Kurz nach der Wiedervereinigung habe ich mal einen slowakischen Soldaten gefragt, wer denn jetzt der Feind ist, wo auch die Slowaken Kapitalisten geworden sind. Er antwortete: "Früher haben wir die Kapitalisten bekämpft, heute kämpfen wir gegen den Staub in den Schränken." Diesen Kampf führe ich auch. Doch nicht um den sauberen Schrank ringe ich, ich bin Guerrillero im Ceranfeld. Erbfeind wäre zu milde für das, was ich an Hass auf den Dreck empfinde, der sich da hinkrustet. Jeden Tag kocht etwas über. Auf der Glasplatte des Ceranfeldes kann man dann richtig schön sehen, wie er festbackt, der schwarze Rand. Das Ceranfeld ist ein als technisches Hilfsmittel getarntes Folterinstrument. Es wurde erfunden, als Menschen wegen der zunehmenden Technisierung im Haushalt beschäftigungslos zu werden drohten. "Wenn wir nicht schnell was erfinden, das die Aufmerksamkeit der Hausmänner und -frauen fesselt, dann dräut allgemeines Tarotkartenlesen, Tablettensucht und Tortenessen", sprachen die Ingenieure, nachdem sie Spülmaschine, Staubsauger und Entsafter erfunden hatten. So entstand das Ceranfeld. Anders als der gute alte Herd von früher exponiert das Ceranfeld jedes Staubkorn. Gnadenlos. Es gibt Tretminen und es gibt Putzminen. Als wäre es ein Vorläufer des Tamagochi, braucht das Ceranfeld täglich Zuwendung. Mit einem hässlichen Metallkratzer will es gestriegelt, mit Schwamm und einer stinkenden Chemieflüssigkeit auf Hochglanz poliert werden. Das macht blöd im Kopf. Das Ceranfeld ist nicht einmal für den Nichtkocher praktisch. Für Menschen, die es immens wichtig finden, Einkaufstüten auf dem Herd abzustellen, ohne dass diese umfallen, könnte das Ceranfeld allerdings tatsächlich etwas haben. Inzwischen gibt es sogar Ceranfelder für Campingkocher. Grausam.
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