Zwischen Glaubwürdigkeit und Zerstörung

Fakten und Verschwörung Der Mediensalon diskutiert das Verhältnis von „Medien, Virologen und Aluhüten“

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Gefährlich wird es, wenn die Kritik in die Verschwörungstheorie rutscht und Journalisten zu Handlangern eines bösen Staates gemacht werden
Gefährlich wird es, wenn die Kritik in die Verschwörungstheorie rutscht und Journalisten zu Handlangern eines bösen Staates gemacht werden

Foto: imago images/Ralph Peters

Dass „die“ Medien in der Kritik stehen, ist kein neues Phänomen. Doch die Corona-Krise hat viele Vorbehalte noch einmal verschärft. Der Mediensalon des Deutschen Journalistenverbands DJV Berlin und der Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union vom 17. Juni fragte darum nach, wo die Medien in Deutschland stehen. Unter dem Titel „Medien, Virologen und Aluhüte“ wurde an Bord der Pioneer One das Verhältnis von Wissenschaftsjournalismus in Abgrenzung zum Boulevard, aber auch Verschwörungstheoretikern diskutiert. Auf dem Podium saßen die Pressesprecherin Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger BDZV, Anja Pasquay, Rasmus Buchsteiner, Chefkorrespondent auf der Pioneer One, die Geschäftsführerin von Stat-up Statistical Consulting & Data Science, Katharina Schüller, Kaja Klapsa von der WELT und Prof. Sylvia Thun, die derzeit an der Charité unter anderem in einem Projekt mit Christian Drosten arbeitet. Die Moderation übernahm Tina Groll von Zeit Online.

Grundsätzlich, das wurde an dem Abend klar, stehen die Medienschaffenden vor einem Paradox. Auf der einen Seite sind die Vertrauenswerte der Bevölkerung in Zeitungen und öffentliche-rechtliche Sendeanstalten sehr hoch. Auf der anderen Seite gibt es durchaus harsche Kritik am Journalismus, bis hin zu gewalttätigen Übergriffen auf Demonstrationen. Eine richtige Antwort, wie damit umzugehen ist, konnte das Podium nicht benennen. Doch es wurden unterschiedliche Ansätze diskutiert, wie es gehen könnte.

Exemplarisch für Medienkritik stand das Video von Rezo, der mit der „Zerstörung der Presse“ einen neuen Rundumschlag produziert hatte. Pasquay bezeichnete den Youtuber als „Stimme einer Generation“, weswegen man den Stellenwert seiner Aussagen nicht unterschätzen sollte. Von einer Zerstörung wollte sie jedoch nichts wissen, sondern verwies auf die hohe Glaubwürdigkeit gerade der deutschen Medien. Im Kern waren sich alle einig, dass der Ansatz des Videos zwar legitim, die Art und Weise der Umsetzung jedoch mangelhaft sei. Klapsa bemängelte vor allem, dass Rezos Darstellung fehlerhaft sei. So hätte er den Unterschied zwischen einfachen Fehlern und bewussten Fake News nicht klargemacht. Auch habe er in seiner selbstdurchgeführten Studie zu falscher Berichterstattung über ihn teilweise nicht zwischen tatsächlich falschen Behauptungen und bloßen Meinungsäußerungen unterschieden.

Doch Rezo ist der unbedenklichere Teil der Medienkritiker. Gefährlich wird es, wenn die Kritik in die Verschwörungstheorie rutscht und Journalisten zu Handlangern eines bösen Staates gemacht werden. Hier mahnte Buchsteiner an, dass Journalisten diesen Menschen keine Steilvorlage liefern dürften. „Da müssen wir dauernd vorsichtig sein und dauernd die Aussagen überprüfen.“ Ob bei der Auseinandersetzung mit Verschwörungstheoretikern eine andere, vielleicht einfachere Darstellung von Daten und Fakten hilft, da hatte Schüller ihre Zweifel. Sie verwies darauf, dass die Visualisierung von Daten immer mit einem bestimmten Framing einherginge, und dies könne unter Umständen problematisch sein. Und: „Mehr Daten heißen nicht, dass wir nicht mehr wissen.“ Was es bedeutet, wenn die Diskussion nicht mehr dem zwanglosen Zwang des besseren Arguments unterworfen ist, musste sie selbst erleben. Trotz größtmöglicher Versuche die Darstellungsweise in ihren Artikeln objektiv und faktenorientiert zu gestalten, wurde sie in Kommentaren und Mails hart angegriffen.

Bei all der Kritik, die Medienschaffende aushalten müssen und die sie auch reflektieren, wie in diesem Mediensalon, war es gerade für die Journalistinnen an Bord, sichtlich wohltuend auch gelobt zu werden. In diesem Fall kamen die Blumen von Thun. Dass die Pandemie in Deutschland vergleichsweise glimpflich verlaufen sei, schrieb sie auch der Presse zu Gute. Diese habe stets „korrekt, aktuell und umfassend berichtet.“ Und das ist ja vielleicht auch schon eine Erkenntnis aus den letzten Wochen.

Der Mediensalon wurde live bei Pioneer One gestreamt. Das geplante Online-Treffen bei Crowdcast fand aus technischen Gründen nicht statt. Der Mitschnitt des Mediensalons findet sich hier:

https://www.facebook.com/mekofactory/videos/2882452625186708/

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Geschrieben von

Maximilian Riegel

Politikwissenschaftler, schreibt u.a. für meko factory – Agentur für Kommunikation GmbH

Maximilian Riegel

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