Woher kommt all der Hass?

Genderfragen Immer wieder werden an den Themen "Feminismus" und "Gender-Forschung" tiefsitzende Ressentiments abgearbeitet. Das nimmt aktuell bedrohliche Formen an

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Demonstration der französischen Gruppe "Hommen" gegen mehr Rechte für Homosexuelle
Demonstration der französischen Gruppe "Hommen" gegen mehr Rechte für Homosexuelle

Foto: AFP/Getty Images/Pierre Andrieu

Nicht nur im Beitrag über die neue vorgestellte Studie über Maskulisten der Friedrich-Ebert-Stiftung, auch anderswo tobt sich ein geschlechtsspezifischer Hass neuer Qualität aus.

Der Schriftsteller Akif Pirinçci („Felidae“), der selbst Sarrazin toppt und dessen Buch „Deutschland von Sinnen“ von vielen Männerrechtlern begeistert aufgenommen wird, hat sich gegen die Kasseler Professorin der Soziologie und Genderforscherin, Elisabeth Tuider, in Stellung gebracht. Die hatte – schon vor einigen Jahren – Vorschläge für den Sexualkundeunterricht gemacht und wollte dabei auch für 12-13Jährige „delikate“ Fragen beantworten. Z. B. was Analverkehr und was BDSM ist. Sie meinte, dass die Heranwachsenden zunehmend mit Pornographie konfrontiert würden und dann wäre es unklug, einfach zu schweigen. Sie wollte den Lehrern eine Handreichung dazu anbieten.

Verbale Ausfälle und Bedrohungen

Das führte bei Pirinçci zu Ausfällen wie »Noch vor 30 Jahren hätte man so eine Alte in den Knast gesteckt und sie so lange dort behalten, bis sie verrottet wäre.« Tuider sei eine »dumm schwätzende und ausschließlich ihr abartiges Sexualleben im Auge behaltende irre Lesbe« und »sexbesessene Zwangsjackenkandidatin«

Damit war der Wettbewerb der Hassgesänge offensichtlich eröffnet: Darunter ein Anwalt aus Offenburg, der vorschlug, „dieses Päderastenweib … „im Gangbang-Style anal zu penetrieren“- Ein anderer will Prof Tuider – die „Genderlesbe“ – gleich erschießen. Dies alles und weitere Beschimpfungen erschienen und erscheinen auf Pirinçcis-Facebook-Seite. Einige sind inzwischen entfernt. Dieser Tage hat sich die Deutsche Gesellschaft für Soziologie nicht nur mit Prof Tuider, sondern allen Wissenschaftlern, die sich mit den Themen Geschlechter- oder Sexualforschung beschäftigen, solidarisch erkärt. Denn nicht nur Professor Tuider, sondern auch andere werden auf facebook, in Blogs und E-Mails persönlich attackiert und verunglimpft bis hin zur persönlichen Bedrohung.

Ein Professor, der sich mit Tuider solidarisch erklärt hat, wird von ihm als„geisteskranker Schwuler“ beschimpft. Für eine Stärkung der Streitkultur setzt sich Professor Voss aus diesem Anlass ein. Prof. Elisabeth Tuider ist - um den bedrohlichen Attacken auszuweichen - abgetaucht. Professor Voss hat Anzeige erstattet.

Pirinçci ist aber nur die Spitze des Eisberges. Die Fachgesellschaft Gender hat in einer aktuellen Stellungnahme darauf verwiesen, dass es bei dieser breiten Kampagne darum geht, die gesamte Richtung geschlechtsspezifischer Forschung zu diskreditieren und als unwissenschaftlich zu denunzieren. Dies allerdings in den meisten Fällen bei ziemlicher Unkenntnis der Forschungsgegenstände und der Ziele und Vielfältigkeit dieser Forschungen.

Es gibs Blogs, in denen die gesamte Soziologie verteufelt wird, wie bei Hadmut Danisch, den ich aber nicht verlinken will. Erst auf den Einwand, es gäbe auch männliche Soziologen und solche, die sich ohne diese Gender-Frage mit Soziologie beschäftigen, lenkt er ein bisschen ein, denn eigentlich sind für ihn Gesellschaftswissenschaften per se keine wirklichen Wissenschaften. Es gibt noch mehr solche Websites und bei manchem dreht sich einem der Magen um über das Ausmaß an Hass und Ignoranz.

Die vorgestellte FES-Studie über die Maskulisten, verweist auf diese hate speech-Methodik, die sich im Netz hervorragend praktizieren lässt. Auch hier in der FC mehren sich nebenbei die – bei Bedarf - einfliegenden antifeministischen und maskulistischen Prediger. Dass diese Männerrechtler andere Akteure wie das „Bundesforum Männer“ ebenfalls heftig attackieren, wird immer wieder deutlich, denn diese bemühen sich um Debatte und Ausgleich. Dafür werden sie als „Lila Pudel“ verspottet.

Die Fachgesellschaft Gender stellt fest: Dabei werden nicht nur frauenfeindliche, homo- und transphobe Positionen vertreten, sondern auch gezielt rassistische und nationalistische Ressentiments geschürt.

"Die große Verschwulung"

Pirinçci selbst liefert auf seine facebook-site selbst den Nachweis der „Rechtslastigkeit“. Allerdings könnt ihr mit dem "Nationalistischen" tatsächlich etwas recht haben. Ich bin wirklich national eingestellt und liebe mein Deutschland. Und eure dummdreisten Behauptungen dienen nur dazu, dieses Volk zu verunsichern, wehrunfähig und (sexuell) orientierungslos zu machen. Die große Verschwulung soll ja schon in der Grundschule beginnen wie man es anhand des Baden-Württembergischen Bildungsplan konstatieren kann.“

Netz gegen Nazis dazu in einem Beitrag. Kein Wunder, dass rechtsextreme Parteien und Organisationen seine Thesen loben: Menschen mit Migrationshintergrund, die sich als „Kronzeugen“ für scheinbare Objektivität (miss)brauchen lassen, sind in Rechtsaußen-Kreisen stets beliebt.

Blogger asansoerpress schrieb bereits vor einiger Zeit einen Beitrag zum Thema.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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