Ich möchte es hiermit ganz offen und ehrlich zugeben: In der Vergangenheit habe ich schamlos und oft gegen den älteren weißen Mann gewettert, mal böse frontal, mal hinter vorgehaltener Hand. Nun ist Karma ja eine Bitch, eine Hurensöhnin sozusagen, und schlägt deswegen fies zurück (oder kratzt die Augen aus … wie auch immer). Ehe ich mich’s also versah, gehörte auch ich zu den Auslaufmodellen, dem alten weißen Mann gar nicht so unähnlich. Um diese Wahrnehmung zu erklären, muss ich mich kurz vor Ihnen identitätspolitisch verorten: Ich bin Hete. Hoffnungslos. Ich lebe monogam. Seriell wenigstens. Ich bin Mutter. Von Söhnen. Um Himmels willen! Wenn also eine Frau unrettbar in die sogenannten patriarchal-kleinfamiliären Strukturen verstrickt ist, dann ich.
Als Rezensentin lese und kritisiere ich praktisch monatlich einige feministische Bücher. Was ich in diesen Büchern immer seltener finde, ist ein Angebot für mich. Schimpfen Sie nicht, wir alle wollen doch da abgeholt werden, wo wir stehen! Mich also, die mehr oder weniger altmodisch lebende Hetero-Frau und Mutter. Ja, man könnte sogar den Eindruck gewinnen, dass Frauen wie ich, die – wenn schon hetero – nicht wenigstens einige polyamoröse Abenteuer leben, um dem patriarchalen Anspruch auf die, äh, Beherrschung der Frau durch den Einen Mann zu durchkreuzen, dem Feminismus immer unangenehmer werden. Wie soll man denn bitte zart und frei und glücklich mit einem Mann leben?
Nun ist Sexualität immer auch Schicksal – biologisch, psychologisch, sozial, suchen Sie sich etwas aus! Sexuell auf Frauen umzusatteln – seit Jahrzehnten ein feministisches Schlupfloch –, ist daher auch keine Option für mich. Und was ist mit Polyamorie? Ich bin ein simples Gemüt und in Fragen des Liebens schlicht zu einfach gestrickt. Obendrein wüsste ich auch nicht, wie die Polyamorie die alltäglichen Probleme einer Paarbeziehung bewältigen hülfe. Oder verteilt man die Schmutzwäsche einfach auf verschiedene Liebhaber?
Jedenfalls: Mit seiner Hinwendung zu Fragen des freien und von Hetero-Standards abweichenden Formen des Liebens, die als Auswege aus patriarchaler Unterdrückung gebrandet werden, tappt der Feminismus in eine Falle. Was vorerst ein Lebensmodell der Wenigen ist, wird das Leben der Vielen nicht radikal umstrukturieren. Zumal ich auch nicht glaube, dass in homosexuellen Paarbeziehungen Care-Arbeit automatisch und quasi magisch gerechter verteilt wird. Auch hier gibt es bisweilen „männliche“ und „weibliche“ Parts, soziale Rollen, die nicht an die Biologie gekoppelt sind.
Apropos. Das biologische Geschlecht sei ein Konstrukt, lese ich in fast allen jüngeren feministischen Büchern. Ich hoffe, irgendwer wird das irgendwann meinen Gonaden erklären. Die bleiben vorerst immer noch in den alten Rollenmustern geschlechtlicher Fortpflanzung gefangen und müssen monatlich mit erheblichen Mengen hormoneller Verhütungsmittel davon abgehalten werden, ständig neue Babys zu produzieren. Ich sagte doch: Ich bin und bleibe ein hoffnungsloses Auslaufmodell! Eierstöcke inklusive.
Aber auch eine so avantgardistische Bewegung wie der Feminismus, mit seinen immer neuen Verwandlungen von Differenz- zu Gleichheits- zu Queer- zu intersektionalem Feminismus, muss seine guten alten und altmodischen Follower*innen im Blick behalten. So, wie nicht jeder User die neueste Handy-Generation kauft oder die heißesten neuen Apps installiert (war da nicht was mit Candy Crush?), gibt es eben auch Feministinnen, die irgendwie in der alten Geschlechterwelt festhängen und auf ihre langweilige, alte, altmodische Identity pochen. Als Mutti beispielsweise.
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