Kommentar mit Hut

Thälmann-Denkmal Eines muss schon mal klar sein. Es gibt Heldenfiguren und es gibt Investoren und dazwischen viel Debatte und Brimborium. Auch Widerstand. Am Ende gehts um Geld.

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Der Thälmannpark im Berliner Prenzlauer Berg ist ein hübsches, grünes, kleines Arial, auf dem sich Plattenbau-Wohntürme türmen. Davor, der breiten "Greifswalder" Magistrale zugewandt, steht ein wuchtiges Denkmal. Es ist der von den Nazis eingekerkerte und ermordete Arbeiterführer Ernst Thälmann, die Hand zur Faust gereckt. Eigentlich sieht er aus wie Lenin. Das ist nicht verwunderlich, denn die Bildhauereien des sowjetischen Künstlers Lew Kerbel sehen fast alle wie Lenin aus.

Es ist aber Thälmann, seltsamerweise ohne Mütze. https://lh3.googleusercontent.com/-yb1UyqARYNM/UbgcOGKSe2I/AAAAAAAAFio/9ddgE8uyudE/s400/Ernst%2520Th%25C3%25A4lmann.jpg

Der soll weg, weil er eine Zumutung ist.

Die meisten guten Denkmale sollten eine Zumutung sein. Sie erzeugen in Lokalpolitikern wie dem grünen Stadtrat Jens Holger Kirchner gar geschichtspädagogische Eiertanzereien wie:

"Das Denkmal braucht unbedingt eine
Kommentierung, sonst denken alle,
Thälmann war ein Held"

Damit hat er schon sehr viel kommentiert, finde ich und nachgewiesen, dass es sich bei diesem Koloss um ein gutes Denkmal handelt. Aber, hier stört es jetzt. Eine solche aus der Vergangenheit wuchtig hineinragende Figur in diesem Umfeld - in dem sich der bürgerlich-gehobene Wohnanspruch verbreitet und verbreitet und immer mehr verteuert - das muss man irgendwie schleifen.

Symbolische
Sprengung

Zuerst muss er symbolisch weg. Die Jungliberalen haben am Wochenende - mit Sprengköfferchen - schon mal hantiert.

Vorsicht, Vorsicht: Wo die Jungliberalen was aufführen, da ist auch die "Kohle" nicht weit. Investoren - die "Helden" der Gegenwart - umschleichen schon lange tapfer dieses Gebiet. Paar Edelbauten haben sie schon mal in das Areal gesetzt. Sie wollen modernisieren, investieren und Geld verdienen. Da stört der Thälmann und die Mieter ängstigen sich, denn auch ihre "Platte" gerät in den Modernisisierungsstrudel. Nein, nein, die Gentrifizierung macht vor der Platte nicht halt.

So entstehen aber auch Bündnisse, in denen inzwischen auch Zugezogene aus westlichen Bundesländern agieren, die sich mit den preiswerten und guten Wohnungen in der so verpönten "Platte" ausgesöhnt haben, weil die ohnehin besser sind als ihr Ruf. Das wird noch mächtig Debatten und Zoff geben.

Hubertus Knabe ist
auch schon aktiv

Hubertus Knabe spricht von einer ästhetischen Scheußlichkeit und politischen Zumutung (sag ich doch), aber er meint es halt anders.

Was hab ich mich manchmal beim Vorbeifahren früher über diesen Thälmann amüsiert und geärgert. Aber jetzt - ist das nicht klasse? - ärgern sich andere über ihn. Ein Fall von ausgleichender Gerechtigkeit, den man nicht durch einfallslosen und schnöden Abriss oder Wegsprengung beenden sollte. Das schafft doch auch ein erhaltenswertes Gemeinschaftsgefühl. Sie sollten ihn stehen lassen.

Thälmann ist gesamtdeutsch, ätsch. Kömmt aus Hamburg.

Der reine Zufall führte uns kürzlich auf einem langen, schönen Stadtspaziergang in diesen Dreh. https://lh3.googleusercontent.com/-WqNa05jf0W8/UbgcONVKL_I/AAAAAAAAFfQ/PbmdRONgIFk/s288/Ernst%2520Th%25C3%25A4lmann%2520Magda%25201.jpg

Hier der - von Kirchner geforderte - fotografische historisch-kritische Kommentar. In diesem Sinne: Rot Front!!!!!!! Oder ist das jetzt schon verboten?

Fotos: Amanda

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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