Studium light?

BACHELOR UND MASTER International vergleichbare Studienabschlüsse und Verkürzung der Studienzeiten

Verglichen mit den Vereinigten Staaten ist die Bundesrepublik für ausländische Studierende eine Bildungsdiaspora. Während in den USA zur Zeit 450 000 "Bildungsausländer" studieren, sind es hierzulande gerade mal 18 000. Er hoffe deshalb, so der ehemalige Bildungsminister Jürgen Möllemann, mit der Einrichtung der neuen Studiengänge mehr ausländische Studierende ins Land locken zu können, weil diese später "in ihren Heimatländern als Ansprechpartner der deutschen Wirtschaft" fungieren könnten.

Die hochschulpolitische Zauberformel für die erwünschte akademische Einwanderung heißt derzeit Bachelor und Master. Die nach diesem Modell zweigliedrig aufgebauten Studiengänge ermöglichen es den Studierenden nach drei oder vier Jahren mit einem berufsqualifizierenden Abschluss - dem B.A. - die Hochschule zu verlassen. Der Master-Abschluss kann nach zwei weiteren Semestern erworben werden. In der Praxis wird das Studium in "Module", einzelne, abgeschlossene Lehreinheiten, eingeteilt, für die Leistungspunkte, sogenannte credit points, vergeben und die auf das Ergebnis der Abschlussprüfung angerechnet werden.

Mit der 1998 verabschiedeten Novelle des Hochschulrahmengesetzes haben Bund und Länder die Voraussetzung für die Einrichtung von Bachelor- und Masterstudiengängen geschaffen. Bisher gibt es an deutschen Hochschulen ungefähr 400 Angebote, allerdings meist inForm von Aufbaustudiengängen. Noch ist umstritten, welche Qualifikation ein B.A.-Abschluss tatsächlich beanspruchen kann: Der frühere Bildungsminister Jürgen Rüttgers plädierte bei der Verabschiedung des Hochschulrahmengesetzes (HRG) für einen berufsqualifizierenden Abschluss, die Fachhochschulen fürchten sich vor der Nivellierung der Bildungsabschlüsse. Unbestritten ist die "anwendungsorientierte" Ausrichtung des B.A., die bislang aber so wenig wie eine traditionelle Zwischenprüfung oder ein Vordiplom für den Beruf qualifiziert. Jedenfalls sollen die Studenten nach dem B.A., so die Vorstellung der Befürworter des Modells, erst einmal arbeiten gehen; der Master-Abschluss soll jenen vorbehalten bleiben, die hervorragende Leistungen zeigen und ihr Studium in Rekordzeit absolvieren. "Bummelstudenten" oder solche, die ihr Studium selbst finanzieren und jobben müssen oder Kinder zu versorgen haben, bleiben dabei auf der Strecke.

Die Anpassung der Studiengänge an die Bedürfnisse der Wirtschaft - Verkürzung der Studienzeiten und rein anwendungsorientiertes Wissen ist offensichtlich, weshalb Kritiker von einem "Studium light" oder der "Kannibalisierung der Studiengänge" sprechen. Der neue Abschluss ermögliche Studierenden einen "eleganten" Studienabbruch, ohne den akademischen Titel einzubüßen. Die seitens der Studierenden sehr berechtigte Forderung, dass ihre Studienabschlüsse international vergleichbar sein müssen, könnte auch zum Bumerang werden: Dann nämlich, wenn sich der B.A. als Qualifikationsdrücker erweisen sollte, der die Studenten zwar mit hübschen Titeln ausstattet, am Ende jedoch nicht befähigt zur wissenschaftlichen Praxis und Kritik.

Margret Eva Werner, 25, hat an der Londoner Universität den B.A. erworben und studiert derzeit Neuere Deutsche Literatur und Geschichte in Berlin.

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