Déjà vu

Kampagnenkritik Eine NGO macht mit einem Knuddel-Teddy in der Fußgängerzone gegen die Diskriminierung von Behinderten mobil und landet einen Youtube-Hit. Schöne Idee, nur nicht ganz neu

Gut gemeint ist manchmal einfach zu viel des Guten. Wie der Werbespot der Schweizer Non-Profit-Organisation Pro Infirmis.

Der kurze Clip zeigt einen Plüschbären in einer Fußgängerzone, der Umarmungen verteilt. Ohne Berührungsängste werfen sich ihm die Passanten in die Arme und lassen sich herzen. Was sie nicht wissen: In dem Kostüm steckt ein junger Mann, der seit einem Autounfall schwer gehandicapt ist. Die Botschaft ist in einer Einblendung bündig zusammengefasst: "Müssen wir uns erst verkleiden, um einander näherzukommen?"

Die Gegenfrage sei erlaubt: Müssen wir ein gesellschaftliches Problem wie die Ausgrenzung von Behinderten erst mit klebrigem Sirup übergießen, bevor wir unser Augenmerk darauf richten? Der Spot entwickelte sich innerhalb von kurzer Zeit zum weltweiten YouTube-Hit mit über 500.000 Klicks in verschiedenen Sprachversionen. Ein schöner Erfolg, auch für die Agentur Jung von Matt.

Doch der Siegeszug des Clips offenbarte rasch die Risiken viraler Werbung. Je mehr Leute zusehen, desto schneller kommt heraus, wenn etwas nicht stimmt. Und an diesem Spot stimmt einiges nicht. Seine Idee ist geklaut und das fast eins zu eins. In einem Spot von 2009 schon zog ein Plüschbär knuddelnd durch eine Fußgängerzone. Einziger Unterschied: Er war nicht braun, sondern weiß und sollte vor der Unsichtbarkeit von HIV warnen. Jung von Matt war in einer Erklärung ob der Ähnlichkeit nach eigenen Worten "baff" und überwies um­gehend das Honorar zurück.

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