No Aufklärung, nirgends

BND-NSA Mal ehrlich. Sehen eigentlich alle noch durch? Ich meine durch die ganzen BND-NSA-Enthüllungen? Ein "Tag der offenen Geheimnisse" wäre nützlich.

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Die Tage meldete das russische Nachrichtenportal RT deutsch eine Sensation. Nach den – online gestellten - Protokollen des NSA-Untersuchungsausschusses sei auch der einstige Telekomchef Kai Uwe Ricke zum DE-CIX Knotenpunkt Frankfurt befragt worden. Es sei dabei um die Eikonal-Geschichte gegangen, das Abhören durch den BND, der anschließend im bayrischen Bad Aibling die Daten sortierte und dann die NSA aktiv an seinen Erkenntnissen teilnehmen ließ. Es habe sich herausgestellt, dass es sogar einen Brief von der Bundeskanzlerin „persönlich“ an den Telekomchef gegeben habe, in dem sie ihn bat die Datenausspähung durch den BND zuzulassen – dafür gabs auch Geld - und sie als unbedenklich einstufte und damit sogar die Bedenken des eigenen Geheimdienstes ignorierte. Die Aktive Rolle der Bundeskanzlerin wurde dabei aufgedeckt, schreibt RT deutsch.

Das wäre schön, aber eigentlich wurde Eikonal 2008 beendet, weil angeblich die Filter für diese Nachrichtenübermittelungen so eng waren, dass es für die NSA keinen Sinn mehr machte. Aber, das stimmt nicht, sagen andere und meinen, es gäbe dieses Datenquelle für die Amis noch immer.

Aktiv hat Angela Merkel immer

nur die eigene Inaktivität verteidigt

Irgendwas kann da nicht stimmen. Aktiv hat Angela Merkel eigentlich und andauernd nur Nachrichten unterdrückt, nämlich über ihre eigene Untätigkeit in der ganzen Angelegenheit. Und es wurden immer wieder alle Versuche – sei es durch die G-10–Kommission oder die Bundesnetzagentur - Näheres über die Abhörpraktiken zu erfahren, vom Bundeskanzleramt abgeschmettert.

Eikonal war genehmigt

von Franz Walter Steinmeier

Das Projekt Eikonal ist älter als Merkels Kanzlerschaft. Das kann man in Blättern wie der Süddeutschen vom vergangenen Jahr nachlesen. Deshalb musste RT deutsch seine Deutung auch zurückfahren und fragt nun: Stammt der Brief an Ricke von der Schröder-Regierung?

So wird es wohl sein, denn dass Eikonal mit Einverständnis des damaligen Kanzleramtsministers Franz Walter Steinmeier lief, ist allüberall zu lesen. Und nicht nur deshalb scheint der Außenminister die Aktionen von Wirtschaftsminister und Vizekanzler Gabriel nicht so heiß zu finden.

Gabriel setzt Merkel unter Druck – berichtet die Süddeutsche Sie solle nicht so USA-zahm sein. Die Frage ist allerdings, warum er das tut. Er will Profilschärfe erreichen gegen die Kanzlerin, gegen die CDU.

Kann ja sein. Vielleicht aber rechnet er auch mit dem Vergessen der Zeitgenossen in dieser so schnelllebigen Welt. Die USA-Devotion hat eigentlich nur Bundeskanzler Schröder mal kurz aufgegeben als es um den Irak-Krieg 2003 ging. Das war auch alles Wahlkampf. Er hat dies durch alle möglichen strategischen Zugeständnisse an die USA kompenisiert. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass die NSA-Kooperation mit dem Projekt „Eikonal“ auch zu den Besänftigungsgesten gegenüber den USA gehörte. Aber, es gibt soviele Projekte zur Ausspähung mit und von so vielen Partnern, dass man das nicht so einfach in Zusammenhang bringen kann

Massive Täuschung, die

aber niemand glaubte

Massiv getäuscht wurde die Öffentlichkeit nur im Zusammenhang mit diesem angeblich geplanten No-Spy Abkommen zu Wahlkampfzwecken im Jahr 2013. Dass sowieso keiner dran geglaubt hat, entlastet die damalige Bundesregierung unter Merkel nun wirklich nicht. Und dass die ganze Ausspäherei auch noch die Wirtschaft mit betraf, das kann sie in der Tat in die Bredouille bringen. Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit seien doch das Pfund, mit dem sie zu wuchern habe, klagen die Medien. Und die seien jetzt in Zweifel geraten. Verschwiegenheit gehörte nicht zu den Pfunden – eigentlich schade, denn das kann sie ja auch recht gut.

Was will Gabriel also? Will er gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? Konkurrenten Steinmeier und Kanzlerin Merkel?

Tatsache ist, Gabriels Aktion hat auch die SPD in Zugzwang gebracht. Die Nachdenkseiten berichten, dass die SPD ihre Zustimmung zu TTIP abhängig von einem noch zu verhandelnden No Spy Abkommen macht.

Im Tagesspiegel kann man es nachlesen. Fast wortgleich haben viele SPD-Poliitker sich zu diesem Zusammenhang geäußert.

Das wäre allerdings ein Schuss vor den Bug sowohl von Gabriel als auch von Merkel. Wenn TTIP nicht zustande kommt, ist Merkel sowieso mehr als aus dem Spiel. Und Gabriel?

Wie auch immer. Es gibt Momente, da fragt man sich, ob die Enttarnung von Geheimnissen ein Segen ist oder ein Fluch. Mit den entdeckten klandestinen Fallstricken der Politik treiben die Politiker auch wieder nichts anderes als geheimnisvolle, undurchschaubare Politik. So ist es. Geheimnisse, wenn sie entdeckt sind, haben die gleiche Sprengkraft wie nicht entdeckte Geheimnisse.

Irgendwann sollte - neben dem „Tag der offenen Tür“ und dem „Tag des offenen Museums“ und dem „Tag des offenen Hosenstalls“ - und was weiß ich, auch mal ein „Tag der offenen Geheimnisse“ eingeführt werden. Das Motto könnte man aus einem Gedicht von Ingeborg Bachmann entlehnen Alle Tage heißt es.

Da geht es um den „Verrat unwürdiger Geheimnisse und die Nichtachtung jeglichen Befehls“. Snowden könnte eine Art Schirmherrschaft darüber übernehmen.

Hier ist ein Link zu der Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses u. a. mit der Befragung des einstigen Telekomchefs.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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