Alter Kahn und junge Liebe ist ein kleines, einfaches, vergnügliches Lustspiel über das Leben der Binnenschiffer und hebt besonders die Vorteile, die durch gemeinschaftliches, genossenschaftliches „Binnen- Schiffen“ entstehen hervor.
Der fröhliche Genossenschafts-Schiffer Hermann Vollbeck fährt mit seinem sehr fidelen Bootsmann Ernst (Kurt Schmidtchen) und einer Enkelin Anne (Maria Häusler), die ihren Urlaub an Bord verbringt auf der Spree. Dort tritt Anne auf Karl Borchert (Götz George), den Sohn des verstockten Einzel-Schiffers Hein Borchert. Karl leidet unter dem strengen Regime seines Vaters, kann sich aber von ihm nicht losreißen. Anne und Karl verlieben sich. Aber auch der großklappige Schlepperkapitän Horst (Horst Naumann) müht sich um das Mädchen. Der wird von Horst Naumann gespielt, auch einer, der wie Götz George und Maria Häusler, dann nach dem Mauerbau 1961 in den Westen ging.
George studierte damals beim UFA-Nachwuchsstudio in Westberlin. Schauspieler konnten in diesen Zeiten die Grenzen wechseln und Rollen hier und da annehmen.
Der Film endet – nach allerlei hochübertriebenen Konflikten – mit der versöhnlichen Aussicht, dass Anne und Karl sich finden, weil Karl sich weiterentwickeln will und vom Vater endlich unabhängig wird. Beide schippern in einem kleinen Kahn von Schiff zu Schiff auf dem Wasser einer gemeinsamen Zukunft entgegen.
Eine Kino-Kindheitserinnerung
Der Film gehört zu meiner Kino-Kindheit. Ich war 11 Jahre alt und fand ihn so romantisch mit seinen Flussansichten und kleinen Gesangseinlagen.
Kürzlich habe ich ihn – der jetzt auch in einer restaurierten Version auf DVD zu erwerben ist - im Internet gefunden und mir leicht wehmütig wieder angesehen.
Götz George – er war zur Drehzeit erst 18 Jahre alt - spielt sehr einfach, zurückgenommen und glaubwürdig. Er blieb mir in Erinnerung, obwohl er in der DDR erst viel viel später 1989 (Der Bruch - DEFA in Kooperation mit dem WDR ) wieder einen Film drehte.
Er tauchte dann im Fernsehen – in den 70ern - immer mal auf und ich hörte in einem Kulturbeitrag fürs Fernsehen, dass er sich über mangelnde und zu anspruchslose Rollen beschwerte, die man ihm anbot.
Erst mit Schimanski wurde er zum Star und ich weiß nicht, ob der zurückgenommen Karl aus seinem DEFA-Debüt nicht eher seinem Wesen entspricht als dieser Macho. Er hat sich immer wieder beklagt, dass man ihn mit seiner Rolle verwechselt. Aber das geht ja vielen Schauspielern so
Über den Styx
In der allerersten Szene des alten DEFA-Films sieht man Götz George auf einem Treidelpfad am Fluss der Kamera entgegen gehen. Dann wendet er sich dem Wasser zu und ruft zu seinem Schiff hinüber „Hol über“.
Und als ich gestern von seinem Tod erfuhr dachte ich bei mir: Jetzt hat er – der alte Charon - ihn übergeholt über den Styx.
Kommentare 13
Als "Schimanski" bleibt Götz George sicher dem größten Teil des Publikums in Erinnerung. Und vielleicht auch als Gegenteil seines Vaters Heinrich, der ja in allen Rollen (soweit ich mich erinnere) sehr barock auftrat.
Aber das macht eben einen guten Schauspieler aus: viele Rollen glaubhaft spielen zu können.
Zur Havelschifffahrt gibt es übrigens noch mindestens einen weiteren Film, der rund zwölf Jahre vorher entstand - Unter den Brücken.
Unter den Brücken gehört zu den Filmen, die ich immer und immer wieder gern sehe. Der Carl Raddatz, der Gustav Knuth, die Hannelore Schroth - absolute Spitzenklasse. So kurz vor Kriegsende so ein menschenfreundlicher Film mit Szenen, die sind so poetisch und - vor allem - auch so modern. Die Licht- und Schatten-Momente, die Brückenfahrten. Inzwischen wird das ja auch gewürdigt.
Ich fand - als der 1974 zum ersten Mal bei der ARD lief - dass das wie ein französischer Film scheint und war ganz begeistert.
Und - die Musik - fast immer im Mollton. Wunderschön.
Leider kann man ihn - ich weiß nicht warum - nur sehr teuer erwerben, obwohl ich gehört habe, dass er aufwändig restauriert wurde. Kürzlich lief er mal wieder auf arte.
Und bei der DEFA gabs vorher schon - in sehr ähnlicher Besetzung "Der Kahn der fröhlichen Leute" nach dem Bühnenstück von Jochen Klepper, der sich mit seiner Frau und seiner Tochter in der Nazizeit das Leben genommen hat, weil Eichmann sie nicht ausreisen ließ.
http://www.defa-sternstunden.de/index.php?option=com_content&id=77&Itemid=3
Vor meinem geistigen Auge erscheinen da eher Szenen wie Schimanski an der Pommesbude oder der Reporter in "Schtonk!"
https://youtu.be/eKLgCbeDfPs
Momentan auf Youtube zu sehen:
https://www.youtube.com/watch?v=qKM2wTK5FW4
Mal sehen, wie lange. Stimmt, das war auf 3Sat nicht auf arte.
"In der allerersten Szene des alten DEFA-Films sieht man Götz George auf einem Treidelpfad am Fluss der Kamera entgegen gehen. Dann wendet er sich dem Wasser zu und ruft zu seinem Schiff hinüber „Hol über“.
Und als ich gestern von seinem Tod erfuhr dachte ich bei mir: Jetzt hat er – der alte Charon - ihn übergeholt über den Styx."
Danke für diese poetischen Zeilen
An Götz Geore erinnert mich zweilerei, dass ich ihn einerseits in den Karl May Filmen eher als bemüht nachgemachten Western Held empfand, mit Karin Baal als rührend jungenhaftes Imiitat des halbstarken "Wilden" , "Die Faust im Nacken" Marlon Brando empfand, andererseits besonders in einem Film, dessen Name mir nicht einfällt, mit Bernhard Wicki als eingehegt menschelnder Militärseelsorger, Götz George als gescheiterter Deserteur im Vorfeld seiner Hinrichtung sein zurückgenommenes Kammerspiel auf verstörende Weise ergreifend fand
hebt besonders die Vorteile, die durch gemeinschaftliches, genossenschaftliches „Binnen- Schiffen“ entstehen hervor
Das hast du sehr hübsch ausgedrückt. :-)
Wenn ich jetzt sowas sehe, aus der Sicht der heutigen Situation, macht mich die Naivität der utopischen Hoffnung immer richtig fertig. :-(
Ich habe gestern aus Gründen viele Nachrufe durchgesehen. Die beiden Filme, denen dein Hauptaugenmerk gilt, werden fast nie erwähnt. Von der frühen Komödie kann man ja halten, was man will. Aber den "Bruch" aus den späten Achtzigern nicht zu erwähnen, ist ignorant. Das ist ein sensationell guter Film, nicht nur wegen George, auch der anderen Beteiligten wegen (Frank Beyer / Wolfgang Kohlhaase, Rolf Hoppe, Herrmann Beyer, Otto Sander, Ulrike Krumbiegel, Rainer Heise, Axel Werner... ), wegen der Kulissen usw. usf. :-))
Das haben auch andere bemerkt. Das Filmmuseum Potsdam zeigt am 1. Juli - in Erinnerung an George - die beiden DEFA Filme. https://www.facebook.com/filmmuseumpotsdam/
Komisch ist vor allem, dass ich das schon als Kind reichlich durchsichtig fand. Von daher war der Film schon erhellend.
Und immer mal wieder habe ich das Schicksal weiterer Schauspieler verfolgt.
Z. B. Maria Häusler, die hat nur noch wenig - in Westdeutschland - gespielt und verschwand dann.
- Horst Naumann - hat jahrelang den Schiffsarzt in der Traumschiffserie verkörpert. Erst mit 85 Jahren hat er aufgehört.
- Kurt Schmidtchen - "Das tapfere Schneiderlein" der DEFA.
An dem Film aber fällt z. B. das so progressive Frauenbild auf. Die Heldin ergreift selbst die Initiative, ist weiblich und praktisch. Fand ich gut. Künstlerisch ist er halt nett und harmlos. Bis auf das schöne "Anne" Lied. Ich habe manchmal halt Sinn fürs Triviale.
Ja, durchsichtig war das oft.
In den Unterhaltungsfilmen auch deutscher Produktion heutzutage kommt der Genossenschaftsgedanke nicht mehr vor. In den Komödien sind es coole Mittelschichtbürger mit coolen Privatgeschäftsideen, die je nach Drehbuch mal funktionieren oder nicht. Das ist nicht durchsichtig, das ist so alternativlos wie's Wetter. :-)
Liebe Magda,
vielen Dank für deinen Beitrag über Götz George! Er war ein großartiger Schauspieler, der sich auch nicht verbiegen ließ.
Die meisten hegen nur Erinnerungen darin, dass er als Schimanski das Wort "Scheiße" salonfähig machte. In "Der Totmacher" war er z.B. mehr, als nur beindruckend. Götz George war unglaublich viellseitig, werde ihn vermissen...
LG
Corina