Storytelling oder Storydoing?

PR + Journalismus Die Veranstaltungsreihe „PR trifft Journalismus“ diskutiert die Frage nach PR im Krisenmodus

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Die erste Schockwelle der Corona-Krise scheint vorerst überstanden zu sein. Doch durchgestanden ist deswegen noch nichts. Denn als nächstes türmt sich die Welle der Wirtschaftskrise über allem. Unternehmen stehen vor riesigen wirtschaftlichen Herausforderungen. Und damit nicht zu Letzt auch die PR-Branche. Sie muss die Kommunikation durch diese stürmischen Zeiten steuern. Die Veranstaltungsreihe „PR trifft Journalismus“, die vom Bundesverband der Kommunikatoren und dem Deutschen Journalisten-Verband Berlin organisiert wird, nahm dies zum Anlass nachzufragen, was das eigentlich genau bedeutet. Unter der Überschrift „Kommunikation im Krisenmodus – Corona: PR und Journalismus in Zeiten der Pandemie“ diskutierten unter der Moderation Johannes Altmeyer, Redaktionsleiter Newsletter bei Media Pioneer, Judith Klose, Leiterin für Presse und Kommunikation bei Civey, Volker Thoms, Chefredakteur des Magazins pressesprecher sowie der Pressesprecher des BER Daniel Tolksdorf.

Zu Beginn hielt Klose einen kurzen Einstiegsvortrag, in dem sie einige Zahlen präsentierte, um die aktuelle Stimmung in Deutschland wiederzugeben. Laut Klose sind gerade diese Zahlen wichtig, da sich durch die Dynamik der Krise auch die Stimmungsbilder sehr schnell ändern können. Beispielhaft machte sie dies an einer Umfrage nach der größten Bedrohung deutlich. So sank die die Angst vor Versorgungsengpässen zwischen dem 01. April von 25 Prozent auf knapp 5 Prozent am 17. Mai, während die Angst vor sozialer Isolation im selben Zeitraum von 20 Prozent auf über 35 Prozent anstieg. Überrascht zeigte sich Klose angesichts der drohenden Rezession davon, wie verhältnismäßig gering die ökonomischen Ängste der Deutschen sind. Finanzielle Einbußen fürchten nur knapp 15 Prozent. „Hier sehen wir eher German Optimism statt German Angst.“ Hinsichtlich der Fragen von PR hatte sie eine klare Empfehlung. Viele Menschen wünschen sich mittlerweile eine andere Themensetzung. Unternehmen sollten sich daher gut überlegen, ob sie auf der Corona-Welle mitschwimmen wollten. „Wichtig ist, dass sie Transparenz und Glaubwürdigkeit nach vorne stellen.“

Was das genau bedeutet, schilderte Thoms am Fall Webasto. Dieser Fall stand zwar ganz am Anfang, aber seiner Meinung nach machte das Unternehmen viele Dinge richtig. Im Januar waren Mitarbeiter des Zulieferers als erste in Deutschland positiv auf Corona getestet worden. Das Unternehmen reagierte umfassend, schloss die Betriebe und setzte mehrere Krisenteams ein, die bis zu hundert Medienanfragen pro Tag beantworteten. Zu dem setzte sich auch der CEO, Holger Engelmann, zu Markus Lanz in die Sendung und nahm ausführlich Stellung. Anderen Unternehmen, namentlich der Automobilindustrie, stellte Thoms ein weniger gutes Zeugnis aus. „Die macht es nicht so gut.“ Da werde zu viel Lobbying betrieben, Pleiten heraufbeschworen und alles bei gleichzeitiger Auszahlung von Dividenden. Besonders spannend wurde es als Altmeyer bei BER-Pressesprecher Tolksdorf nachhakte, wie sich Corona auf das Fliegen auswirken werde. Tolksdorf räumte freimütig ein, dass Fliegen nicht weiterhin Selbstzweck bleiben könne und das täte auch gut. „Sie können nicht davon ausgehen, für 12 Euro über das Wochenende nach Mailand fliegen zu können bei gleichzeitig guter Berzahlung der Mitarbeiter.“ Corona werde helfen, einen besseren Umgang mit dem Fliegen zu entwickeln.

Bei der Grundsatzfrage, wie sich die professionelle Kommunikation durch Corona verändern wird, waren sich die Diskutierenden einig, dass ein gutes Narrativ in Zukunft nicht mehr ausreichen wird. „Die Presse- und Medienarbeit wird aufgewertet werden“, erklärte Thoms, denn die Reputationsgefahren durch eine kritische Öffentlichkeit würden größer werden. „Es geht um die Frage nach Storytelling oder Storyding: Wer macht was, oder wer erzählt was.“ Auch hier nannte er als Negativbeispiel wieder die Autoindustrie, die hinsichtlich dessen gerade viel versäumt. Ein Punkt, dem Klose mit Verweis auf ihr Eingangsstatement nur zustimmen konnte. Auf der Corona-Welle schwimmen reiche nicht. „Es geht darum, das Ganze mit Purpose zu verbinden.“

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Maximilian Riegel

Politikwissenschaftler, schreibt u.a. für meko factory – Agentur für Kommunikation GmbH

Maximilian Riegel

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