Von so was leben auch andere Branchen – zum Beispiel der Sex lebt neben dem, rhythmischen Element durchaus davon dass etwas nicht gleich eintritt, wenn es vorzeitig ist, dann ist es meist nicht gut oder war früher sogar ein Unglücksfall, der wieder ein banges Warten nach sich zog, weil sich was verzögerte und was Unerwartetes eintrat, das auch seine Zeit brauchte, um fertig zu werden. Das ist so der Rhythmus des Lebens.
Zu DDR-Zeiten war alles andauernd Verzögerung, eine Welt des ständigen Abwartens. Das war aber nicht so richtig spannend, weil man die Verzögerung schon einplante und sie damit eintönig wurde oder existenziell dramatisch, je nachdem worauf man wartete, auf den nächsten Trabant oder die Ausreise.
Heute lebt man in einer Welt, in der man alles immer und sofort gleich haben will. Wenn man Menschen vertrösten muss, dann muss man das mit Einfallsreichtum tun. „Vier Wochen Vorfreude“ stand in München in einem recht noblen Laden an einer sehr schicken Couch, die meine Freundin gern gekauft hätte, aber sie war auch gerade klamm und musste warten, bis sie wieder bei Kasse ist.
Kommentare 17
Hallo Magda,
Verzögerung, Abwarten.
Na, dann bist du hier ja genau richtig ;)
Hallo Magda,
Zeitempfinden ist eine spannende Sache, manchmal lohnt sich das Warten, in einigen Fällen braucht es sogar diese Zeit, damit etwas, was man doch sofort haben will, erst reifen kann. und doch kann das warten einen verrückt machen oder auch schon mal je nach kontext kann das lange warten einem das herz zerbrechen oder man nimmt das, was man sonst nicht genommen hätte, weil es grad da ist und man drauf nicht warten muss und dann warten wir alle auf den weltfrieden, auf die zukunft, also auf das nächste "früher war alles besser" und erst die vier jahrzehnte vorfreude, dass auch wir im alter gut abgesichert sind und noch besseren sex haben und und und :-)
Es gibt ein empfehlenswertes Buch zum Thema:
Die Entdeckung der Langsamkeit von Sten Nadolny
Jaja, Ihr Lieben. Warten auf Gott und Godot und die Weiße Taube.... gabs mal einen Kabarettsong von Evelyn Künnecke.
Stimmt auch, dass man hier zur Geduld gemahnt wird. Aber nur, solange man dran Spaß hat.
Nicht alles, was man gleich erfüllen kann ist auch die Erfüllung. Genau.
Ja, Sten Nadolnys Buch kenne ich.
@ outnumber - bei Dir ist doch das Warten bald zu Ende. Gehts nicht bald los in die Türkei?
Weil ich gerade dabei bin:
Wehe dem Sieger: Ohne Osten kein Westen von Daniela Dahn
jaaa, noch 2 tage und ich bin im flieger, aber frag mich, es kommt mir wie eine ewigkeit vor :-)
Abwarten, ja, dazu vielleicht auch noch Tee trinken - vorausgesetzt, es handelt sich um Camellia sinensis.
Danke für die Lektion in Sachen Agogik!
Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Soll er gesagt haben.
Nun ich weiß: Wer zu früh kommt,... ;-)
Vielleicht gibt es das gar nicht: Zeit.
Daniela Dahn kommt als nächstes.Die hat doch hier schon einen schönen Ausschnitt geliefert.
Ein sehr guter und schöner und wahrer Kommentar!
Nadolny ist wirklich super langsam. Hab 1996 angefangen, bin immer noch dabei ... Aber toll!
"Zu früh" ist ja auch nur so eine Relativitätstheorie.
hallo magda,
ein konträres thema: konträr zu unserer zeit. gegen die strömung. denn ich sehe, dass die sonne und die erde, dass die uhren und die trommeln der waschmaschinen nicht auf verzögerung aus sind. beschleunigung ist die sache. im auto. im flieger. im rechner. in uns.
ich sehe, siehst du das nicht auch? dass alles einmal gemächlicher ging, aber seit ein paar jahrhunderten ist alles wie mit einem knopfdruck auf beschleunigung eingestellt. geschwindigkeitsrausch. bis zur bewusstlosigkeit.
stopp.
das irre ist, dass mensch in den zentren besonders schnell dreht, in der peripherie verzögert wie ein flugzeug da oben zwischen wolke und mond.
dabei leben gerade in der sexbranche viele davon, dass sie beschleunigen...
mfg
mh
Herr Kühn,
was Sie als Lektor sicherlich wissen werden:
Sten Nadolny "spielt" in diesem Roman mit dem Leser und seiner Lesegeschwindigkeit. Man quält sich ebenso durch die Seiten wie der Protagonist John Franklin durch seine ersten Lebensjahre. Bis es dann immer schneller wird, Franklin einen Trick entdeckt, mit seiner Langsamkeit umgehen zu können und das Auge des Lesers schließlich über die Seiten fliegt. Eine schriftstellerische Meisterleistung (Phrasenschweingeklimper?).
Aber wem sage ich das...
Mein Motto hier war mal 'Langeweile ist schön'. Langeweile ist Warten auf nichts, nicht mal auf G. Es passiert ja alsbald von selbst was. Ich hab hier eher das Problem, das ich im Gefühl lebe, nicht hinterherzukommen, mit dem Lesen dessen, was man gelesen haben möchte, erst recht mit dem Wasdazusagenwollen. Und wenn dann noch die 3-Satz-Blogs dazu kommen, und man muss davon ausgehen, dass inzwischen wieder alles mögliche schon in den Orkus gerutscht ist...
Die eigene Sensorik wird den (sensiblen) Menschen niemals überlisten können oder abhanden kommen werden, auch wenn er von Schnelligleit umgeben ist. Nicht alles, was mathematisch oder physikalisch richtig ist, ist auch beim Hören (und weiterer Wahrnehmumg)=wahr. Das ist schleißlich auch der grund, warum z.B. Klaviere noch heute nach 'Ohr' und nicht nach elektronischem Stimmgerät getunt werden. Genuss ist eben langsam und muss bewußt sein. Und bewußtsein ist meistens langsamer, gegenüber Technik. Ein Genießer is(s)t immer langsam.