Joachim Gauck: Ein traumatisierter Präsidentschaftskandidat
Verantwortlich: Wolfgang Lieb |
„Joachim Gauck bringt ein Leben mit in seine Kandidatur und in sein Amt“, sagte Sigmar Gabriel als er Joachim Gauck als den Kandidaten von SPD und Grüne für das Amt des Bundespräsidenten vorschlug.
Wer könnte dieses Leben authentischer beschreiben als Gauck selbst es in seinen Erinnerung „Winter im Sommer – Frühling im Herbst“ getan hat.
Im Zusammenhang mit seiner Kandidatur zum Bundespräsidenten interessiert weniger sein privater Lebensweg, sondern zu welchen weltanschaulichen und politischen Positionen seine Erfahrungen geronnen sind. Wer wissen will, wie Gauck denkt sollte sich mit seinem Buch beschäftigen. Wolfgang Lieb
Gauck bezeichnet sich selbst als „Betroffenen einer europäischen Verlustgeschichte“ (S. 341). Er ist angetrieben vom „Schmerz über so viel geraubte Freiheit, soviel Demütigung und beständiger Ohnmacht“ (S. 329)in seinem Leben als Pastor in der DDR. „Ich werde die Freiheit wohl ebenso lange in hohen Tönen loben, wie ich die Spätfolgen der Unfreiheit in mir spüre“ (S. 332). Mit diesen und ähnlichen Bekenntnisse lassen sich Motivation und Motiv seines politischen Lebens zusammenfassen.
Sie sind aus seiner privaten und beruflichen Biografie begründet und verdienen allen Respekt. Die Frage ist allerdings, macht ihn dieses „Leben“ auch zu einem geeigneten Repräsentanten des ganzen Volkes.
Gauck empfindet Dankbarkeit und Freude über die neue Freiheit und Freiheit war und ist für ihn „Soziale Marktwirtschaft“ … „wie im Westen“ (S. 227). Freiheit war für ihn nach der Wende deshalb auch gleichbedeutend mit Einheit.
Er beschreibt Freiheit als Übernahme von Verantwortung, als ständige Wandlung und permanente Herausforderung (S.337). Andere, die sich durch diese Freiheit überfordert sehen oder die sie nicht ergreifen, sind für Gauck „kleinmütig“, sie fühlten sich nur in ihrer Auffassung bestätigt, „dass es wirkliche Freiheit nicht gebe, der Sozialstaat nicht sozial sei und die Chancengleichheit ein Traum bleibe“ (S. 337). Er geht dabei vor allem hart mit seinen Landsleuten im Osten Deutschland ins Gericht: Sie seien „gefangen in lange eingeübter Ohnmacht, oft auch ohne Selbstbehauptungswillen, der eigenen Kräfte nicht sicher, politisch und intellektuell verunsichert“ (S. 337) und deshalb anfällig für Konformität oder eine „erlösende“ Ideologie. Man müsse schon „denkfaul und erfahrungsresistent“ sein, wenn man „ausgerechnet sozialistischen und kommunistischen Ideologien wieder glaubt, die einen Systemwechsel propagieren“. Welche politische Richtung und welche Partei Gauck damit meint, wird in seinem Buch durchgängig beschrieben, es ist natürlich die PDS, die politische Linke und ein „gewisses linksliberales Milieu“, das „die Auseinandersetzung mit der kommunistischen Diktatur zu umgehen“ trachte (S. 306).
„Freiheit“ ist für Gauck eine „Sehnsucht“ und „als verlockende Kraft ungeschmälert schön“ (S. 336). Aus seinen persönlich schlimmen Erfahrungen mit dem SED-Regime verklärt er das „neue Regime“ als Ideal.
Es ist die verständliche Sehnsucht eines, der hinter der Mauer leben musste und der in die Freiheit des Westens alle seine Sehnsüchte hineinprojizierte. Waren für die einfachen Bürger in der DDR die Bilder des Westfernsehens mit der Konsumfreiheit und glitzerndem Lifestyle das unerreichbar Ideal, so waren es für den Intellektuellen Gauck eben die bürgerlichen Freiheiten.
Jeder, der nun angesichts der konkreten Ausprägung dieser Freiheit in der Lebenswelt Kritik oder Zweifel anmeldet, jeder, der meint, dass „der Sozialstaat nicht sozial sei und die Chancengleichheit ein Traum bleibe“, ist für Gauck „kleinmütig“ und anfällig für „fürsorgliche“ Politik (S. 337 f.). Deutschland habe „in den letzten Jahren zu sehr auf diese Kleinmütigen und Zweifler geschaut“ urteilt Gauck.
Die Biografie ist 2009 erschienen. Mit keinem Wort geht Gauck auf das Schicksal und die Möglichkeit zur Wahrnehmung von Freiheit etwa der Arbeitslosen ein, die ja vor allem im Osten einen besonders hohen Anteil in der Bevölkerung einnehmen. Kein Wort zum Sozialabbau durch die Agenda 2010 und zur Demütigung durch Hartz IV. Zunehmende Armut und eine immer tiefer greifende Spaltung der Gesellschaft in unten und oben, sind für Gauck nicht Anlass, sich Sorge um die Freiheiten der einzelnen Bürgerinnen und Bürger zu machen. Sein Glaubensbekenntnis bleibt: „Mag sein, dass Jahre kommen, in den die Freiheit noch mehr an Glanz verliert. Mag sein, dass ungewohnte Lasten auferlegt werden. Mag sein, dass dann allgemeiner Verdruss das Land noch mehr einhüllt. Aber ich werde mich erinnern: Wir haben sie ersehnt, sie hat uns angeschaut, wir sind aufgebrochen, und sie hat uns nicht im Stich gelassen, als uns in der Freiheit neue Herausforderungen begegneten. Es kann nicht anders sein: Sie wird mir immer leuchten“ (S. 342).
Gauck vertritt das abstrakte Freiheitsideal des Liberalismus, das sich auf die bürgerlichen Abwehrrechte gegen den Staat beschränkt und in dem ansonsten jeder seines Glückes Schmied sein kann. Soziale Grundrechte, die die materielle Voraussetzung für die Wahrnehmung der Freiheit für diejenigen sind, die nicht „Bürgermeister“ werden, „Firmen gründen“, „unbekannte Kontinente“ erforschen oder als „Befreite“ Regierungschefin werden (S. 337), sind ihm suspekt. Wie bei den Ordoliberalen à la Hayek gelten ihm solche Gesellschaftsvorstellungen, die auf eine soziale Basis für die Verwirklichung von Freiheit drängen, als tendenziell totalitär.
„Wir haben den Sieg der Visionen einer Ordnung des Proletariats und der arischen Rasse erlebt“ (S. 339) warnt Gauck. Die „Diktaturerfahrenen sollten zusammenstehen“, wirft er Nationalsozialismus und Kommunismus in einen Topf. Dem linksliberalen Milieu hält er vor, „dass es den repressiv-totalitären Charakter des realen Sozialismus meist als links und nicht als totalitär rezipiert“ habe. An solchen Aussagen zeigt sich, dass an Gauck der Totalitarismus-Streit im Westen Deutschlands offenbar komplett vorbeigegangen ist – noch mehr, dass er noch diesen Denkkategorien des „Kalten Krieges“ nachhängt.
Er leugnet, dass das von ihm so apostrophierte linksliberale Milieu die Unterdrückung und die Verfolgung anders Denkender heftiger kritisiert hat, als es konservative Kräfte jedenfalls als grundsätzliche Kritik nach allen Seiten getan haben – man denke nur an die Unterstützung des Franco Regimes oder der Pinochet-Diktatur etwa durch die CDU. Wogegen sich Linksliberale verwahrt haben, das ist allerdings die Gleichsetzung von Kommunismus und Nationalsozialismus und damit die Relativierung des Faschismus und seiner Verbrechen.
„Systemkritische Ansätze wie die Totalitarismustheorie wurden damals ignoriert oder aus moralischen Gründen verworfen“ (S. 306) behauptet Gauck und leugnet, dass seit Gründung der Bundesrepublik die Totalitarismus-Doktrin die Keule der konservativen Kräfte gegen alles, was sie für fortschrittlich einstufte war und gleichzeitig für die Rechtsextremen das Einfallstor für die Verharmlosung des NS-Regimes.
Angesichts dieser Gleichsetzung von Links und Rechts versteht sich auch die Kritik Gaucks an der Brandtschen Ostpolitik. Er wirft etwa der Zeit-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff oder dem Architekten der Entspannungspolitik Egon Bahr vor, sie seien „in der Frage der Aufarbeitung eigentümlich zeitgeistverhaftet“. Dass der Wandel durch Annäherung erst die entscheidenden Voraussetzungen dafür geschaffen hat, was 1989 in Bewegung kommen konnte und nicht wie am 17. Juni 1953 oder wie nach dem „Prager Frühling“ endete, das verschließt sich Gauck in seiner Fixierung auf die moralische berechtigte aber den historisch-politischen Kontext ausblendende Kritik am SED-Regime.
Dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung Zweifel am „Funktionieren“ unserer Demokratie hat, kümmert den „reisenden Demokratielehrer“ (S. 327) offenbar wenig. Wie bei seinem abstrakten Freiheitsbegriff hat Gauck auch ein idealisiertes Bild unserer Demokratie. Er erkennt keine tatsächlichen Machtstrukturen. Es müsse halt immer neu „ausgehandelt“ (S. 340) werden, ganz so als ob die Verhandlungspartner sozusagen am runden Tisch säßen und durch „beständige Kritik“ der Ungleichheit entgegenwirkten und „die Freiheit der Einen … gegen die Freiheit der Anderen ständig neu“ (S. 339) austarierten.
Dass es um dieses Austarieren ziemlich schlecht gestellt ist und eine ganz überwiegende Mehrheit in der Gesellschaft die Einschätzung hat, dass es in der realen Demokratie der Bundesrepublik Deutschland nicht gerecht zugeht, ist Gauck keiner Erwähnung wert. Er beklagt sich vielmehr über die Zweifler und geißelt im Gegenteil eine zu „fürsorgliche“ Politik.
„Wir brauchen keine neue Gesellschaftsordnung, sondern eine Demokratie, die auf aktuelle Probleme und Bedrohungen mit innovativem Geist und ermächtigten Demokraten reagiert“ (S. 339). So redet angesichts den realen Problemen unserer Demokratie jemand, der sich seine Ideale nicht nehmen und sich davon immer neu beflügeln lassen will. Er ist begeistert „wie ich es hinter der Mauer war und immer bleiben werde“, diese Begeisterung für die Demokratie bietet jedoch keine Antwort auf die rapide sinkende Wahlbeteiligung oder auf den wachsenden Politikverdruss. Dennoch sieht Frank-Walter Steinmeier in Joachim Gauck einen „großen Ermutiger der Demokratie“.
„Wer den Kapitalismus abschaffen will, schüttet das Kind mit dem Bade aus… Wer die Freiheit will, muss sie auch in der Wirtschaft wollen. Doch wie im Raum der Politik gilt es auch in der Wirtschaft, die Freiheit so zu verstehen wie Demokraten – als Verantwortung gegenüber dem Ganzen“ (S. 338), schreibt Gauck. Und das mitten in der Finanzkrise, in der gerade diese Verantwortung gegenüber dem Ganzen im Kapitalismus einen katastrophalen Schiffbruch erlitten hat.
Das hohe Ansehen, das Joachim Gauck zugeschrieben wird, speist sich aus seiner Rolle der nach ihm benannten Behörde. Wie er das Amt des Bundesbeauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheit wahrgenommen habe, das mache ihn zu einer moralischen Autorität, so wird allgemein gesagt.
Es mag seinem Amtsverständnis geschuldet sein, dass Joachim Gauck dieses Amt nicht nur zur politischen, juristischen und historischen Aufarbeitung nach dem Stasi-Unterlagengesetz verstanden hat, sondern wie er selbst schreibt vor allem nach der „moralischen, metaphysischen und politischen Schuld“ (S. 316f.) gefragt hat. Versöhnung gibt es für ihn nur zwischen Opfer und Täter (S. 322). Er verlangt von den einzelnen Tätern ein Schuldeingeständnis und das Bekenntnis zur „neuen Freiheit“ (S. 325). Für einen protestantischen Pfarrer nicht weiter erstaunlich, ist für ihn Vergebung nur denkbar durch Buße.
Deswegen sind ihm alle ein Gräuel, die ihr Verhalten in der SED-Diktatur zu rechtfertigen versuchen. Er fühlte sich deshalb berechtigt, zu fordern, dass etwa der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe seines Amtes enthoben werde. „De Maizière hatte gehen müssen, obwohl viel weniger gegen ihn vorlag. Stolpe blieb, obwohl er von vielen als belasteter angesehen wurde“ (S. 305). Zu den Vielen gehörte naürlich auch Gauck.
Ich kann verstehen, dass sich Gauck angesichts seiner persönlichen Leidenserfahrung auf die Seite der Opfer der Stasi stellt und ich will Gauck nicht seine Meinung absprechen, aber es war nicht sein Auftrag, Ankläger und Richter zugleich zu sein und es war schon gar nicht die Aufgabe seines Amtes moralische Urteile zu fällen. Gauck hat sich als Opfer verstanden und hat sich gleichzeitig zum Richter über die Täter aufgeschwungen. Es ist, wie wenn in einem Strafgerichtsverfahren der Staatanwalt gleichzeitig der Richter wäre.
Man könnte für die Rollenvermischung Gaucks noch Verständnis haben, wenn die Stasi-Unterlagen die objektive Wahrheit wiederspiegelten. Doch das würde einen Geheimdienst und seine Denunzianten geradezu zur Wahrheitsinstanz erheben. Das tut aber Gauck. Die Welt der Stasi das sind für ihn die „Fakten“ und seine ganze Sicht auf die DDR und vor allem auf die im System tätigen Menschen ist die Sicht aus der Stasi-Perspektive. Es ist das Syndrom, das man auch von manchen Polizisten kennt: Wer nur noch mit Kriminellen Umgang hat, für den ist allmählich jeder verdächtig. Aus dem Aufklärer wird so der Jäger.
Die politische und historische Aufarbeitung der SED-Diktatur hat ihren Sinn aber weniger in der Verfolgung einzelner Täter – das auch – aber viel wichtiger wäre es, die Strukturen erkennbar zu machen, unter denen Menschen zu Tätern geworden sind. Selbst wenn alle Täter einer „maßvollen Bestrafung“ zugeführt worden wären und wenn es zu einem kompletten „Elitenwechsel“ ( S. 313) gekommen wäre, dann hätte man aus der Geschichte nichts gelernt und es wären künftige Generationen vor solchen oder vergleichbaren Entwicklungen nicht gewappnet. Das aber wäre die Aufgabe, die zumindest 20 Jahre nach dem Fall der Mauer und dem Zusammenbruch des SED-Regimes zu erfüllen wäre.
Eine der wesentlichen Aufgaben für das Amt des Bundespräsidenten ist die Integration der Gesellschaft. Wer aber wie Gauck der festen Überzeugung ist, dass die Gauck-Behörde noch vierzig Jahre (S.325) individuelle Schuld aufarbeiten müsse, der arbeitet sein persönliches Trauma ab. Das ist dem Menschen Joachim Gauck nicht vorzuwerfen, aber es zeichnet ihn nicht gerade aus, z.B. Ost und West in Deutschland zusammenzuführen. Und das wäre ökonomisch wie politisch nach wie vor ein vordringliches Ziel.
===>weiterlesen: www.nachdenkseiten.de/?p=5927#more-5927
Kommentare 25
Gauck war ein Entwurf der DDR-Bürgerbewegung, nicht der beste.
Mich wundert nur, dass die verbliebene Restsumme der Bürgerbewegten kaum zu hören ist, außer Weiß und Lengsfeld.
Aber eigentlich habe ich was gegen solche Abhandlungen. Die Summe der Leser nimmt mit der Zahl der Zeilen stetig ab.
@ gustlik
wenn Ihnen das zu viele "Zeilen sind - wie wärs mit einer Zeile:
Wir lassen uns nicht vergauckeln !
Ästhetische Kritik ist schon ganz okay, dass der Text aber einfach eine treffende Einschätzung zum Kandidaten gibt, ist dem Autoren zu Gute zu halten (und wichtiger).
Ein DU wäre möglich.
Ja sicher, weder Wulff noch Gauck, bis zum 333. Wahlgang. Aber wir sind ja keine Bundesversammelten.
Um Querdenkungen an die Frau oder den Mann zu bringen, ist es wirklich wichtig, Inhalte so und so zu konzentrieren. Im Land ohne Denkverbote bekommt man sonst keine Zeile in den Kopf anderer.
An Flugblattaktivisten haben wir keinen Mangel. Aber an Leuten, die Zuspitzen können. Es darf auch etwas Witz sein, wegen der Meinungshoheit.
An dem Artikel gibt es einiges zu monieren, ich greife mir nur das heraus, was ich als die letzte Nachricht aus Absurdistan lese:
"Wer aber wie Gauck der festen Überzeugung ist, dass die Gauck-Behörde noch vierzig Jahre (S.325) individuelle Schuld aufarbeiten müsse, der arbeitet sein persönliches Trauma ab."
Aus gefühlten 4500 Zeichen einschl. der Leeren kondensiert sich aus einer einzigen "Fund"stelle ein küchen-psychologischer Pseudobefund, der dann auch noch für die Titelgebung des Blogs herhalten darf.
Irgendwie ist das Mode, seit Messerstichen auf Lafontaine und dem Rollstuhl für Schäuble. Was das aber für ein Verständnis ist, möge die (zugegebenermaßen hypothetische) Überlegung zeigen, Gauck würde tatsächlich Bundespräsident. Er wäre der erste Repäsentant im Staat, dem man als Autor dieses Blogs wie begegnen müsste? Mit fachkundiger Begleitung, Abteilung Psychiatrie?
Den Wahlkampf, der ja eigentlich keiner ist, weil nur Wahlleute wählen, um dieses Amt, wird zur Begleichung einer ganz persönlichen Rechnung missbraucht, habe ich den Eindruck. Und dabei erst recht das Amt selbst beschädigt. Wer so über die Geeignetheit von Repräsentanten spekulieren will, wirkt da eher grotesk als aufklärerisch.
Stimmt!
Na, zum Psychopathen wird er ja nun nicht gleich erklärt, übertreibe nicht.
Ein Kumpel sagt gern, wenn wir uns mal wieder über unsere (persönlichen) Miseren unterhalten, wir sind Kinder von Kriegskindern. Ist auch "Küchen-Psychologie", stimmt aber...
Aus einer einzigen Schwalbe wird noch kein Frühling und Zufalls(be)funde rechtfertigen nicht den Ausfall, so apodiktisch bin ich dann schon, goedzak.
Im Umgang mit der eigenen Vergangenheit ist noch so viel Krampf drin, dass die Vermutung über die dafür erforderliche Zeit der Entkrampfung Generationen umfaßt. Wenn man dabei sehenden Auges als Kollateralschaden das Amt des Bundespräsidenten in Kauf nimmt, zeugt das von ungeheurer politischer Dummheit oder niederträchtiger Berechnung. Beides will mir nicht gefallen.
ich hab da mal ne frage:
ist ein buprä als repräsentant ein vertreter oder ein darsteller?
Ich würde sagen, ein Selbstdarsteller.
Ich wußte gar nicht, dass es Apportierkatzen gibt. Hop, holen Sie Es sich selber zurück!
Lieber ed2murrow
Sie monieren den Satz:
"Wer aber wie Gauck der festen Überzeugung ist, dass die Gauck-Behörde noch vierzig Jahre (S.325) individuelle Schuld aufarbeiten müsse, der arbeitet sein persönliches Trauma ab."
und Sie meinen daraus kondensiere sich ein "küchen-psychologischer Pseudobefund, der dann auch noch für die Titelgebung des Blogs herhalten darf."
Da ist was dran und dann auch wieder nicht:
Manchmal sagt so ein Satz ja was Richtiges, auch wenn er nicht das aussagt, was er eigentlich meinte.
Ich denke, Gauck arbeitet kein Trauma ab, sondern ein bohrendes Unbehagen.
Er muss andauernd bewältigen, dass auch er sich - entgegen den Widerstandslegenden - angepasst, gekungelt hat mit den Herrschenden, schöne Worte gemacht hat und - bis ins Wendejahr 1988-1989 von ihm wenig Aufmüpfiges zu hören war. Sein Biograph hat ja festgestellt, dass er eigentlich mehr durch Zufall in diese ganze Bürgerrechtsbewegung geraten ist.
Dagegen kann man nichts sagen.
Niemand muss ein Held gewesen sein zu DDR-Zeiten. Das von Günter Gaus mal postulierte "Recht auf Anpassung" sollte da auch das Urteil bestimmen.
Mein Empfinden aber ist, er nimmt sich sehr übel, dass er nicht "mutiger an ein Ende der DDR geglaubt hat". Und deshalb ist er mit den DDR-Bürgern so unversöhnlich. Deshalb legt er so großen Wert drauf, sich von den DDR-Bürgern ordentlich abzuheben um dieses Unbehagen zu überwinden.
Nebenher und ganz persönlich: Gauck ist mir einfach in seiner Art zu eitel und - man kann fast bei zugucken - zu verführbar durch Beifall, Zustimmung und allgemeines Gefallen. Das ist für einen Schauspieler o.k., für einen Politiker ist es absolut lächerlich.
Liebe Magda,
wenn Sie schreiben, "Nebenher und ganz persönlich: Gauck ist mir einfach in seiner Art zu eitel und - man kann fast bei zugucken - zu verführbar" so ist das nicht nur nachvollziehbar, sondern vor allem eins: Glaubwürdig. Ob Biographen ansonsten immer den wirklich richtigen Blick haben, mag dahingestellt sein, oft ist er da ein schielender auf den Markt.
Ich will der Autorin des Blogs (und den damit in Bezug genommenen Autor) nichts unterstellen. Aber das mit der Wortwahl haben wir auch im Blog von I.D.A.Lizst angerissen. Ich denke, was für die schreibende Zunft generell gilt, sollte hier nicht verausnahmt werden, auch wenn man sich um Vereinnahmung bemüht :)
(Magda schrieb am 18.06.2010 um 12:28)
Liebe Magda,
Sie schreiben:
»Ich denke, Gauck arbeitet kein Trauma ab, sondern ein bohrendes Unbehagen«
kein
ohne
Lieber J.A.-P.
Ich widerspreche mal insofern, als Gauck - von der Herkunft - her wohl weniger so ein preußisches Protestanten-Gen in sich hat. Er kommt ja eigentlich aus einem areligiösen Haushalt und aus dem Norden.
Aber, es stimmt, die Evangelen sind "Selbstquäler".
Man sollte den Gauck nicht pathologisieren, auch einverstanden. Das hat immer was von "Defizite" anhängen. .
Sie schreiben
"Ja glaubt denn jemand, daß ein historischer Umbruch wie der Zusammenbruch der DDR vonstatten geht, ohne Brüche in je ganz eigenen Biographien, ungelöste Fragen und blinde Flecke in manchem Leben übrig zu lassen?"
Dazu kann ich nur antworten: "Wem sagen Sie das? Und ich frage mich dann: Hilft da ein Gauck, der ja auch Menschen verbinden soll oder wie das der Johannes Rau sagte: "Versöhnen statt spalten". Das tut Gauck entgegen seiner bekundeten Absicht nicht, sondern bringt das Verhältnis zur DDR immer wieder aufs Tapet und instrumentalisiert es gegen die LINKE. Und sorgt sofort für neuen Rumor.
Von daher sehe ich ihn ihm nicht die beste Wahl. Ich finde seine Nominierung ganz gut, weil sie noch einmal die Debatten pro und contra belebt hat.. Am Ende aber macht sie deutlich, dass Gauck von vornherein ein "Mittel" zur Polarisierung war.
Es sagt auch was über ein Land aus, wenn der "Herr über Akten" die oberste Funktion inne hat, :-))
Herzlicher Gruß
Magda
Vom Staatsbürger zum Vermögensbürgen
Von Eldorados für besonders und weniger Begünstigten.
Gesichert kann wohl gelten, dass nach dem Stasiunterlagengesetz der DDR- Volkskammer vom Jahre 1990 die DDR ein Eldorado von besonders Begünstigten und weniger Begünstigten aus dem In- und Ausland war.
Sei es dass diese Begünstigten Zuwendungen, Privilegien durch die DDR, z. B. in Form einer so genannt kuriosen Intelligenz- Rente, oder aus dem sozialistischen und nichtsozialistischen Ausland als akkreditierte Diplomaten säkularer, klerikaler Herkunft, Korrespondenten, Kulturschaffende bekamen.
Inzwischen, scheint es, ist die Bundesrepublik Deutschland selber über die Schiene der Agenda 2010/Hartz IV uf das Gleis eines Eldorado für besonders und weniger besonders begünstigte gekommen, wie Unternehmen, Arbeitgebern in Stiftungen, Gewerkschaften, Kirchen, Verbänden, Parteien, Parlamente, UNIs, sonders Wohlfahrtsverbänden, die vorab das Restvermögen vor dem Schonvermögen ihrer Arbeitnehmer/innen auf prekär bezahlten Arbeitsplätzen als Lohnsubvention kassieren, ohne diese Lohnsubvention in ihren Bilanzen zu führen, um danach direkt von der Bundesarbeitsagentur Lohnzuschüsse zu erhalten, ohne Rechenschaft über den wirklich Bedarf in ihrer „Not“ belegen zu müssen.
Kommt denn einmal unerwartet ein Brüderle und sagt all seinen marktwirtschaftlichen Mut zusammen nehmend:
“Stopp GM! Es gint keine staatlichen Bürgschaften durch den Bund für Opel!“,
antwortet GM postwendend übe den Atlantik gekränkt:
“Behaltet doch eure verdammten Bürgschaften.
Wir brauchen eure Bürgschaften für Opel sowieso nicht, unser Haus ist wieder bestens und monetär robust auf dem Wege „Going Publik“ an den Börsen der Welt aufgestellt!“
Was wir in unseren Hochorganisierten Zivilgesellschaften brauchen, sind neben Bürgern/innen, die als Bürgen für den Staat bürgen und sich deshalb berechtigt Staatsbürger/innen nennen, auch Bürgen in Unternehmen, bei Arbeitgebern in Stiftungen, Gewerkschaften, Kirchen, Verbänden, Parteien, Parlamente, UNIs, sonders Wohlfahrtsverbänden die sich als Bürgen von gesellschaftlichen Vermögen, Forderungseigentums seiner Bürger/innen verstehen und sich deshalb berechtigt Vermögensbürgen/innen nennen.
Siehe dazu:
www.freitag.de/community/blogs/joachim-petrick/oachim-gauck-der-lordsiegelbewahrer-unserer-demok
17.06.2010 | 23:27
Joachim Gauck, der Lordsiegelbewahrer unserer Demokratieunterlagen
g a u c k
Joachim Gauck, der Lordsiegelbewahrer unserer Demokratieunterlagen in heikler Mission? Teil I
www.freitag.de/community/blogs/joachim-petrick/joachim-gauck-der-lordsiegelbewahrer-der-demokrati
17.06.2010 | 23:40
Joachim Gauck, der Lordsiegelbewahrer der Demokratie, Teil II
g a u c k
www.freitag.de/community/blogs/joachim-petrick/wende-1989--2010-die-bundespraesidenteninnen-troika-vollbracht
www.freitag.de/community/blogs/joachim-petrick/joachim-gauck-lebt--das-andere-licht-fuer-offene-de
www.freitag.de/community/blogs/joachim-petrick/upps-schwarz--gelb-die--so-als-ob--koalition-ein-flop-
www.freitag.de/community/blogs/joachim-petrick/droht-schwarzgelbem-regierungsmeiler-ein--wahrer-
Für Freunde/innen des kurzen Dialogs:
"Kann Joachim Gauck im prekären Geiste des Stasi- Unterlagengesetzes der Volkskammer der DDR von 1990 als Begünstugter mit einer Begünstigtenakte statt Opferakte benannt werden, wie dies der letzte Innenminister der DDR,.Peter Michael Diestel, seit Jahren zur Debatte gestellt?
tchüss
JP
Hallo Magda,
Joachim Gauck taugt n. m. E. als „anderes Licht“ besonders gut für das Amt des Bundespräsidenten, weil er, anders als sonstige Hartgesottene Marktwirtschaftler/innen im Status von besonders Begünstigten, gar nicht soviel Kreide fressen kann, um nicht aus lauter wie unlauterer Eitelkeit Debatten vom Zaum zu brechen, die ohne seine Zwischen- und Aufrufe im Missionsgebiet Deutschland keiner im Umfeld der FDP, der Atlantikbrücke wagen würde!?
Tschüss
Jochen
Meine volle Zustimmung.
Mich wundert eigentlich nur, dass noch niemand auf die Idee gekommen ist, Wolf Biermann vorzuschlagen.
Als PR Gag der Linken wäre das doch gar nicht so schlecht gewesen.
Ich hoffe nur, dass Frau Jochimsen so viel persönliche Stärke hat, dies alles durchzustehen.
Nur um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen, meine Bemerkung "volle Zustimmung" betraf Magdas Erwiderung auf ed2murrow.
Das ist schwierig zu beantworten.
Insgesamt ist dieses gesamte Thema meiner Meinung nach nicht in ein Schwarz-Weiß-Raster zu pressen. Oder pauschal mit Gut oder Böse zu bewerten.
Dazu bedürfte es Personen, die vermittelnd agieren könnten.
Dies sind aber weder Gauck noch Birthler.
Ich frage mich eigentlich immer, worin sich ein Spitzel oder Zuträger oder IM oder verdeckter Ermittler sich unterscheiden.
Außern in der öffentlichen Wahrnehung der Begriffe:
Spitel, Zuträger, IM schlecht, verdeckter Ermittler gut.
Von der Sache her handelt es sich meiner Meinung nach aber immer um Personen, die das Vertrauen anderer mißbrauchen. Und die Frage stellt sich für mich eigentlich nur in der Art: Kann ich das, ist es mir möglich so zu leben oder nicht.
Die Dichterin Helga M. Novak, der 1966 die Staatsbürgerschaft der DDR aberkannt worden war, (
also 10 Jahre vor Biermann ) hatte das Ansehen der IM in der Bevölkerung der DDR in ihrer Tragoballade vom Spitzel Winfried Schütze in platten Reimen schon in den fünfziger Jahren so auf den Punkt gebracht:
der schlechteste Mann im ganzen Land
das ist und bleibt der Denunziant
Als der Spitzel in ihrer Ballade seinen inneren Zwiespalt nicht mehr aus-hält, lässt sie ihn, bevor er sich an der Teppichstange erhängt, ausrufen:
der schlechteste Staat auf dieser Welt
ist der, der sich die Spitzel hält
Kein Mensch wird als Spitzel oder Denunziant geboren. Man geht, so meine ich, auch nicht zu einer Behörde und sagt: Hier bin ich, nehmt mich. Es ist eher umgekehrt.
Selbst Biermann schrieb am 04.05.1990 in „Die Zeit“.
ZITAT Anfang
AUCH ICH WAR BEI DER STASI
Und du selbst, Bärbel? Ich jedenfalls, sagte ich ihr, ich war auch mal bei der Stasi
— Nein, Wolf!
— Doch, Bärbelchen.
— Sag bloß nicht solchen Blödsinn, das steht sonst morgen in Bild oder im Spiegel, das fehlte noch!
— Ich war wirklich bei der Firma . . .
Bärbel Bohley zerrte mich aus den Räumen des Neuen Forum. Wir gingen quer über die Liebknecht-Straße in ein Cafe und besteilten uns jeder einen Schwarzwälder Eisbecher und löffelten los.
Solche Geschichten gibt es in der DDR wie Sand am Meer. Und die meisten gehen nicht so harmlos aus. Das ist jetzt 37 Jahre her. In diesen Wochen mit immer neuen Enthüllungen über die Stasivergangenheit erschreckt mich dieser brutale Anwerbungsversuch tiefer als damals.
Wenn nämlich dieser Mann damals, der im Haus an den Schienen, anders mit mir geredet hätte, wäre mein Leben anders verlaufen. Er hätte nur sagen müssen:
„Wolf, wir sind so froh, daß du aus Hamburg zu uns in das bessere Deutschland gekommen bist. Du weißt, daß viele verblendete Menschen unsre DDR hassen. Verrat, Republikflucht, Sabotage, Hetze. Wir kennen dich, und deshalb bitten wir dich um Hilfe. Die DDR ist in Gefahr. Die Nazis haben deinen Vater und deine halbe Familie umgebracht. Die allermeisten Menschen, die hier leben, waren doch begeistert von Hitler. Sie erziehen ihre Kinder gegen uns. Und auch nicht alle Lehrer an deiner Schule sind auf unserer Seite. Von vorne greifen sie nicht mehr an, aber sie hetzen die Schüler auf, so hintenrum mit schlauen Fragen . . . Wolf, da müssen wir wachsam sein. Wolf, wir müssen diese Feinde entlarven."
Es entsprach absolut meiner Prägung, ich hätte keinen Hauch eines moralischen Vorbehalts gespürt, ich wäre stolz über das Vertrauen der Partei gewesen und hätte mit Feuereifer jeden in die Pfanne gehaun, der wirklich oder eingebildet ein Wort gegen unsere, die beste DDR der Welt gesagt hätte.
Ich wäre langsam, wie tausend andere, in ein Spitzelleben hineingewachsen. Mein bißchen Verstand hätte immer ausgereicht, jede Niedertracht der Firma zu rechtfertigen, jede Denunziation hätte ich als Heldentat im Klassenkampf verklärt.
ZITAT Ende
Wer oder Was ist also anzuklagen.
Meiner Meinung nach eher die Verhältnisse bzw. bestimmte Institutionen.
Aber wer bestimmt nun, ob man nun eine Opferakte oder Täterakte hat?
Meine Meinung ist: Keiner wurde gezwungen, als Leiter einer solchen Behörde zu arbeiten. Wenn man diese Arbeit annahm, wußte man, worauf man sich einläßt. Selbst wenn es nicht bekannt war, hätte man den Posten kündigen können ( s. Köhler ).
Es ist eine Frage der inneren Einstellung: Gauck denkt, dass er eine Mission zu erfüllern hat. Und genauso ist er auch aufgetreten.
Ob er nun Oper oder Begünstigter ist, ist doch in diesem Zusammenhang unerheblich.
Gauck hat sich entschieden, und in diesem Sinn gearbeitet.
Und genau deshalb ist er auch für mich als Bundespräsident noch ungeeigneter als Wolf.
Er ist eben kein Moderator, sondern ein Spalter.
Ich will nur noch nachtäglich einen Link einfügen, der zum Verständis oder Begründung beitragen könnte.
www.konkret-verlage.de/kvv/txt.php?text=a3
Aber keine Aussage ob Täter, Begünstigter oder Opfer...
@ red turtle
Abgesehen davon, dass ich den „einfachen IM“ funktionell eher dem V-Mann zuordnen würde, verstehe ich Ihren Exkurs nicht. Es gibt schlicht keine Gleichheit im Unrecht. Das ist, nur um es klar zu stellen, keine Erfindung von mir, sondern der negative Ausfluss aus dem Gleichbehandlungssatz des Art. 3 GG.
Ich halte das, mit allen Kautelen versehen: „Ausspionieren“ von Intim- und Privatsphäre einschließlich des Eindringens in Wohnungen, private Computer etc. grundsätzlich für rechtswidrig, also für Unrecht. Ob es davon Ausnahmen geben darf, ist immerhin in Deutschland seit Jahren und bereits weit vor dem Zusammenschluss Gegenstand tiefgehender Diskussion. Mir ist andererseits nicht bekannt, dass es insoweit entsprechende Unterhaltungen auf parlamentarischer Ebene der DDR oder innerhalb des MfS gegeben haben soll. Für Belege zeichne ich jetzt schon dankend.
Die Motive, die den einzelnen IM zu seiner Tätigkeit bewogen haben, sind mir dabei gleichgültig, es sei denn, es wurde gegen ihn eine Nötigungslage herbeigeführt oder ausgenutzt. Sein Pech war vielmehr, dass entgegen aller Erwartung, auch der im Westen, ihm das System unter dem eingerichteten und ausgeübten Betrieb des Spitzelns weggebröselt ist. Das ist historisch, von militärischen Niederlagen abgesehen, ein ziemlich einmaliger Vorgang. Das teilweise Tappen im Dunklen, wie damit umzugehen ist und die Trümmer aufzuräumen sind, gibt, auch weil kein Vorbild vorhanden (oder etwa doch?), demgemäß großen Raum, sich über Vor- und Nachteile der einen oder anderen Art der Aufarbeitung zu unterhalten. Zu spekulieren.
Ihren Ausführungen kann ich daher nur abgewinnen, dass ab Zusammenschluss über Privat- und Intimsphäre nicht mit anderen Maßstäben verhandelt werden sollte (ich meine: darf), als es von den verfassungsrechtlichen Standards vorgegeben ist. So wie Sie es ausdrücken, red turtle, ginge es genau in die umgekehrte Richtung. Zumindest kann man Sie so interpretieren.
Herr Lieb war mal ein guter Sozialdemokrat und Staatssekretär im Wissenschaftsministerium des Landes NRW. Schade, dass ihn sein Hass auf die Schröder-/Clement-SPD nun im Streit um den Kandidaten Gauck zu Dummheiten verleitet.
Die eine Dummheit ist seine implizite Empfehlung, Hernn Gauck nicht in die Bundesversammlung, sondern in die Psychiatrie zu schicken.
Eine andere Dummheit ist der Versuch, die Totalitarismus-Theorie als bloßes Versatzstück der ideologischen Kämpfe im Kalten Krieg darzustellen und Gaucks Bezugnahme auf diese Theorie als Beleg für seine These zu verstehen, der Kandidat sei ein Mann der Vergangenheit und stehe für die Spaltung der deutschen Gesellschaft.
Tatsächlich ist die Theorie des Totalitarismus ein wissenschaftlich diskutabler Versuch, die Diktaturen des 20.Jhs zu erklären. Historiker wie Wehler und Winkler arbeiten mit ihr in ihren aktuellen Interpretationen der deutschen Geschichte des 19. und 20.Jhs. Winkler z.B. erklärt den Totalitarismus so:
" Als "totalitär" galt spätestens sei den dreißiger Jahren ein Regime, für das Politik im Kern der Kampf zwischen Freind und Feind war, das jede Opposition gewaltsam unterdrückte und alle Andersdenkenden durch die Allgegenwart seiner Geheimpolizei einschüchterte, das jede Art von Gewaltenteilung zugunsten des Machtmonopols einer Partei ausschaltete und mit Hilfe von Ideologie, Propaganda und Terror jene akklamatorische Zustimmung der Massen erzeugte, die es zur Legitimation seiner Herrschaft nach innen und außen benötigte. In diesem Sinn war nicht nur das faschistische Italien, sondern auch die Sowjetunion ein totalitäres Regime - eine Diktatur neuen Typs, die sich von autoritären Systemen, europäischen oder lateinamerikanischen Militärdiktaturen etwa, deutlich unterschied. Neu waren gegenüber den herkömmlichen Diktaturen vor allem die Mobilisierung der Massen und der Anspruch auf den ganzen Menschen, der zu einem"neuen Menschen" erzogen werden sollte." ( H.A.W., Der lange Weg nach Westen. 6.A. München 2005, S.1f)
Ich verstehe, dass es Gründe für LINKE. gibt, Gauck in der Bundesversammlung nicht zu wählen. Die Gründe, die ihnen Lieb in dieser Veröffentlichung liefert, sind schlecht und ein Beleg dafür, dass auch "kritischen Publizisten" nicht immer zu trauen ist.
Joachim Gauck ist die Personifizierung des Leipziger Parteitages der CDU und des FDP-Parteiprogramms
Die Kampagne des Joachim Gauck läuft weiter. Politiker von SPD und Grünen finden Unterstützung bei der FDP und auch der Union, im Netz marschieren viele im Gleichschritt mit der BILD – was derzeit geboten wird gleicht einem unfassbaren Trauerspiel. Als hätte die SPD nicht aus der Bundestagswahl gelernt, nominiert sie einen Kandidaten für das Bundespräsidentenamt, der mit jeder Phase seines Handelns für den sozialdemokratischen Niedergang steht: Joachim Gauck ist Neoliberalist aus Überzeugung und verkauft diesen unter der Etikette Freiheit. Seine Einlassungen zur Linkspartei lassen die schlimmsten Befürchtungen wahr werden: Joachim Gauck würde das Land weiter spalten, die Gräben zwischen Ost und West vertiefen, nicht aber die Menschen einen. Gauck verkauft sich und sein Handeln unter dem Label Freiheit und wird nicht müde, auf seine Biographie zu verweisen. Für mich macht das den Eindruck, als wäre ein 16-Jähriger gleich nach dem ersten Mal nymphoman geworden. Bei Joachim Gauck fehlt jegliche kritische Distanz zum Kapitalismus, der gerade heute für tiefe Verwerfungen innerhalb unserer Gesellschaft steht. Wer Joachim Gauck unterstützt und sich selbst Sozialdemokrat nennt, sollte sich schämen. Sozialdemokratie und Joachim Gauck, das passt zusammen wie England und guter Fußball.
Joachim Gauck ist überzeugter Neoliberalist.
Rot-Grün hat Joachim Gauck als Gegenkandidaten eines treuen Parteipolitikers aufgestellt und ihn als überparteilichen Kandidaten präsentiert. Das waren selbstverständlich ebenso schwache Politikerblasen wie die von Schwarz-Gelb als behauptet wurde, das Sparpaket der Bundesregierung sei sozial ausgewogen. Wenn wenigstens behauptet werden würde, Joachim Gauck sei der Mann, um Schwarz-Gelb zu stürzen, könnte man damit an der einen oder anderen Stelle leben. Jedoch wäre damit klar, dass das Amt des Bundespräsidenten für die Opposition wie auch für die Koalition nur ein kleines Quadrat auf dem großen Schachbrett der Politik ist.
Joachim Gauck ist wie Christian Wulff nur eine Schachfigur.
Inhaltlich und politisch muss jeder halbwegs sozial denkende Mensch Joachim Gauck ablehnen. Hier hatte ich bereits ein paar Worte dazu verloren. Als Gerhard Schröder die Agenda 2010 verkündete, gingen die Menschen in Deutschland auf die Straße. Im Osten, wie im Westen, im Norden wie im Süden. Um dem Protest Gewicht zu geben, wurden die Demonstrationszüge Montagsdemonstrationen genannt. Joachim Gauck nannte dies töricht und geschichtsvergessen. Gauck präsentiert sich auch heute noch als glühender Verehrer von Gerhard Schröder und der Agenda 2010. Er wird bei keiner Gelegenheit müde, zu erwähnen, dass die Agenda 2010 mutig gewesen sei. Ich frage mich allen Ernstes, ob die so genannten Sozialdemokraten nicht aus den letzten Jahren gelernt haben. Joachim Gauck diskreditiert die Menschen, die von Anfang an mit der Ablehnung des sozialpolitischen Wahnsinns Recht hatten und für ihre Überzeugung auf die Straße gegangen sind. Gerade erst hat wieder einmal eine Studie bewiesen, dass Reich und Arm in unserem Land immer weiter auseinanderdriftet, dass gerade die Mittelschicht in den letzten 10 Jahren immer weiter geschrumpft ist. Joachim Gauck steht mit seiner Haltung genau für diese Spaltung.
Es scheint, als sei Gauck aus dem Parteiprogramm der FDP gefallen.
Aktuell hat Deutschlands Sarah Palin Obama dem Spiegel ein Interview gegeben. Unter anderem lehnt er dort Rot-Rot-Grün ab. Das kann man so sehen, sicherlich gibt es durchaus Argumente gegen eine solche Verbindung – doch steht es einem überparteilichen Bundespräsidenten nicht zu, Koalitionsempfehlungen auszusprechen und eine legitime, vielen Ortes gewählte und akzeptierte Partei ins Abseits zu stellen. Joachim Gauck zeigt hier nur eines: Er lehnt alles ab, man kann schon fast von Hass sprechen, was irgendwie im Verdacht steht, links zu sein. Bundesweit liegt die Linkspartei bei rund 12%, im Osten ist sie sogar stärkste Kraft. Das kann man befürworten oder ablehnen, der Autor dieser Zeilen hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er der Linkspartei kritisch gegenübersteht, jedoch ist es ein Affront gegenüber vielen Bürgerinnen und Bürgern. Mit seiner starren Haltung und dem öffentlichen Auftreten gegen die Linkspartei wird das Land weiter gespalten. In den letzten Jahrzehnten sind zwischen Ost und West viele Gräben überwunden und Brücken gebaut worden, unsere junge Generation kennt den ehemaligen Osten und goldenen Westen nur noch aus Erzählungen und den Geschichtsbüchern.
Mit Joachim Gauck würde unsere Einheit weit zurückgeworfen werden.
Für Joachim Gauck gibt es keine gute oder schlechte Politik, sie muss nur besser verkauft werden. Und genau darin sieht er seinen Job als Bundespräsidenten. Die Menschen lehnen den Krieg in Afghanistan ab? Die Menschen sind nur zu beschränkt, um zu verstehen, welch großartige Arbeit unsere Soldaten dort leisten. Die Menschen lehnen das Sparpaket der Bundesregierung ab? Es muss gespart werden. Joachim Gauck ist mitnichten ein überparteilicher Kandidat, ein Bürgerpräsident oder wie auch immer er verkauft wird.
Joachim Gauck wäre der Gebrauchtwarenhändler der Bundesregierung.
Natürlich kann man es sich einfach machen, nicht nachdenken und der großen Masse folgen – im Gleichschritt marsch. Eine Wahl Joachim Gaucks würde das Ende von Schwarz-Gelb einläuten? Klasse. Joachim Gauck ist überparteilich? Super. Joachim Gauck tritt für Bürgerrechte ein? Yes, das ist unser Mann. Ich befürworte mittlerweile Christian Wulff als Bundespräsidenten. Nicht, dass ich von dem CDU-Mann überzeugt wäre, ganz bestimmt nicht. Er wäre schlicht und ergreifend das kleinere Übel. Christian Wulff wird alle Hände voll zu tun haben, sich als überparteilicher Bundespräsident zu beweisen. Er muss es vermeiden, auch nur im Ansatz als parteiisch zu gelten. Joachim Gauck hätte Narrenfreiheit im Schloss Bellevue. Die Bundesregierung könnte dieses Land in den sozial-politischen Wahnsinn führen – und könnte sicher sein, dass Joachim Gauck diese Maßnahmen den Bürgerinnen und Bürgern verkaufen würde. Man muss es ja nur gut erklären…
Ich lass mich nicht vergauckeln. Joachim Gauck is not my president
www.fixmbr.de/joachim-gauck-ist-die-personifizierung-des-leipziger-parteitages-der-cdu-und-des-fdp-parteiprogramms/