Abgeordentenbestechung und Diäten

Bundestagsabstimmung Diese Woche entscheidet der Bundestag über eine Erhöhung der Diäten und damit verbunden über die Verschärfung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung

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Abgeordentenbestechung und Diäten

Foto: DAVID GANNON/AFP/Getty Images

Eine Journalist kommentierte diese Verknüpfung wie folgt: "Die Abgeordneten lassen sich ihre Zustimmung für ein Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung mit einer saftigen Diätenerhöhung teuer abkaufen." In der Tat ist es befremdlich, dass anscheinend vor allem die Unionsabgeordneten ohne den großen Schluck aus der Pulle wohl nicht bereit wären, die Korruption von Mandatsträgern endlich eindeutiger zu ahnden. Wenn man diese Themen schon vermengt, dann sollte man aber deutlich mehr rausholen, als nur die Neuregelung der Abgeordnetenbestechung, die im Koalitionsvertrag sowieso schon vereinbart wurde.

Sind hohe Diäten angemessen?

Die Abgeordnetenentschädigung soll in zwei Schritten bis Januar 2015 auf dann 9082 Euro angehoben werden. Grundlage dieser Erhöhung sind die Empfehlungen einer unabhängigen Kommission, nach denen die Abgeordnetenentschädigung an die Besoldung von Bundesrichtern angeglichen werden soll. Der Streit darum, was ein Mandatsträger wirklich verdienen sollte, ist alt und nervig. Es wird wohl nie einen breiten öffentlichen Konsens hierzu geben. In 11 Jahren als Mitglied des Bundestages habe ich mehrere Nullrunden und zwei überzogene Erhöhungen und die unterschiedlichsten Reaktionen erlebt. Aus meiner Sicht waren aber eigentlich nie die Diäten das Problem, sondern eher die Summe der anderen Vergünstigungen und vor allem die immensen, intransparenten Zuverdienstmöglichkeiten.

Dennoch ist diese hohe Aufstockung trotz des Kommissionsvorschlags in der Höhe kaum zu rechtfertigen. Gut ist allerdings, dass die Entscheidung über künftige Erhöhungen nicht mehr in unserer eigenen Hand liegt, sondern es in Zukunft eine automatische Anpassung der Diäten entsprechend der Erhöhung des Nominallohnindexes des Statistischen Bundesamtes geben wird. Damit ist sichergestellt, dass die Abgeordneten an der durchschnittlichen - positiven wie negativen - Einkommensentwicklung teilhaben, ohne dass der Bundestag jedes Jahr einen neuen Beschluss fassen muss. Zudem werden im Gegenzug die Rentenansprüche – längst überfällig – begrenzt, was meines Erachtens einen Fortschritt darstellt, wenngleich noch mehr möglich wäre.

Ich war immer der Meinung, dass ein Abgeordneter, der eine hohe Verantwortung trägt und selten unter 60 Wochenarbeitsstunden arbeitet, eine gutes Gehalt bekommen sollte. Demokratien sollten sich ein gut ausgestattetes Parlament leisten, vor allem wenn man möglichst unabhängige Volksvertreter haben und den Einfluss von Lobbyisten und Geldgebern aus der Wirtschaft begrenzen möchte.

Fortschritt Korruptionsbekämpfung

Gekoppelt wird die Diätenerhöhung nun an das Gesetz zur Verschärfung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung. Die UN-Konvention gegen Korruption ist gut zehn Jahre alt. Zehn Jahre verweigerten Union und FDP eine Neuregelung und damit eine Ratifizierung der Konvention. Es wurde immer skandalöser. Deutschland stand zuletzt auf einer Stufe mit nur noch wenigen Ländern wie Syrien, Somalia oder Nordkorea. Lächerliches Hauptargument, welches noch in der Debatte im letzten Sommer fiel: Deutsche Mandatsträger seien nicht bestechlich und nicht alle unter Generalverdacht zu stellen. Absurder geht es nicht, denn dann dürfte es auch sonst keine Gesetze gegen Korruption oder sonstige Straftaten geben, weil damit ja auch andere Berufsgruppen oder die gesamte Bevölkerung unter Generalverdacht gestellt würde.

Bisher war nur strafbar, das Abstimmungsverhalten eines Abgeordneten zu kaufen, was im Zweifel natürlich so gut wie nie beweisbar ist. Nun erfasst die Neuregelung jede Handlung in Wahrnehmung des Mandats. Dazu gehören auch Abstimmungen in Fraktionen und deren Untergliederungen. Zudem wird kein Unterschied mehr gemacht, ob ein Abgeordneter mit Geld oder einem immateriellen Vorteil bestochen wird und es werden die Ehepartner mit einbezogen. Ein deutlicher Fortschritt also, allerdings weisen Experten und Organisationen wie Abgeordnetenwatch und Transparency International darauf hin, dass der Teufel im Detail steckt. Einige Formulierungen sind so gefasst, dass die Bestechung im Zweifelsfall weiterhin nur schwer nachweisbar bleibt. Dies wurde auch bei der Öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages diesen Montag deutlich. Ich glaube, dass man sich die nötige Zeit nun nehmen und eine eindeutige Regelung formulieren sollte. Schon deshalb, weil dieses Gesetz keinen kleinen Eingriff darstellt – sind davon doch nicht nur Abgeordnete in Bund und Ländern, sondern auch über 200.000 Kommunalpolitiker betroffen.

Chance zur richtigen Reform nutzen

Mit der Korruptionsbekämpfung und der Beschneidung der Renten wird der Diätenerhöhung zugegebenermaßen die einseitige Schärfe genommen. Wenn man jedoch die Unabhängigkeit des Abgeordneten wirklich stärken und mehr öffentliche Zustimmung für die geplanten Vorhaben bekommen möchte, dann müsste man mutiger sein. Dann sollten vor allem die Nebentätigkeiten der Bundestagsabgeordneten auf Heller und Cent offengelegt und begrenzt werden. Wenn wir schon unser Einkommen mit anderen Berufsgruppen vergleichen, müssen wir wissen, dass bei den meisten Vollzeit-Arbeitsverträgen gänzlich untersagt ist, anderen Tätigkeiten nachzugehen. Dies gilt beispielsweise für die Unterabteilungsleiter der Bundesministerien, die in etwa in der gleichen Lohngruppe zu finden sind. Eine Begrenzung der Nebentätigkeiten würde eindeutig auch den Einfluss reicher Lobbyverbände minimieren, denn gerade die profitablen Vorträge würden dann sicher eigendämmt. Auch die vor kurzem noch debattierte Karenzzeit für Profipolitiker hätte man mitverhandeln können.

Die Tür für eine grundlegende Reform, die uns Abgeordnete wieder in die Offensive bringen würde und unser Bild in der Öffentlichkeit aufhellen könnte, war noch nie so weit offen wie im Augenblick. Man könnte jetzt flapsig sagen: Wenn es schon teuer wird, dann muss es sich auch lohnen! Es bleibt allerdings zu befürchten, dass wir nur mit einer teuer erkauften überfälligen Einzelreform aus der Diskussion rausgehen und bei der Bevölkerung hauptsächlich die Diätenerhöhung im Gedächtnis bleibt. Daher ist es für mich umso wichtiger diese Themen aktiv weiterzuverfolgen. Es zeigt sich erneut, dass wir Abgeordnete selbst die Initiative ergreifen müssen und wie wichtig nach wie vor der Verhaltenskodex für Abgeordnete des Deutschen Bundestages ist, dem sich bereits über 40 Abgeordnete angeschlossen haben (http://www.marco-buelow.de/demokratie-transparenz/transparenz-abgeordnetenkodex.html).

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