die aber unendlich viel Briketts schluckten.

Das Winter-Aufsteh-Elend

Im Winter aufzustehen war immer ein Unternehmen. Das warme Bett verlassen, durch die eisige Wohnung in die Küche. Wasser aufsetzen für die Morgenwäsche, eine Flamme vom Gaskocher zusätzlich an, um die Küche ein bisschen zu erwärmen. Das konnte man nicht lange machen, weil zu viel Sauerstoff verbraucht wurde. Sich unter Frösteln an der Schüssel waschen. Das war in der Berliner Schönhauser Allee in einer Wohnung im Quergebäude, die eigentlich gut geschnitten war. Aber ,kalt kalt und im Frühjahr gabs andauernd einen Rohrbruch und das Wasser war abgestellt. Tagelang – Gottseidank wenigstens nur in einem Strang, so dass man beim Nachbar mit dem Eimer klopfen konnte. Und – die meiste Zeit bis abends um sieben war man sowieso auf Arbeit.

Die letzte Wohnung der Art, war im vierten Stock , die hatte ein – wenngleich unbeheizbares – Bad und viele viele Meter schlecht verputzter Außenwand, an der ich jetzt oft mit der U-Bahn vorbeifahre und mich erinnere: Als es Ende der siebziger Jahre endlich in Ungarn diese elektrischen Heizlüfter zu kaufen gab, brachte mir jemand so ein Ding mit und plötzlich war das Paradies ins Bad eingezogen. Wärme in fünf Minuten auf Knopfdruck.

Abenteuer Ofenheizung

Im Winter stand ich immer beizeiten auf, weil der Ofen anzuheizen war und die Kohlen mindestens eine Stunde brauchten, um durchzubrennen. Erst dann konnte man den Ofen zuschrauben. Bei Temperaturen wie heute hätte der mindestens 10 Briketts geschluckt. Zusätzlich hatte ich noch eine geklaute S-Bahn-Heizung in Betrieb. Der Stromverbrauch war enorm und irgendwann knallte auch die Sicherung durch, weil die Leitungen diese Lasten nicht gewohnt waren. In der Küche gabs einen Innenwandgasheizer, der durch den Schornsteinkamin entlüftet wurde, aber dennoch unendlich viel Dreck in den Raum verteilte. Der lief – auch in meiner Abwesenheit – den ganzen Tag. Brandschutztechnisch ein Hasardspiel.

Ich erinnere mich an einen Heiligabend. Ich kam nach einer überstandenen Operation aus der Klinik. Schleppte mich die vier Treppen hoch in die eiskalte Wohnung. Die Gasheizung in der Küche ging zuerst gar nicht an, ich hantierte ewig und ächzend daran herum, probierte allerlei Tricks aus, bis die Zündflamme dann doch das ausströmende Gas ereichte und das Gerät zum Funktionieren brachte. Ich hatte Glück, weil die Kinder im Haus sich mit Kohlen holen ein bisschen was bei mir verdienten. Ich lag auf der Couch und wartete, dass die Wärme mein erkältetes Gemüt erreiche. Im Fernsehen lief Sissi.

Havarie beendet

Und heute war es so. Nach zwei Stunden ging die Heizung wieder an. Der Blick auf die schneebestäubten Bäume, der sich hinter den Scheiben auftut, erfreute wieder statt Furcht vor der Kälte zu erzeugen. Gottseidank. Es geht nichts über Wärme im Winter sowohl heizungstechnisch als auch menschlich.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden