"Identitäre" bedrohen Journalisten

Rechtsextremismus Auf letzter Strecke wollen es die selbsternannten „Europaverteidiger“ noch einmal wissen.

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Mit der gecharterten C-Star haben sich die "Identitären" vom Suez-Kanal über Ostzypern bis zum Motorschaden vor Libyen mit Pleiten, Pech und Pannen statt mit Ruhm eingedeckt. Jetzt sind sie zu direkten Drohungen übergegangen. Fotos von beschrifteten Leintüchern an Bord von ihrem Schiff der Schande reichen anscheinend nicht mehr.

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Am Mittwoch um die Mittagszeit hat die NGO Proactiva Open Arms auf Twitter eine kurze Videosequenz veröffentlicht. Personen an Bord eines kleinen Motorbootes nähern sich den Tendern im Schlepp der Golfo Azzurro. Sie versuchen, eines davon zu sabotieren. Gestartet sind sie von der C-Star, die in einer kurzen Sequenz im Hintergrund zu sehen ist und der Golfo Azzurro bereits seit einiger Zeit nachstellt.

Oscar Camps, der Gründer der NGO bemerkt, wie eng zeitlich diese Attacke mit dem erneuten Überfall durch libysches Militär zusammenliegt. Sein kurzes Fazit: „ …wir haben einigen Schwachsinn der Xenophoben über uns ergehen lassen, die spielen alle in der selben Liga“.

Tatsächlich sind die "Identitären" mit immer wirreren Verlautbarungen an die Öffentlichkeit getreten. In einem in mehreren Sprachen verfassten Brief „an die Einwohner Tripolis und des Umlandes“ brüstete sich gestern die rechtsextreme Organisation Defend Europe ID „afrikanische Migranten aus dem Subsahara“ aufgehalten zu haben: „Das Stoppen dieses Vorgangs wird auch die Invasion in Libyen beenden“. Dazu hat sie die Einwohner der Stadt zur „Mithilfe“ aufgerufen. Die selbsternannten "Europaverteidiger" sind eine Ausgründung der rechtsextremen "Identitären Bewegung". Sie steht in Deutschland unter Beobachtung des Verfassungsschutzes.

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Der britischen Ausgabe der Huffington Post gegenüber haben die Rechtsextremisten mit guten Kontakten zur libyschen Küstenwache angegeben. Ihr Sabotageversuch an den Beibooten der Golfo Azzurro sei mit den Libyern abgesprochen gewesen. Zu einem anderen Artikel der HuffPo aber schweigen sie eisern: Darin wird wie schon zuvor aus den Akten der Staatsanwaltschaft Trapani deutlich, dass das Militär des nordafrikanischen Landes tief in Geschäfte des Menschenschmuggels verstickt ist.

Drohungen im Mafiastyle

In Italien sind die „Identitären“ noch einen Schritt weiter gegangen. Gian Marco Concas, ein ehemaliger Marineoffizier und kolportiert als technischer Leiter der Fahrt mit der C-Star, hat den Journalisten Andrea Palladino bedroht. Palladino hatte, wie berichtet, in einem vielbeachteten Artikel für die Wochenzeitschrift Famiglia Cristiana die Verbindung der „Identitären“ mit den Ermittlungen gegen den Verein Jugend Rettet und der Beschlagnahme deren Rettungsschiffs Iuventa öffentlich gemacht.

Jetzt hat Concas in einem Social-Media-Video der "Identitären" eine Botschaft in raunendem Ton verlesen. Darin wird der Journalist Palladino als jemand bezeichnet , „der wie alle Naiven, die am leichtesten zu opfern sind, zurück gelassen“ worden sei. Die Sprache ist aus B-Movies zur Mafia bekannt. Mit ihr wird angedeutet, dass die Person in einer Kette das schwächste Glied sei und getroffen werden soll.

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In einer harten Reaktion hat die Tageszeitung Il Fatto Quotidiano im Titel erinnert: „Liebe Rassisten auf dem Meer, Andrea Palladino ist nicht alleine“. Stefano Feltri, Mitverantwortlicher des Blattes, bezeichnet Concas und die seinen als „lächerliche erwachsene Männer mit eng anliegenden T-Shirts, denen es gefällt, mit einigen Sit-Ups und Feldläufen Soldaten zu spielen, eine Kameradschaft wie in amerikanischen Kriegsfilmen“.

Die finanzielle Seite: Für die Fahrt mit der C-Star seien bislang von 3600 Personen rund 227.000 Euro eingesammelt worden. Außer Spesen nichts gewesen, so Feltri, bei einer Aktion, die „als Fußabdruck kaum mehr als ein paar virale Posts auf Facebook hinterlassen wird“.

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Geschrieben von

Marian Schraube

"Dem Hass begegnen lässt sich nur, indem man seiner Einladung, sich ihm anzuverwandeln, widersteht." (C. Emcke)

Marian Schraube

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