Zwangsadoptionen - skandalisiert und ignoriert

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Hier skandalisiert ein Blogger eine Praxis, die es in der DDR in den siebziger Jahren gegeben. hat. Allerdings in weit geringerem Umfang als es in den Medien berichtet wird. Ich habe darüber schon einmal versucht, zu recherchieren, es sind - nach Schätzungen - einige Hundert, wobei es auch Fälle gab, in denen Eltern ihre Kinder einfach verlassen haben. Und auch der ganz rechtsnormale Fall der Herausnahme der Kinder aus Familien, in denen Verwahrlosungsgefahr herrschte, wird vermischt mit den Fällen, die in der Tat politisch zu verurteilen sind. Der Tagesspiegel zum Thema

Der ehemalige Vertreter der BRD in der DDR, Otto Bräutigam, erklärte dazu, dass es eine sehr kurze Zeit war, in der die DDR-Administration solche Maßnahmen ergriff. Die DDR versuchte, international nicht in die Kritik zu kommen. Es ging um die Schlussakte von Helsinki. Dennoch war dieses Vorgehen zu Recht in der Kritik.

Eine Doktorandin hat sich des Themas angenommen: Marie Luise Warnecke Kurzbeschreibung der Arbeit

"Zwangsadoptionen in der DDR"

Ein 1991 in Berlin aufgefundener Aktenbestand bildet die Forschungsgrundlage der juristischen Dissertation von Marie-Luise Warnecke, in der die Problematik von in der DDR geschehenen Zwangsadoptionen erstmals wissenschaftlich untersucht worden ist.

Die im ersten Teil der Arbeit erfolgte Analyse der im Familiengesetzbuch der DDR vorgesehenen Eingriffsbefugnisse ergab, in welchem Maße ideologische Vorgaben für die Kindererziehung für die Auslegung dieser Normen maßgeblich waren.

Die sich im zweiten Teil anschließende Fallanalyse machte deutlich, dass den geographisch und zeitlich nicht zuordenbaren Vorgängen weder einheitliche Verfahrensmuster, noch etwaige allgemeinverbindliche Vorgaben des Ministeriums für Volksbildung zugrunde lagen. Nicht zuletzt auch deshalb ist von weitaus geringeren als den vielfach medial kolportierten Fallzahlen auszugehen.

In Spanien wurden Hunderttausende Kinder zwangsadoptiert.

Dieser Link führt zum Manuskript einer Sendung aus der Reihe „Gott und die Welt“ über den "Kinderhandel" und „Zwangsadoptionen“ unter dem Franco-Regime in Spanien.

Dort hat die katholische Kirche in großem Stil die Kinder von Franco-kritischen Eltern schon während der Geburt geraubt und an systemkonforme Eltern gegeben.

O -Ton : Die außerordentliche Verschmelzung von Staat und Kirche hat dazu geführt, dass die Umerziehung der Kinder von Franco-Gegnern eine Umerziehung der moralischen Werte war. Aber auch der politischen Prinzipen. Es war vor allem eine spirituelle, aber auch eine politische Umerziehung.

Dort wird von vielen Hunderttausend Kindern gesprochen.

O-Ton eines Betroffenen: „Ich weiß, dass Deutschland ein christliches Land ist. Der Papst ist ja auch Deutscher. Ich glaube, er würde sich schlecht fühlen, wenn er erfahren würde, wie sich seine Geistlichen hier verhalten. Bei seinem nächsten Besuch in Spanien könnte er zeigen, dass er es ernst meint mit der Nächstenliebe:Dass er endlich die Archive öffnen lässt.

Es ist ein unseliges Verhalten, dass uns niemand, kein Bischof, kein Kardinal, hier hilft. Ich will hier nicht den ganzen Klerus anklagen, ich weiß, dass es in einer so großen Institution immer zu Fehlverhalten kommt. Aber dass uns hier Leute blockieren, zeigt mir, dass sie schuldig sind.“

Anmerkung: Es geht mir nicht darum, „aufzurechnen“. Aber die totale Skandalisierung von Vorgängen in der DDR und die komplette Ignorierung solcher Vorgänge, wenn sie nicht ins ideologische Bild passen, ist mehr als eklatant.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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