G8: Im Dauerstress zum Abitur?

Schulreife Gleicher Stoff in kürzerer Zeit - die Folgen von G8

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Angleichung an international übliche Zeitpläne und wirtschaftliche Vorteile durch frühere Abiturienten: Das waren die Gründe für die Einführung des achtstufigen Gymnasiums. Aber die Schüler leiden sehr darunter!

Die Qualität des Abiturs dürfe unter der Verkürzung der Schulzeit nicht leiden, hieß es bei der Einführung von G8. Die Folge: Die Anzahl an Unterrichtsstunden und die Fülle an Stoff wurden einfach auf acht statt neun Jahre verteilt. Für die Schüler bedeutet das einen stark erhöhten Stress. „Chance verpasst“, resümieren Sozialwissenschaftler.


Gründe für das achtstufige Gymnasium

Die Gründe für G8 liegen vor allem im wirtschaftlichen Bereich: Die Schüler beginnen ein Jahr früher ihr Studium oder ihre Ausbildung und stehen damit der Wirtschaft früher zur Verfügung. Sie verdienen ein Jahr früher Geld und zahlen entsprechend auch früher Steuern.

Ein weiterer Grund für die Verkürzung der Schulzeit war die Angleichung an internationale Standards: In den meisten europäischen Ländern dauert es insgesamt nur zwölf Schuljahre bis zur Hochschulreife.

Gedacht: gut, umgesetzt: mangelhaft

Durch die Verkürzung der Schulzeit sollte die Qualität des Abiturs nicht leiden, hieß es vorher. Um dies zu gewährleisten, behielten die Länder die Stundenanzahl und die Lehrpläne der neun Gymnasiumsjahre bei und teilten sie einfach auf acht statt neun Schuljahre auf. Für die Schüler heißt das, dass sie den gleichen Stoff in kürzerer Zeit bewerkstelligen sollen, und das ist für viele mit ganz erheblichem Stress verbunden.

Viele Eltern beklagen, dass unter der schulischen Belastung seit der Einführung des G8 Hobbys und Familie der Schüler leiden. Viele Schüler stehen so stark unter Stress, dass sie sich der Belastung nicht mehr gewachsen fühlen und dadurch körperliche oder seelische Krankheiten entwickeln. Zu berücksichtigen sei vielmehr die Schulreife, also die Tatsache, ob die körperlichen, sprachlichen, geistigen und emotionalen Voraussetzungen gegeben sind. Lehrer- und Elternverbände kritisieren deshalb die Umsetzung des G8 massiv.

Auch Lernpsychologen sehen in dieser Art der Umsetzung große Nachteile: Aus der Gehirnforschung ist schon lange bekannt, dass das Gehirn nur begrenzt aufnahmefähig ist. Nach einer Zeit des Lernens braucht es Erholung, um anschließend weitere Informationen verarbeiten zu können. Schon der vollgepackte Vormittag, bei dem im 45-Minuten-Takt neues Wissen erarbeitet werden soll, ist aus lernpsychologischer Sicht nicht sinnvoll. Noch mehr davon in den Schultag zu packen, führt nicht zu besserem, sondern eher zu schlechterem Lernerfolg. Das bestätigen erste Rückmeldungen der Universitäten: Die Studierfähigkeit der Abiturienten scheint gelitten zu haben.

Und wie wäre es besser?

Gegen das achtstufige Gymnasium ist an sich nichts einzuwenden. Aber bei dieser Umstellung wäre es dringend notwendig gewesen, den Lehrplan zu entrümpeln. In Zeiten, in denen Faktenwissen jederzeit und überall verfügbar ist, sollte es in der Schule darum gehen, Arbeitstechniken und gutes Lernverhalten zu entwickeln. Dafür ist viel weniger Stoff notwendig. Die Umstellung des Lehrplans auf aktuelle Forschungsergebnisse ist bisher aber nicht erfolgt.

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