Wer kommt denn da sein Kind abholen?

Rechtsextremismus Fremdenfeindlichkeit und Rassismus machen vor den Orten der Kinderbetreuung nicht halt. Wie wird damit umgegangen, was ist zu tun? Ein Ratgeber will helfen.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Meldungen dieser Tage, die erschrecken: Im Sachsen-Anhaltinischen Tröglitz gab der Bürgermeister sein Amt auf, weil sein Wohnhaus zum Ort des Protestes gegen ein Asylbewerberheim wurde. Die Bundestagsabgeordnete Petra Pau (die Linke) beklagte, dass auch ihre Privatsphäre von protestierenden Rechten nicht geachtet wird, dass sie noch immer Morddrohungen erhält, weil sie sich für das Asylbewerberheim in Marzahn-Hellersdorf stark gemacht hatte. All das verstärkt die Besorgnisse über sich weiter ausbreitenden Rechtsextremismus in vielerlei Gewändern.

Heute kommentiert das "Neue Deutschland" das Thema unter dem Titel: Das Mantra vom Einzelfall

Die Frage nach den Ursachen wird immer wieder gestellt. Darüber gibt es einen breiten politischen Diskurs.

Wie aber geht man mit der „Gefahr von rechts“ dort um, wo Kinder aufwachsen und betreut werden? In Kindertagesstätten.

Eingebetteter Medieninhalt

Wer kommt denn da sein Kind abholen – so der Titel einer Broschüre, die sich unter dem Eindruck zunehmender Besorgnisse von Eltern und Erziehern mit dieser Frage auseinandersetzt, Hilfe und Ratschläge geben will.

Entstanden ist diese Broschüre, die vom Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung herausgegeben wird, mit Unterstützung des Frauenbeirates Pankow, dessen Arbeitsgruppe „Engagement gegen Rechts“ zum Thema „Rechtsextreme Frauen und Familien“ gearbeitet hat und - in Kooperation mit anderen Berliner Projekten und Trägern - Veranstaltungen, Ausstellungen und Fortbildungen durchführte.

In der Einleitung wird eine ernüchernde und realistische Diagnose über die Verhältnisse in manchen Gegenden unseres Landes gestellt:

Aus vielen jugendlichen Skinheads der 90er Jahre sind Eltern geworden, der Anteil von Frauen und Müttern in der rechten Szene ist ge - stiegen. Das Thema Rechtsradikalismus ist damit in den Kindertagesstätten angekommen. Erzieherinnen, Kinder und Eltern sind auch immer wieder mit alltäglicher Fremdenfeindlichkeit konfrontiert, mit abwertenden Äußerungen und ausgrenzenden Verhaltensweisen, die sich überall in unserer Gesellschaft finden.

Sie verweisen auf Unsicherheiten und Besorgnisse, die entstehen, wenn ein Kind in der Kita angemeldet wird, dessen Eltern „rechtes Gedankengut“ wiedergeben oder gar „rechts“ organisiert sind. Was tun mit den Kindern, wie mit den Eltern umgehen, auf welchen Wegen ist doch Betreuung möglich, wenn Eltern einsichtig sind und wann nicht.

Eine so eindeutige Aufforderung wie „Sorgen Sie dafür, dass mein Kind nicht mit einem Bimbo spielt“, die z. B. in einer niedersächsischen Kita erteilt wurde, gibt es ja nicht immer. Viele Aussagen von Eltern sind diffus, berühren die Frage, ob so etwas nicht unter Meinungsfreiheit fällt, was Eltern postulieren oder ihren Kindern als Lebensweisheit vermitteln.

Wie erkennt man das, wie geht man damit um, wie wehren sich die Erzieherinnen dagegen? Situationsbeschreibungen, Umgang mit diesen Konflikten, dies alles ist in der Broschüre – entlang an praktischen Beispielen - enthalten. Und immer wieder wird eines deutlich: Zurückweichen, Schweigen, Konflikte vermeiden ist keine Lösung. Überall dort, wo die Verantwortlichen sich professionelle Hilfe holen, an die Öffentlichkeit gehen und den Konflikt nicht scheuen, wird etwas für ein Klima gegen „rechts“ getan und werden andere Betroffene ermutigt.

Die Broschüre ist auf der seitlich angegebenen Adresse zum Download freigegeben.Die Printausgabe war sofort vergriffen. Eine zweite Auflage wird vorbereitet.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden