Nichts ist, wie es scheint

Literatur Der Soziologe Luc Boltanski hat Kriminalromane auf ihre paranoide Logik hin untersucht und in Beziehung zum Nationalstaat gesetzt
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 03/2014

Der Kriminalroman ist ein Produkt des bürgerlichen Zeitalters und zeugt davon in doppelter Hinsicht. Er spiegelt das Vertrauen ins bürgerliche Recht, in die praktische Alltagsvernunft und in die Ordnung der Kausalität wider, deren Unhintergehbarkeit sich gerade in Situationen erweist, in denen sie scheinbar aufgehoben ist. Und er erzählt von der Bedrohung jenes Vertrauens, von den Grenzen der Vernunft und davon, dass Recht und Gerechtigkeit nicht immer in eins fallen.

Weil sein Gegenstand die Widersprüchlichkeit bürgerlicher Rationalität ist, verbindet den Kriminalroman ebenso viel mit der Aufklärung wie mit der Romantik: Der Pitaval, die im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts entstandene Sammlung historischer Strafrechtsfälle, die Friedrich Schi