Finale (1)

64. Berlinale Es gab viel zu sehen in der vergangenen Woche und von einigen Filmen werden wir im kommenden Jahr auf jeden Fall noch hören

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Ein Sommer mit viel Liebe
Ein Sommer mit viel Liebe

Foto: Filmstill aus "Hoje Eu Quero Voltar Sozinho | The Way he Looks" mit Fabio Audi, Ghilherme Lobo, Tess Amorim

Uff. Was für eine Woche! Nachdem mich bereits eine besorgte Mail erreichte, sei nun endlich Entwarnung gegeben: Es geht mir gut und ich habe - im Rahmen meiner zeitlichen Möglichkeiten - weiterhin fleißig Filme geschaut. Aber zwischen Beruf, Potsdamer Platz und der ohnehin zu kurzen Nachtruhe, war kaum noch Raum, um angemessen über das Gesehene zu schreiben. Wer über die aktuelle Printausgabe des Freitag verfügt, kann darin einen Text von mir lesen, für den ich am Montagabend den späteren Film ausfallen ließ, der aber nicht online gestellt wurde.

Nun sind die Bären bereits vergeben und ich kann dazu nichts sagen, da ich keinen einzigen Wettbewerbsfilm gesehen habe - dafür jedoch viele in der Forum-Sektion und die meisten im Panorama. Der Panorama-Publikumspreis ging an den äthiopischen Film Difret des Regisseurs Zeresenay Berhane Mehari.

Direkt nachdem ich am Freitagnachmittag aus dem Kino kam, schrieb ich in der Berlinale-Facebook-Gruppe:

"difret gesehen. fand ihn nicht schlecht, aber den sundance-publikumspreis dafür verstehe ich nicht. (vielleicht ja wegen angelina jolie als executive producer?)'

Zur Zeit, in der der Film spielt, der auf einer wahren Geschichte basiert, war es in Äthiopien auf dem Land üblich, junge Mädchen zu entführen, um sie anschließend zu heiraten. Der Film erzählt von einer Anwältin, die sich für die 14-jährige Hirut einsetzt, die nach der Schule aus diesem Grund entführt und vergewaltigt wurde, aus Notwehr ihren Peiniger erschoss und der nun die Todesstrafe droht. Ja, der Film war nicht schlecht und es ist sehr gut, dass diesem Thema Raum gegeben wird, dass der Film erst der vierte überhaupt ist, der in der Heimat des Regisseurs gedreht wurde. Difret ist einfühlsam, bedrückend. Aber jenes Gefühl, das man hat, nachdem man einen wirklich beeindruckenden Film sah, blieb dennoch aus.

Dieses Gefühl hatte ich dieses Jahr ohnehin so gut wie nie. Ich habe viele Filme gesehen, die ich okay fand, aber kaum einer ließ mich euphorisch das Kino verlassen. Das sagt vermutlich wenig über die Qualität des Festivals aus, sondern vielmehr über mich und mein schlechtes Händchen bezüglich der Filmauswahl. Ich habe es mir dieses Jahr ja auch zusätzlich schwer gemachte, indem ich die großen Filme, jene, die ich ohnehin bald würde sehen können, ignorierte.

The Way He Looks des portugisischen Regisseurs Daniel Ribeiro stellte eine der wenigen Ausnahmen dar – und gewann zu meiner Freude den diesjährigen Teddy Award. Der oben eingefügte cheesy Trailer wird dem Film allerdings überhaupt nicht gerecht, der sehr ruhig, liebevoll und ohne Kitsch inszeniert ist. Der blinde Leo verbringt den Sommer gemeinsam mit seiner besten Freundin Giovana – beide sind Außenseiter –, bis Gabriel in ihre Klasse kommt. Der Film erzählt von Freundschaft, Verliebtsein, Pubertät und Homosexualität. Wie entwickelt sich Liebe, wenn optische Reize, wenn Stereotype wegfallen? Welche Rolle spielt das Geschlecht überhaupt? Und der Film erzählt von den Schwierigkeiten, die ein blinder Jungendlicher hat, wenn er von allen zu sehr beschützt wird, der Kampf um Selbständigkeit noch härter zu führen ist als ohnehin schon, weil niemand ihm zutraut, alleine zurecht zu kommen. Dazu gibt es gute Musik, zum Beispiel spielt Too Much Love von Belle and Sebastian eine wichtige Rolle.

Soweit ich mich erinnere, war die Vorführung, die ich besuchte, die Weltpremiere, der Cast war anwesend und es gab tosenden Applaus. Ich war sehr gerührt. Umso mehr freut es mich, dass The Way He Looks von Salzgeber in die deutschen Kinos gebracht werden wird.

Postscriptum

Im nächsten Beitrag berichte ich von einer Doku, die mich umgehauen und von einer, die mich weiter politisiert hat. (Vielleicht funktioniert dann die Webseite auch wieder und ich muss nicht fünf Minuten(!) warten, um einen Link zu setzen.)

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Geschrieben von

Maike Hank

Die Eulen sind nicht, was sie scheinen.

Maike Hank

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