Poetische Geflechte

Zukunft Warum migrantische Storys und Stimmen so wichtig sind. Ein Plädoyer für eine neue „germanopolitane“ Literatur
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 11/2016

Es handle sich um „Emigrantendeutsch“ schimpfte der Schriftsteller Hans Werner Richter, als im Herbst 1953 Albert Vigoleis Thelen vor der Gruppe 47 aus seinem Roman Die Insel des zweiten Gesichts vorlas. Thelen hatte Deutschland 1931 verlassen, aus Grauen vor dem Nationalsozialismus. Er war nach Mallorca ausgewandert, später nach Frankreich und in die Schweiz. Zum Zeitpunkt der Lesung lebte er in Amsterdam. Auf seinem Weg lernte Thelen sechs Sprachen. Er übersetzte sogar Werke vom Portugiesischen ins Niederländische. Solche Weltläufigkeit allerdings war Teilen der deutschen Intelligenzija verdächtig, vor allem jenen, die monolingual und provinziell meinten, der eigene Ort sei der Mittelpunkt des Kosmos. Diese Haltung gibt es auch heute noch: Es stimmt e