Die Angst enttäuscht zu werden

Die Grünen wollen nach der Wahl im September Regierungsverantwortung übernehmen. Doch was ist, wenn sie danach nicht halten was sie versprechen?

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Für mich ist das jetzt die erste Bundestagswahl bei der ich mein Kreuz machen kann. Aber nicht nur das, ich bin zudem Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen. Das macht diese erste Wahl für mich noch etwas einzigartiger, denn natürlich möchte ich meine Partei dabei unterstützen ein gutes Ergebnis zu erreichen und damit vielleicht auch an einer Regierung beteiligt zu sein. Denn das ist ja das Ziel. Ohne Regierungsbeteiligung kann man auch nicht wirklich etwas verändern. Ich finde es gibt einiges, was man verändern müsste. Angefangen bei der Energiewende und der Abschaffung der Massentierhaltung, die zum Glück ja auch Platz eins und zwei beim Mitgliederentscheid geworden sind, bis hin zur vollständigen Gleichstellung homosexueller Paare, um nur die Punkte zu nennen.

Sollte es im September für eine rot-grüne Regierung reichen, gibt es also viel zutun. Bei manchen Themen gibt es wahrscheinlich keine großen Probleme bei der Umsetzung. Beispielhaft dafür ist zum Beispiel die Steuerpolitik oder die oben schon genannte Gleichstellung von Lesben und Schwulen.Mehr sorgen hingegen mache ich mir bei dem Ziel "100% Erneuerbare Energien bis 2030". Ich bin mir nicht sicher, ob die SPD da mitmacht oder nicht doch noch etwas an der Kohle festhalten will. Die größten Probleme sehe ich allerdings bei der Tierschutz- und Landwirtschaftspolitik. Das sind die Punkte, die mir am wichtigsten sind. Dem entsprechend ist hier die Gefahr der Enttäuschung auch am größten.

Ich finde es ist endlich an der Zeit die Massentierhaltung zu beenden und auf eine ökologische Landwirtschaft umzusteigen. Es kann nicht sein, dass Tiere in großer Zahl, auf engstem Raum, mit Spaltböden aus Beton, ohne Tageslicht und so weiter gehalten werden dürfen. Ich bin der Meinung, dass die Kriterien für Biohaltung das Mindestmaß sein sollten, zu dem Tiere gehalten werden.
Soweit wird es aber bestimmt nicht kommen. Als Politikstudent weiß ich, dass nichts aus dem Bundestag heraus kommt, wie es hinein gekommen ist. So wird es auch mit der Forderung nach Beendigung der Massentierhaltung aussehen. Am Ende gibt es einen Kompromiss, bei dem die Bedingungen zwar verbessert sein werden, aber noch lange nicht zufriedenstellend.

Weil ich weiß wie Politik abläuft, fällt es mir auch manchmal etwas schwer für die Grünen zu werben. Ein Beispiel aus der Tierschutzpolitik. Ich kenne einige Leute die in Tierschutzvereinen arbeiten und schon lange darauf warten, dass es endlich ein Verbandsklagerecht für solche Organisationen gibt, um beispielsweise gegen Verstöße gegen das Tierschutzgesetz vorgehen zu können. Genau dieses Vorhaben steht bei uns im Wahlprogramm. Allerdings kann ich den Leuten nicht versprechen, dass es am Ende auch umgesetzt wird. Schließlich ist das ein Thema, dass keine große Öffentlichkeit hat und einen Koalitionspartner, der dem ganzen einen Strich durch die Rechnung machen kann gibt es auch noch. Ich möchte den Tierschützern auch keine Versprechen machen, denn auch ich möchte niemanden enttäuschen. Ich kann immer nur sagen, dass wir uns dafür einsetzen, aber ob es am Ende wirklich ein Verbandsklagerecht geben wird, liegt nicht in meiner Hand.

Das ist eben der Fluch der Politik. Solange man keine absolute Mehrheit besitzt, muss man immer Kompromisse schließen. Damit verschwimmen Versprechungen die man vor der Wahl gemacht hat und man kann eigentlich nur enttäuscht werden.
Doch wenn man sich dem bewusst ist, fällt die Enttäuschung vielleicht nicht zu groß aus. Die Angst vor ihr bleibt aber trotzdem.

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