Warum ich bei der Griechenland-Abstimmung im Bundestag NEIN sag(t)e!
Seit Monaten verhandelt die EU mit der griechischen Regierung über finanzielle Hilfen für Griechenland. Die jetzt gefundene Lösung halte ich für sehr problematisch.
Im Laufe der Verhandlungen ist von beiden Seiten viel Porzellan zerschlagen worden. Es ist enttäuschend, dass die neue griechische Regierung, die von ihren Vorgängern ein schweres Erbe übernommen hat, weder in der Lage war die Steuerflucht einzudämmen, noch wirklich umfassende Vorschläge zur Haushaltssanierung einzubringen.
Gleichwohl ist dies alles kein Grund für eine Hetzkampagne, wie sie in Deutschland von einer Reihe von Medien und Politikern vom Zaun gebrochen wurde. Wurden die Vorgängerregierungen in Griechenland mit Samthandschuhen angefasst, leisteten sich vor allem Unionspolitiker jetzt einen Wettbewerb der Verunglimpfungen. Aussagen wie, der „Der Grieche hat jetzt lange genug genervt“, oder die „Grexit“-Pläne von Finanzminister Schäuble haben Deutschlands Ansehen geschadet.
Das erzielte Ergebnis ist für die Menschen in Griechenland – aber auch für ganz Europa – meines Erachtens die Wahl zwischen Pest und Cholera. Natürlich gibt es wohl keine Lösung, die ohne Risiken und unproblematisch wäre, aber es hätte Alternativen gegeben, über die wir aber nun leider nicht abstimmen werden. So wird das Problem nur verschoben, drohen neue Hilfspakete und wird die Volkswirtschaft in Griechenland weiter abgewürgt. Wiedermal ist von Alternativlosigkeit die Rede.
Auf die wichtigsten Kritikpunkte und Alternativen möchte ich nachfolgend eingehen:
- Die Austeritätspolitik ist gescheitert. Die Sparpolitik in Griechenland hat zu massiven Wachstumseinbrüchen und zu Elend in der Bevölkerung geführt. Die Schuldenstände wurden dadurch außerdem nach oben getrieben. Viele neoliberale Ökonomen und Politiker haben das leider immer noch nicht verstanden.
- Die Maßnahmen, zu denen etwa Mehrwertsteuererhöhungen, Rentenkürzungen und eine Arbeitsmarktreform gehören, schaden der griechischen Bevölkerung und vergrößern die Armut. Die Binnennachfrage wird geschwächt. Der Sozialstaat in Griechenland wird abgebaut. Zudem bergen die Verhandlungsergebnisse Risiken in Milliardenhöhe für die deutschen Steuerzahler.
- Der geplante Privatisierungsfonds ist ein Problem. Einen solchen Fonds hat das Land schon seit 2010 eingerichtet, damals bereits als Bedingung und unter Aufsicht der Troika. Bisher wurden nur vier Milliarden Euro erwirtschaftet. Experten beziffern das Gesamtpotential möglicher Privatisierung auf maximal 20 Milliarden Euro, also weit weniger als die anvisierten 50 Milliarden Euro. Die Konsequenzen der Fehleinschätzung mussten in den vergangenen Jahren die griechischen Bürger tragen, da in den Verträgen festgelegt war, dass ausbleibende Privatisierungsgewinne von anderen Kürzungsmaßnahmen ausgeglichen werden müssen. Viele Griechen befürchten, dass dies wieder passiert und es dann auf Kosten von Arbeitsplätzen oder der Daseinsvorsorge geht. Die angestrebte Treuhandlösung war schon bei der deutschen Wiedervereinigung keine gute Idee.
- Die nun beschlossenen Maßnahmen sind insgesamt zweifelhaft. Auch die OECD hat eingeräumt, dass in Griechenland ein Hilfsprogramm angewandt wurde, das falsch war. Das Land hat in den letzten Jahren 25 Prozent der Wirtschaftsleistung verloren. Ohne einen Schuldenschnitt kommt Griechenland nicht weiter. Selbst der IWF hat mittlerweile deutlich gemacht, dass die Wirtschaft mit diesen Programmen stark belastet wird und schlägt drei Möglichkeiten vor: Die Verlängerung der Zeit, in der das Land keine Schulden an die europäischen Partner zurückzahlen muss, von zehn auf 30. Außerdem jährliche Transferleistungen an Griechenland und schlicht und einfach einen Schuldenerlass.
- Nicht nur der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugmannimmt an, dass die EU die nationale Souveränität Griechenlands zerstört und die Pläne wenig Entlastung bringen werden. Es geht hier nicht nur um Geld, sondern um die Demonstration von Macht. Niemand schert aus der neoliberalen Logik aus, die mittlerweile ganz Europa ergriffen hat und zum Hauptelement der EU zu werden droht. Banken werden gerettet, egal was es den Steuerzahler kostet, egal wer da versagt oder sich bereichert hat. Die zunehmende Ungleichheit gerade auch in Europa wird nicht nur hingenommen, sondern befördert. Es passt dabei ins Bild, dass andere Grundideale der EU, wie Humanität und Solidarität auf der Strecke bleiben. Die Flüchtlingspolitik der EU ist so blamabel, dass ich als überzeugter Europäer mich schäme und dies mein Bild von Europa stark belastet.
- Deutschland ist im Ausland beschädigt worden. Die Erklärung des Eurogipfels ist ein brachial durchgesetztes Dokument der Bundesregierung: vom Privatisierungsfonds über die Weiterbeteiligung des Internationalen Währungsfonds am Kreditprogramm für Griechenland bis zum antidemokratisch-autoritären Geflecht von Bedingungen und Auflagen, die Athen erst erfüllen muss, bevor überhaupt über ESM-Gelder verhandelt wird – die Position der Bundesregierung hat sich in den zentralen Punkten durchgesetzt. Die „Grexit“-Pläne von Minister Schäuble haben Deutschland im Ausland weitestgehend isoliert.
- Europa ist beschädigt worden. Es scheint, so dass man in Europa nur zu den Bedingungen mitmachen darf, die vor allem von Deutschland diktiert werden, oder man fliegt raus. Das stellt die Grundidee Europas in Frage. Es ist immer weniger ein Europa der Demokratie oder der Integration. Das hat übrigens auch die Debatte um die Aufnahme der Flüchtlinge gezeigt. Es ist problematisch, dass die deutsche Regierung in den letzten Tagen vor allem mit sehr europaskeptischen, konservativen und rechten Regierungen wie der in Dänemark zusammengearbeitet hat und dabei Länder wie Frankreich und Italien, die eine moderateren Weg gewählt hätten, vor den Kopf stößt
- Europa wird immer nationaler. Es geht nicht mehr um die Ausweitung der europäischen Demokratie. Nationale Interessen untergraben grundlegende verfassungspolitische Freiheiten. Im Abschlussdokument wird an zahlreichen Stellen verlangt, dass gesetzgeberische Entscheidungen in Athen nur noch nach Absprache mit oder Erlaubnis durch EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds getroffen werden dürfen. Das Abschlussdokument vom Montagmorgen verlangt ausdrücklich, dass die Vertreter der Institutionen in Athen wieder ihre Arbeit machen sollen – als eine Art Nebenregierung der Gläubiger. Die SYRIZA-geführte Koalition hat »alle Gesetzesvorlagen« in den relevanten Politikbereichen den Institutionen rechtzeitig vorzulegen und zwar noch vor der öffentlichen Beratung oder bevor sie ins Parlament eingebracht werden. Damit ist die Demokratie tot – am Ende entscheiden Technokraten und nicht mehr die gewählten Volksvertreter.
- Das Argument, dass Deutschland zu viel zahlt, ist nicht stichhaltig. Der Eindruck, der deutsche Steuerzahler würde Milliarden in ein marodes System stecken, verdreht die Tatsachen. Deutschland hat Griechenland Geld geliehen. Zu höheren Zinssätzen, als es sich selbst Geld leiht. So lange dies so weiter geht und die Schulden bezahlt werden, würde es – so abstrus es klingt – sogar zu einem Geschäft für Deutschland werden.
- Zudem muss man sich genau ansehen, wo das Geld landet. Der große Teil geht an die Banken und Gläubiger. Von den bis Mitte 2013 nach Griechenland geflossenen knapp 207 Milliarden Euro sind gut 77 Prozent direkt (58,2 Milliarden für Bankenrekapitalisierung) oder indirekt (101,3 Milliarden für Gläubiger des griechischen Staates) an den Finanzsektor geflossen. Für den Staatshaushalt blieben aus den Rettungsprogrammen weniger als ein Viertel. Es gibt wenig frisches Geld, um die griechische Wirtschaft aufzubauen, auch kein Sofortprogramm gegen die humanitäre Katastrophe.
Es geht mir weder darum, die desaströse Politik der letzten griechischen Regierungen in Schutz zu nehmen, noch die Verfehlungen zu rechtfertigen, die man leider auch der neuen Regierung vorwerfen muss. Aber die jetzigen Pläne bleiben dennoch ein Irrweg und es darf hier nicht um einzelne Parteien oder Personen gehen. Ich habe den Eindruck, dass man ganz gezielt Front gegen Syriza und seine Führung gemacht hat, damit sie von Anfang an schlecht dastehen und solche Bewegungen in anderen Ländern wie Spanien dann möglichst keine Chance mehr haben. Dabei drücken sich doch alle um die Frage, wer und welches System den Karren in den Mist gefahren haben, warum Parteien wie Syriza überhaupt so schnell in die Regierungsverantwortung gelangen konnten.
Die nächste Debatte wird kommen. Anstatt zukunftsfähige Lösungen, wie einen Schuldenschnitt oder eine Umschuldung, durchzuführen, wird weiter gewurschtelt mit Krediten und ein paar Reformen. Die griechische Wirtschaft wird nicht aufgebaut, das soziale Gefüge nicht gestärkt, sondern kaputt gemacht. Mit diesen Maßnahmen wird es schwer, dass Griechenland seine Schulden zurückzahlen kann. Dies schwächt im Übrigen mittelfristig auch die deutsche Wirtschaft, die sehr exportlastig ist.
Helmut Schmidt hat schon vor Jahren ein Investitionsprogramm für Griechenland gefordert. Ein Programm, „das in seiner Größenordnung, auf die heutige Zeit übertragen, dem damaligen Marshallplan entspricht“. Gerade im Energiebereich könnte dies eine win-win Situation für beide Seiten werden. Nichts davon ist geschehen oder steht wenigstens jetzt zur Debatte. Wir müssen uns daran erinnern, dass auch Deutschlands Schulden in den 50er Jahren gestrichen wurden. Wir hatten ganz andere Schuld auf uns geladen und uns wurde dennoch geholfen. Gerade wir sollten etwas demütiger und solidarischer sein. Die letzte Rate unserer Schulden haben wir erst Anfang des Jahres abbezahlt.
Das griechische Parlament hat sich in einer sehr kontroversen Debatte mehrheitlich für das dritte Hilfspaket ausgesprochen. Dies wäre ein Grund auch dafür zu stimmen, aber welche Wahl hatten sie? Bei aller Abwägung verbietet mir mein Gewissen, der noch mal verschärften Austeritätspolitik zuzustimmen und einen weiteren Spaltpilz für Europa zu pflanzen. Ich würde damit für eine Politik stimmen, die zutiefst meinen sozialdemokratischen Grundwerten widerspricht, für die viele europäische Sozialdemokraten jahrzehntelang gestritten haben.
Am Ende stimme ich nicht gegen ein weiteres Hilfspaket für Griechenland, sondern gegen ein neoliberales Politikmodell, das das soziale Gefüge in Europa massiv untergräbt. Hier geht es nicht nur um Griechenland, sondern um die Frage, ob wir ein solidarisches Europa wollen, in dem man füreinander einsteht und es hauptsächlich um die Menschen, die hier leben, geht.
Kommentare 12
"Die Austeritätspolitik ist gescheitert. (…) Viele neoliberale Ökonomen und Politiker haben das leider immer noch nicht verstanden."
Das vermute ich nicht. Die neoliberalen Ökonomen und Politiker haben wohl verstanden, was sie da machen, einfach, weil es ihr Ziel ist, neoliberale Wirtschaftspolitik zu Gunsten der Oligarchen voranzutreiben. Das hat nichts mit Intelligenz oder erfolglosen Verstehensbemühungen zu tun. Das ist die logische Konsequenz ihrer Ziele, die sie durchsetzen werden (s.a. TTIP).
"Am Ende stimme ich nicht gegen ein weiteres Hilfspaket für Griechenland, sondern gegen ein neoliberales Politikmodell, das das soziale Gefüge in Europa massiv untergräbt."
Das sehe ich ebenso. Leider hast du, wenn ich es nicht überlesen habe, kein einziges Mal die Rolle der SPD in diesem Drama gewürdigt, sondern immer nur von der Bundesregierung geschrieben, wenn Kritik geäußert wurde. Das Schlimme für Menschen, die, sagen wir mal, links von der Mitte stehen, ist tatsächlich die deutsche Sozialdemokratie, die den Wirtschaftsminister und Vizekanzler stellt, weil ihr Totalversagen hier offenbar wird. Dieses Herumgeiere, dieses nicht Berechenbare, das jegliche Verlässlichkeit in den Wind schießt, ruft nur noch Kopfschütteln hervor, wenn nicht düsteren Sarkasmus. So rühmlich es sein mag, dass manche SPD-Abgeordnete gegen die Fortsetzung der neoliberalen Doktrin argumentieren und auch dagegen votieren, diese Partei wird ihrem Namen und ihrer Geschichte nicht mehr gerecht.
Deshalb meine Befürchtung: Auch linke sozialdemokratische Abgeordnete hätten, wenn es auf ihre Stimme angekommen wäre, mit Ja gestimmt. So jedoch blieb die Linksnische dieser Abstimmung doch relativ komfortabel.
..."sondern immer nur von der Bundesregierung geschrieben, wenn Kritik geäußert wurde"...
Alles im gruenen Bereich, nix passiert, so ein paar Alibifunktionaere musst du eben in den Medienwald schicken, allerdings wird es sich nicht vermeiden lassen dass die SPD demnaechst auf 13% abstuerzt.
Am Ende stimme ich nicht gegen ein weiteres Hilfspaket für Griechenland, sondern gegen ein neoliberales Politikmodell, das das soziale Gefüge in Europa massiv untergräbt. Hier geht es nicht nur um Griechenland, sondern um die Frage, ob wir ein solidarisches Europa wollen, in dem man füreinander einsteht und es hauptsächlich um die Menschen, die hier leben, geht.
Kafkaesk...dieses Geschreibsel eines Nachwuchs-SPD´lers. Kann man eigentlich einen Verrat noch verraten? Es geht scheinbar, wenn man dem Text aufmerksam folgt.
Solidarität, es geht hauptsächlich um die Menschen, füreinander einstehen, gegen ein neoliberales Politikmodell....und Red Bull verleiht Flügel - alles klar, Herr SPD-Kommissar!
Der Beitrag ist durchaus geeignet, potentielle SPD-Wähler davon abzuhalten, denselben Fehlrer bei der nächsten Wahl zu wiederholen. ;-))
Ungeschminkte Bemerkungen zur (staatsmonopolistischen) Europäischen Union des westeuropäischen Finanz- und Monopolkapitals und zum (noch kapitalistischen) EU-Schwellen- und Entwicklungsland Griechenland.
A) Nur die Hälfte der selbständigen Erwerbsarbeit in Griechenland wird dokumentiert und versteuert. Die andere Hälfte wird unterschlagen. Dabei gehen jedes Jahr rund zehn Milliarden Euro an staatlichen Einnahmen verloren (damit werden auch den Armen die Sozialleistungen entzogen). Die Schattenwirtschaft macht in Griechenland etwa 25 % des jährlichen Bruttosozialprodukts aus. .
B) Wäre die griechische Gesellschaft in der Lage, dagegen entschlossen vorzugehen, bedürfte es keiner Armenspeisung und Massenverarmung in Athen und in anderen Regionen des Landes. Als mündige Gesellschaft wäre es auch in der Lage, unter den selbstgewählten kapitalistischen Bedingungen, seinen internationalen Verbindlichkeiten nachzukommen.
C) Es liegt letztlich an der werktätigen und mündigen Bevölkerung Griechenlands, den bestehenden unwürdigen Zustand -- auch der (kommenden) Alimentierung -- nachhaltig zu beenden.
D) Die gut-geschmierten EU-Parlamentarier, ebenso die bundesdeutschen Parlaments- und Regierungsmitglieder, sie sind von den sozialen Folgekosten --- der finanz- und monopolkapitalistischen Europäischen Union --- persönlich nicht betroffen. Aber Millionen Arme und Geringverdiener, die deren EU-Rechnungen bezahlen müssen. Sie müssen diese falsche Politik (noch) bezahlen, mit weiterem Sozialabbau.
E) Der Volkssport der Steuerhinterziehung und Vermögensunterschlagung muss von der griechischen werktätigen Bevölkerung selbst bekämpft und beendet werden.Dies ist keine Aufgabe der Institutionen in Brüssel, Paris oder Berlin. Natürlich, das Problem der Steuerhinterziehung gilt so auch für alle anderen EU-Mitgliedsstaaten und Anwärterstaaten. Aber auch für die Vermögensunterschlagung und Steuerunterschlagung in jährlicher Höhe vieler Milliarden Euro in der BRD.
[-- unvolllständig]
Sehr geehrter Herr Bülow
Vorweg dies: die Gruppe der €-Länder [19 Staaten] ist Teilmenge der EU [28 Staaten] die wiederum Teilmenge Europas [50 Staaten] ist. Nicht umgekehrt. Man kann schlicht und ergreifend nicht von "Europa" oder "europäischer Idee" schreiben, wenn man die EU oder die Länder der €-Gruppe meint. Das ist falsche und irreführende Synonymie.
Griechenlands Probleme begannen 1981 mit dem Beitritt zur EG. Man hatte nicht nur einen gemeinsamen Markt sondern auch Wettbewerber. Das ist wohl so nicht verstanden worden.
Griechenland trat 1984 dem EWS bei, dessen Länder intern mit dem ECU verrechneten. Griechenlands Anteil am ECU-Währungskorb betrug da 1,31 %. Als 1998 der ECU durch den € abgelöst wurde, war Griechenlands Anteil am ECU auf 0,437 % gefallen. Das war dramatisch. Konsequenzen zog man in Griechenland daraus nicht.
2001 ermöglichten SPD&Grüne der Regierung Simitis [PASOK] dennoch den Betritt zum €.
Die EG wurde nach und nach zur EU erweitert, es kamen also immer mehr Wettbewerber hinzu.
Die Länder der €-Gruppe sind durch den € wie in kommunizierenden Röhren miteinander verbunden, ohne dass es eine gemeinsame Wirtschafts-, Finanz-, Steuer-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik gibt.
Als SPD&Grüne die Arbeitnehmer in Deutschland mit dem Laissez-faire-Wirtschaftsliberalismus [aka "Neoliberalismus"] der Agenda 2010 überzogen [Ab- und Entwertung der Arbeit, Ausbau Niedriglohnsektor von 16,8% auf 23%. Ausweitung der Zeitarbeit, Senkung der Sozialstandards (Hartz-IV), Verhinderung des Mindestlohns von 2002-2014], hatte das auch Auswirkungen auf die EU und insbesondere die Länder der €-Gruppe: sie wurden und werden durch die ohnehin schon stärkste Volkswirtschaft der EU dank dieser Agenda nochmals mehr an die Wand gedrückt und niederkonkurriert.
Da die Länder der €-Gruppe nicht ihre Währung auf- oder abwerten können, müssen sie intern abwerten, also ebenfalls ihre Löhne und Sozialstandards senken.
SPD&Grüne liberalisierten in Deutschland die Finanzmärkte, befreiten sie also von deren Verantwortung und Haftung für deren Spekulationsgeschäfte. Man ließ gar vordem aus guten Gründen verbotene reine Wettgeschäfte wie Leerverkäufe und CDS zu.
Andere Länder der €-Gruppe liberalisierten fleißig mit und machten den € dadurch erst so richtig durch Hedgefonds angreifbar. Etwas, was man eigentlich durch den € in später Nachfolge des Bretton-Woods-Abkommens mit in Grenzen fester Wechselkurse hatte verhindern wollen. Das hat man bei SPD&Grünen bis heute nicht verstanden. Was schon schlimm genug ist. Sollte man es dennoch verstanden haben, wäre es um so schlimmer.
Deutschland blieb als stärkste Volkswirtschaft der EU von den über die Ratingagenturen mitgeführten Angriffen auf den € insofern verschont, als dass seine Kreditwürdigkeit nicht herabgestuft werden konnte. Kostenlos war es indes auch für die deutschen Steuerzahler nicht. Man erinnere sich an die "Bankenrettung".
Die Treuhandanstalt hatte einst genauso wie jetzt der Privatisierungsfonds in Griechenland den einzigen Zweck, Volksvermögen an die Finanzeliten für nen Appel und nen Ei zu verscherbeln. Für die Finanzeliten war das schon mal ein voller Erfolg. Die von Karl Marx einst beschriebene ursprüngliche Akkumulation hat heute dank des privaten Bankensystems in den westlichen Volkswirtschaften eben einen Nachfolger: man enteignet aufgrund gesetzlicher Basis und der Monopolstellung.
Die SPD ermöglichte, nachdem sie mit den Grünen zusammen in 7 Jahren die Errungenschaften von 50 Jahren Bundesrepublik zerstörten, dann 2005-2009 der CDU die Regierung und jetzt seit 2013 wieder. Die SPD stand und steht im Zentrum der Zurichtung der EU, der €-Länder und Deutschlands nach den Vorstellungen des Laissez-faire-Wirtschaftsliberalismus, der die Austeritätspolitik als eines seiner Instrumente zur Niederhaltung der Menschen perfektionierte.
Griechenland wird jetzt aufgrund der völkerrechtlichen Verträge mit der EU und den Ländern der €-Gruppe faktisch unter Zwangsverwaltung gestellt, wie bei einer Insolvenz.
Das alles hat nichts mit imaginierten "Werten" zu tun. Die bei der jetzigen SPD ohnehin schon lange keine Rolle mehr spielen. In dieser SPD ist nichts aber auch nichts mehr "sozialdemokratisch".
Deshalb ist die Welt aus den Fugen.
Dass Herr Maas jetzt die Arbeitnehmer Deutschlands mit einem "Einwanderungsgesetz" beglücken will, pass in dieses Bild.
Brandt erließ 1973 Anwerbestopp bei Arbeitslosigkeit von 2%
Herr Maas hingegen fordert bei lang andauernder Massenarbeitslosigkeit für die sehr dichtbesiedelte Bundesrepublik [228 Ew/km²] gar ein "Einwanderungsgesetz", obschon aus 27 EU Staaten die Bürger durch die Freizügigkeit formlos kommen können.
Von den 500 Mio. EU-Bürgern verfügen zig Millionen über hohe und höchste Berufsqualifikationen.
Dazu kommt:
In der EU gibt es ca. 20 Mio. Studierende, davon ca. 2,6 Mio. in Deutschland.
Und es gibt gleichzeitig ca. 25 Mio. Arbeitslose in der EU.
Vermutlich handelt Herr Maas als SPDler ganz im Sinne der Arbeitnehmer der EU und Deutschlands, wenn er jetzt auch noch zusätzlich Menschenmassen in die EU und nach Deutschland holen will.
Dass gegenwärtig ein Massenansturm illegal Einreisender, Eingeschleuster und Asylgründe Vorgebender stattfindet, nimmt Herr Maas nicht wahr.
Schaut man sie die Politik der früheren griechischen Regierungen und der neuen an und dann die der europäischen Staaten, die für die kontraproduktiven Maßnahmen der Troika die Verantwortung tragen, so kommt einem unweigerlich die Warnung von Helmut Schmidt in den Kopf, der sagte: "Die Dummheit von Regierungen sollte niemals unterschätzt werden."
UNSER Problem - und ich meine hier die Zivilgesellschaft - ist, dass wir daraus keine Lehren ziehen, denn wir können es uns nicht leisten, dass wir unsere Zukunft und die unserer Kinder von "dummen" Regierungen gestalten lassen.
Was also wäre zu tun?
Hier ist eine Möglichkeit, wie das Problem weitgehend gelöst werden könnte.
Wenn niemand eine bessere Idee hat, so sollten wir diesen Weg jetzt einschlagen.
Oder was spricht dagegen?
Sehr geehrter Herr Bülow,
das alles, was Sie hier schreiben, kann ich zu 100% unterschreiben. Ich habe dies in meinen Blogs auf unterschiedliche Art und Weise zum Ausdruck gebracht.
Es ehrt Sie, dass Sie hier Klartext reden und u.U. in Kauf nehmen, dass ihnen diese Meinungsäußerung innerparteillich schadet.
Die Frage, sie sich stellt, was ist die Lösung? Glauben Sie denn ernsthaft, dass es in der SPD ein Mehrheit dafür gibt, eine Änderung dieser katastrophalen Politik herbeizuführen? Wenn ich mir ihren Parteivorsitzenden Gabriel anhöre, dann wird mir übel. Da war mir sogar Gerhard Schröder lieber. Bei dem wusste man wenigstens, woran man ist.
Mit dem Weggang von Lafonatine hat die SPD ihren sozialdemokratischen Markenkern verloren. Jetzt sind beide beschädigt, Lafontaine und die SPD. Dann stirbt ihnen auch noch Ottmar Schreiner weg. Ja und jetzt?
Es gibt in Deutschland Kräfte, die frohlocken geradezu über den Zerfall der jetzigen Pateienlandschaft. Die sitzen in der rechten Ecke und warten nur darauf, bis sie zuschlagen können. Pegida und Teile der AfD sind nur ein Vorgeschmack auf das, was uns erwartet.
Dann wird die braune Soße wieder reklamieren "denn heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt".
Also, tun sie was, bevor es zu spät ist.
Ein kleiner, aber ernstgemeinter Witz.
Zwei CDU-Abgeordnete, die eindeutig dem neoliberalen Lager zugeordnet werden, unterhalten sich über künftige politische Opportunitäten.
Abgeordneter 1: Also, die Merkel wird mir immer unheimlicher. Ich glaube, ihre Zeit läuft bald ab.
Abgeordneter 2: Ja, aber wo ist die Alternative?
Abegeodneter 1: ich bin ja der Meinung, dass wir die Sozen ran lassen sollten. Die beschließen dann alle die Grausamkeiten, die wird wir als CDU niemals umsetzen würden.
Abgeordneter 2. Du meinst also, so ein Zwischenstep wie damals mit Schröder und der Agenda 2010.
Abgeordneter 1: Genau, wir müssen uns ja nur ein warmes Plätzchen für 4 Jahre suchen, wo wir sozusagen überwintern können.
Abgeordneter 2: Also, vor kurzem hatte ich Besuch von einem Vertreter von Siemens und der hat mir ein interessantes Angebot gemacht.
Abgeordneter 1: Interessant, was Du gerade sagst, bei mir war es jemand von Daimler Benz.
zu @ BLOG 1
Die stets noch erfolgreich geleugnete Realität in der gesellschaftspolitischen Parteien-, Beamten-, Parlaments- und Regierungslandschaft der gut-geschmierten bürgerlichen Administration, heute wie gestern.
Dieser Witz gibt die jüngere Geschichte exakt wieder. Da frage ich mich - täglich!!! - weshalb ein linker Abgeordneter in der SPD seinen politischen Hafen sieht?
Diese Abgeordneten sind sozusagen Nostalgiker. Sie glauben daran, dass die SPD von innen heraus reformiert werden kann. Mit der Linkspartei gibt es zwar Überschneidungsmengen, trotzdem ist ein gewisses Fremdeln bei diesen Abgeordneten mit der Linkspartei nicht zu übersehen. Ottmar Schreiner, den ich sehr geschätzt habe, ging es ähnlich.
Lafonatine fremdelt auch mit der Linkspartei. Er ist dort nie heimisch geworden. Er wollte die Linke in Deutschland (SPD + Linkspartei) miteinander verschmelzen. Das gelang nicht. Die WASG, also der linke Gewerkschaftsflügel der SPD wurde nicht integriert sondern assimiliert. Leute wie Ernst, Maurer spielen heute keine Rolle mehr.
Interessant ist Sarah Wagenknecht. Sie wird beeinflusst von Lafontaine und ist extrem telegen wie intelligent. Wenn Sie medial auftritt, fährt die neoliberale Gegenfront alles auf, was sie zu bieten hat. Frau Wagenknecht schneidet regelmäßig besser ab als ihre Gegner. Nur was bringt`s. Das Problem besteht darin, dass diejenigen, die Frau Wagenknecht verstehen, überwiegend zu denen gehören, die die Linkspartei niemals wählen würden. Die anderen, für die sich Frau Wagenknecht einsetzt, verstehen sie (überwiegend) nicht.
Mit der Syriza-Bewegung in Griechenland wurde erstmals in Europa ein Linksbündnis in die Regierung gewählt. Würde Syriza Erfolg haben, wäre dies auch ein Signal für andere Staaten, ebenfalls linke Bündnisse in die Regierung zu wählen. Das muss von der neoliberalen Einheitsfront mit allen Mitteln verhindert werden. Deshalb wird jetzt Tsipras gezwungen, so genannte Reformen durchzuführen, die in letzter Konsequenz keinen Erfolg haben können.
Insofern hat Herr Bülow schon Recht. "Es geht nicht um Griechenland".