Hemingway, die Leander und der KGB

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Immer wieder muss man neu nachdenken über die Geschichte. Vor allem in der Gegenwart, in der man gerade versucht, einebestimme Geschichtsschreibung durchzusetzen. Für eine Weile jedenfalls.

Es wird keinen Aufschrei geben

Ernest Hemingway soll in den 1940er Jahren Agent des sowjetischen Geheimdienstes KGB gewesen sein. meldete kürzlich der „Guardian.“ Aber es wird wohl keinen Aufschrei geben, denn immerhin waren das Zeiten, wo sogar die Amis an die Russen massenweise Rüstungsgut geliefert haben, für das die Russen allerdings auch massenweise bezahlen mussten. Da konnte man ja auch mal kostenlos ein paar Informationen an den KGB geben. Zum Ausgleich.

Leanders Verehrer sind empört

Richtiggehend stellvertretend diffamiert fühlten sich die Verehrer von Zarah Leander, als - anlässlich des hundertsten Geburtstages der schwedischen Diva - im Jahre 2007 eine Meldung durch die Medien geisterte. Danach soll auch sie Agentin des KGB gewesen sein. Schon vor dem Kriege habe man sie angeworben. Und sie habe sogar der Kommunistischen Partei angehört (welcher eigentlich?).

Das ist hierzulande ihr Pech, dass sie nicht dem britischen Geheimdienst zu Willen war, sondern dem stalinistischen KGB. Mögen sie noch so viele Opfer gebracht haben, die Russen und mögen noch so viele Menschen ermordet worden sein. Es ist – im Deutschland der Luftbrückengedenkfeiern - kein Ruhmesblatt, ihnen Geheimnisse verraten zu haben.

Trinkfestigkeit spricht für die KGB-These

Als ich mir die Biographie der Leander anschaute, kam mir das überhaupt nicht so rasend unwahrscheinlich vor. Immerhin hat sie sich geweigert, im Jahre 1942, die deutsche Staatsangehörigkeit anzunehmen. Und sie ist auch Anfang 1943 nach Schweden zurückgekehrt. Sie war bei den Nazi-Mächtigen nie so beliebt, wie es in der Historie kolportiert wird. Sie war denen zu subversiv-machtvoll-weiblich denke ich mir. Dass sie sehr trinkfest gewesen sein soll spricht auch für eine KGB-Mitgliedschaft. Warum weiß ich nicht, aber es scheint mir plausibel. Ich will auch mal Geschichte interpretieren dürfen – bitteschön.

Qualtingers Satire

Helmut Qualtinger hat über die Leander eine Satire geschrieben. „Also sprach Zarah... oder Wie du schreibst, so kann ich auch“.

Da kommen so herrliche Sätze vor: „Überall wo ich hinkam, war ich der Mittelpunkt des Festes, mein Dekolleté erregte mehr Aufsehen als das von Göring und sogar Hitler küsste mir die Hand. Was ich gelitten habe“.Oder (auch sehr schön): „Als ich zum erstenmal mit Heinrich George zusammenarbeitete, weinte er. Später hat er sich an mich gewöhnt“. Qualtinger konnte ja nicht ahnen, dass auf dieser Frau auch die Last der Spionage ruhte. Wäre zu schön, wenn es so gewesen wäre. ....

Vielleicht singt ja deshalb die Nina Hagen, so gern Leander...na, also ... das geht jetzt zu weit.

Ernsthaftes Resümee

Mir fielen Verszeilen aus Ingeborg Bachmanns Gedicht „Alle Tage „ ein. Da ist die Rede von einer Auszeichnung, die verliehen wird für

den Verrat unwürdiger Geheimnisse
und die Nichtachtung jeglichen Befehls

Das passt zu Hemingway und zur Leander.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden