Wenn ich mich mit bestimmten Feldern der Kunstausübung beschäftige, befällt mich ein schmerzhaftes Gefühl des Ungenügens. Und ich denke, dass dieses Gefühl ein Bestandteil dieser ganzen Installations-, Performance- und was weiß ich noch -branche der Kunst ist. Daraus saugen die ihre Existenzberechtigung – die wollen mich nur ärgern.
Das kam mir in den Sinn, als ich in der Wisbyer Straße in Pankow auf die Bäume neben der Straßenbahntrasse starrte. Die sind mit Blümchen tapeziert. Wirklich, Blümchen in weiß.
http://static.twoday.net/magda/images/Wisbyer-2-Kunst.jpg
Und sogar das Fernsehen hat darüber berichtet. Es ist dies die Kunst einer Künstlerin, der es gelungen ist, der für Kultur und Kunst zuständigen Abteilung in Berlin-Pankow einen Haufen Geld aus dem Kreuz zu leiern.
Was soll ich daraus lernen? Dass Blumen auf Baumrinden gut sind? Ich soll mich an der Zweckfreiheit freuen, die mir da weiß entgegenguckt, ich soll an „Ich schnitt es gern in alle Rinden ein“ denken. Genug. Genug.
Auch Installationen kreieren in mir nichts weiter als eine gewisse Ratlosigkeit. Lustig fanden wir bei einem Besuch in Köln das „Portable War Memorial“ von Edward Kienholz, das im Museum Ludwig zu besichtigen ist und reine, bittere Ironie transportiert.
Malerei – ob konkret oder abstrakt -das ist immer verständlich fürs Auge. Auch so schöne Sachen wie ein farbreines kobaltblaues Sofa, das an der Wand eines Kölner Museums hängt, kann ich mir beschwerdefrei angucken. Die Fettecke von Beuys – die finde ich schon nur noch mit langen Erklärungen gut. So, wie sie da so ist, sagt sie mir nichts. Ich will ja auch gar nicht, dass mir Kunst was sagen will . Im Gegenteil: Wenn es in Bereiche geht, die mir persönlich nahe rücken wollen, mir was entlocken oder mich schwer „betreffen“ wollen, dann befällt mich ein spießbürgerlicher Abwehrreflex.
Es ist ein Segen dass manche
Leute nur Künstler geworden sind
Dann sage ich mir bitterböse: Es kann ja durchaus ein Segen für die Menschheit sein, dass diese Kreativen, die sich als Performer und Action Künstler in die Welt einschreiben und einprägen wollen, am Ende wirklich bei der Kunst gelandet sind. Denn, was passiert, wenn jemand mit starkem Ego und großem Willen, der Welt was beizubringen, nicht an der Kunstakademie aufgenommen wird, das weiß die Welt schmerzlich. So einer findet verheerende, sehr dekonstruierende Gestaltungsmöglichkeiten. Obwohl – aus einem Maler wird vielleicht niemals ein Performer – oder doch?
Aus dieser Schreckensgeschichte muss die Welt gelernt haben, weshalb die Künstler eine große Freiheit und Toleranz erfahren. Meistens jedenfalls.
Die ist auch nötig, die Toleranz. Zum Beispiel, wenn jemand eine tote Kuh irgendwo runterwerfen will. Wo war das gleich?
www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2001/0720/berlin/0062/index.html
Ach ja, zur Einweihung der neuen Backfabrik im Prenzlauer Berg. Da wollte der Künstler Wolfgang Flatz, den Umgang der Menschen mit Fleisch thematisieren. Die Kuh – der Künstler hing auch irgendwo mit am Kran – knallte dann runter. Der autoaggressive Künstler hat auch schon mal als Fußabtreter gedient, las ich im „Spiegel“. Aha, ein Rindviech von oben ein Ochse von unten.
Diese Kunst braucht
Die Kritik der Unkundigen
Aber, so leichtfertig-unkundige Kritik gehört zu diesem Kunstkonzept mit dazu. Sie wirft ein entlarvendes Licht auf mich und meinen kleinen Geist, während der Scheinwerfer die tote Kuh anstrahlt. Furchtbar ist so etwas. Aber, es gehört zur Freiheit der Kunst.
Dass unterdrückter Kunstwillen Diktatoren erzeugen kann, kam mir auch noch bei einer anderen Kunstaktion in den Sinn. Was bewegt einen Menschen, andere Menschen zu bewegen, sich nackig zu machen und hinzustellen. Ist das nicht ein Milgram Experiment? Obwohl – nee, die kommen ja freiwillig dahin. Milgram ist es nur, wenn sie alle angezogen kommen und dann zieht sich einer aus und alle machens nach. Das kann der Künstler Spencer Tunick ja als nächstes mal angehen -schöpferisch.
Dass eine Frau wie Marina Abramovic Kunst machen darf, erfüllt mich immer mit Erleichterung, obwohl ihre Kunst mich immer wieder ärgert. Ich möchte nicht wissen, wozu die fähig wäre, wenn sie nicht der Welt ihr Leiden zeigen oder Beklemmungen erzeugen könnte angesichts pausenloser Selbstqälereien. Zum Beispiel:
www.kunstwissen.de/fach/f-kuns/o_pm/abramo0.htm
In der Performance Dragon Heads sitzt die Künstlerin auf einem Eisenbett, das auf vier Eisblöcken ruht, während sich um ihre Mitte Boa-Schlangen winden.
Ich fühle mich immer sehr klein und anfechtbar, wenn ich ihre Performances begucke. Oder ich könnte rasend werden und transponiere mich ins Avantgardefeindliche. Dieses Rasend werden nehme ich persönlich, das ist etwas, was Frau Abramovic ja in mir erzeugen will, vielleicht auch etwas frei legen in mir und mich damit zum Zubehör dieser Performances machen. So sehr tun mir die Haare weh, wenn ich sie auf Bildern sehe mit dem Rücken zu und an den Haaren zusammengeknotet mit ihren einstigen Kunstkomplizen Ulay. Diese bösen Vereinnahmungen.
Wenn ich nicht weiter weiß mit meinem Latein, lese ich – aus therapeutischen Gründen - mal wieder Ireneus Iredynskis Buch „Manipulation“.
Da hängt einer am Ende den Besuchern seiner Performance lauter blutige Kaldaunen um die Hälse. Die finden das alles irgendwie interessant und es endet trotzdem chaotisch und das entspricht so ungefähr dem Grad meiner Ratlosigkeit Diese verringerte sich, wenn ich das alles als riesengroße Veralberung zu den Akten legen könnte. Bis dahin aber verharre ich – von dieser Ausnahme jetzt mal abgesehen – in vorsichtigem, Ehrfurcht heuchelndem Schweigen vor dieser Kunst.
Oder ich denke mir auch eine tiefsinnige Performance aus:
Ich bastle mir ein Transparent in dieser altdeutschen reaktionären Schrift. Und darauf steht dann:
Der Führer ist ein Künstler.
Er hat die Welt nur deshalb in Brand gesetzt, um uns zu mahnen und zu zeigen:
So ist es, wenn Menschen die Welt in Brand setzen.
Wäre er Künstler geworden, hätte er das alles nur gemalt.
Kommentare 87
Wenn man sich vergegenwärtigt, dass diese Künstler mit Mitteln der Bildenden Kunst arbeitende darstellende Künstler sind, oder sowas ähnliches, dann kann man es ganz entspannt angucken. Außerdem hilft bei der Beurteilung der Gedanke, was ist eigentlich Euer Handwerk? - Ich kann die Frage auch nicht beantworten, aber es gibt eines; und also gibt es auch auf diesem Gebiet gute und schlechte Handwerker.
Hihi,
Als ich das geschrieben habe, dachte ich an Dich mit einem schlechten Gewissen. :-))
Du bist bestimmt sachkundiger und ich mache hier eigentlich eine ganz allgemeine Räsoniererei auf, Banausengemaule, nur zum Spaß.
"dann kann man es ganz entspannt angucken" -
Also Abramovic kann ich nicht entspannt angucken, ich kriege sofort die Wut, die eingeplant ist.
Danke fürs Lesen.
Ein kurzes Bild
ein langer Text
und ein Gedanke:
Danke, Anke!
Dieses Gedicht heißt: Für Magda
Mir gefallen die Bäume. Ich habe mich schon darüber gefreut, als du sie über twitter rumgeschickt hast, nichtsahnend, dass das wohl aus der gegenteiligen Empfindung heraus geschah, die mich dann ereilte... :)
Zu deiner Kritik fällt mir spontan "hurz" ein. Kennst du's? (leider habe ich es nicht ohne das doofe Lachen gefunden.)
Schön ,wie Du das alles so verdichtest.
Danke Rainer
und nun lies es auch mal.
:-))
Ach herrje, stimmt sie sind ja schon mal getwittert, die Bäume.
die Bäume sind hübsch, aber der Kunstanspruch ...
Manche Graffitis sind da künstlerischer.
Sie waren auch nur der Aufhänger meiner - wie ich denke - auch nicht immer stringenten Überlegungen.
"und nun lies es auch mal":
Zuerst fiel mir ein: Nur, wo Nutella drauf steht, ist auch Nutella drin. Aber für was Kulturtöpfe für was alles Geld hergeben, das geht dann wirklich auf keine herunterfallende Kuhhaut. Und der Nutella-Spruch ist hin.
Mir geht es auch so, daß Malerei und Skulptur an erster Stelle stehen, daß Videoinstallationen mich meistens nerven und eine Performance das Theater bleibt, das ich auch nicht mag. Kurz: Analog Karl Kraus würde ich feststellen, daß nichts festzustellen ist, jedenfalls keine Kunst, meistens.
Die Künstler dagegen, die nicht in den Premier-League-Kunstkreislauf gelangen, bleiben kleine Gewerbetreibende und Gernegrößen. Man erkennt sie als Kunstwerkelnde qua ihrer Aura überall.
Zu Hitler, dem verhinderten Künstler, möchte ich Rudolf Olden zitieren: er war ein ehrgeiziger, deklassierter Träumer mit bürgerlichen Idealen. Für ihn waren Maler reich und hochgeehrt, von Monarchen ausgezeichnet, von der guten Gesellschaft geliebt.
Hat er - und viele - je einen Funken Kunst wahrgenommen? Kunst war für ihn Dekoration von und selber Herrschaft.
Und: Blumen an Bäumen sind nur Dekoration, schlimmstes Kunstgewerbe.
Ich habe gelesen: Hugh!
"...wo Nutella drauf steht, ist auch Nutella drin." - Das gilt schon lange nicht mehr. Viele Markenhersteller verdienen ein gut Teil ihres Umsatzes mit dem massenhaften Verkauf ihrer Produkte unter einem Noname-Label. Auf anderen Gebieten unterscheiden sich Marken- und Noname-Produkte nicht mehr materiell oder qualitativ, sondern nur noch durch das Markenimage. Der Spruch muss heute also heißen: Nur wo Nutella drauf steht, steht Nutella drauf (und man kann 1 € mehr nehmen).
Ihr könnt Euch ja gerne über diese Künstler aufregen, da gibt es solche und solche. Aber der weitaus größere Beschiss findet auf anderen Gebieten statt.
Ich verweise auf meinen Beitrag "Haufen".
Es gibt viele Sachen, die mir auch besser gefallen, aber ich fand die Idee klasse. Da kann man noch was draus machen...
Ich weiß, dass es nur der Anfang deines Textes war, kann deine Gedanken nachvollziehen, dir aber nicht sagen, ob ich damit in Teilen, ganz oder gar nicht übereinstimme. Wahrscheinlich tendiere ich zu letzterem.
Mit manchem, was sich Kunst nennt, kann ich nichts anfangen, mit noch viel mehr schon. Kunst ist doch Ausdruck (ausleben seiner selbst). Dazu gehört dann wohl auch, dass man sich, wie du sagst, ein wenig vereinnahmen lässt. Sonst wäre die ganze Mitteilung nichts wert?
Aber ich hab ja keine Ahnung.
"mit manchem kann ich nichts anfangen..."
Liegt also doch an beidem: Künstler und mir, weil man in dem Falle auf verschiedenen, blickdicht abgetrennten Ebenen aneinander vorbei geht. Andere Assoziationen hat. Weiß der Teufel. Darum ist es ja trotzdem Kunst.
Ach herrjemine, ich kann mal wieder absolut nicht annähernd in Worte fassen, was ich denke...
"Und der Nutella-Spruch ist hin." Sag ich doch.
Mit der Kunst ist es ähnlich wie mit Einkommensteuererklärung:
Eigentlich müßte alles auf einen Bierdeckel passen...
Ich muss gestehen, dass mich die weissen Blätter spontan ansprechen..... aber das kann (und will) ich jetzt gar nicht erklären.
Bei toten Kühen oder Humanplastinaten mag sich bei mir keine rechte Zuneigung entwickeln (auch keine linke).....
Vielen Dank für Deine bereichernden Auslassungen!
"absolut nicht annähernd" sind Worte, die ich umgekehrt nicht in Gedanken fassen kann. Im übrigen geschieht Denken vermittelst der Sprache und nur vermittelst der Sprache. Was ich nicht in Worte fassen kann, kann ich also auch nicht denken.
Nicht unbedingt. Man kann ja auch in Bildern denken.
Nein
Dann weiß ich nicht, was ich die Hälfte der Zeit mit meinem Kopf mache :)
Das weiß ich natürlich auch nicht, vielleicht assoziierst du bildliche Vorstellungen. Hältst du das bereits für Denken?
Die durch die Sinne aufgenommenen Eindrücke und die aus diesem Material gebildeten Vorstellungen sind, wie die Logiker sich ausdrücken, notwendige, aber nicht hinreichende Bedingungen für das Denken. Beim Denken im eigentlichen Sinne werden die Vorstellungen durch Begriffe benannt, verallgemeinert und in Beziehung zueinander gebracht. Dies geschieht vermittelst der Sprache, und ohne diese sind die Vorstellungen gar nicht kommensurabel. Ergo: was ich denken kann, kann ich auch sprachlich ausdrücken.
"Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind."
(Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, B 75)
www.br-online.de/br-alpha/kant-fuer-anfaenger/kant-vernunft-sinne-ID661188595423.xml
Da mag ich mich mal anschließen.
Aber vielleicht bin ich nur Banause, wenn ich bei gewissen Dingen nicht sehe, was da "Kunst" sein soll. Oder ich habe die falsche Definition - bzw. gar keine.
Ich hab mit Kunst auch nichts am Hut. Ich hab einen Hang zum Niederen...
Lieber Rainer,
und Du hast mir Interessantes erklärt und ergänzt. Ich lege ja wirklich auf Deine Meinung wert, mache keine Witze.
Das Zitat über Hitler zum Beispiel, sehr schlüssig. Am Ende finde ich da meine Überlegungen auch wieder. Weil man ihn nicht als Maler verehrten wollte und die bürgerliche Gesellschaft ihn auch nicht...hat er eben "große Kunst" gemacht. Eigentlich wollte ich in meine Überlegungen noch den Essay von Thomas Mann "Bruder Hitler" einbeziehen. Ich finde nur gerade den Band nicht, wo das steht. Und - es sprengt auch meine intellektuellen tools.
Hugh großer Rainer, ich danke Dir.
Ach, das hätte ich jetzt in eins machen können. Diese Nutella-Philosophie: Klasse.
Und übersetzt bedeutet das jetzt: Abramovic haut sich auch nur in die Schnauze, aber sie ist eben Abramovic? Hä?
Genau, das mit dem Haufen wurde so missverstanden. Immerhin ist der Haufen auch schon dekoriert. Im Grunde hat er Ewigkeitswert erhalten. Dieser Haufen - fotografiert und gekennzeichnet - steht für das kreislaufmäßig von Hundeausläufen. Oder so. ..
Lieber archinaut -
"Vielen Dank für Deine bereichernden Auslassungen!"
Und ich dachte, als ich die vielen Kommentare angekündigt sah, ich kriege jetzt eins auf die Mütze. Diese merkwürdigen Blumenblätterzeichnungen am Baum. Mir ist da immer nach Falschmünzertum. Oder ich stelle die falsche Frage: Zum Beispiel, was sich die Künstlerin dabei dachte oder so...Künstler denken ja eigentlich nicht, das tun dann jene, die das deuten wollen.
Und ich habe vieles über einen Leisten geschlagen, weil ich mich ja eigentlich über dies Abramovic so geärgert habe.
@ -Alien - es gibt glaube ich überhaupt keine Definition mehr, wobei die von archinaut mit dem Bierdeckel bestimmt die mir sympathischste ist.
"Aber der weitaus größere Beschiss findet auf anderen Gebieten statt."
Wo, wo findet er denn statt? Bei den Jurys und Auswahlgremien? Oder wie oder was, sei doch nicht so kryptisch. :-))
Ich weiß jetzt nicht, ob das dazugehört, aber mir fällt bei diesem Zusammenhang von Bildern, Vorstellungen und Worten immer die Memoiren von Helen Keller ein.
Die ist als kleines Kind durch eine Krankheit blind und taub geworden.
Und hat jahrelang wie eine Wilde gelebt. Nicht zu bändigen.
Dann bekam sie eine Lehrerin, die ihr das Blindenalphabet in die Hand buchstabierte. Aber sie kriegte nicht mit, was das soll. Sie empfand das als Spiel.
Bis sie eines Tages Wasser an den Händen hatte und sich auch noch dunkel und real an dieses Wasser erinnern konnte und dann bekam sie das Wort dafür in die Hand buchstabiert und - wie ein Blitz - stellte sich die Verbindung her. Das Bild von einst bekam ein Zeichen, also mussten auch alle anderen Gegenstände Zeichen, Benennungen haben. Damit fing bei ihr auch das Denken in Begriffen an, die Fähigkeit dazu.
Da gabs einen Film drüber "Licht im Dunkel" da musste ich richtig heulen. Sie rennt dann von Gegenstand zu Gegenstand und rüttelt dran wie verrückt und bekommt "erklärt" per Handalphabet, was das ist und die Welt öffnet sich.
Wir hatten das mal in einem Sprachseminar zum Thema Semantik-Semiotik-Semasiologie oder so ähnlich. Vieles davon habe ich vergessen, aber das blieb mir immer in Erinnerung.
Literaturpreisvergaben, ich sage nur: Literaturpreisvergaben!
Also, da muß ich ja mal oranier unterstützen:
Sprache denkt / Bild lenkt.
Aber wohin?
Tach, hier wird mal wieder über Kunst diskutiert. Da muss ich mal mit.
@Magda
»Künstler denken ja eigentlich nicht...«
Dafür hast Du in der Tat mehr als nur auf die Mütze verdient, denn nachgedacht hast Du selbst nicht wirklich, zumindest in die falsche Richtung. Wie Du ja am Gröfaz illustriert hast, geht man hierzulande immer gleich auf das Ganze und in Deinen Gedanken schimmert wieder einmal eine Anspruchshaltung hindurch, wonach es in der Kunst immer und das große Schöne und Wahre gehen muss. Da können Blümchen auf einem Baum natürlich nicht mithalten, was aber noch lange kein Grund ist trotzdem welche dort anzumalen. Um das mal in die richtige Perspektive zu rücken, bloß weil der »Faust« oder der »Hamlet« geschrieben wurden, erwarte ich ja auch nicht, dass Du bitte schön das bloggen, als niedere Schriftform unterlässt. Was die Förderung solcher Vorhaben angeht, stimmt dann der Satz: »Aber der weitaus größere Beschiss findet auf anderen Gebieten statt.« Die Werte/Aufmerksamkeiten werden in dieser Gesellschaft eben ungerecht verteilt.
@goedzak
»... also gibt es auch auf diesem Gebiet gute und schlechte Handwerker«
Ich hoffe Du wolltest nur sagen, dass Handwerk meist eine wichtige Voraussetzung für Kunst ist und damit nicht die Plattitüde »Kunst kommt von können.« neu beleben.
Bloggen ist keine Kunst, wird aber Literatur (Airen/Hegemann). Na gut, das ist wie Bäume bemalen.
Aber: Sind wir nicht alle Künstler? Und wenigstens für 15 Minuten berühmt?
Siehste!
Was mich bei der Diskussion über Kunst immer irritiert ist die Ehrfurcht vor ihr. Man muss weder Kunstgeschichte noch -theorie studiert haben, um Kunst zu verstehen. Es reicht völlig aus, kein Kasper Hauser zu sein. Wer dann vor einem Werk steht (und zwar schon eine Weile) und trotzdem kein Zugang findet, darf mit Fug und Recht behaupten, dieses sei aus seiner Sicht ein schlechtes, hässliches, nichtssagendes oder furchtbares Kunstwerk. Und er muss dabei nicht Flüstern.
Das Handwerk des Künstlers besteht aus meiner Sicht nicht darin, fotorealistisch malen zu können oder natürliche Kurven in Stein zu hauen. Das Handwerk des Künstlers ist es, die Frage, die er aufwerfen will so zu formulieren, dass sie verstanden werden kann. Weder muss er gefallen noch muss er beeindrucken. Aber er muss seine Sprache beherrschen.
Die Leistung des Betrachters besteht darin, sich einem Werk so unvoreingenommen wie möglich zu nähern und wirken zu lassen was man sieht. Mir hat sich Beuys' Fettecke so schon erschlossen. Erst der mitgelieferte theoretische Überbau hat sie mir dann unsympathisch gemacht.
Ich persönlich halte Marina Abramovic für eine der bedeutendsten und großartigsten Künstlerinnen unserer Zeit. Ihr aufs Wesentliche abstrahierter Blick auf zwischenmenschliche Beziehungen und die manchmal als schicksalhaft empfunde Dynamik, die sie entwickeln können; ihr Offenlegen des prägenden Einflusses, den eine Beziehung auf alle Beteiligten hat, die Verstrickung, die Not, die Liebe hat mein Leben verändert.
Warum »Siehste!«? Ich sage ja nichts anderes, als dass man die Grenze nicht so scharf ziehen sollte. Und die 15 Minuten haben ja nix mit Kunst zu tun.
Hab ich nur geschrieben, weil´s so´n schönes Wort ist. Und klingt gut, wenn man´s spricht. ;-)
»Denkste!«?
Genauso hanebüchen finde ich übrigens auch die Überlegung am Gröfaz zu zeigen, inwiefern Künstler gute oder schlechte Menschen sind. Das ist dann auch wieder ein ganz lauwarmes Klischee. Bei »Unserem Seeligen Adolf« war's nämlich auch so, dass ihm der Zugang zur Kunstakademie wohl verweigert wurde, weil die eingereichten Arbeiten zu starr und zu mechanisch waren. Gebäude konnte er wohl gut zeichnen, trotzdem haftete den Bildern wohl etwas lebloses an. Ihm fehlte für Menschen, wie sich später noch herausstellte, die richtige Emphase. Ich vermute nun einmal, dass diese aber gerade die Grundlage für ein Werk wie zum Beispiel von Marina Abramovic ist, denn erst diese lässt die Künstlerin zu einer gesteigerten Form des Ausdrucks (z. B. Rinderknochen bürsten) greifen um damit ein Gefühl der »Beklemmung« zu erzeugen.
Da fällt mir das Knef-Lied zu ein:
Ich brauch' Tapetenwechsel,
sprach die Birke,
und macht' sich
in der Dämmerung auf den Weg.
Ich brauche frischen Wind um meine Krone,
ich will nicht mehr in Reih und Glied
in eurem Haine stehen,
die gleiche Wiese sehen,
die Sonne links am Morgen, abends rechts.
Schönen Tag!
Unter anderem zum Rinderknochenbürsten der Beitrag Marina Abramovic im MoMA New-York aus der ZDF-Sendung aspekte.
"Weder muss er gefallen noch muss er beeindrucken. Aber er muss seine Sprache beherrschen." - Mich beschleicht aber gerade bei Abramovic das Gefühl, dass die vor allem das Publikum beherrschen will.
"Ihr aufs Wesentliche abstrahierter Blick auf zwischenmenschliche Beziehungen und die manchmal als schicksalhaft empfunde Dynamik, die sie entwickeln können" - Tja, das kann ja alles sein, aber was sie als Wesentlich darstellt, regt mich auf, leider nicht an.
Ich bin gern mal hiha - hanebüchen, das macht mir nichts aus. :-))
"Ich vermute nun einmal, dass diese aber gerade die Grundlage für ein Werk wie zum Beispiel von Marina Abramovic ist, denn erst diese lässt die Künstlerin zu einer gesteigerten Form des Ausdrucks (z. B. Rinderknochen bürsten) greifen um damit ein Gefühl der »Beklemmung« zu erzeugen."
Und die Emphase für Menschen, die Abramovic besitzt, die hat sie vor allem für sich selbst. Aber, ich sage ja, was für den einen gesteigerte Form des Ausdrucks ist, ist für andere lächerlich und eine höchst alberne Handlung.
Gerade bei Abramovic habe ich immer das Gefühl, dass Kunst was totales hat und manchmal dann auch was totalitäres.
"nachgedacht hast Du selbst nicht wirklich, zumindest in die falsche Richtung."
Also was die richtige Richtung ist, das bestimmt jetzt ich. Ha.
"...Deinen Gedanken schimmert wieder einmal eine Anspruchshaltung hindurch, wonach es in der Kunst immer und das große Schöne und Wahre gehen muss."
"erwarte ich ja auch nicht, dass Du bitte schön das bloggen, als niedere Schriftform unterlässt"
Wieso denn, das ist doch Ansichtssache. Mein Bloggen empfinden ich schon als Kunst. Das sind doch alles beliebige Zuschreibungen. Vielleicht wird es Kunst, wenn ich einfach nur immer das gleich Zeichen blogge oder so...keine Ahnung.
Nee, das Glaubwürdige...
Und mir fällt auf, weil mich jetzt der Größenwahn befällt: Richtig Kunst wird diese Baumbeklebung durch meine Fotografie erst überhaupt. Das sieht nämlich im Original sowas von unscheinbar aus. Durch meine künstlerische Linse sieht man das Wesentliche, wo die Leute - im Vorbeigehen - gar nicht hingucken. Ich will meinen Anteil.
Kunst - das ist Griechenland, die kaputte Akropolis, Kunst ist Troja, nach Berlin entführt, Kunst ist Michelangelos Verzierung depperter Heiligkeit, Kunst ist Dürer und die ganze Werkstatt, Kunst ist am Bau und Kunst ist Therapie, soviel Kunst war nie.
Und mit künstlich kann Kunst auch nicht beschrieben werden. Erich Fried würde wohl sagen: Kunst ist, was sie ist. Ich ergänze: Toll!
Hallo,
schöner Beitrag. Ich kann das, glaube ich, sehr gut nachfühlen. Aber ich glaube, das mit dem "spießbürgerlichen Abwehrreflex" muss man nicht sagen. Wenn man mit Schockern nicht mitgehen mag oder sich vermeintlichen Verständnistiefen von Kunst auch mal entziehen mag, muss man sich nicht gleich "Spießbürgerlichkeit" einreden lassen. Ich glaube, es gibt auch ein Spießertum derer, die eben immer die anderen sein wollen.
Das mit den Bäumen finde ich schlimm. Genauso wie die gräßliche Lichterbehängung im Advent in der Friedrichstraße. Müssen wir selbst unsere Reste von Natur ausser mit unseren Abgasen auch noch mit unseren Ausgestaltungsvorstellungen penetrieren? Kunst mag Nachahmung und Abstraktion der Natur sein; dieselbe dann aber wieder auf die Natur selbst zu projizieren - das ist nicht mal mehr Kitsch!
Kunst darf, ja soll vielleicht sogar total sein, damit wir es eben im wirklichen Leben nicht zu sein brauchen. Rüdiger Safranski zitierte in diesem Zusammenhang einmal eine Stelle bei Nietzsche: »Desshalb muss eine höhere Cultur dem Menschen ein Doppelgehirn, gleichsam zwei Hirnkammern geben, einmal um Wissenschaft, sodann um Nicht-Wissenschaft zu empfinden: neben einander liegend, ohne Verwirrung, trennbar, abschliessbar; es ist diess eine Forderung der Gesundheit. Im einen Bereiche liegt die Kraftquelle, im anderen der Regulator: mit Illusionen, Einseitigkeiten, Leidenschaften muss geheizt werden, mit Hülfe der erkennenden Wissenschaft muss den bösartigen und gefährlichen Folgen einer Ueberheizung vorgebeugt werden.«
Wie du ja schon dargelegt hast wurde beim Gröfaz die Trennung zwischen Rationalem (Regulator) und Phantasma (Kraftquelle) durchbrochen. Den gleichen Fehler wiederholst Du aber nur rhetorisch gewendet, wenn Du das Tatale der Kunst den Künstlern zur Last legst, weil Du die zwei Spähren miteinander vermischst, indem Du die Kunst mit den Maßstäben der Realität misst.
Gleichzeitig delektierst Du dich aber am Beiläufigkeitscharakter der Baumbemalung, die dann wieder nicht total genug ist - zumindest nicht total eindeutig. Neo Rauch meinte in einem Interview einmal, er fände seine Arbeiten manchmal schon viel zu eindeutig. Vielleicht rührt Deine Unterstellung, die Künstler selbst denken nicht, daher, dass diese eben auch wenig Reiz darin sehen, sich noch verbal mit hanebüchenen Ansichten (z.B. den Deinen) zu ihrem Kunstwerk auseinanderzusetzen, wenn Sie aus Ihrer Sicht eine Idee bereits im Werk umfassend und verständlich ausgeführt haben.
"Kunst darf, ja soll vielleicht sogar total sein, damit wir es eben im wirklichen Leben nicht zu sein brauchen."
Na, da ist doch immerhin mein Gedanke aufgegriffen.
"dass diese eben auch wenig Reiz darin sehen, sich noch verbal mit hanebüchenen Ansichten (z.B. den Deinen) zu ihrem Kunstwerk auseinanderzusetzen, wenn Sie aus Ihrer Sicht eine Idee bereits im Werk umfassend und verständlich ausgeführt haben."
Tja, wenn es so verständlich und schlüssig ausgeführt ist, dann gefällt es mir ja meist.
Man sollte sich nicht so vehement auf die Seite der Kreativen stellen. Die haben auch manchmal einen Hang ins Spinnerte.
Ich weiß das, ich bin auch kk (kleinkreativ :-))
Magda, da ist nichts kryptisch. Ehrlich gesagt, versteh' ich die ganze Aufregung um so ein paar ganz hübsche Dekore an einem Baum (vorausgesetzt, die haben ungiftige farbe verwendet) nicht. Und wenn dann noch reihum gehitlert wird... also, nee.
PS: Gemeint war all der Beschiss auf anderen Gebieten als dem der Kunst (und der Literatur, Rainer).
»Man sollte sich nicht so vehement auf die Seite der Kreativen stellen. Die haben auch manchmal einen Hang ins Spinnerte.«
Tja auf deren Seite brauche ich mich nicht zu stellen, da stehe ich schon. Und das Spinnerte findet man bei den nichtkreativen oft mindestens im gleichen Umfang.
"Kunst mag Nachahmung und Abstraktion der Natur sein; dieselbe dann aber wieder auf die Natur selbst zu projizieren - das ist nicht mal mehr Kitsch!"
Auch ein durchaus schlüssiger Gedanke.
"Ehrlich gesagt, versteh' ich die ganze Aufregung um so ein paar ganz hübsche Dekore an einem Baum (vorausgesetzt, die haben ungiftige farbe verwendet) nicht. Und wenn dann noch reihum gehitlert wird... also, nee."
Das verstehst Du nicht? Tja, wenn Du das nicht verstehst.
Also ich erklär Dir das mal, das mit Hitler. :-))
Es wäre doch gut gewesen, wenn der Maler geworden wäre, dann wäre der Welt doch wirklich viel erspart geblieben.
Davon abgesehen: So richtig aufgeregt bin ich gar nicht. Ich wollte schlichtweg was vor mich hin erklären. In Zuspitzungen, das schon, aber so gänzlich allgemeines Geifern sollte das nicht sein - ich habe auch unaufgeregtes darüber bedacht. Und - die Blümchen sind nur der Aufhänger.
Und - es ist doch eine Menge an Überlegungen zusammengekommen, finde ich.
Ach, weil ich gerade reingucke. Ich kriege meine Bilder von picasa nicht hierher. Wie macht man das? Welche Einstellungen nimmt man da?
Gruß von Magda-kk (kleinkreativ)
Vielleicht bin ich ja auch nur sauer, weil ich nicht berühmt bin. Weiß mans?
Klasse. Habe ich gern gelesen und hat mir sehr gut gefallen. Vielen Dank.
Ich mußte auch sofort an Hitler denken bei dem Satz:"Es ist ein Segen, dass manche Leute nur Künstler geworden sind"
Du musst über 'Link zu diesem Foto' gehen, dann den 'Einbetten'-Code kopieren, vorher noch die Größe festlegen, die Mittel-Größe ist meist am besten.
Gruß von g.
"Ich weiß jetzt nicht, ob das dazugehört, aber mir fällt bei diesem Zusammenhang von Bildern, Vorstellungen und Worten immer die Memoiren von Helen Keller ein."
Das gehört nicht nur dazu, liebe Magda, sondern das ist das signifikanteste Beispiel für den Zusammenhang zwischen sinnlicher Vorstellung und Denken, das sich überhaupt denken lässt.
Der Begriff "sinnliche Vorstellung" ist bei Blinden natürlich passender, aber da unsere Welt zumal eine durch den Gesichtssinn Wahrgenommene ist, zählt dieser gemeinhin für die Sinne überhaupt.
Hierzu eine - ohne Scherz - selbst erlebte Begebenheit: Ich habe in einer Universitätsstadt studiert, in der auch eine zentrales Ausbildungsinstitut für Blinde war. Davon saßen eines Tages zwei hinter mir im Bus. Sagt der eine Blinde zum anderen Blinden: "Ich steh' jeden Morgen um halb acht auf". Antwortet der andere: "So siehst du auch gerade aus!"
Lustig natürlich auch dein "Blindenalphabet", wenn ich das mal so ohne beckmesserische Absicht anmerken darf. Bei dem Fingeralphabet handelt es sich natürlich um ein Gehörlosenalphabet, das Blindenalphabet besteht natürlich aus gesprochenen Buchstaben. Aber frag mal beliebige Leute: "Was macht ein Blinder, wenn er in einen Laden kommt und eine Schere haben will?" Drei von vier ahmen darauf erfahrungsgemäß eine auf- und zugehende Schere mit Zeige- und Mittelfinger nach. Die richtige Antwort lautet aber natürlich: "er sagt: Ich hätte gerne eine Schere!".
Hier in dem langen Zitat die in der Tat rührende Geschichte des Spracherwerb-Prozesses der Helen Keller in einem Bericht ihrer Lehrerin Anne Sullivan:
de.wikipedia.org/wiki/Helen_Keller
P.S. Ist Cassandra jetzt eigentlich überzeugt, oder will sie uns den Sachverhalt noch über ihr Bilderarchiv erklären?
Stell es dir so vor: Du hast ein Bild gemalt und sollst es jemandem beschreiben, der nicht im Raum ist. Das Bild ist deine Auffassung einer bestimmten Sache, eines Dings, einer Landschaft.
Nachdem du mit deiner Beschreibung fertig bist und derjenige, dem du das Bild erklärt hast, weg gegangen ist, malst du es im Kopf nach und dir fällt auf, dass du etwas Signifikantes vergessen hast zu erwähnen. So wie ich oben. Also habe ich ergänzt. Aber ich war noch immer nicht zufrieden, es fehlte etwas. Das Bild hat so viele Einzelteile, dass ich immer wieder etwas übersehe.
Das kann ich halbwegs verhindern, wenn ich eine Schematik habe, nach der ich sortiere oder Überbegriffe finde, klar. Aber sie ist keineswegs in der Wortsprache notwendig. Wenn du allein dieses Sortieren dessen, von dem ich mir ein Bild gemacht habe (und das nicht nur in Sekunden) "denken" nennst, dann denke ich tatsächlich manchmal nur dann, wenn ich anderen etwas mitteilen will. Ansonsten brauche ich doch keine Übersetzung meines selbstgezeichneten Bildes. Es aktiv denkend in Beziehung setzen mit ähnlichen/gleichen Bildern kann ich auch so.
Nicht umsonst benutzt man Metaphern, um etwas deutlich zu machen. Man findet ein übergeordnetes Bild, das beide Seiten verstehen. Und um zu deinem Link zurück zu kommen: Ich kann dir "dziękuję" sagen - aber du wirst es höchstwahrscheinlich nicht verstehen? Erst wenn ich es dir übersetze, wird "danke" daraus. Genauso versuche ich meine Bilder-Gedanken in Worte zu übertragen. Übersetzungen sind aber eben tlw sehr fehleranfällig.
Lustig natürlich auch dein "Blindenalphabet", wenn ich das mal so ohne beckmesserische Absicht anmerken darf.
Naja, ich habe die Bezeichnung wegen der doppelten Behinderung gewählt. Natürlich ist es das Gehörlosenalphabet.
"Das mit den Bäumen finde ich schlimm. Genauso wie die gräßliche Lichterbehängung im Advent in der Friedrichstraße." - Bäume in der Friedrichstr. (und überhaupt in der Stadt und nicht nur dort) sind so sehr Natur wie der Rehpinscher, der dort an Frauchens Seite in's 'Lafayette' spaziert.
Bäume in der Stadt, warum soll man sie nicht ein bisschen anmalen dürfen? Oder einpacken, wie die im Central Park? - Vernünftig und ratsam ist es natürlich, dabei immer drauf zu achten, dass sie nicht eingehen an dieser Behandlung. Denn sie haben einen praktischen Wert, destowegen sie auch installiert wurden: Sie helfen, das Klima in der City zu verbessern und sind für viele Leute eine gute Ergänzung bzw., so sie keinen Prollgeschmack haben, ein guter Ersatz für die Birkenwaldtapete daheim.
Hm. Anschließend an die Frage, was Kunst ist, erlaube ich mir die weitere Frage, warum eine Birkenwaldtapete Prollgeschmack ist? Wer legt das fest?
(da man im Internet ja nur die Worte liest, möchte ich anmerken, ich stelle diese Fragen mit einem breiten Lächeln).
Tja, ich bin jetzt ein bisschen in die Enge getrieben. Und da werde ich - wau wau - ärgerlich: Wenn Kunst nur Geschmacksache ist, dann ist für mich sowieso schon die Kohlensäure aus dem Sprudel.
Das mit den Bäumen, war ein Aufhänger. Und nur daran hängst Du Dich auf, lieber goedzak.
Aber gut, ich selbst frage mich natürlich auch noch mal:
Warum regen mich vom Himmel regnende Kühe auf und warum habe ich selbst eine Fülle von Bildern von der wunderschönen Reichstagsverhüllung gemacht?
Wieso finde ich überhaupt Christo gut? Meine eigene Antwort darauf ist, dass dessen menschenfreundliche Ironie mir durchaus liegt und gerade beim Reichstag die jahrzehntelangen Diskussionen darum mir ohnehin gefallen haben. Völlig untheatralisch war das alles und verband alle, die dort zugange waren.
Und darum finde ich diese blutigen, quälerischen Performances wie die von Flatz und Abramovic so abstoßend, so menschenfeindlich und so weiter....
Damit will ich nun wieder nicht sagen, dass Kunst - wie früher - immer nur optimistisch sein soll oder so.
Beim Cental Park. Gerade diese Verhüllungen waren so unprätentiös und temporär.
Aber bei bemalten Bäumen frage ich mich: Wieso darf man die, die naturbelassen am besten aussehen, anmalen, warum? Und vor allem - darauf wird ja hingewiesen - das ist für die "Ewigkeit". Auch so eine Anmaßung, Schöpfer" oder in dem Falle "Schöpferin" zu spielen.
Nebenher: Auf meinen Bildern sehen die Bäume in der Tat besser aus, als in der Realität. Da sieht das nämlich aus wie doofe Kalkspritzer.
Prollgeschmack - du liebe Güte. Wir haben zu Hause nur Originale hängen, allerdings märkische Landschaften von einer Hobbymalerin. Die werde ich mal abfotografieren und vertreiben. Wir haben sie in Hülle und Fülle...Und sie sind wunderschön.
Dazu kommt noch, dass es immer Affinitäten gibt. In der Musik leuchtet mir vieles ein, auch wenn ich drüber lachen muss, ich bin ein "Hörmensch", aber wenn ich mir so Sachen angucken soll...nee
Und zuallerletzt: Kunst ist so ein Feld, wo man immer wissend und insiderisch mitmischen soll und das wollte ich nicht.
Meine beiden K.e von 8:36 und 8:43 h bezogen sich auf miauxx, Natur und so...
'Prollgeschmack', hätte vielleicht ein smiley ranmachen sollen, ging GEGEN all die geschmacksssicheren Jungbildungsbürger, die sich nie, nie Baumtapeten an die Wand kleben würden, sich aber z.B. hier, wo ich lebe, an Bäume ketten, die abgesägt werden sollen, weil der Uniplatz neu gestaltet wird (ist übrigens eine anerkannte stadträumliche Perle geworden, mit einigen neu neu hingesetzten Bäumen), während deren Eltern, die auch keine Birkentapete in der Wohnung haben, dem Entfernen von Linden vor der Haustür zwiegespalten gegenüberstehen, weil einerseits schlechtes Öko-Gewissen, andererseits Autolack mag Blütensaft nicht...
@godzak: :-)
@Magda
Ich hoffe hier hängt sich niemand am Baum auf und hier wird auch nicht gehängt.
Liebe Magda,
ich kann deine Gedanken und Gefühle gut nachvollziehen, obwohl ich einigermaßen Kunst kundig bin.Und auch deine letzten Sätze treffen es genau!
Mir geht es inzwischen so, dass mich der ganze Kunstbetrieb dermaßen ankotzt..., ich mich daher von ihm fern halte.Gerade weil ich die Kunst eigentlich liebe.
Ich male selber und finde darin meinen künstlerischen Ausdruck, aber ich möchte mich an dem Betrieb nicht beteiligen.
"Ich hoffe hier hängt sich niemand am Baum auf und hier wird auch nicht gehängt."
Das ist ja genau der Casus knacktus. Das wäre dann das Totale an der Kunst. Dann wäre das eben die die totale ultimative Performance.
Dicht dran an solchen Kunstäußerungen war doch schon der bekannte Komponist,
Stockhausen : "Was da geschehen ist, ist natürlich - jetzt müssen Sie alle Ihr Gehirn umstellen - das größte Kunstwerk, was es je gegeben hat." und: "...dann werden 5000 Leute in die Auferstehung gejagt".
Naja, das wurde dann natürlich - wie immer in der Kunst - eingeordnet und relativiert und er hat es ja auch nicht so gemeint.
Aber, das ist das Barbarische an der Kunst, das mir bei der Gelegenheit auch mal wieder aufgefallen ist.
Aber, ich hänge niemanden auf. Allerweltskunstbetrachterinnen wie ich, die grübeln höchstens darüber nach, welcher Strick sich da - rein handwerklich am besten eigenen würde - vielleicht stricken sie auch einen Strick...
@ B.V. - danke Dir. Ich denke, es gibt einige Kunstschaffende, die das nicht mitmachen - alles.
Pardon - Stockhausens Äußerungen bezogen sich auf den 11. September. Ist aber sicherlich bekannt.
Da fällt einem auch gleich ein: "Der will doch nur spielen." :-))
Entschuldigung, aber diese saudumme Hitler-Witz jetzt zum wiederholten Male:
Hitler war keine Künstler, wäre nie einer geworden! Er war ein faschistischer Politiker im kapitalistischen System!
Wenn dazu eine "Kunst" gehört, dann beschreibt Sie mir mal, ich werde sie jedem als solche zerfetzen!
Im Übrigen: Kunst wird durch Künstler geschaffen und kann mit Herz und Hirn erkannt werden. Ist dem Betrachtenden eine Sprache gegeben, kann er dies Kunst kritisierend in eben diese kleiden, für die, die solche Sprache, solches Wissen im Grenzgebiet von Kunst und Wissenschaft verstehen, gelernt haben.
Das Kunstgeschäft ist keine Kunst sondern Kommerz. Im günstigsten Fall von Kunstverständigen im Sinne der Künstler betrieben.
Ansonsten würde ich mich hier im Freitag nach "Deutsche Botschaft 11" von friedland, dem "Haufen" von Rainer Kühn und den "Bäumchen" von Magda mal freuen, wenn mir jemand sagen könnte, was er daran für Kunst hält, warum er diese Dinge, wenn, dann für Kunst hält?
Danke
ut
Du Magda, wenn Du so weiter stänkerst, dann komme ich am Samstag und mach aus DIR ein Kunstwerk. Das ist mein TOTALER Ernst.
Ach schade, ich bin am Samstag nicht da. Um die Zeit darf ICH nicht mehr raus.
TOTAL SCHADE :-))
"Wenn dazu eine "Kunst" gehört, dann beschreibt Sie mir mal, ich werde sie jedem als solche zerfetzen!"
Das glaube ich gern, kleine Kinder zerfetzen auch immer gern was, wenn sie wütend sind.
Zorn ist ein sehr produktives Gefühl.
Da geben wir Dir am besten mal ein schönes Bild von Onkel Hitler und Du zerfetzt uns das dann, nach Kinderart. Das wird klasse Kunst.
"Danke
ut"
Bitte.
mg
Bei Columbus kuscheln (s. Ihren Blog Secueller Mißbrauch) und hier den Powerblogger gegen vermutete Newbies geben?
Wie Sie meine Einlassung zu dem "Hitlerwitz" so "mißzuverstehen" vorgeben, ist mir zwar nicht unbegreiflich aber nicht aktzeptierbar.
Was soll denn der strahlende ":-))"-Satz
"Also ich erklär Dir das mal, das mit Hitler. :-))
Es wäre doch gut gewesen, wenn der Maler geworden wäre, dann wäre der Welt doch wirklich viel erspart geblieben."?
Solche Spekulationen ist schon deshalb nicht witzig, weil sie mit den NS-Opfern spielt, ohne eine Erkenntnis hervorzubringen, weder was Kunst sei, noch wes Charakter das Verbrechen des Faschismus wirklich war.
Wenn Sie mir die Kinderart unterstellen, damit unpassend persönlich werden, dann kann ich getrost vermuten, dass Sie sich, mindestens in der Phnatasie in der ehrenwerten Kinodirektorsgattin bei Riess wiederfinden und hier ihr schlechtes Gewissen glauben entlasten zu können für solche Phanatasien und sich dabei "argumenativ" winden und wenden.
Photographieren Sie weiter angestrichene Bäume.
"Wenn Sie mir die Kinderart unterstellen, damit unpassend persönlich werden, dann kann ich getrost vermuten, dass Sie sich, mindestens in der Phnatasie in der ehrenwerten Kinodirektorsgattin bei Riess wiederfinden und hier ihr schlechtes Gewissen glauben entlasten zu können für solche Phanatasien und sich dabei "argumenativ" winden und wenden."
Hübscher Gedanke, nur leider von mir in einem Kommentar auch schon mal angesprochen. Aber entlasten würde ich mich nicht. Jeder Mensch hat so seine Fantasien.
Das einzige, was ich aber dringend raten muss, ist, sich den usprünglichen Kunsttext mal anzugucken und nich - pardon - kindisch loszuwettern.
etwas Farbe in die Diskussion. Irgendwie haben die Blumen auf den Bäumen doch Interessantes bewirkt...
http://i282.photobucket.com/albums/kk274/WalkerEvans/Oberbaumcity/FarbeTACHELES01-Freitag.jpg
http://i282.photobucket.com/albums/kk274/WalkerEvans/Oberbaumcity/FarbeTACHELES03-Freitag.jpg
http://i282.photobucket.com/albums/kk274/WalkerEvans/Oberbaumcity/00_03_240Freitag.jpg
:-)) - Wie singt immer Nina Hagen: Alles so schön bunt hier.
Liebe Magda, das sind ein paar Impressionen vom Tacheles-Kulturzentrum in Berlin aus dem Jahre 1998!
Dachte ich mir, ich kenne es doch auch.
Und ich hoffe, es bleibt auch bestehen.
@ magda
... nun, das mit dem genaueuen Lesen ist so eine Sache:
Ihren Text hatte ich schon gelesen, sonst wäre mir die kleine, zugegeben, Retourkutsche, hinsichtlich der Frau Direktor nicht eingefallen, wie sie selbst einräumen, dass das möglich wäre.
"Gewettert" habe ich nur gegen die Verwendung des "Hitlerwitzes", den Witz selbst und die (jede) Verbindung Hitlers mit Kunst. Wie ich schon sagte: Dabei würden nur Opfer verhöhnt und was Kunst sei, niemals klarer.
Zu "Zerfetzen" kündigte ich nur an, jeden weiteren Versuch, Hitler und umliegende Ortschaften in der vorgefundenen Weise erneut einzubauen, nicht zerfetzen würde ich eine seriöse Diskussion über Kunst, wie sie mir ungenau lesend zu unterstellen scheinen.
Zu diesen Punkten allerdings schrieben Sie nichts.
ad Kunst und Bäumchen: Niemand muss auch an den Bäumchen Kunst beweisen. Wenn diese aber in den Zusammengehang gerückt werden, erwartetet ich schon mehr, als ich selbst auf Anhieb finden könnte, oder hier im Thread bisher dazu geschrieben wurde.
"Und zuallerletzt: Kunst ist so ein Feld, wo man immer wissend und insiderisch mitmischen soll und das wollte ich nicht."
Hallo Magda,
Das ist doch ein soooo dickes Vorurteil!
Nur sprachlich rumtrampeln sollte man in Künstlers Gemüsebeet auch nicht, wenn man da noch irgend etwas für sich ernten möchte. Einmal ganz abgesehen vom Zorn der Gärtner.
Das ist ein wenig so, wie es in manchen Museen und Galerien zu beobachten ist. Kunstkenner und Kunstkennerin treten an, zu und vor das Werk, suchend, dann nähern sie sich dem Titel- und Namensschildchen,- eine Variante ist noch, der Blick zum Preisschild -, dann folgt meist ein wissendes Blicken, Schätzen, Nicken, Augenbrauen hoch ziehen. - In diesem Moment müssten wir in der Lage sein, ein wenig unanständig in die Hände zu klatschen und "Bravo, ich glaub´ Sie haben es!", auszurufen.
Aber, das wäre einmal ein Gag und dann nur noch fies.
Keine Angst, bei den meisten guten Kunstwerken geht es ohne den Schmuh.
Wenn dann mehr Interesse besteht, dann sucht jeder Mensch andere Antworten.
Der Trick mit diesem arkanen und tempelartigen, vorgeblichen "Geheimwissen", das aus den Tiefen des Kunstwerks dem Kenner entgegen komme, ist meist eine Marktlücke und/oder Marketingstrategie.
Wie an anderer Stelle gesagt, Künstler wie Jochen Gerz, Timm Ulrichs oder auch Marina Abramovic sind da anders. Die geben Auskünfte ohne Show, bis zum Abwinken, bis zur eigenen Erschöpfung.
Liebe Grüße
Christoph Leusch
Lieber Uwe Theel -
"Gewettert" habe ich nur gegen die Verwendung des "Hitlerwitzes", den Witz selbst und die (jede) Verbindung Hitlers mit Kunst. Wie ich schon sagte: Dabei würden nur Opfer verhöhnt und was Kunst sei, niemals klarer.
Das sehe ich nicht so. Es gibt einen sehr interessanten Essay von Thomas Mann - ich habe ihn oben schon erwähnt - da macht er sich schon seine Gedanken über Hitlers Künstlertum und findet auch Gemeinsamkeiten, die er - ironisch - benennt. "Bruder Hitler" heißt das kleine Werk, das viel Verwirrung stiftete. Opfer werden dabei nicht verhöhnt.
@ich
Und das Spinnerte findet man bei den nichtkreativen oft mindestens im gleichen Umfang.
Ich weiß ja nicht.
www.freitag.de/community/blogs/wolfram-heinrich/die-dichter-und-der-ferdi-onkel
Ciao
Wolfram
Diese "Gemeinsamkeiten" waren für Thomas Mann aber äußerst schmerzhafte. Folge ich der Interpretation von Wolf Leppenies in "The Seduction of Culture in Germany" (Princeton University Press, 2006), dort im Kapitel "Art and Morality" (a.O., S. 45-48) so trennte Mann den Künstler allgemein, damit sein Werk von Moral, sowohl als Quelle der Kunst, wie als deren Ausdruck. Die "Verrücktheit", das Verbrechen Hitlers also als Amoralität betrachtet, könnte so das "Künstlertum" Hitlers nicht beschädigen. Mir liegt leider z.Zt. keine Textausgabe des Mann´schen Essays vor. Leppenies zitiert aber Mann in der Weise, dass dieses Künstlertum Hitlers deutlich würde, daran dass alle Merkmale des Genies vorhanden wären:
"Mortifyingly enough, it is all there: the dificulty, the lazyness, the paththtic formlessness in youth. ... The lazy, vegetating existence in the depth of a moral and mental bohemia; the fundamental arrogance which thinks itself to good for any sensibble and honourable activity, on the ground of vvague intuition zhat is reserved for soething else. ... A brother - a rather unpleasant and mortifiying brother. He makes me nervous, the relationship is painful to a degree. But I will not disclaim it."
Thomas Mann macht diese Äußerung als Künstler, der er selbst ist, der sich letztlich aber gleichzeitig wohl auch als moralischen Menschen selbst begriff, wenn er sich im Werk auch über alle moralischen Vorstellungen "hinwegzusetzen" in der Lage sah. Was aber hier wichtiger ist, dass Mann das subjektive (psychologische) Empfinden von Welt bei sich und Hitler gleich, mindestens ähnlich zu setzen scheint. Diese Seelenverwandtschaft irritiert ihn sichtlich, da er in ihr wohl die Kraft entdeckt, die den Künstler unabhängig von Moral machte, ohne deshalb künstlerisch zu versagen, wenn die Unabhängigkeit auch nur im Werk realisiert wird (Mann ist ein Beispiel dafür). Mann selber erachtete den Aufsatz als explizit nicht politisch argumentierend, also wohl mehr als eine "psychologisch/literarische" Studie.
Auf das Thema des Threads hier bezogen:
Bei Mann liegt eine andere Ausgangslage vor, die alle Nachgeborenen und alle Nichtkünstler zumal für sich nicht einfach annehmen können. Hitler mag die "Eigenschaften" des Genies im Mann´schen Sinne gehabt haben , aber er hat nicht einmal die "künslerisch" umgesetzt, wohl aber - ewenn überhaupt - sie in Amoralität, d.h. Verbrechen verwandelt. Sollte deren Qualität dann einem "Genie Des Verbrechens" entspringen sollen - hier wäre man längst nicht mehr bei Mann - hätte auch das längst nichts mehr mit Kunst zu tun.
So finde ich weiter weder etwas Witziges, noch etwas für die Kunst Erhellendes dabei, dass ich hätte froh sein können, wenn Hitler Künstler, statt Politiker geworden wäre. Ich kann auch weder seine Politik von Genie gespeist erkennen, noch sehe ich, dass er irgendeinen Anlage gehabt hätte Kunst zu schaffen. In beiden Fällen reichte mir auch die Bohemien-Definition dessen, was die Voraussetzungen des Genies seien von Mann nicht aus. Manns Genie ist zwar unbestritten, aber ob seine Obsession sich selbst psychologisch und physiologisch zu beobachten da der wesentliche Quell war, möchte ich doch dahingestellt lassen, genau wie im Fall des Vegetariers Hitler.
Dieser Witz ist und bleibt geist- und geschmacklos.
»Nur sprachlich rumtrampeln sollte man in Künstlers Gemüsebeet auch nicht, wenn man da noch irgend etwas für sich ernten möchte. Einmal ganz abgesehen vom Zorn der Gärtner.«
Hear, hear.
neulich in einem museum für moderne und zeitgenössische kunst:
a: du kiek ma, da ham se n bild verkehrt rum uffjehängt, hi hi.
b: mensch nein, das is ein baselitz, der malt
schon lange verkehrt herum, quasi auf dem kopf.
a: wat, nee, der pinselt kopfstehend, dajegen is jooga n schissdreck! wa!
b: nein, der steht wie menschen gewöhnlich stehen, auf zwei beinen, es sei denn er hat zuviel getrunken.
a: ach, uff zwei beene un denn verkehrt herum, det is n ding, hm, aber ik gloobe der malt erst richtig und dann dreht er wat dat zeuch hält, wa?
det is clever!
komm, ik stell mir jetzt ma uff n kopp, achtung, nimm meene beene, uff, ächzt, klirr klingelbum, ah meene schlüssel, die geldbööörse, schiss druff, halte meene beene, jut so, ah, ahhhh...
na kiieeke ma an, ik sehe n dickes pärchen und nen fliegenden, einsamen kopp wa? jet doch.
b: jetzt ist aber schluss mit lustig, das ist ernsthafte kunst und auseinandersetzung,
versehst du? es gibt nämlich auch künstlerinnen und künstler, die denken, bevor sie malen oder umgekehrt.
a: ja, det gloobe ik dir schon, der baselitz hat wohl viel und lange nachjedacht, ah, kieke ma, die proportionen schwabbeln mir die augen weg, warum hat der baaaselitz denn so viel leinwand unberührt jelassen, dahinten tropfts sojar noch, ik wees nich,
mir mit schwindelig, kannst meene beene wieder loslassen.
b: ok, lass mich auch mal versuchen.
@ Magda
schade Magda, dass Sie meinen Beitrag vom 19.03.2010 um 14:25 nicht mehr beantwortet haben.
Sie hätten meine Gedanken leicht verbinden können mit einer Entgegnung auch auf ich am 16.03.2010 um 17:28.
Bis jetzt habe auch ich in ihren Äußerungen tatsächglich fast nur "Vorurteile" gefunden, die von Ihnen nicht diskutiert wurden.
Sie scheinen mir die Frage nach Problemen der Vermarktung der Kunst, d.h. den Warencharakter der Kunst im Kapitalsimus in mir nicht klar werdender Absicht, oder vollkommen unbeabsichtigt durcheinanderzuwerfen mit der Frage, was ist der Charakter, das Wesen der Kunst, sei es aus dem Blickwinkel des Künstlers, den nur solche selbst vermitteln könnten - was sie durch ihr Kunst aber schon tun, wenn sie Künstler sind -, sei es aus dem Blickwinkel professioneler Kunstkritik (nicht Marketing für zur Ware werdende Kunst oder auch Nichtkunst) betrachtet.
Am Ende landen Sie dann schon am Anfang bei der Formulierung
"Wieso denn, das (was Kunst sei; ut) ist doch Ansichtssache. Mein Bloggen empfinden ich schon als Kunst. Das sind doch alles beliebige Zuschreibungen. Vielleicht wird es Kunst, wenn ich einfach nur immer das gleich Zeichen blogge oder so...keine Ahnung."
Damit reden Sie dann einer Individualität und Beliebigkeit des Urteils das Wort, das dem von Ihnen kritisch gesehenen "Totalen" der Kunst wohl den Boden entziehen soll, tun dies damit, d.h. mit Sprachlosigkeit, aber nur jeder wirklichen Diskussion mit Verständnisgewinn in der Sache.
"Wie an anderer Stelle gesagt, Künstler wie Jochen Gerz, Timm Ulrichs oder auch Marina Abramovic sind da anders. Die geben Auskünfte ohne Show, bis zum Abwinken, bis zur eigenen Erschöpfung."
Es gibt auch Künstler, die sich eine Erklärung ihres Werkes verbitten. Zu recht, wie ich finde. Kunst erklärt sich von selbst, nur sagt sie halt nicht jedem das gleiche.
Ansonsten: ein Künstler will verkaufen, weil er seine Miete zahlen muß. Deshalb die Erklärungen. Sag ich jetzt einfach mal so als Insiderin.