Pacific Palisades, 1550 San Remo Drive

Villa Thomas Mann Lange stand das Haus leer, jetzt wurde es - nach intensiven Bemühungen, Appellen und vielen Unterstützern - vom Bundesaußenministerium gekauft

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9. Februar 1942

Lieber Professor Einstein...

An den berühmten Wissenschaftler ging einer der ersten Briefe, die von von dieser Adresse verschickt wurden. Er enthält die die Bitte, ein Telegramm an Franklin D. Roosevelt mit zu unterzeichnen. Darin hatte sich Thomas Thomas Mann an den US-Präsidenten gewandt und für Menschen aus Italien und Deutschland eingesetzt, die von dort geflohen waren und in den USA aber als „Enemy Alien“ behandelt wurden.

Um das Haus mit dieser Adresse, gab es lange Zeit Auseinandersetzungen. Es ist die letzte Wohnstätte Thomas Manns in den Vereinigten Staaten.

Als Thomas Mann zurück nach Europa – aber nicht nach Deutschland, sondern in die Schweiz – ging, verkaufte er es an eine amerikanische Familie, die es lange Jahre bewohnte und die Erinnerung an den Vorbesitzer in Ehren hielt. Im Jahr 2010 starb der Eigentümer und das Haus stand zum Verkauf. Es hat inzwischen einen stolzen Preis. Es handelt sich um 15 Millionen Dollar. Sein Wert sei weniger durch das Haus gegeben - es gibt keinen Denkmalschutz – als durch die Lage und die Möglichkeit, darauf neu zu bauen, erklärte u. a. auch die Maklerin.

Aus Deutschland gab es immer wieder Initiativen, das Haus zu erwerben. Das Goethe Institut ließ aber verlauten, dass es diese Summe nicht stemmen könnte. Nicht weit davon wurde 1995 bereits die einstige Wohnstätte von Lion und Marta Feuchtwanger Villa Aurora erworben und zu einer Künstlerresidenz gestaltet.

Nun gab kürzlich das Außenministerium bekannt, dass es die Villa erworben hat. Ein recht umfangreiches Projekt, das ganz sicherlich ein gutes Echo finden wird.

In Pacific Palisades wurde der Letzte Teil der Joseph-Romane „Joseph der Ernährer“ beendet. Hier entstand der „Doktor Faustus“ – das Buch über Verführung und Teufelsverschreibung, über Kunst und Verderben. Ein so tief „deutsches“ Buch, aber gerade jetzt wieder universell und in Zeiten der Verführungen der Gegenwart erneut und auch neu zu lesen.

Pacific Palisades ist der Ort, von dem die dringenden Wanrungen ausgehen, die in der Mc Carthy Zeit mehr als einmal von Thomas Mann gesprochen und geschrieben wurden. „Die Freiheit leidet unter ihren Verteidigern“, hat er erkärt. Die Wächter der Demokratie vernichten, was sie zu bewachen vorgeben, warnte er.

Aus Pacific Palisades aber verwies er - auch als Versuch der antisowjetischen Hysterie etwas entgegenzu setzen - noch auf eine andere Verbundenheit weit über den Atlantik hinweg. Die Verbundenheit mit der russischen Kultur.

„Wer wollte Rußland, dem ewigen Rußland, die Menschlichkeit absprechen? Eine tiefere gab es nie und nirgends als in der russischen Literatur . . . Von meiner Bildung zu viel verdanke ich dem russischen Gedanken, der russischen Seele, als daß die Machtpolitik es fertigbrächte, mich zum Haß auf Rußland zu bewegen,
und was den Kommunismus betrifft, der mir fremd ist, der aber tiefe Wurzeln hat im russischen Menschentum, so war es erst gestern, daß die westliche Demokratie, um ihr Leben zu wahren, mit dem russischen Kommunismus zusammenstand im Kriege gegen den Nazi-Faschismus. "

So erklärte der große Dichter. Er vermied einen Verweis auf sowjetische Schrecknisse er wusste, dass sein Nachbar in der Villa Aurora einst einen zu großen Willen gehabt hatte, die Augen zu verschließen, was zum Bruch mit dem Kollegen Andre Gide geführt hatte. Feuchtwanger hatte in einem Bericht über eine Reise in die Sowjetunion 1937 das Leben dort überhaupt nicht kritisiert, er wollte die Volksfront gegen die Faschisten nicht schwächen.

Thomas Mann ging es darum, die Möglichkeiten der Zusammenarbeit durch kulturelle Annäherung ins Blickfeld zu rücken.

Seine Appelle zur Zusammenarbeit - sich dabei auf den einstigen Kampf gegen einen gemeinsamen Feind berufend - sie fruchteten nichts mehr, sie gingen unter im hysterischen Antikommunismus jener Zeit. Und so wandte er sich enttäuscht ab von einem Land, das ihm lange Zeit so nah gekommen war, das er zu lieben begonnen hatte.

Ein Narrativ für

Pacific Palisades

Mir geht es um eine Kulturpolitik, die für die soziale, die Mut machende Kraft von Kultur steht, und um eine Kulturpolitik, die Gesellschaften über Grenzen hinweg verbindet“, hat Außenminister Steinmeier zum Kauf erklärt.

Das Auswärtige Amt sprach von einem Konzept, das gesellschaftliche Themen auf beiden Seiten des Atlantiks aufgreifen sollte, erklärte das Auswärtige Amt. Hierzu gehörten Identität, Migration und Integration, aber auch Flucht und Exil.“.

Wenn die Villa Pacific Palisades ein „Narrativ“ haben sollte, dann wäre es, das Bemühen, nicht im "Transatlantischen" zu verbleiben, sondern dieses Projekt auch zu einem "Pazifischen", zum Pfeiler einer Brücke zu machen, die hilft, Kontinente und Länder - z. B. die USA und Russland - zum Guten miteinander zu verbinden. Von der Küste des Pazifiks sollte der Blick in diese Richtung gehen.

Dieses Haus eignete sich hervorragend für solch weitergehende Bestrebungen und Intentionen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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