Neues von der Wanderausstellung

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Die Erkenntnisse des Paul Julius Möbius

Er war ein vielseitig gebildeter Mann, der Neurologe und Psychiater Paul Julius Möbius. (1853-1907). Neben Medizin studierte er Theologie und Philosophie und promovierte sowohl zum Dr. med., als auch zum Dr. phil.

Nach ihm wurde ein seltenes, angeborenes Syndrom, das sich durch eine beidseitige Lähmung der mimischen Gesichtsmuskulatur (Fazialisparese) äußert, benannt.

Paul Julius Möbius trat mit einem vielbeachteten Pamphlet an die Öffentlichkeit: „Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes“ (Halle: Marhold 1900). Eigentlich waren es nur 24 Seiten, die er nach und nach durch die ihn erreichenden zustimmenden Briefe ergänzte. Zu dieser Zeit bediente er mit diesem Werk offensichtlich tiefsitzende Ängste.

Der "Schwachsinn" der Frauen sei eine für die Arterhaltung wichtige positive Eigenschaft, postulierte er, wohingegen Frauen, die sich wissenschaftlich oder künstlerisch betätigten, eigentlich "Entartungen" seien.

Frauen seien nicht zu intellektuellen Berufen befähigt. Zwar lernten sie gut, aber es fehle ihnen an eigener Kreativität, meinte der Forscher.
Übermässige Gehirntätigkeit sei der Fortpflanzung nicht dienlich.
Die weiblichen Geistesfähigkeiten reiche zwar etwa zur Erlernung der Medizin aus, aber nur für die weibliche Bestimmung untaugliche Frauen würden Ärztinnen werden wollen.
"Alles musste befreit werden, schliesslich auch die Frau. Doch sie kann nicht die Aufgaben erfüllen, die die Natur an zwei Geschlechter verteilt hat."
So endet das Werk, von dem mir einiges aus Debatten der Gegenwart gar nicht so fremd schien.

"Der Schwachsinn der Frauen" machte Möbius zum reichen Mann.
Sein Vermögen stiftete er für einen Preis, der seinen Namen trug. Herausragende Wissenschaftler wurden mit ihm geehrt.

Schöne Ironie der Geschichte

Zu den Geehrten gehörte im Jahre 1920 auch die Gehirnforscherin Cecile Vogt. Sie erhielt den Preis gemeinsam mit ihrem Mann, der ein berühmter Hirnforscher war. Die Mitarbeit seiner Frau wurde spät, aber doch deutlich gewürdigt.

Eine der wissenschaftlichen Aussagen von Cecile Vogt lautet: „Jedenfalls kann man auf Grund des heutigen Standes der Hirnforschung die Frau als solche von keinem Beruf ausschließen.“ Zu dem Schluss kam sie im Jahre 1927. Möglicherweise hat sie der Möbius-Preis inspiriert, dieser Frage einmal genauer nachzugehen. Paul Julius Möbius müsste eigentlich im Grabe rotiert haben.

Diese schöne Anekdote erzählte die Historikerin Claudia von Gelieu anlässlich der Wiedereröffnung der maßgeblich von ihr konzipierten Wanderausstellung „…der Zukunft ein Stück voraus - Pankower Pionierinnen in Politik und Wissenschaft“im Käthe-Kollwitz-Gymnasium im Prenzlauer Berg

tinyurl.com/35fus2h

Oben gehts zum etwas laienhaften Video von der Eröffnung.

Zuvor hatten wir - in "beispiellosen Eilmärschen" - unsere Ausstellung im Ossietzky-Gymnasium ab- und am neuen Ort wiederaufgebaut. Wir sind schon Routiniers wie die Zirkusleute, aber wir waren so knapp an Personal - zwei Frauen - dass der Ehemann einspringen musste.

Und als wir dann so neben unseren Kisten auf die Transporteure warteten, kam die große Pause und Schülerinnen und Schüler strömten in den Gang. Einige waren enttäuscht, dass die Ausstellung weiterwandert, denn offensichtlich war sie ein bequemes und gutes Objekt für Geschichtsprojekte.
Neben viel Gewusel und dem üblichen Betrieb, bot sich auch folgendes schöne Bild, das ich mit Rührung ansah. Ein Liebespaar - zwar ineinander versunken - aber doch recht öffentlich versunken, so mitten auf dem Gang.
Sie ließen sich von mir nicht stören und auch gern fotografieren. So war unser Abschied vom Ossietzky-Gymnasium von sehr schönen Gefühlen begleitet.

picasaweb.google.de/madge1946/Wanderausstellung#5480830951697110258

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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