Der dritte Mann

Roman Die Edition Büchergilde legt Altes neu auf

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In den Jahren 1945 bis 1955 war Wien, ähnlich wie Berlin, in vier Sektoren eingeteilt, die von den vier Besatzungsmächten (Russland, USA, Frankreich, Großbritannien) verwaltet wurden. In dieser Zeit und an diesem gespaltenen Ort spielt Graham Greenes Werk „Der dritte Mann“ – ein Krimi, welcher mit Orson Welles in der Hauptrolle später auch verfilmt wurde. Greene verfasste den Roman als Vorarbeit zu einem anschließend entstehenden Drehbuch.

In einer Neuauflage hat nun der Verlag Edition Büchergilde den Roman wieder herausgebracht. Eigentlich verwunderlich, denn dringlich erscheint diese Publikation nicht, wenn auch das Buch nicht schlecht geschrieben ist. Die Übersetzung durch Nikolaus Stingl ist ansprechend und wenn man nicht allzu hohe Krimi-Erwartungen hat, sogar teilweise spannend. Eigentlich ist es eher ein Buch zum Film, sofern man alte Klassiker in Schwarz-Weiß mag oder eine besondere Liebe für Graham Greene hat.

Die Story des Buches dreht sich um eine Verbrecherbande, die sich mit Penicillinschieberei und Penicillinstreckung über Wasser hält. Es geht um Intrigen und enttäuschtes Vertrauen in der Freundschaft sowie gebrochene Herzen in der Liebe.

Im Vorwort des Buches schildert der Autor die Entstehungsgeschichte des Textes und merkt selbst an, dass der Film sicherlich besser ist als das Buch. Er gibt zu, dass er für das Drehbuch selbst Änderungen der sich abspielenden Geschehnisse vorgeschlagen hat. Dies unterstreicht den vorläufigen Charakter dieses Romantextes. In literarische Meisterwerke wird sicherlich mehr Liebe und Engagement hineingesteckt. Daher ist es auch nicht überraschend, wenn die Charaktere irgendwie hölzern und oberflächlich erscheinen. Es wird beschrieben wie sie agieren, aber psychologischen oder emotionalen Tiefgang darf man auf keinen Fall erwarten. Eher wird – wie bei einem einfachen Western – eine Aktion nach der anderen abgehandelt. Das Ergebnis ist eine einigermaßen runde Handlung, die für einen Film bei entsprechender künstlerischer Umsetzung sicherlich trägt.

In der Ausgabe der Edition Büchergilde wird der Text durch die Schwarz-Weiß gehaltenen Illustrationen von Annika Siems ergänzt. Die Stimmung und das Erscheinungsbild der Bilder sind an der filmischen Umsetzung orientiert. Sogar die Figuren ähneln optisch den Schauspielern des Films. Für Leute, die für den Film Noir und die Kunst der Nachkriegszeit ein Faible haben, könnte dieses Buch von Interesse sein.

Info

Der dritte Mann, Graham Greene Edition Büchergilde, 203 Seiten

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