Zenzl Mühsam (1884 – 1962)

Gedenktafel Eine Erich-Mühsam-Straße gibt es in Berlin-Friedrichshain. Seiner Witwe und ihres wechselvollen Schicksals im "Jahrhundert der Extreme" (Hobsbawm) wird wenig gedacht.

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Im Jahr 1914 schrieb Erich Mühsam in sein Tagebuch – er hat gerade einen Tripper und Liebeskummer: „... ich mache mir Sorgen um Jenny (seine damalige fast Verlobte). Dabei sind diese Tage gerade solche besonders herzlichen Gedenkens. Vor genau einem Jahr waren wir zuletzt beisammen, in Berlin bei Mutter Stern am Gendarmenmarkt. Das waren Tage – und Nächte! – Ach Jenny wann werden wir das wieder miteinander erleben?.

Ich bin sehr traurig und will jetzt mal nach der lieben Frau sehn, die mir seit dreiviertel Jahren nun die Geliebte ersetzt – nach Zenzl Engler, die sich auch seit vier, fünf Tagen nicht mehr gezeigt hat ....“

Jenny Brünn sieht er immer seltener, aber Zenzl Engler wird seine Gefährtin und Frau. Sie ist an seiner Seite als die Münchner Räterepublik ausgerufen wird, Sie ist es, die sich immer und immer wieder für die Freilassung ihres Mannes aus Festungshaft einsetzte, zu der er wegen Mitwirkung an der Revolution verurteilt war. Sie sorgt rastlos für das alltägliche Leben und für die Voraussetzungen des politischen Kampfes Erich Mühsams und ist dennoch mehr als seine Haushälterin, sondern eine gleichberechtigte, kühne Gefährtin mit dem Mut einer Löwin und einem bayrischen Dickkopf. Sie setzt durch, dass Mühsams im KZ Oranienburg zu Tode geschundener Leichnam öffentlich beerdigt wird. Sie flieht in letzter Minute mit seinen Manuskripten über Prag nach Moskau und gerät dort in die Mühlen des stalinschen Repressionsapparates. Viele viele Jahre verbringt sie im Gulag

Ihre Rückkehr wird immer wieder verzögert. Es bestand kein Bedarf, sich mit Zenzl Mühsam eine Person in die DDR zu holen, die eventuell über die wahren Gründe für das Verschwinden zahlreicher deutscher Exilanten in der Sowjetunion hätte Auskunft geben können.

1962 starb sie in Berlin-Pankow, wo sie in der Binzstraße 17 gelebt hat.

Über Zenzl Mühsam habe ich aus gegebenen Anlässen immer wieder geschrieben.

Ich schrieb damals 2009 auch: Ich will mich bemühen, an ihrem Haus eine Ehrentafel zu initiieren. Ich bin engagiert in der AG Spurensuche beim Frauenbeirat Pankow.

Vielleicht hilft mir ja dieser oder jener bei „der Freitag“ mit, dieses Anliegen durchzusetzen.

Nun ist es bald soweit: Die Hausgemeinschaft in der Binzstraße ist einverstanden. Wir haben auch einen Geldgeber. Diese Gedenktafel wird es geben. Darüber freue ich mich sehr.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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