Was haben die Leute vom FC Bayern München sich bloß dabei gedacht, als sie ein paar Anhänger von Eintracht Frankfurt vor dem Spiel durch zwei weiße Zelte schleusten, um sie dort einer Leibesvisitation zu unterziehen? Die Aktion an sich ist schon höchst fragwürdig. Die Zelte muteten äußerlich an wie eine mobile Quarantänestation, in der Infizierte von Nicht-Infizierten getrennt werden. Ob das, was darin stattfand, wirklich ein „intensiver Eingriff in Grundrechte“ war, wie die „Arbeitsgemeinschaft Fananwälte“ monierte, sei mal dahingestellt. Der Vorstoß befeuert aber eine Debatte, die gerade auf hoher Flamme kocht und dramatisch geführt wird: die über Fangewalt in deutschen Stadien.
Natürlich ist es ein Unterschied, ob jemand bei einer solchen Untersuchung nur die Jacke ausziehen muss oder auch den Pulli und die Hose. Im Fall FC Bayern kursieren dazu, je nach Interessenlager, unterschiedliche Versionen des Geschehenen.
Natürlich haben 22 Messer und ein Pfefferspray, die laut Sicherheitsbehörden sichergestellt wurden, im Stadion nichts zu suchen. Problematisch an der Münchner Maßnahme ist jedoch, dass im Alleingang Konsequenzen gezogen werden, noch bevor ein gemeinsamer Beschluss der Vereine gefasst wurde.
Nulltoleranz-Politik
Die Ganzkörperkontrollen sind ein Posten in einem Zehn-Punkte-Papier der Deutschen Fußball Liga (DFL), das von mehr als einem Drittel der Profi-Clubs abgelehnt wird. Denn unter dem Namen „Sicheres Stadionerlebnis“ wird teilweise eine Nulltoleranz-Politik verfolgt: vom totalen Verbot von Pyrotechnik über Geisterspiele bis zur Abschaffung der Stehplätze. Bei der Vollversammlung Mitte Dezember soll nun ein Kompromisskonzept verabschiedet werden. Vereine wie der FC St. Pauli oder Union Berlin wollen in der Diskussion mit ihren Fanvertretern bis dahin eine gemeinsame Linie finden.
Der FC Bayern, von Anfang an einer der Befürworter strengerer Maßnahmen, verspürt solchen Gesprächsbedarf offenbar nicht. Er setzt stattdessen schon mal um – ein Affront gegenüber der Ligagemeinschaft und eine große Dummheit. Hitzköpfe dominieren das Feld: Die Law-and-Order-Falken auf den Innenminister-Konferenzen, die das Thema für sich entdeckt haben, und die Bengalo-Volltrottel in der Ultraszene. Die Vereine stecken in einem Dilemma: Wollen sie Herr im eigenen Stadion bleiben, müssen sie der Politik entgegenkommen, ohne die eigenen Fans zu vergraulen. Bayern hat sich mit seinem Vorstoß nun aus dieser Solidargemeinschaft verabschiedet. So verhärten sich die Fronten aber nur weiter.
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