Wieder ein Anschlag. Wieder zahlreiche Tote. Wieder im Nachbarland Frankreich. Immer mehr Wut tritt neben das Gefühl der Traurigkeit. Wut über sinnlos vernichtete Menschenleben, Wut angesichts des blinden Hasses des Täters. Wut aber auch angesichts des französischen Präsidenten, dessen neuerliche Antwort auf den Terror zugleich eine alte ist: Mehr Militärschläge in Syrien. So, als hätte niemand verstanden, dass es nicht um ausländische Terroristen geht oder eine Agenda der anderen. Der Terror ist unter uns. Und so wie es aussieht, müssen wir uns daran gewöhnen.
Gewöhnung angesichts des Schreckens – das klingt bizarr, abgestumpft, irgendwie herzlos. Gestern noch las ich in der Zeit ein Interview mit Gerd Gigerenzer, Psychologe und „Experte für Furcht“. In dem Interview geht es um die Frage, warum wir vor Terror Angst haben, aber nicht vor der morgendlichen Fahrt zur Arbeit oder der jährlichen Fahrt in den Urlaub, obgleich die Wahrscheinlichkeit für tödliche Unfälle dabei um so vieles größer ist. Interessanterweise ist auch der Angstforscher ein wenig ratlos: Sicher scheint, dass Ereignisse, bei denen viele Menschen ums Leben kommen, größere Furcht in uns auslösen, als einzelne Todesfälle.
Experten für Furcht, im Grunde sind wir das alle. Egal wie gut oder schlecht wir sie erklären können, wir kennen das plötzliche Gefühl der Furcht am Flughafen, wenn ein finster dreinblickender, dunkelhäutiger Mann mit uns in einen Flieger steigen wird. Das ist nicht nur Klischee- oder Stereotyp, das ist fieser Rassismus, eine Furchtreaktion, die durch zahlreiche terroristische Szenarien geschult wurde. Angst muss nicht rational sein, man kommt ihr auch nicht mit rationalen Gedanken bei. Und wohl auch nicht mit Moral.
Und was ist mit dem Mitleid? Nach den Anschlägen in der Redaktion von Charlie Hebdo postete ich auf Facebook, wie unzählige andere meiner Freunde, die Worte „Je suis Charlie“. Ich war ehrlich betroffen, ehrlich verstört. Vielleicht gerade deshalb, weil es für mich als Schreibende einfach ungeheuerlich erscheint, dass jemand für ein geschriebenes Wort oder ein gezeichnetes Bild gezielt ermordet wird. Der Grad an Sinnlosigkeit der Tat gepaart mit dem verursachenden Hass erschreckte mich. Und die Betroffenheit war ehrlich. Schon kurze Zeit später konnte man zahlreiche Artikel und Social Media Posts lesen, die diese hilflose Form der Internetbetroffenheit wahlweise kritisierten oder sich sogar darüber empörten. Ja, natürlich ist ein Bild schnell gepostet, natürlich kann man sagen, dass der Grad der Betroffenheit nicht jenem entspricht, den wir erleben, wenn ein enger Verwandter oder Freund stirbt. Aber Hilflosigkeit, Trauer und Wut sind legitime Gefühle, und selbst der hilfloseste Versuch, sie auszudrücken, ist nicht lachhaft. Und schon gar nicht leere Pathosformel.
Andere Stimmen reagierten mit Bitterkeit: Zeitgleich sterben hunderte Menschen auf dem Mittelmeer, sterben tausende Menschen im Irak. Entführte Mädchen in Nigeria, Selbstmordattentate auf Märkten, ertrunkene Kinder: Warum, so fragten viele, macht uns das eine betroffen, während das andere uns kalt lässt? Immer schwingt ein Vorwurf mit: Das eine Leben liegt dir am Herzen, das andere nicht! But all lives matter. Ich verstehe den Vorwurf. Es ist, als ob wir unser Herz gegen einen Teil der Menschheit verschließen würden, den Teil, der auf der Südhalbkugel oder im mittleren Osten lebt, den Teil, der muslimisch geprägt ist oder dunkelhäutig.
Viele Philosophen und Psychologen haben sich dem Thema des Mitleidens und der Nächstenliebe gewidmet. Bei Schopenhauer und Erich Fromm gibt es die Forderung nach universalem Mitleid und universaler Nächstenliebe. Aber denkt man für einen Moment darüber nach, so ist die Forderung nach umfassenden Mitleid, wenn sie auch aus moralphilosophischer Sicht geboten sein mag, nicht einzulösen. Zu jedem Zeitpunkt mit sieben Milliarden Menschen mitfühlen zu können oder gar zu müssen, erscheint mir geradezu furchtbar. Vielleicht bin ich das, vielleicht bin ich furchtbar, vielleicht ist mein Herz verhärtet gegen die anderen. Je suis scheiße. Ja, vielleicht. Aber andererseits ist das vielleicht kein Ausdruck meiner Doppelmoral. Vielleicht ist es eine Ökonomie des Mitleids, ein Begriff, zugegebenermaßen, der gleichsam furchtbar klingt.
Vor zweihundert Jahren wären Neuigkeit vom afrikanischen Kontinent oder dem mittleren Osten nur mit geringer Wahrscheinlichkeit zu mir gelangt, vielleicht als Teil einer Reportage aus exotischen, kolonialisierten Ländern, vielleicht als Bericht über einen Kolonialkrieg. Nahe gefühlt hätte ich mich diesen Ereignissen wohl nicht. Heute, angesichts von „Live Tickern“ zu Terroranschlägen, erscheinen Paris und Ankara wie ein Steinwurf entfernt, sie sind es medial und geografisch dank extrem kurzer Flugreisen. Das Ausmaß an Informationen über die Taten in Nizza und Ankara ist gewaltig; meine Möglichkeiten, etwas zu tun, mit der Angst und dem Hass umzugehen, sind aber begrenzt.
Immer häufiger erlebe ich – und wahrscheinlich geht es vielen so – dass ich neuerliche Anschläge nur noch „registriere“; je ferner sie sind oder je weniger sie mich zu betreffen scheinen, desto abgestumpfter reagiere ich. Nicht aufgrund von zu wenig Mitleid. All das ist Hilflosigkeit. Ich habe ganz bewusst wenig über das Attentat von Orlando gelesen. Und ich kann neuerliche Fälle von afroamerikanischen Jugendlichen, die von Polizisten erschossen werden, nicht mehr auseinanderhalten. Nochmal: Je suis scheiße.
Gerne würde ich das mit einer Art evolutionärem oder kulturellem Programm rechtfertigen, einem, das erklärt, warum wir mit den einen mitfühlen, mit den anderen aber nicht. Der Psychologe Nicholas Epley nennt unsere Fähigkeiten, uns in andere hineinzuversetzen und mit ihnen mitzufühlen, den „sechsten Sinn“:
„Wenn ein Mensch psychisch zu weit von uns entfernt ist – wenn er zu verschieden, zu fremd, zu anders ist -, wird unser sechster Sinn nicht aktiviert.“
(Nicholas Epley, Machen wir uns nichts vor!)
Dieser Umstand kann im schlimmsten Fall zu Entmenschlichung des anderen führen, was wiederum die Voraussetzung für Völkermorde und Kriege, Terrorismus und Attentate ist. Vielleicht ist das die obszöne Ironie der Geschichte: Das, was Attentate und Morde erst möglich macht – die ungeheure Distanz zwischen uns/ich und dem anderen, die dessen Entmenschlichung ermöglicht, lässt mich/viele von uns mit Abstumpfung auf den Tod der anderen reagieren. Auf psychologischer Ebene findet bei Tätern und uns, den Beobachtern, also etwas ganz Ähnliches statt. Diese Abstumpfung ist das eigentlich Unheimliche. Ist sie auch unvermeidbar? Ich habe keine Antwort.
Kommentare 171
"Ist es unmoralisch, wenn wir nichts mehr fühlen?"
Wen meinen Sie mit "wir"? Meinen Sie sich und Ihre private Community damit? Ist das "wir" ein Pluralis Majestatis oder nur eine grobe Unverschämtheit?
Menschen sind bis auf den heutigen Tag die Kleingruppensäuger geblieben, die sie von Anfang an waren. Gruppen ab 20 Personen werden kritisch, spätestens ab 50 Personen sind sie emotional nicht mehr erfassbar, nur noch intellektuell. Das ist schon alles, was zum universellen Mitleid gewusst werden muss.
Danke für den Beitrag, gerne gelesen.
In dem Interview geht es um die Frage, warum wir vor Terror Angst haben, aber nicht vor der morgendlichen Fahrt zur Arbeit oder der jährlichen Fahrt in den Urlaub, obgleich die Wahrscheinlichkeit für tödliche Unfälle dabei um so vieles größer ist.
Ich hab mehr Angst vor tödlichen Unfällen, denn vor Attentaten. Allerdings versuche ich auch größere Menschenmengen zu meiden, da mir diese nicht geheuer sind: Massenpanik etc.
Jetzt kommt halt auch noch die Angst vor Attentaten dazu. Was solls? Ich fühl mich in meiner schönen Provinz ganz gut aufgehoben.
In dem Interview geht es um die Frage, warum wir vor Terror Angst haben, aber nicht vor der morgendlichen Fahrt zur Arbeit oder der jährlichen Fahrt in den Urlaub, obgleich die Wahrscheinlichkeit für tödliche Unfälle dabei um so vieles größer ist.
Ich hab mehr Angst vor tödlichen Unfällen, denn vor Attentaten. Allerdings versuche ich auch größere Menschenmengen zu meiden, da mir diese nicht geheuer sind: Massenpanik etc.
Jetzt kommt halt auch noch die Angst vor Attentaten dazu. Was solls? Ich fühl mich in meiner schönen Provinz ganz gut aufgehoben.
"Die Anatomie der westlichen Trauergemeinschaft" (lower class magazine.de)
Die wesentlich bissigere Variante des Themas.
Hollande wurde heute zitiert mit: "Wir werden die Terroristen besiegen".
Recht hat er, die Wahrheit sagt er. Unfreiwllig, denn was er nicht sagt ist, daß das WIR den Terror nicht besiegen wir, denn dieses WIR ist die große Quelle des Terrors.
"Ökonomie des Mitleids", schöner Ausdruck übrigens!
"... denn dieses WIR ist die große Quelle des Terrors."
Danke für diesen Satz! Ich werde ihn - Ihr Einverständnis vorausgesetzt -, mir zueigen machen und gelegentlich auch hier verwenden, wenn diese Quelle sprudelt.
»die ungeheure Distanz zwischen uns/ich und dem anderen, die dessen Entmenschlichung ermöglicht, lässt mich/viele von uns mit Abstumpfung auf den Tod der anderen reagieren«
Das glaube ich nicht. Wann und wo begegnet man dem Tod denn noch konkret in unserer Wohlfühlgesellschaft? Ich meine nicht die Nachricht, oder den Film die den Tod als Ware verkaufen und gegen die man abstumpft, genau wie man nicht mehr auf jedes Warenangebot reagiert, das einem unterbreitet wird. Aber der Tod als persönliche Erfahrung, an der man beteiligt ist und teilnimmt wird doch im Gegenteil immer mehr tabuisiert und aus der Öffentlichkeit verdrängt. In der Familie oder bei Freunden, die es trifft, da mag sich nicht viel verändert haben. Aber gestorben wird, und den Tod erlebt und erleidet man doch mehr und mehr als "Fall" für Krankenhaus und Altersheim, nichts jedenfalls, auf das man abgestumpft reagieren würde, wenn man wirklich damit konfrontiert wäre.
Da findet Entmenschlichung statt. Nicht weil wir mit zu viel Tod konfrontiert werden, sondern weil wir nicht mehr unterscheiden zwischen Ereignissen, denen wir "im hier und jetzt" und mit unserer ganzen Existenz begegnen und solchen, die wir nur aus irgendeiner distanzierten Sicht heraus zu Kenntnis nehmen.
Diese Distanz zwischen der Nachricht und dem eigentlichen Ereignis ist es, die uns abstumpft. So wie die Distanz zwischen dem Bomberpiloten und dem Opfer, das seine Waffe trifft eine andere ist, als die zwischen ihm und einem Feind, den er mit seinem Messer umbringen müsste.
Aber diese systemimmanente Distanz unserer schönen neuen Welt darf weder in Frage gestellt, noch verringert werden. Weil sie die Grundlage ist für unsere Massenkultur. Für Massenware, Massenmedien und Massenmord.
und auch bitter- schöner Ausdruck Trauerõkonomie bei Peter Schaber in "westliche trauergemeinde". ich bin mir nicht sicher, ob es tatsächlich ein islamistischer terroranschlag war. wobei ich mich auch frage, ob das überhaupt wichtig ist.
Fand ich sehr bedenkenswert.
Andere Stimmen reagierten mit Bitterkeit: Zeitgleich sterben hunderte Menschen auf dem Mittelmeer, sterben tausende Menschen im Irak. Entführte Mädchen in Nigeria, Selbstmordattentate auf Märkten, ertrunkene Kinder: Warum, so fragten viele, macht uns das eine betroffen, während das andere uns kalt lässt? Immer schwingt ein Vorwurf mit: Das eine Leben liegt dir am Herzen, das andere nicht!
Ich erlebe solche Stimmen eher als selbstgerecht. Sie wissen scheinbar besser als der vom Augenblick und dem Einzelschicksal bewegte Mensch, "wie es aussieht" auf der Welt. Aber, am Ende denken sie darüber sonst auch nicht nach, wollen nur nicht "dran" erinnert werden, denn sie übersehen, dass das Mitgefühl von dem konkreten Falle auch oft ins Umfassendere schweift und sich selbst ähnliche Fragen stellt.
Vielleicht ist es eine Ökonomie des Mitleids, ein Begriff, zugegebenermaßen, der gleichsam furchtbar klingt.
Den Begriff habe ich vor Jahren auch mal irgendwo verwendet. Ja, das ist so. Und ist auch nicht furchtbar, sondern hat damit zu tun, dass es man halt begrenzt ist, wie Sie ja schreiben.
Ja, das ist mein ganz persönlicher Narzissmus in Verbindung mit Größenwahn, der mich von meinen auf anderer Leute Gefühle schließen lässt. Das ist natürlich absolut unverschämt, die allermeisten werden es aber als rhetorische Figur erkennn, die den Leser zwingt, sich wahlweise zu identifizieren oder zu widersprechen. Das beweist ja Ihr Kommentar.
Ja nee, is' klar, so mancher Stuß wird im nachhinein kurzerhand zur Kunstform umdeklariert.^^
Interessanter Kommentar.
Ich denke es gibt immer eine 'Grenze des Mitfühlens', die Frage ist nur wo die liegt. JedeR fühlt sich wohl FreundInnen und Verwandten näher als Menschen in der S-Bahn, und damit auch ihren Sorgen. Und dass ein Mord oder schwerer Unfall vor der eigenen Tür uns mehr berührt als einer in Malaysia, lässt sich auch schwer leugnen. Achja, und wo waren die öffentlichen Trauerbekundungen beim letzten IS-Anschlag im Irak? Die Medien haben ihren Anteil daran, aber nicht nur sie.
Der Gewöhnungseffekt ist eine andere Frage. Wieviele Anschläge braucht es, bis wir diese nur noch 'registrieren'? Und ist das gut oder schlecht? Gleichgültigkeit kann tödlich sein, sicher - aber eine von hochkochenden Emotionen getriebene Reaktion mindestens genauso sehr. Könnte die Gewöhnung nicht auch eine rationalere Debatte über Ursachen und Auswege ermöglichen?
Und so manche Pöbelei zum Diskussionsbeitrag.
Meinetwegen können Sie so lange pöbeln wie Sie wollen..
Huiuiui, exakt! So verdiene ich meinen Lebensunterhalt. Das “wir“ muss Sie nun aber wirklich nicht wütend machen.
Nö, keine Bange, wir sind weit davon entfernt, wütend zu werden, da uns doch so viel verbindet.
Interessant, Marlen Hobrack. Aber ein bisschen möchte ich doch Widerspruch anmelden.
Die These der Abstumpfung ist allzu sehr ein Analogon zur Haltung der terroristischen Täter, die sich selbst und uns einreden wollen, ihre Taten seien in irgend einer Art und Weise das Ergebnis, die Endstrecke, grenzenlosen Mitleids mit dem unterdrückten, entrechteten, nicht geachteten Teil der Menschheit, einer Nation, einer Region, einer Religion.
Diese Art Mitleid, durch eine einfache persönliche Entscheidung, ermöglicht es ihnen, sich zu überaus tatkräftigen und tatmächtigen Stellvertretern der Anliegen und der Rache jener, in deren Namen sie Anschläge begehen, zu wandeln. - Mitleidlos, weil man leidet, weil man mitleidet.
Eine solche Haltung nehmen ja nicht nur jene gerne ein, die in Webforen oder endlos unter Online- Blogs, sofort relativieren und schreiben: Für die täglich Tausenden verhungernden Menschen, habt ihr gar kein Mitleid. Für die respektlos behandelten Muslime der Erde, habt ihr kein Mitleid. Für die Opfer des Krieges gegen den Terrorismus oder gegen die Drogen, habt ihr keines. Ihr oder wir, ernten nur, was wir säen.
Jedoch existiert schon ziemlich lange, eine weltweite Aufmerksamkeit für die Opfer anderer, fremder Menschen, ohne mit ihnen direkt verbunden zu sein. Sogar dann, wenn man erstmals überhaupt von ihnen hört, sieht oder liest.
Dieser moralische Überschuss, wie ich es nennen würde, ist ein humanes Kennzeichen, nicht jedoch die Abstumpfung.
Er hatte zum Beispiel einen Kulminationspunkt, der gerade gestern in Frankreich gefeiert wurde und nun, durch eine weitere monströse Tat, erneut angegriffen wurde.
Liberté, Égalité und Fraternité galten als Erweiterung der Mitleidensfähigkeit der französischen Revolution, der französischen Nation, ihrer Bürger, mit der ganzen Menschheit. Bürger dieser Auffassung, wurden daher nicht nur in Frankreich gesucht, sondern praktisch weltweit eingemeindet. Das galt, bis Napoleon sich zum Kaiser krönte und den Traum in Spanien, Russland und Port- Au- Prince zerstörte.
Gibt es nun Grenzen des Mitleids und anderer moralischer Gefühle? - Eher nicht.
Tatsächlich können wir, Sie und ich, Mitleid sogar für Tiere, vom Killerwal bis zum Problembären, für Städte, gar für Fiktionen wie die vom Frankenstein, für Hollywood- Roboter, Androide, Cyborgs und Aliens empfinden.
Der Untergang von Lissabon, 1755, erschütterte viele Menschen ebenso, wie die Schlacht von Solferino, 1759, die zur Gründung des Roten Kreuzes führte. Eine der ersten Institutionen, die aus einem allgemeinen Mitleiden, selbst mit den Fremden und Feinden, geboren wurde.
Mitleid hat auch nichts mit Furcht oder Angst zu tun. Wir haben nicht aus Furcht oder Angst Mitleid. Durchaus aber mit jenen, die aus Furcht oder Angst mitten im Leben gehemmt und erstarrt sind oder um sich schlagen!
Warum ist da Präzision in der Argumentation notwendig?
Mit Furcht und Schrecken, sowie mit diffuser Angst, lassen sich Verbrechen induzieren, Hass und Gewalt säen. Zudem liegt in der Förderung und Induktion dieser Emotionen und dieser Gefühle, die Ursache für die meisten naheliegenden Gewaltakte, die familiär und gerade in nächster Nähe zu uns geschehen.
Am Ende hat also die Gegenthese, dass nämlich das menschliche Mitleid mit den Fernsten oftmals leichter und sicherer gelingt, als mit den ausweglos und schuldhaft miteinander verknüpften Nächsten die Gewalt leiden, eine ebenso hohe Plausibilität.
Die Mitleidlosigkeit der Nächsten (Beziehungstat) und ebenso ihr übersteigertes Mitleidsempfinden (Ich will den Nächsten erlösen und werde daher Täter) ist, zumindest in unseren, das "Wir" nun hoffentlich wieder stärker betonenden Gesellschaften, das höchste, sich verwirklichende Lebensrisiko, neben Krankheiten.
Ich plädiere daher dafür, dem Mitleid sehr viel Raum zu gewähren und auch seine Erweiterung nicht nur zu respektieren, sondern gerade in solchen Momenten zu fördern. Im Mitleid wird sichtbar, wie weit Gesellschaften und Einzelne sind, wieviel sie einzubeziehen in der Lage sind. Fast könnte man sagen, es erfordere die Entgrenzung des Mitleids und eine Schule des Mitleids, die dann auch dazu führt, sich nicht zu melden, wenn man kein Mitleid empfinden kann. - In dieser prompten persönlichen Feststellung, liegt einfach zu wenig an Erkenntnis und auch zu wenig an Trost, angesichts des aktuellen Ereignisses und des Zustandes der Welt.
Das Mitleid, die Mitleidensfähigkeit, gerade mit Bezug auf Fremde, ist nicht nur eine Tugend, sondern sehr wahrscheinlich auch ein anthropologisches Bedürfnis, so mancher nächsten Enge zu entfliehen, der Enge (Angst) der eingetretenen Verhältnisse etwas Starkes, Stärkeres, entgegenzusetzen.
Beste Grüße
Christoph Leusch
Das Mitleid, die Mitleidensfähigkeit, gerade mit Bezug auf Fremde, ist nicht nur eine Tugend, sondern sehr wahrscheinlich auch ein anthropologisches Bedürfnis...stimme ich ihnen gerne zu! eine ganz andere sichtweise, die von berengzter/beschränkter hilfs- und mitleidsbereitschaft ( als chistliche tugend) spricht, um dann auf dieser religioten grundlage die bevorzugung von menschengruppen zu rechtfertigen, die dem gleichen glauben bzw. dem vergleichbaren kulturkreis angehören. einer davon ist spaemann, der es mit dem "ordo amoris" begründet.
spaemann im fr-gespräch:
"Es gibt verschiedene Grade der Nähe und hier hat Augustinus den entscheidenden Begriff geprägt: ordo amoris, also eine Rangordnung der Liebe. Wo unserer Hilfe Grenzen gesetzt sind, da ist es auch gerechtfertigt auszuwählen, also zum Beispiel Landsleute, Freunde oder auch Glaubensgenossen zu bevorzugen"..
Das heißt, dass eher verfolgte Christen aus dem Irak als verfolgte Muslime aus Syrien aufgenommen werden sollten?
Wenn es tatsächlich nicht möglich ist, beiden zu helfen – was man versuchen sollte –, dann ist es nicht falsch, sondern sogar vernünftig, Glaubensgenossen zu bevorzugen. Das ist ja auch in einigen Ländern gängige Praxis. Kultureller Pluralismus kann eine historisch begründete Gegebenheit sein, aber wir sollten ihn nicht zu einem Ziel hochjubeln. Er vergrößert das Konfliktpotential." (hier: „Religionen, die es ernst meinen, sind intolerant“)
Werte Frau Horbrack,
ob Sie persönlich Mitleid oder Betroffenheit empfinden, hat für niemanden außer Sie selbst Bedeutung. Ich kenne Menschen, die am liebsten in Krisengebieten Urlaub machen, "weil es dort so billig ist".
Ihr Mitgefühl oder das Ausbleiben desselben ändert am Lauf der Dinge nichts. Es verrät Ihnen nur etwas über Sie selbst.
wobei ich mich auch frage, ob das überhaupt wichtig ist. Und einer antwortet gar: der Jakob.....
https://klausbaum.wordpress.com/2016/07/15/jakob-augstein-frage-zu-nizza/
"Immer häufiger erlebe ich – und wahrscheinlich geht es vielen so – dass ich neuerliche Anschläge nur noch „registriere“; je ferner sie sind oder je weniger sie mich zu betreffen scheinen, desto abgestumpfter reagiere ich.“
und
"Wenn ein Mensch psychisch zu weit von uns entfernt ist – wenn er zu verschieden, zu fremd, zu anders ist -, wird unser sechster Sinn nicht aktiviert.“ (Nicholas Epley, Machen wir uns nichts vor!)
Und wieder ein Thema, dass zu Komplex ist, um es kurz angemessen behandeln zu können. Mitleid in der abendländischen Tradition gehört zu den christlichen Tugenden und wird von daher „gefordert“. Ob es als unverzichtbares moralisches (Mit-)Gefühl angesehen wird oder es als ein Zeichen der Dekadenz betrachtet wird, bzw. sogar mit Genuß begleitet wird (Nietzsche), in der Philosophie gibt es hierzu unterschiedliche Standpunkte.
Spinoza sagt zum Mitleid im Lehrsatz 50: "Mitleid ist bei einem Menschen, der nach der Leitung der Vernunft lebt, an sich schlecht und unnütz." Und das argumentiert er durchaus überzeugend aus. Allerdings sagt er auch: „Denn wer weder durch die Vernunft noch durch Mitleid bewogen wird, anderen Hilfe zu leisten, der wird mit recht ein Unmensch genannt, denn er scheint einem Menschen nicht mehr ähnlich zu sein."
Ist es nun eine „Leistung“, eine „Gabe“, eine „Sozialisation“ oder ein bloßes natürliches Gefühl, dass sich mit dem Einfühlen, dem (Mit-)Leiden mit dem anderen ergibt? Auf jeden Fall gehören wir zu den Wesen, die diese Fähigkeit offenbar haben und damit bleibt eine Hoffnung, dass wir damit unsere Grenzen der Isolation überwinden können.
Was aber Mitleid betrifft, dass als Auslöser über den unmittelbaren Handlungs- und Erfahrungsbereich hinausgeht, wo zutrifft, dass ich also weder eingreifen, noch anderen unmittelbare Hilfe leisten kann, dann ist Mitleid (für mich) weder einzufordern noch halte ich es für verwerflich, kein konkretes Mitleid zu entfalten. Denn hier wird vorausgesetzt, dass wir unentwegt aus den Weltnachrichten der Katastrophen eine ständige (Mit-)Empfindung haben sollten, was mir vielleicht bei ein paar außergewöhnlichen Menschen möglich erscheint, aber ansonsten eine absolute Überforderung ist!
Wem das zu krass in der Aussage erscheint, sollte einfach vermeiden, zu häufig die Medien zu nutzen, die eh darauf aus sind, uns „nur“ die Katastrophen zu präsentieren.
Ich bin ja religiös ungebunden. Fernstenliebe und Mitleid mit einer vorgestellten Menschheit, sind, so mein Empfinden, eher ein Gewinn der säkularen Aufklärung und einiger religiöser Außenseiter. Aus Talmud, Bibel und Koran leuchtet die Akzeptanz einer ganz anderen Menschheit nur dann, wenn nicht die Überlegenheit und die Nähe der Eigenen und Nächsten gepredigt wird und das Urteil immer ein göttliches bleibt, es also Sünde ist, dem vorzugreifen.
So lieblich sich zum Beispiel das Bild der Urkirche malt, die unter Bedrohung und Verfolgung, selbst unter der Erde zusammenhielt, so sehr ist der Aufstieg ans Licht mit der Auslöschung und Unterdrückung der je Anderen verbunden. Obwohl in allen Schriften das Gegenteil, nämlich Milde, Sanftmut, Geduld, fast schon ewige Langmut und eben kein Blut, eingefordert wird.
Zum Thema Hilfe für Christen und Muslime aus dem Irak oder Syrien: a) Aufnahme, das verwechseln mittlerweile viele Bürger Europas, heißt nicht unbedingt Staatsbürgerschaft. Viele der Kriegsflüchtlinge, Christen und Muslime, werden, da bin ich mir sicher, in ihr Vater- oder Mutterland zurückkehren, wenn es dort wieder Zukunft gibt. b) Die Bereitschaft Europas nimmt sich doch eher sehr bescheiden und unter seinen Fähigkeiten aus, wenn man das mit den materiellen und ideologischen Möglichkeiten in den Nachbarstaaten der Flüchtlinge vergleicht, auf die wir mit einer gewissen Geringschätzung herabschauen.
Ich bin hier von Spaemann- Augustinus nicht sonderlich überzeugt, sondern denke eher an die christliche Misericordia, die nach dem Glauben ein Zeichen des göttlichen "Einflusses" auf uns Menschen ist. Barmherzigkeit erhöht uns, ist Ausweis der Höhe unserer Zivilisation und, für Gläubige, ihres festen Glaubens.
Beste Grüße
Christoph Leusch
Mitleid kann grundsätzlich nicht eingefordert werden - es stellt sich ein, oder eben nicht.
Jemanden vorzuwerfen, dass er in einem konkreten Fall kein Mitleid empfindet, ist genauso absurd, wie jemanden vorzuwerfen, dass er in einem konkreten Fall keine Freude empfindet.
Verantwortlich sind wir für unser Handeln, aber nicht für unser Empfinden.
Norbert Elias hat darauf hingewiesen, dass der Kreis der Menschen, mit denen wir uns identifizieren (und deren Lebensumstände uns daher berühren), im Laufe der Geschichte immer mehr zugenommen hat.
* * * * * Ein klasse Kommentar!
Und so treffend auch die Hinweise auf Spinozas Ethik!
Ich war heute selbst da nochmal, aus gegebenem Anlaß wegen eines anderen Blogs hier^^, in den IV. Teil der Ethik, "Von der menschlichen Knechtschaft oder von den Kräften der Affekte" untergetaucht.
Zur Ergänzung vielleicht deshalb auch noch dieses:
"XVIII Mitleid ist Unlust, verbunden mit der Idee eines
Übels, das einem andern, den wir uns als unseresgleichen
vorstellen, begegnet ist (s. die Anmerkung zu
Lehrsatz 22 und die Anmerkung zu Lehrsatz 27 dieses
Teils). - Erläuterung -: Zwischen Mitleid und Mitgefühl (Barmherzigkeit) scheint kein Unterschied zu sein, wenn nicht vielleicht der, daß Mitleid den einzelnen Affekt bezeichnet,
Barmherzigkeit aber die entsprechende Gemütsanlage."
Da muß ich entschieden widersprechen, da Sie anscheinend außer Acht lassen, daß Empfindungen als korrelierende Erfahrungen zu Erlebnissen, Handlungen bedingen indem sie diese zu modifizieren imstande sind.
Manchmal denke ich, dass fahrlässiges Missverstehen genau so schlimm ist wie das hier unterstellte fehlende Mitleid oder Mitgefühl.
Ein so langer Beitrag über die Frage, woher es kommt, dass Mitleid abstumpfen kann ist - wenn man ein bisschen dialektisch denkt - eher ein Zeichen für das Gegenteil.
Auch da widerspreche ich. Empfinden ist ja mentales (seelisches) Handeln als Verknüpfung von Affizierungslagen, mithin zum Urteil. Handeln ist schon dann gegeben, wenn eine Beurteilung empfindend vorgenommen wird, egal ob daraus zeitlich unmittelbar oder erst nach Jahren ein äußeres Handeln erkennbar entspringt oder ob es modifiziert über Verknüpfungen mit anderem als Motiv-Cluster Handlung bewirkt.
Ja, das ist ein Gewinn des Prozesses der Zivilisation. Allerdings braucht es eben Vernunft und bei passender Gelegenheit, Errinnerung daran. Daher auch gelebtes, oder tätiges Mitleid, Mitgefühl, und entsprechende Ansprache, nicht die Verleugnung, Verdrängung oder gar Verspottung dieser Tugenden und Gefühle.
Die Tugend ist zudem mehr als ein Gefühl. Sie ist zu einem großen Anteil auch eine sittliche Pflicht. - Meine Meinung zu ihrem Kommentar an Pleifel: Binden Sie einfach Gefühl und Handlung zusammen. Wie bei der Trauer, haben Sie doch nicht nur ein Gefühl, sondern sie wollen und sollen es auch zeigen.
Daher heißt es ganz zu Recht, Mitgefühl zeigen, barmherzig sein. Das sind sprachlich aktive, per se positive Anteile, keine negativen, inaktiven Zustände. Allerdings kann man auch in Mitleid ersaufen und in Trauer ertrinken. Das wäre dann pathologische Trauer, pathologisches Mitleid. Irgendwie ist sowas aber eher rar, angesichts der hier von Marlen Hobrack eher indirekt beklagten Stumpfheit.
Beste Grüße
Christoph Leusch
der untergang von lissabon...
wie damals die gemeinde der welt-offenen-interessierten
geister, durch zeitgenössische medien erstmals eng-verbunden und angeschlossen,
sich verbunden mit fremden,aber gleicher kultur
zeigten und die gott-abwesenheit bewiesen sahen,
so sehen wir heutigen, durch medien heran-gezoomt,
was menschliche todes-sehnsucht
unschuldig scheinenden menschen zufügt.
ohn-mächtige bitterkeit verbindet die szenarien.
ob bitterkeit dem mit-fühlen entgegensteht?
irre-führende erklärungs-versuche,
besonders der offiziellen art,stoßen mit sicherheit ab.
"Liberté, Égalité und Fraternité galten als Erweiterung der Mitleidensfähigkeit der französischen Revolution, der französischen Nation, ihrer Bürger, mit der ganzen Menschheit."
Hier werter Columbus haben Sie etwas zusammengestellt, was wohl eine ganz neue Sichtweise der französischen Revolution ergibt. Die "Mitleidensfähigkeit" hat sich dann auch schnell in einer Vielzahl "rollender" Köpfe ausgezeichnet. Aber das dürften Sie weniger gemeint haben.
Ich möchte das Thema auf die schnelle auch nicht weiter vertiefen (was ein Widerspruch wäre) denn
1. wollte ich @Marlen Hobrack "nur" bestätigen, dass es die qualitativen Unterschiede des Mitfühlens aus natürlichen Gründen gibt und
2. das Mitleid kein Ergebnis theoretischer Durchdringung oder gar die Folge einer Revolution ist.
trost-losig-keit, bitternis,un-fassbarkeit
können uns auch entfernen.
das empfindungs-vermögen kann leiden.
gefühle können erstarren, einfrieren.
im schock ist erleben gebunden.
traumatische widerfahrnis lähmt
eher das fühlen als das flüchten.
schreckliche bilder faszinieren,stoßen aber auch ab,
wenn persönlich erlebtes erzählt wird, ist der kontakt
ein anderer.
zu leidvoll erfahrenes,wie der tod nahestehender,
wird oft erst später ver-arbeitbar( kognitiv eher als seelisch).
interessant ist schon, daß die guillotine
gegen aristokratische herz-losigkeit,
unempfindlichkeit dem elend der massen gegenüber
zum einsatz kam,
wirksam die schwächelnde moral stützen,
terror die gleichheit und die herrschaft des rechts
sichern sollte.
das massaker an den eigenen herrschenden eliten
sollte die einheit der nation befördern:
im denken und fühlen.
Das ist ja die Standardantwort, Pleifel, die man sich am historischen Kaugummiautomaten ziehen kann: Die blutrünstige Französische Revolution.
Dabei ist die Zeit Napoleons, der die Revolution beendete, nachdem sie im "Terreur" durchdrehte, die brutalste Zeit in ganz Europa, bis zum ersten Weltkrieg. Die Grundsätze der Revolution, stehen aber in der 1789er und dann der 1791er Verfassung.
Wirklich blutig, im Vergleich zu anderen Umwälzungen, war es in der Vendée. Dort wurde die Konterrevolution mit allen Mitteln niedergeschlagen. Aber es wendeten auch alle Seiten die schlimmste Gewalt an.
1 und 2 hat doch niemand behauptet, bzw. geleugnet. Ganz im Gegenteil Mitleid ist ein Humanum, aber eben auch ein Zeichen für Zivilisation, statt Barbarei (Damit die besonders sprachsensiblen Herren und wenigen Damen nicht gleich wieder schreiben müssen. Hier ist die heutige Begriffsverwendung gemeint).
Gutes Wochenende
Christoph Leusch
Wenn Mit-Leid(en) nicht als Mittel dient, etwas zu bewirken, Hilfe zu leisten, Dinge zu ändern usw. (da dazu die Vernunft völlig ausreichend wäre, wie Spinoza schreibt), dann ist es reine Gefühlsduselei, die bis ins andere Extrem, dem Selbstmitleid übergehen kann, wobei oft gar nicht zu trennen ist, wieviel davon noch enthalten ist.
Außerdem muss man sich gegenwärtig sein, dass Mitleid ausgelöst, "erregt" werden kann. Es wird als politisches Mittel der Propaganda (Manipulation) benutzt. Es braucht keiner langen Überlegung und es fallen einem sofort Beispiele ein, wo das der Fall gewesen ist.
Sehr freundlich, und freitags-verschriftungsreif ihr Vergleich mit dem "historischen Kaugummiautomaten".
Dann formuliere ich es etwas präziser: "Liberté, Égalité und Fraternité galten als Erweiterung der Mitleidensfähigkeit der französischen Revolution, der französischen Nation, ihrer Bürger, mit der ganzen Menschheit." ist einfach Bullshit. Eine individuelle menschliche Eigenschaft (Fähigkeit) in eine Abstraktion zu erweitern kann zwar als Beschreibung nützlich sein, bleibt aber rein fiktiv.
„Ach was, ich liebe keine Staaten, ich liebe meine Frau; fertig!“
Ich habe Frau Hobrack so verstanden, dass sie nicht empfindet (zumindest wenn man sie beim Wort nimmt), wie sie denkt, dass sie empfinden sollte.
Mit Dialektik kann man/frau ja bekanntlich alles erklären bzw. in´s Gegenteil verkehren.
Jedenfalls unterstelle ich der Autorin nichts "Schlimmes" - nicht mal fahrlässig.
Ich bewundere immer wieder Ihre Fähigkeit, das schwer Zugängliche in Worte zu fassen und Verborgenes zum Vorschein zu bringen.
Es geht doch hier ums Mitleid. Haben Sie wenigstens das, mit mir.
Gutes Wochenende
Christoph Leusch
"Wenn doch Musik Terror und Hass besiegen könnte," schreibt sie und widmet dieses Stück ALLEN Terroropfern "egal wo - in Nizza oder Paris, Syrien, Irak, Donbass, Orlando, Ägypten, Türkei, Israel....." Die Musik "kann uns daran erinnern, dass wir alle nur Menschen sind und dass wir alle sterblich sind - und dass wir nur durch unsere Zivilisation, Kultur, Musik eine Spur hinterlassen auf dieser Erde, wenn wir schon lange weg sind...."
Den typisch eher zu freundlichen Columbus-Vergleich mit dem Kaugummiautomaten haben Sie mit Ihrem "Bullshit" ja nun spielend weder freundlich, noch freitags-verschriftungs-konform getoppt.
Aber verstanden haben Sie offensichtlich die Ausführungen zu Mitleid, Mitleiden und der Mitleidensfähigkeit auch (und gerade gegenüber völlig Fremden/Unbekannten) nicht, denn mit Ihrer (vielleicht unbedachten, aber von Gebe ganz besonders goutierten) Entäußerung
"Was aber Mitleid betrifft, dass als Auslöser über den unmittelbaren Handlungs- und Erfahrungsbereich hinausgeht, wo zutrifft, dass ich also weder eingreifen, noch anderen unmittelbare Hilfe leisten kann, dann ist Mitleid (für mich) weder einzufordern noch halte ich es für verwerflich, kein konkretes Mitleid zu entfalten. Denn hier wird vorausgesetzt, dass wir unentwegt aus den Weltnachrichten der Katastrophen eine ständige (Mit-)Empfindung haben sollten, was mir vielleicht bei ein paar außergewöhnlichen Menschen möglich erscheint, aber ansonsten eine absolute Überforderung ist!"
geben Sie uns Ihren (ausgeprägten) Egoismus preis, mit dem Sie selbst auf das Leid Fremder zu reagieren pflegen und dies fatalerweise auch anderen hier eiskalt und zynisch durch die Handlungsanweisung, wer nicht in die Verlegenheit des Mitleidens kommen wolle, solle weniger Nachrichten schauen, mit auf den Weg geben.
Über diese Entäußerung bin ich ehrlich gesagt völlig entsetzt und gleichzeitig froh, nicht zu Ihren "außergewöhnlichen Menschen" zu gehören.
Lassen Sie doch lieber nochmal die Worte von Columbus auf sich einwirken, vielleicht geht ja auch bei Ihnen noch was:
"Das Mitleid, die Mitleidensfähigkeit, gerade mit Bezug auf Fremde, ist nicht nur eine Tugend, sondern sehr wahrscheinlich auch ein anthropologisches Bedürfnis, so mancher nächsten Enge zu entfliehen, der Enge (Angst) der eingetretenen Verhältnisse etwas Starkes, Stärkeres, entgegenzusetzen."
" Wut aber auch angesichts des französischen Präsidenten, dessen neuerliche Antwort auf den Terror zugleich eine alte ist: Mehr Militärschläge in Syrien."
Ich denke da liegt ein guter Teil der Wahrtheit : Ein nicht ausgerufener Krieg ist Krieg, ein augerufener natürlich erst recht.
„Wenn ein Mensch psychisch zu weit von uns entfernt ist – wenn er zu verschieden, zu fremd, zu anders ist -, wird unser sechster Sinn nicht aktiviert.“
(Nicholas Epley, Machen wir uns nichts vor!)
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Wenn das tatsächlich sooo wäre /vorausgesetzt mit 6.Sinn ist hier Mitleid gemeint), dann möge mir bitte jemand erklären, wieso z.B durch den Tsunami 2004 oder andere Kathastrophen, mit deren Bildern/Filmen wir via Fernsehen konfrontiert werden, eine "Flut" von Hilfsbereitschaft unter den "Fremdlingen" in der Ferne ausgelöst werden konnte/kann.
Ist es wirklich ganz allgemein "das Fremde, das Verschiedene, das Andere" oder eher das konkret Feindliche, das Bedrohliche (oder das als solches Dargestellte/Suggerierte), durch das unser Mitgefühl beeinflusst bzw. "abgeschaltet" wird?
"Bullshit" aus deiner Tastatur? Das ich das noch mal erleben darf! ;-) Aber recht hast Du.
Ich fliege nicht. Dafür ist mir die Umwelt zu schade. An der Nordsee sind's im Sommer auch 25 Grad. Und heute Morgen im Auto, gleich nachdem ich am Radio von den Anschlägen erfahren hatte, spielten sie Mad World. Habe die halbe Fahrt geheult. Wer jetsetten und abstumpfen will, soll das tun. ich leide lieber. Da habe ich mehr von, wenn ich die dreckige Welt schon nicht ändern kann. Und diese Mitfühlen/Nicht-Mitfühlen-Kiste ist simple Psychologie/Soziologie. Wenn ich über solche Themen schrieb, wurde ich gescheißestürmt, dass alle Balken bogen. Und Dank von einem Blauen bekam ich keinen. Die müssen sehr verzweifelt sein. Glück auf!
"Ich hab mehr Angst vor tödlichen Unfällen, denn vor Attentaten."
Was sollen wir jetzt hier mit dem Einwurf? Du lebst in der "schönen Provinz" - na klar wickeln sich da die Leute eher mit ihren Autos um Bäume, als das man Angst vor Attentaten (sic!) haben müsste.
"[...] warum wir vor Terror Angst haben, aber nicht vor der morgendlichen Fahrt zur Arbeit oder der jährlichen Fahrt in den Urlaub, obgleich die Wahrscheinlichkeit für tödliche Unfälle dabei um so vieles größer ist."
Ich verstehe da den Gigerenzer oder die Angstforscher nicht so ganz. Die Leute hierzulande oder in vergleichbaren Lebensumständen irgendwo steigen täglich oder ständig in ihre Autos oder den ÖPNV und in 9,99 von 10 Fällen passiert nichts. So selten, wie dagegen Terroranschläge passieren, sind sie ja doch in jedem Falle für je mehrere bis sehr viele Menschen auf einmal verheerend. Warum sollten die Leute also mehr Angst vor Unfällen haben? Es ist doch nahezu evident, dass der Terror mehr schreckt?! Dabei muss mittlerweile zudem noch unterschieden werden, wo jemand von "uns" lebt: Als Pariser, Londoner, Madrider, oder gar Istanbuler, ... ist die Wahrscheinlichkeit, im Verkehr zu verunfallen vermutlich gar nicht mehr "umso vieles größer", als durch einen Terroranschlag.
danke für die passende akustische Untermalung, und traurig zu lesen, wie die "Roten und Blauen" hier mit Ihnen verfahren sind....
Interessant, dass es gerade die fanatischen Systemkritiker hier sind, die ihr Mitgefühl für Andere/Fremde extrem materialistisch an Bedingungen knüpfen, welche die Befriedigung des eigenen Egos durch Macht und Einfluss voraussetzen.
Wo ist denn da Systemkritik erkennbar? Ich sehe nur Konformität und eine beängstigende egozentrische Begrenzung des Universums, in dem doch Alles mit Allem verbunden ist (sein soll).
danke, hirn und bauch fühlen sich gepinselt...
|| danke für die ... ||
Blumen..?
Die Blauen sind mit mir immer höchst anständig "verfahren". Im Hintergrund. Das muss gesagt werden. Im Vordergrund kritisierte ich zu viel an Augsteins wirren Texten (a la Universalismus ist totalitär, Moral ist multipolar ff) herum, als dass man mein Zeug gern hätte lesen können. Das verstehe ich schon.
Außerdem ist die faschistisch-orthodox administrierte Ost-Ukraine für mich nicht das gelobte Land, das Kopftuch als weltweites Unterdrückungs-Symbol No. 1 nicht Inbegriff der Emanzipation der muslimischen Frau und die Zahl islamistisch sozialisierter, unkontrolliert zuflüchtender Fachkräfte in 2015 (und das damit einhergehende Erstarken des herkömmlichen, dt. Rechtsextremismus') durchaus hoch genug gewesen, für's erste.
Und anstatt mein Geld in Flugtickets zu investieren, um mich an den Check-ins der Airports vor rauschebärtigen Muslelmanen zu gruseln, um hernach in kollektivierenderForm darüber zu berichten, zahle ich gern GEZ. Das geht natürlich alles nicht. Ich bin nicht freitsgslinks. Und deshalb mal schnell wieder weg. Gute Reise.
danke, fühle mich auf schöne weise von info-flut und eigenen verarbeitungs-versuchen ent-bunden.
für manche und manchmal euphorisiert musik und läßt schweben.
hier und jetzt läßt sie mich boden-losigkeit ertragen.
Flassbeck: Der sinnlose Tod: 14 juillet 2016 à Nice
Genau deswegen sollten wir in einem solchen Moment innehalten. Wir müssen uns fragen, was wir selbst aus den Werten der Aufklärung gemacht haben. Die Freiheit, keine Frage, haben wir in den Himmel gehoben. Die Freiheit ist jedoch zum Fetisch einer Gesellschaft geworden, die der Gleichheit und der Brüderlichkeit endgültig abgeschworen hat. Weil sie das insgeheim spürt, besingt sie die vermeintliche Freiheit umso lauter. Nach einem solchen Attentat kann kein Politiker an einem Mikrophon vorbeigehen, ohne zu sagen, wie wichtig die „freiheitliche Gesellschaftsordnung“ ist und dass wir sie mit Zähnen und Klauen und offenem Krieg gegen den Terror verteidigen werden. Wann wird der erste sagen, dass wir auch die Gesellschaft der Gleichen verteidigen wollen oder dass uns die Brüderlichkeit ganz besonders am ....
https://makroskop.eu/2016/07/der-sinnlose-tod-14-juillet-2016-nice/
Das brauchen wir hier doch beide nicht. Mein 1ter Kommentar mit den "rollenden Köpfen" war doch ironisch gemeint und es bestand nicht die Absicht, ein "Ranking" geschichlicher Gräuel aufzustellen.
Ihnen übrigens auch noch ein schönes Wochenende.
Ich finde es problematisch, wenn Geisteswissenschaftler sich populärer Zuschreibungen wie "sinnlos" gegenüber solchem Morden bedienen. Das betont die eigene Position und dementiert die analytische Anstrengung, die Arbeit am Begriff.
Zum Ermüden bei der Konsumption des Terrors: Das nehme ich auf der Arbeit deutlich wahr. Sowohl bei diesem wie bei den Anschlägen in Paris wurde das kein Gesprächsthema. Da erfüllt sich die Empfehlung Münklers, dass man dem Terror mit mürrischer Indifferenz begegnen solle. Sozialpsychologisch und mediensoziologisch kann man es sich nicht gar so einfach machen. Aber demgegenüber würde ich behaupten, dass die Bewahrung von Empathie heute einer Lebensleistung gleicht. Am Sterben im Mittelmeer kann man heute gut beobachten, wie das Massenmorden an den Juden möglich wurde. Ohne Empathie und ethischem Antrieb kein Wille zum kritischen Wissen. Die Hasstirade ist dann nur die Endstation eines Prozesses der Verhärtung.
Verschaffen Sie sich wenigstens mal einen kleinen Überblick über die Entwicklung in der Sache, was seit der Antike über Mitleid geschrieben wurde. Ansonsten haben Sie so ziemlich nichts verstanden, was in ihrer "Dunkelzelle" aber nicht ankommen wird, was dann wiederum logisch ist.
Ich hatte nicht mehr vor "Ihnen ans Bein zu pinkeln": so war doch in etwa ihre Formulierung. Also belassen wir es dabei und Sie verschonen mich künftig mit ihren "Weisheiten".
"Mitleid ist bei einem Menschen, der nach der Leitung der Vernunft lebt, an sich schlecht und unnütz." (Spinoza)
Das ist so ein Philosophen-Sprech, der mit seiner Gewalt und ausgestellten Kompromisslosigkeit im Denken freilich eine starke Attraktion ausübt. Es ist ein Vernunft-Idealismus, den man auf jeden Fall nicht aus seiner Entstehungszeit reißen sollte. Ich kann nicht in die heutige Zeit transportieren, dass, wer nur Mitleid empfinde und das nicht in eine praktische Konsequenz kanalisiere, "Unmensch" genannt werden müsse. Kein Mensch lebt nach der "Leitung der Vernunft". Menschen sind keine Vulkanier; es macht den Menschen als solchen aus, dass ihn die Emotion leitet und er sich zur Vernunft anhalten muss, dabei aber niemals vollkommen räsoniert. Dieses Herauskehren einer Vernunft-Leitung würde heute auf wissenschaftlicher Ebene wohl mit zahlreichsten anthropologischen Aufschlüssen kollidieren. Und auf der rein menschlichen und zwischenmenschlichen Ebene ist wohl ein recht armes Würstchen, wer seine Emotionen gewaltförmig zu kontrollieren versuchte. Das war aber auch zu Spinozas Zeit schon so.
"[...] dann ist Mitleid (für mich) weder einzufordern noch halte ich es für verwerflich, kein konkretes Mitleid zu entfalten."
Ja klar. Wir unsere Emotionen nicht einer vollkommenen Vernunft-Leitung unterwerfen. Das heißt im Umkehrschluss, dass Gefühle nicht erzwungen werden können. Im Grunde ist es albern, dass so zu diskutieren. Ich glaube auch nicht, dass M. Hobrack darauf abhebt, sondern vielmehr, wie die Gefühls- bzw. Mitleidsdispositionen in unserer heutigen Zeit, wo wir fast jedes Unglück auf der Welt sehr zeitnah erfahren, vielleicht erklärt werden können.
„Da erfüllt sich die Empfehlung Münklers, dass man dem Terror mit mürrischer Indifferenz begegnen solle.“
Wie auch sonst?
Dass man darüber hinaus sein Leben nicht verändern soll, halte ich für blödsinnig. Man frisst ja auch nach Möglichkeit keine verstrahlten Pilze um ein Zeichen zu setzen und reagiert auch auf andere Widrigkeiten mit kluger Anpassung. Dass ein trotziges „Weiter so“ nun das Gebot der Stunde sein sollte, also ich weiß nicht.
Hallo Marlen Hobrack.
„Bei Schopenhauer und Erich Fromm gibt es die Forderung nach universalem Mitleid und universaler Nächstenliebe. Aber denkt man für einen Moment darüber nach, so ist die Forderung nach umfassenden Mitleid, wenn sie auch aus moralphilosophischer Sicht geboten sein mag, nicht einzulösen.“
Vielleicht einigen Hochbegabten. Realistisch gesehen verläuft die Ausweitung der Empathie in Kreisen, die man immer größer zieht. Das verrückte Geheimnis scheint dabei zu sein, dass man bei sich anfangen muss. Sich selbst lieben und verzeihen, dann klappt's auch mit dem Nachbarn. Epikur hat ja erläutert, dass es einem nicht gut gehen kann, wenn es den Freunden mies geht. Auch die Buddhisten beginnen bei sich, nur haben sie begriffen, dass der Weg zu „mir soll es gut gehen“ ziemlich ausschließlich über, meinem Nächsten soll es gut gehen läuft. Keine schlechte Pointe.
Sehr guter Einwurf!
Ihr (dein?) Eingangszitat ist ohne den Satz: "Denn wer weder durch die Vernunft noch durch Mitleid bewogen wird, anderen Hilfe zu leisten, der wird mit recht ein Unmensch genannt, denn er scheint einem Menschen nicht mehr ähnlich zu sein." nicht vollständig.
Wenn man den Satz also korrekt liest, dann lässt sich ihrer so nicht schreiben: "Ich kann nicht in die heutige Zeit transportieren, dass, wer nur Mitleid empfinde und das nicht in eine praktische Konsequenz kanalisiere, "Unmensch" genannt werden müsse".
Sie haben folglich daraus einen Widerspruch gemacht. Nein, Mitleid als Emotion hat allein schon deshalb Sinn, weil es eben ein "Antreiber", ein "Beweger" sein kann, der die Grenzen des Egoismus überschreitet. Wenn es aber das Mitleid schon nicht schafft, dann sollte es wenigstens die Vernunft sein. Und wenn beides zusammenläuft, um so besser!
Ansonsten ging es mir um die überfordernde, allumfassende Mitleidsvorstellung, denn die kann keine theoretische sein.
die anteilnahme,besser: teilung der gefühle, mitfühlende teilnahme,
die den unglücklich sich fühlenden
nicht sich allein überläßt,abgesetzt von glücklicheren,
ist ein helfer, der sich aus dem strom der weiter-wälzenden zeit heraus-nimmt,
an die seite des aus der zeit-gefallenen setzt,
sich mit ihm zurückfallen läßt.
ein zunächst radikaler focus-wechsel: ausklinken aus dem sozialen alltags-strom hin zu einem, der zum nächsten wird.
diese an-teil-nahme-praxis setzt mehr voraus als:
bloßes sich-betroffen fühlen,
weils mir auch: zu-stoßen kann.
wo die kultur erfolgs-gerichtet ist,
gerät das leidvolle mit-trauern zur sub-kultur.
zur illustration von leid
dienen mir die kinder-todten-lieder von rückert/mahler.
wenn Sie dann noch auf Ihre herablassende Überheblichkeit verzichten, wäre ich mit der Vereinbarung sehr einverstanden.
aus der Nummer kommen Sie nicht mehr raus, da können Sie interpretieren wie Sie wollen: Ihre Aussage war klar und eindeutig mitleidslos.
Blumen, Schokolade, Lakritze....
ich habe Sie immer sehr gerne gelesen, Sie fehlen hier mehr, als es "den Blauen" lieb sein sollte, und ich es "den Roten" gönne, die Sie von hier vertrieben haben.
Gibt es eine neue "Heimat"?
So ist es. Der "Vulkanierstatus" ist eben nicht der unsrige. Viele Folgen lang, kämpfen Kirk und "Pille", freundlich- neckend, um die Anerkenntnis ihres Status.
Aber es ist auch völlig aus dem Zusammenhang gerissen, mit Spinoza so zu argumentieren, der nämlich sehr wohl ein Mitleid mit jedem Menschen, sogar dem bis dahin unbekannten, kennt. Das kann, wenn man will, in der Ethik Spinozas, die postum erschien, nachgelesen werden.
Schönes Wochenende
Christoph Leusch
bei aller delikatesse:
das sterben im mittelmeer hat zwei seiten:
die widerfahrnis der tödlichen havarie und
den auf zwangslagen beruhenden, aber freien entschluß,
ein boot zu besteigen. oder?
„ein zunächst radikaler focus-wechsel: ausklinken aus dem sozialen alltags-strom hin zu einem, der zum nächsten wird.“
Ja, schön ausgedrückt. Empathie setzt voraus, dass man den Einzelnen in den Blick nimmt. Diese empathische Dauererregung, auch in Form von „Je suis ...“ dies und das, ist meistens sehr selbstbezogen.
Sehr wahr, Filou Sophia. Die haben die Philosophie nur noch nicht weit genug getrieben.
Ich würde Ihnen empfehlen sich einmal mit Theodor Lessing zu beschäftigen, der sich um die Erforschung der Sinngebung des Sinnlosen verdient machte. Er ist, bis heute, einer der meistverkannten Philosophen und Intellektuellen der Weimarer Republik, obwohl er mit Witz, Geist und Tiefsinn weit vordrang, dem Menschen geistigen Raum zu verschaffen.
Klar, dass ein solcher Mensch von den Naziattentätern ermordet wurde.
Beste Grüße
Christoph Leusch
"Vielleicht ist es eine Ökonomie des Mitleids, ein Begriff, zugegebenermaßen, der gleichsam furchtbar klingt."
Ihre Antwort darauf "dass man halt begrenzt ist" kann ich nur zustimmen. Wo diese "Grenzen" zu bestimmen sind, wird jeder selbst "erfahren".
Stilisieren Sie sich hier gerade zum Community-Märtyrer?... weggemobbt von den Blauen wegen Kritik an Augstein... naja ;)
Vielen Dank für den Link! Man sollte den ganzen Flassbeck Artikel zitieren. Weil dann vielleicht klar wird, dass die Debatte um Mitleid und Abstumpfung hier vor einem Hintergrund geführt wird, der unsere eigene Beteiligung bei der Entstehung terroristischer Phänomene ausblendet; der aber die Bedingungen der öffentlichen und damit auch die bei Einzelnen möglichen Reaktionen bestimmt. Unter den Prämissen einer von Interessen gesteuerten Logik, der es primär um die Aufrechterhaltung des Status Quo geht, der diese traurigen Ereignisse mit herbeigeführt hat, und sich wie gehabt vor der Verantwortung drückt. Einer Verantwortung, die man als Einzelner gar nicht übernehmen kann. Abstumpfung ist in dem Zusammenhang auch die Abwehr einer Zumutung, die dadurch entsteht, dass Verantwortung dort, wo sie übernommen werden müsste - im Bewusstsein der Politik und der Öffentlichkeit - nicht übernommen wird.
Ich bin der Meinung, man kann seine eigene und die Reaktion der Öffentlichkeit auf all die gräßlichen Meldungen, mit denen man andauernd konfrontiert wird, nicht angemessen beurteilen, wenn man neben der bereits erwähnten Distanz, die durch eine Indifferenz der "Nachricht" als einer Ware gegenüber entsteht, die von Flassbeck ausgeführten Aspekte nicht berücksichtigt.
Der sinnlose Tod: 14 juillet 2016 à Nice
»Sicherheit kann es nur geben, wenn wir begreifen, dass die zornigen jungen Männer, die so etwas machen, ein Produkt unserer Welt sind. Sie sind nicht Fremde, die das Böse in sich tragen, sondern sie sind ein Produkt und ein Spiegelbild unserer entsolidarisierten „freien“ Gesellschaft.«
Danke für diesen Beitrag.
Ein Aspekt darin ist, daß Mitleid als Gefühlsaufwallung verstanden seine anthropologischen Grenzen hat. Ich glaube, das kann schwer bestritten werden, und Einige hier haben es ausgesprochen. Aber dennoch kann Mitleid universalisiert werden: indem es sich in Vernunft und sogar erst einmal in Verstand verwandelt. Das führt zu Spinoza und auch zu Kant (aber wohl nicht zu Nietzsche). Denn wer jemandem helfen will, muß es verständig tun. Das gilt dann aber gerade auch für das begrenzte Gebiet der Fälle, wir wir spontan mitleidsfähig sind. Denn dem Operateur, dem beim Operieren das Herz für mich als Kranken aufwallt, möchte ich nicht ausgeliefert sein. Umgekehrt wird der gute Operateur niemals „abgestumpft“ sein, im Gegenteil, je mehr er behandelt, desto mehr nimmt seine Geschicklichkeit zu.
Andererseits ist diese Arzt-Metapher eine gefährliche, wie ihr Gebrauch in gewissen politischen Diskursen gezeigt hat. Ganz „kalt“ darf das Helfen also nicht werden. Vielleicht lassen sich die Gesichtspunkte so schlichten, daß man das Mitleids-Gefühl als notwendiges Gegenüber des tätig helfenden Verstandes begreift: ein Gefühl, dem gegenüber der tätige Verstand nie seine „Ehrfurcht“ verlieren sollte, auch wenn er es kompensierend überschreiten muß.
Politisch gesprochen: Unser Problem ist vielleicht weniger, daß wir nicht immerzu und überall unser Mitgefühl aktivieren können, als daß wir über kein universelles verständiges Hilfskonzept verfügen. Nach einem solchen aber läßt sich suchen und für diese Suche spricht alles. Ich interpretiere Columbus‘ Einwurf in diesem Sinn: Mit „Freiheit Gleichheit Brüderlichkeit“ war das Mitleidsgefühl zur Vernunftlosung, damit auch zur Verstandeslosung und damit universell geworden. Und gerade weil die Losung nicht eingehalten wurde, wurde ja weiter gesucht, der Sozialismus ist die Folge davon gewesen, wie Axel Honneth kürzlich gezeigt hat, und konnte wiederum so, wie er in die Tat umzusetzen versucht wurde, selbst noch kein Ende des Suchens sein.
„Je suis scheiße“: Haben Sie auch Mitleid mit sich selber!
Ich muß auch an Papst Franziskus denken. Der hat ja ein Jahr der Barmherzigkeit ausgerufen. Einer seiner Kerngedanken ist, daß die Menschen des Westens zur tätigen Hilfe für andere Weltgegenden deshalb schlecht fähig sind, weil sie, wie sehr sie es auch verdrängen mögen, von ihrer eigenen Schuld an den Zuständen dort im Grunde recht gut wissen. Sie halten ihre Schuld für so groß, daß sie meinen, sie könne nicht vergeben werden, und deshalb fehlt ihnen jeder Mut, etwas Verständiges zu tun bzw. erst einmal danach zu suchen. Franziskus wiederum meint, daß sie sich da irren.
Wenn ich über solche Themen schrieb, wurde ich gescheißestürmt, dass alle Balken bogen.
Vielleicht wars ja auch Sch...Mann, was für ein Selbstmitleid und auch noch getarnt als Weltschmerz. Ich finde auch immer - auf der Halde - Texte von mir, die sind sowas von... und was hat man davon... nichts. Hör doch auf mit so einem Quatsch.
für interessierte leser*innen ein beitrag von willi wimmer Für Nizza und die kommenden Nizzas...( nicht allem kann ich in diesem beitrag zustimmen, aber dennoch lesenswert)
ach williy
Einer seiner Kerngedanken ist, daß die Menschen des Westens zur tätigen Hilfe für andere Weltgegenden deshalb schlecht fähig sind, weil sie, wie sehr sie es auch verdrängen mögen, von ihrer eigenen Schuld an den Zuständen dort im Grunde recht gut wissen.
Schon wieder Schuld!!!. Sowas macht die Leute höchstens störrisch und zornig. Hilflosigkeit, Ohnmacht, aber nun wieder Schuld als Adresse an "die Menschen des Westens". Ich erlebe in den Debatten hier andauernd wie destruktiv das ist und wie wenig hoffnungsvoll das, was da erörtert wird. Und sehe, dass auch diese "Wir sind alle Schuld"-Zwangsjacken das nicht ins Menschenfreundlichere wenden.
Gegen Duzen hätte ich nichts. Also, Deine Kritik trifft zu und trifft nicht zu. Ich habe den "Unmenschen" Spinozas ja mit aufgenommen in meine Replik und so also schon das gesamte Zitat einbezogen. Ich kenne Spinozas Philosophie nicht wirklich womit ich allein mit diesem Zitat möglicherweise nicht ganz auf der richtigen Spur bin - Columbus 16.07.2016 | 14:09 merkt dazu ja etwas an. Die zitierte Aussage für sich genommen stellt Spinoza Mitleid doch aber als "unnütz", gar "schlecht", heraus und der "Unmensch" sei, wer anderen unter keinen Umständen Hilfe leiste. Hier kann man sehen - und das ist mir im Eifer tatsächlich durchgerutscht -, dass er ja einen gänzlichen Egoisten beschreibt. Es ist insofern - und hier fehlt nun möglicherweise der Gesamtkontext - nicht ganz klar, wo hier nun das Hauptgewicht liegt. Du kannst jedenfalls aus diesem Zitat auch nicht konstruieren, dass Spinoza dem Mitleid einen Sinn als "Antreiber" oder "Beweger" zumesse, da er es eingangs ja als gänzlich "unnütz" kennzeichnet.
Aber ist es denn nicht tatsächlich so, wie es z.B. Filou Sophia oder auch Columbus hier ansprechen: Es braucht überhaupt ersteinmal Mitleid oder Empathie, damit praktische Reaktionen folgen können. Vernunft allein vermag das nicht; Vernunft kann kein initiierender Antreiber sein, weil sie nichts mit Wahrnehmen zu tun hat. Vielleicht kann man es hier so sagen: Vernunft macht aus Wahrnehmung Erkenntnis. Vernunft ist dann das, was wir brauchen, um mit unseren Emotionen gewinnbringend umgehen zu können.
Da muss ich gegenfragen: Stilisieren Sie sich hier zu Scheiße..?
Ja, vielleicht war es Scheiße. Aber so beschissen wie dein Kram kann es kaum gewesen sein. Bin einfach nur froh der extremistischen Platform dFC entkommen zu sein.
Ich denke doch, dass der, der professionell mit Leid und Elend zu tun hat, dessen Alltag das ist und der dafür auch pekuniär entschädigt wird - seien es nun Ärzte, Katastrophen- oder Entwicklungshelfer oder Sozialarbeiter - hier schwerer in die Diskussion zu mengen ist. Solche Leute brauchen selbstverständlich ein hohes Maß an eingeschalteter Vernunft und Diszplin. Das gehört genauso zu ihrer Profession, wie, etwa als Arzt, die gefestigten anatomischen Kenntnisse. Ich finde, Leute mit solchen Professionen eignen sich hier nicht als Beispiele. Klar wird auch einem erfahrenen und bereits lange dienenden Arzt der ein oder andere Patienten noch besonders zu Herzen gehen. Er braucht grundsätzlich aber kein Mitleid, um seinen Job zu machen. Anders im Falle der Allgemeinheit - hier muss jeder praktischen Hilfe ein Mitleid vorangegangen sein, sonst würde sich jene nie einstellen.
Sie machen den gleichen Fehler wie die meisten hier:
Sie verknüpfen Mitleid/Mitleiden mit Vernunft und praktischer/realer Hilfestellung.
Das ist strukturell falsch, denn Mitleid/Mitleiden/Mitfühlen muss völlig losgelöst von realistischen Bedingungen wie Kontaktmöglichkeiten o.ä möglich sein, also rein metaphysisch.
Umgekehrt darf natürlich auch jede praktische Hilfe geleistet werden, ohne dass Gefühle als Bedingung den Maßstab für deren Umfang bestimmen.
Wenn also beides getrennt voneinander, also bedingungslos geleistet wird, wird Ihr seltsames Schuld-Argument und die damit verbundene Hemmung zu helfen automatisch obsolet.
Wieso, Du bist doch hier. Du kannst gar nicht raus. :-))))))))))))))))))))
Danke erst einmal, manchmal verliere ich den Überblick, was das Duzen betrifft, bei der Vielzahl der Schreiber und zumal, wenn dann eine länger Schreibpause eingetreten ist.
Bei den Zitaten ist für den Leser immer die Schwierigkeit verbunden, seine Schlussfolgerung aus dem Text allein zu ziehen, da er den Gesamtrahmen nicht kennt.
Aufgrund des Beitrags von M. Hobrack hatte ich meine Bücher durchforstet (zum Glück habe ich ein Dateiverzeichnis), um etwas mehr über Mitleid zu lesen. Und dabei ist mir schnell klar geworden, wie umfangreich zu dem Begriff bereits geschrieben wurde und wie viele Aspekte dabei zu berücksichtigen sind.
Auf deinen Hinweis, dass es Mitleid oder Empathie überhaupt erst einmal braucht, damit es einen zu einer Reaktion veranlasst, könnte ich auch fragen, ob denn nicht bereits die Liebe vollumfänglich genügt und es diesen gefühlsbetonten Moment nicht oder nicht wesentlich bedarf. Ich könnte es aber auch als eine Facette der Liebe sehen, die sich in ihren verschiedenen Wandlungsformen zeigt.
Die Vernunft „einzuschalten“, halte ich als Regulativ zumindest dann für angebracht, um im überschießenden Mitleid letztlich keinen Schaden zu verursachen. Aber mittels eines Erkenntnisakts stellt sich mir (stelle ich mir) doch ein Bild vor mein „inneres Auge“ und daraus kann ich doch aufgrund eines Abgleichs zwischen meiner Vorstellung von Gerechtigkeit „Soll und dem Bild (Zustand) „Ist“ den Input geben, der mich veranlasst, willentlich in Aktion zu treten. Kommt es denn nicht letztlich auf das Ergebnis an, ob ich zu helfen vermag, bzw. überhaupt ernsthaft vor habe? Denn wenn nicht, mag ich zerfließen im Mitleid, aber hat das einen Wert an sich?
Insoweit finde ich mich bei deinem Abschlusssatz wieder.
Die Schuld, Magda, spürt doch jeder Wessiossi-Mensch der nicht mit Scheuklappen herumläuft (Bsp.: Wenn ein T-Shirt Bangladesch verlassen hat, dann wird, direkt nach der Hafenhausfahrt, auf dem Wege nach Europa oder in die USA, dieses Teil von 80 Cent- 2 Dollar Verkaufswert, zu einem von 10- 15 Dollar. Die Transport- und Logistikkosten liegen im 40 Cent- Bereich. Wenn das T-shirt hier nicht mehr taugt, wird es als Auslaufware erneut in Bangladesch oder noch lieber, in Afrika verkauft. Ist es benutzt, gar abgetragen, sammeln es hier Altkleiderverwerter und sogar einige karitative Organsiationen, die es an Verwerter verkaufen und den Gewinn zur Milde einsetzen. So landet das Teil wieder in Afrika, manchmal auch in Asien. Viele Deutsche denken, die Kleidercontainer seien karitative Materialspendensammler.
Die Deutschen sind schon länger die Textilverschwender No.1/Kopf der Bevölkerung, die Weltmeister des Textilverbrauchs. Sie reden sich das häufig schön, indem man sagt, es gebe dann wenigstens weiterhin viele Frauenarbeitsplätze in Bangladesch oder Malaysia und zufriedenen Schwarze, die sich ihre eigenen Produkte neu nicht leisten können und sie auch gar nicht mehr für sich herstellen, sondern eben die Resterampe, nach einigem Umlauif, zurückbekommen).
Hier war das doch nur eine nüchterne und eher beiläufige Feststellung Michael Jägers, die zudem, außer einigen dFClerInnen, niemand in der weiten Welt zur Kenntnis nimmt und schon gar nicht, als ständige Mahnung akzeptiert. Herr Jäger, Sie, mit der Kritik und ich, wir bewegen uns doch in einem Reich der Vogelfreiheit, das, bezogen auf die Zahl und Größe der Einheit, eher Lichtenstein - oder Tuvalu-Format hat und vom Untergang bedroht ist.
Sie haben natürlich Recht, dass gerade Massen, Viele, Anonyme, Avatare, das Volk an und für sich, der Bürger in seinem immer für gerecht empfundenen Lebens- und Liebesvollzug, gerade mit Schuld und Verantwortung wenig anzufangen vermag, wenn auch nur der Hauch einer eigenen Beteiligung sichtbar wird. Schuld gilt es abzuwehren und grundsätzlich immer woanders zu suchen.
Mitleid, Mitleidensfähigkeit, um die es hier geht, hat eben mindestens zwei, wenn nicht drei, kardinale Voraussetzungen: Es ist ein Humanum, das schon bei den Frühmenschen wirkte; es ist eine Tugend, atheistisch oder gottgläubig und es hängt verdammt viel davon ab, ob durch Wissen und Erfahrung überhaupt ein Fundus an Fantasien vorhanden ist, sich in jene hineinzuversetzen, gegenüber denen Mitleid geäußert werden soll und auch ausgedrückt wird. - Dieses Schuldwissen, vielleicht ein wenig zu protestantisch betont, ich schreibe, weil ich gerade mehr Nachdenkzeit habe, Verantwortungswissen, hilft schon, finde ich, um auch mit dem Mitleid etwas anfangen zu können, selbst wenn man ethisch- moralisch ein marxistischer Spinozist wäre. (;-))
Beste Grüße
Christoph Leusch
Heilige Makrele - erst der Papst und jetzt auch noch "Mansplaining" vom Ausführlichsten. Immer wieder Dank.
Mit solchen Worten werden regelmäßig freie Foren abgemeiert. Das ist praktisch ein "Naturgesetz".
Es gibt im Web sogar seltsame Beobachterseiten, in denen nochmals durchgekaut und mit eindeutigen Ansichten und Wortwahlen versehen, eingestellt wird, was hier in der dFC so abläuft. Immer mit dem Hinweis, man bewege sich auf höchstem sachlichen und rhetorischen Niveau und blicke auf diesen schrecklichen Sumpf, dem man gerade noch einmal glücklich entkommen sei.
Dabei ist das alles nur Ausweich, in Ruhe zu lästern und abzuledern, statt in akzeptabler Form mitzudiskutieren, wenn einem der Sinn danach steht und man Sachliches mitzuteilen hat.
Mitleiden und Mitleid hieße ja auch, dass man die eigene endliche und so viel bessere Wahrheit oder Wahrhaftigkeit menschenfreundlich jenen mitteile, die man so heftig kritisiert und es eben nicht jwd im Webozean ablegt. Da nämlich, speichern sich auch alle Peinlichkeiten und Falschheiten, Gerüchte und Mutmaßungen, das überinklusive Denken und ein großes Maß an Borniertheit.
Grüße
Christoph Leusch
Sie haben eben immer Recht und sind daher berechtigt, sich immer zu erklären, weil Sie das man, Man und Men, ja grundsätzlich streichen dürfen . Vorwärts. (;-)))
Ich merke aber, ich hatte heute am frühen Abend, zu viel Zeit. Entschuldigung. (;-))
Beste Grüße
Christoph Leusch
naja klar, Sie haben doch wohl die Überschrift gelesen. Wobei es da als Adjektiv gebraucht wird... also, keine Scheiße, eher beschissen.
Ich hoffe ja durchaus, dass alle bei dem allgemeinen Beef hier sehen, was für eine Ironie darin liegt, im beleidigt-bissig bis aggressivem Tonfeil über Mitleid und andere Gefühlskompetenzen zu sprechen...
uhm, das sollte natürlich "Tonfall" heißen
Das Verhältnis von Mitleid und "Barmherzigkeit" wird heute meistens als das von Mitleid und praktischer Hilfestellung gesehen, also anders als bei Spinoza, der in der B. nur ein verallgemeinertes Mitleid sieht. Ich rede da also jedenfalls nicht absonderlich, und so möchte ich Sie denn höflich bitten, nicht mit Schlagwerkzeugen wie "Das ist strukturell falsch", und "seltsam", und "automatisch", ohne Argumente, hier reinzuhauen. Wenn Sie hingegen Begründungen haben und vor allem auch nennen, können wir uns austauschen. Überhaupt frage ich mich, warum Sie mir so aggressiv begegnen. Wie schon unter meinem letzten Text zur AfD. Ich habe Ihnen doch nichts getan? Akzeptieren Sie mich doch bitte als gleichberechtigten Diskussionspartner.
"(..) so möchte ich Sie denn höflich bitten, (..) Überhaupt frage ich mich, warum Sie mir so aggressiv begegnen. (..) Ich habe Ihnen doch nichts getan? Akzeptieren Sie mich doch bitte als gleichberechtigten Diskussionspartner."
Sorry, aber was geht denn hier ab!
"... hier und jetzt läßt sie mich boden-losigkeit ertragen."
Also schweben. Schön.
Und manchmal lässt sie vermeintlich abgestumpfte Fasern in den dunkelsten Tiefen unserer Seele schwingen ...
Mitgefühl ist ein Schritt Richtung mehr Menschlichkeit, sieher hierzu:
http://www.compassion-training.org/?page=download&lang=de
Die Haltung Mitgefühl einzufordern klappt nicht, soziale Anerkennung sollten die ernten, die zu Mitgefühl fähig sind, nicht die, die anderenmit SChlauhiet und Finesse ausbeuten. Wir sind auf dem Weg, nicht mehr.
Wie heißt es so schön? Nett ist die kleine Schwester von scheiße. In Analogie dazu ist Mitleid die kleine Schwester von Gleichgültigkeit. Mitleid ist offenbar ein Gefühl, das die Grenze der empfindenden Person nicht überschreitet, also folgenlos bleibt. Mitleid suggeriert eine respektable Reaktion, ohne dass die Reaktion mehr wäre als ein Schockzustand, in dem die Empfindenden erkennen, wie leicht es sie selbst treffen kann.
Mitleid ist etwas anderes als tätiges Mitleid. Von daher, Frau Hobrack, ist dieses Abstumpfen nichts anderes als die Einsicht in die Begrenztheit der eigenen Möglichkeiten und somit eine ehrlichere Reaktion auf die eigene Hilflosigkeit als es alle Mitleidsbekundungen zusammen sind.
Anschläge sind schrecklich, ja. Trotzdem werden sie medial zum Konsum aufbereitet. Das ist Entmenschlichung.
Ursus, obwohl erst seit kurzem angemeldet, kennt sich hier umfassend aus, hat die gleichen Merkmale, den gleichen Duktus wie die "Ehemaligen Nutzer" "Irgendwie Links" und "Iban": keine eigenen Beiträge, stets nur Kommentare (über 200 in noch nicht mal einem Monat), darin vorwiegend nörgeln, andere FC-Nutzer abkanzeln, herabwürdigen und die FC insgesamt als miserabel darstellen.
Kurz gesagt, ein Troll ist ein Troll ist ein Troll.
Sich nicht ärgern, ihn ignorieren, bis auch er, früher oder später, zum "Ehemaligen Nutzer" wird.
"Ach was, ich liebe keine Staaten, ich liebe meine Frau; fertig!."
Das dürfte in etwa der Originalton von "Gustav Gustav" Heinemann gewesen sein, unter anderem auch mal Bundespräsident, neben vielen anderen Aktivitäten.
Seine Kanzlei verteidigte in den Fünfziger- bis in die Sechzigerjahre hinein Mitglieder der Kommunistischen Partei, denen in der jungen Bundesrepublik hohe Haftstrafen drohten, auch schon vor dem KPD-Verbot (1956) durch das Bundesverfassungsgericht. 1961 erwirkte aus dieser Kanzlei heraus federführend der junge Dieter Posser bei demselben Gericht die Feststellung, dass die rückwirkende Bestrafung von Mitgliedern der KPD vor deren Verbot verfassungswidrig ist.
Mitleid von sozialdemokratischen Juristen gegenüber dem kommunistischen Feind? Jedenfalls eine seinerzeit stark angefeindete Tätigkeit zur Abmilderung schreiender Ungerechtigkeit.
Hier noch eine kleine Heinemann-Anekdote: Heinemann geht mit seiner Frau, der gegenüber er mit seiner Aussage zu seinem Staatsverständnis ja auch eine Liebeserklärung gemacht hatte, durch die Essener Fußgängerzone. Dreht sich eine Passantin um und sagt: Iser dat? Dreht sich Heinemann seinerseits um und meint: Dat iser.
"Dreht sich eine Passantin um und sagt: Iser dat? Dreht sich Heinemann seinerseits um und meint: Dat iser."
Einfach sympathisch. Das Zitat war natürlich von Heinemann. Es dürfte den meisten ja bekannt sein, sodass es nicht extra gesagt werden musste.
Da war doch tatsächlich in der FC bezüglich Gauck von einem "großen" Bundespräsidenten die Rede. Wenn schon, dann fällt mir dazu Gustav Heinemann ein.
Und sehe, dass auch diese "Wir sind alle Schuld"-Zwangsjacken das nicht ins Menschenfreundlichere wenden. Richtig! Und eben deshalb sagt ja Franziskus, die Schuld könne uns vergeben werden. Es ist freilich ein Paradox, für das ich auch keine Lösung weiß. Denn damit die Schuld vergeben werden kann, muß sie sich erst einmal zeigen. Verleugnete Schuld kann mir niemand vergeben, auf der bleibe ich sitzen. Wohl aber entfaltet sie im Verborgenen ihre destruktive Wirkung, nämlich ihre Fortsetzung und Vermehrung in den Routinen. Wissen Sie eine Lösung?
Anders im Falle der Allgemeinheit - hier muss jeder praktischen Hilfe ein Mitleid vorangegangen sein, sonst würde sich jene nie einstellen. Stimme ich zu. Deshalb schrieb ich ja, tätige Hilfe, so „kalt“ sie dann vielleicht rechnen muß, darf sich vom Mitleid als dem Ausgangsimpuls nicht verabschieden, sondern muß die „Ehrfurcht“ vor ihm bewahren. Ich stimme natürlich auch zu, daß ein professioneller Arzt, also ein Arzt im Wortsinn, auch ohne Mitleid als Ausgangsimpuls vorstellbar ist. (Wobei ich gestehen muß, daß mir die Vorstellung schwerfällt. Aber man braucht ja nur an die Naziärzte zu denken oder an Ingeborg Bachmanns Romanfragment Der Fall Franza.) Dennoch kann man „mitleidige Ärzte“, die es ja nun auch gibt, für eine übertragene Bedeutung verwenden. Mir fällt eine Tante ein, die in Kanada Irrenhausärztin war. Sie erzählte, daß die Ärzte untereinander Witze über die Patienten machen, „weil wir es sonst gar nicht aushalten würden“. Für mich selbst ist das Praxis in meiner journalistischen Arbeit: Ich versuche möglichst „kalt“ zu sein, fällt mir ohnehin schwer genug. Abschreckendes Beispiel sind mir manche Freunde, die vom Leiden der Palästinenser betroffen sind, wie ich das auch bin, und in bestimmter Weise darauf reagieren (ich glaube, ich brauche das nicht weiter auszuführen).
Herr Jäger, Sie, mit der Kritik und ich, wir bewegen uns doch in einem Reich der Vogelfreiheit – das scheint mir zu verzweifelt! Ein bißchen „Macht“ haben Sie und ich und unsereiner nun denn doch; klein ist sie, aber nicht so klein, daß sie verschwindet.
Ein bißchen „Macht“ haben Sie und ich und unsereiner nun denn doch; klein ist sie, aber nicht so klein, daß sie verschwindet.
Ich fürchte der Blogtitel trifft es, wer sich dem System nicht als duftneutral präsentiert, den ereilt die Spülung.
Manche Länder unterhalten Klärwerke, andere nicht.
Ungeklärt kommt keiner an eine relevante Position.
Verweigerer landen im Klärschlamm, es sei den, sie konnten sich der Kanalisation entziehen.
Halbwegs frei, läßt es sich nur in Parallelwelten leben.
Wobei jeder kann sich natürlich seine privaten Rechtvertigungsmuster striken - die mögen schicker aussehen, als jenes das ich gerade schilderte.
Ich wünsche allen noch eine unbeschwerte Zeit, möge man sich nicht zur falschen Zeit, am falschen Ort aufhalten und keine Depressionen entwickeln, ober der Gleichgültigkeit der diffusen Massen - zu der man selber ja gehört, doch nicht gehören möchte, da man ja nicht als gleichgültig betrachtet werden will - oder?
Ich finde es gut, daß sich hier Verzweiflung offen äußert. Wo findet man das denn sonst?
Denn damit die Schuld vergeben werden kann, muß sie sich erst einmal zeigen. Verleugnete Schuld kann mir niemand vergeben, auf der bleibe ich sitzen.
Wenn Sie den "Schuld"begriff da mal rausnehmen, dann ist aus meiner Sicht die Erkenntnis in Zusammenhänge wesentlicher als eine "gezeigte" Schuld. Was soll das denn sein- ein öffentliches Bekenntnis? Oder kollektive Selbstkritik wie in anderen Gesellschaften auch nicht sehr erfolgreich?
Ich bin eher dafür, sich selbst was zu verzeihn. Dafür braucht man den Papst nicht. Sonst kommt man überhaupt nie aus dem Schuldenberg raus. Und der einzelne Mensch muss verantwortlich für sich handeln statt Schuld zu "zeigen" .Sonst gehts zu wie im Beichtstuhl. Man kommt raus, betet die aufgegebenen Vaterunser und fertig. ...
Wissen Sie eine Lösung?
Nö, und schon gar keine allgemein gültige.
ja,allerdings.
bei deutlich verpürbarer ohn-macht, sich schuld zu-rechnen an zuständen, die nicht mal durch ab-wahl unserer regierungs-koalition zu ändern wäre!
als gäbe es eine polit/religiöse erb-sünde, die alle menschen zu kultischen handlungen verpflichten.
mit folgen-losen selbst-bezichtigungen ist wirklich nichts gebessert
Den Papst braucht man vielleicht nicht. Ich habe ich gebraucht, weil er das ausgesprochen hat. Ich selbst wäre nicht darauf gekommen. Und Sie kommen ja auch nicht darauf. Sie sagen: „Ich bin eher dafür, sich selbst was zu verzeihn.“ Der Papst hat nun gerade darauf hingewiesen, daß das Problem vielleicht darin besteht, daß die Menschen es sich nicht verzeihen können (und eben deshalb nichts tun, keine tätige Hilfe leisten). Wäre schön, wenn sie’s könnten, ist aber vielleicht nicht so. Was nun?
Glauben Sie wirklich, daß wir ohne einen Diskurs über unsere Verbrechen auskommen, indem wir sagen, das sind „Zusammenhänge“? Z.B. solche Dinge, wie Rifkin sie nebenbei erwähnt hat: "Die Amerikaner geben mehr für Kosmetik aus und die Europäer mehr für Eiskrem, als es kosten würde, den zwei Milliarden Menschen auf der Erde Grundschulbildung, sauberes Wasser und sanitäre Anlagen zu garantieren, die gegenwärtig ohne Schulen oder Toiletten leben müssen." Oder derselbe: "In der gesamten Literatur, die sich mit dem Thema der Überbevölkerung auseinandersetzt, wird kaum auf die Verschiebung eingegangen, die sich im Zwanzigsten Jahrhundert weltweit in der Landwirtschaft vollzogen hat - nämlich die veränderte Nutzung des Getreides als Futter statt als Nahrungsmittel", Folge einer neuen Kultur des massenhaften Fleischkonsums im reichen Norden; hierin zeige sich "eine neue Seite des Bösen, das in dieser Form vielleicht schwerwiegendere und langfristigere Folgen haben wird als alle Gewalt, die in der Vergangenheit von Menschen gegen Menschen ausgeübt worden ist". Oder José Bové: "Es gibt in Asien hundertvierzigtausend Reissorten. Welche Sorte angebaut wird, hängt von der Bodenfeuchtigkeit, der Höhe der Anbaugebiete, dem gewünschten Geschmack und der gewünschten Form ab. Wir haben es also mit einer hoch entwickelten Reiskultur zu tun. Die multinationalen Konzerne arbeiten bei ihren gentechnischen Versuchen aber nur mit fünf oder sechs Varietäten, die sich ausschließlich für intensive Landwirtschaft eignen und die Nahrungspflanzenkulturen in vielen Teilen Asiens verdrängen. In manchen asiatischen Ländern nehmen diese Varietäten bereits sechzig bis siebzig Prozent der Reisanbaufläche ein. Dies führt zu einer regelrechten Vernichtung der Bauernkultur, wenn wir darunter die Fähigkeit zur Ernährung und Reproduktion eines sozio-kulturellen Systems verstehen. Ich denke, dass dieser Vernichtungswille ein wesentliches Motiv bei der gentechnischen Veränderung unserer Kulturpflanzen ist." Oder was Columbus genannt hat.
Glauben Sie, daß unsere Gesellschaft keinen Diskurs über diese Dinge braucht? Ich glaube es nicht. Ich nehme es nicht einmal Ihnen persönlich ab, daß sie sich das alles verzeihen können, wenn Sie es sich nicht bewußt machen, was zur Folge hat und wohl auch zur Voraussetzung, daß sie mit anderen darüber sprechen, zu Ihrem und zu deren Nutzen.
Ich habe ich ihn gebraucht
Der Begriff Mitleid ist für mich eine leicht irreführende Wortbildung, da sie einen gemeinsamen Leidensgrund bezeichnet und dann einen gemeinsamen bzw einen eine allen Betroffenen einschließlich sich selbst nützende Abwehrreaktion auslösenden Impuls, tatsächlich aber für das Mitfühlen mit fremdem Leid/Unglück und einen potentiellen altruistischen Impuls verwandt wird. Nun möchte ich nichts gegen altruistisches Handeln sagen, ganz im Gegenteil sollte sich die Gesellschaft vom egoistischen kapitalistischen Handlungstyp verabschieden, das muß sie, wenn das Leben für fast alle besser werden soll. Aber ich halte es für notwendig, dieses anders zu begründen. So sollte man von folgenden zwei Motiven ausgehen:
1. Es gibt die angeborene, schon im frühen Kindesalter handlungsleitende Tendenz der Empathiereaktion. Wenn sie im Erwachsenenalter verloren geht, was nicht selten passiert, ist das aus biologischer Sicht eine schwere sozialpsychologische Defizienz, denn sie ist, wie übrigens bei den meisten Großtieren, evolutiv als eine artspezifische, arterhaltende Kompetenz des erwachsenen Menschentiers entstanden. Es ist also ein Mitfühlen oder besser Parallelfühlen, mimetisches Verhalten, die gefühlsmäßige Identifikation mit einem anderen Artgenossen (schon bei Großtieren, zB Elephanten, keineswegs nur mit Verwandten, Trägern eigennaher Gene). Das empathiegeleitete Handeln ist angeboren, dazu bedarf es keiner Moral, keines guten Willens, allerdings kann es verstärkt oder ihm willentlich entgegengesteuert werden. Wenn die Menschen mehrheitlich aufgrund einer soziologischen Fehlentwicklung der angeborenen Neigung zuwiderhandeln, werden sie nicht überleben können.
2. Die zweite Form einer Identität mit anderen ist die intellektuelle, hier könnte man von Enlogie (statt Empathie) sprechen. Michael Jäger hat schon auf die fundamentale Rolle der Vernunft hingewiesen. Die Verallgemeinerung, Abstraktion ist eine, ist die Grundeigenschaft des Denkens. Wenn ich an die mißliche Situation eines anderen denke, denke ich auch an mich oder allgemein an jedermann in dieser Situation. Und ich denke an die möglichen Reaktionen, was jedermann tun kann in solcher Lage. Schon aus der Form des Bedenkens ergibt sich ein Als-ob(-es-mir-passiert-wäre) und eine rein rational motivierte optionale Handlungstendenz. Wenn die auf die Gefühlskonstellation gemäß Punkt 1. trifft, ist das altruistische Handeln ganz natürlich, eine Selbstverständlichkeit. Das können wir beobachten, wenn wir auf noch nicht bis in die Psyche hinein kapitalistisch durchstrukturierte Gesellschaften blicken. In ihnen finden wir viel mehr selbstverständliche Hilfsbereitschaft, weil in ihnen noch nicht das Denken weitgehend auf zweckrationales instrumentelles Denken im Dienste des Interessehandelns verkümmert ist, was sich aus der typischen bürgerlichen Sozialisation ergibt.
3. Nun möchte ich nicht ein drittes, relativierendes Argument unterschlagen, das hier in Blog und Thread diskutiert wurde. Im Fernsehen wurde einmal eine beeindruckende Fallstudie nachgespielt, in der die Erkrankung einer jungen Frau, ihre langwierige Behandlung und schließliche Genesung vorgeführt wurde. Die Frau verfiel in eine tiefe Depression und Handlungsunfähigkeit, weil sie die Konfrontation mit dem Elend der Welt über die mediale Vermittlung nicht mehr ertragen konnte. Der therapeutische Desensibilisierungsprozeß war mühsam und lang, aber am Ende konnte sie wieder Tagesschau sehen, dabei essen und trinken, und danach abschalten. Über ihre aktuelle Einstellung befragt, meinte sie, sie könne nicht sagen, wer der Verrückte oder Verrücktere sei, der überempfindliche zwangseingewiesene Patient oder der abgestumpfte Normale, der Leichenberge sieht und sich nicht übergeben muß, sie sei aber glücklich, wieder leben zu können. Es ist schon physikalisch begründet, daß sich Gefühle zwischen einer Wahrnehmungsschwelle und einem Sättigungswert bewegen. Diese Grenzen sind kaum modifizierbar. Daher kann auch der Folterer nicht die Qual seines Opfers beliebig steigern, und das ist der evolutive Sinn, auch der Endorphinausschüttung im Todeskampf. Wenn man den gesamten Gefühlsapparat als System faßt, versteht man, daß es Mechanismen gibt, die auf einen optimalen Zustand der Stabilität gerichtet sind. Dann versteht man, daß syrische, irakische Kinder unter dem alltäglichen Terror in ihren Kraterlandschaften dennoch lachen und spielen können. Erst in zivilisierteren Zuständen werden die tiefen Wunden, Traumata, Zwangshandlungen sichtbar, die zeigen, daß es keine einfach reversible Anpassung an den Schrecken gibt.
So kann das Ziel nicht grenzenloses Mitfühlen und Aktivwerden sein, das Fühlen und Denken muß in dem Bereich bleiben, der als unvermeidlich erscheint, ohne das Subjekt zu überfordern. Freilich kann das Gesamtsystem so modifiziert werden, daß der Bereich in Richtung mehr Empathie und Altruismus verschoben wird. Da aber die individuellen Systeme mehr denn je von der gesellschaftlichen Verfaßtheit abhängen, müssen auch bevorzugt auf der gesellschaftlichen Ebene die Bedingungen für solche Modifikation geschaffen werden. Wer erinnert sich nicht an die brechtsche Formulierung (der genaue Wortlaut ist mir entfallen): Wohl der Gesellschaft, in der der Mensch nicht gut sein muß, oder die keine Helden nötig hat. Was selbstverständlich auf die Weltgesellschaft zu beziehen ist.
"Der Begriff Mitleid ist für mich eine leicht irreführende Wortbildung, da sie einen gemeinsamen Leidensgrund bezeichnet [...]"
Warum soll "Mit-Leiden" auf einen gemeinsamen Leidensgrund verweisen? Ich glaube, dass kaum jemand Mitleid so versteht und sehe auch nicht, dass die Wortbildung das impliziere. Ich leide mit jemandem mit, weil er leidet. Sein Leiden ist die Ursache meines (Mit-)Leidens. Ferner trägt "Mitleid" auch nicht in sich, dass es, einer Verpuppung gleich, sich in einen "altruistischen Impuls" wandele. Mitleid ist vielmehr die Voraussetzung für einen solchen Impuls, der eine andere Motivation schlecht haben kann.
Ich halte es für wenig zielführend, wenn jetzt eine Definitionsschlacht um den Begriff Mitleid einsetzt (wie zuvor von Lethe begonnen), denn natürlich kann ein Rhetorik-Akrobat, wie es sie hier nicht nur vereinzelt gibt, jeden Begriff so an die Wand nageln, dass nicht mehr viel vom Ursprung übrig bleibt, und das nur, um selbst nicht konsequent reagieren zu müssen.
Ansonsten habe ich Ihre Ausführungen aber mit viel Gewinn gelesen.
Vielleicht wäre hilfreich, innerhalb des "Mitleid"-Begriffes noch mal zu unterscheiden, etwa zwischen "Mitgefühl" und "Bedauern":
Mitgefühl ist nicht abrufbar und nicht unbegrenzt, unsere Psyche hat dafür, wie für jedes andere Gefühl, nicht beliebig viel Kapazität und wählt die Gegenstände ihrer Beschäftigung nicht nach moralischen Kriterien. Mitgefühl ist auch nicht etwas, das sich unbedingt den anderen mitteilen will, sondern erst einmal eine Empfindung, die uns selber betrifft.
Bedauern dagegen hat die Qualität des "sich befassens" mit etwas, das zu ignorieren sich falsch anfühlt: Der Versuch einer empathischen Beschäftigung mit Gegenständen, die emotional in größerer Distanz liegen, gleichzeitig eine Methode, eine Haltung dazu einzunehmen und zu artikulieren...
Das etwas steifkragige "Ich bedauere..." wird heute zwar oft uneigentlich verwendet, ist aber eigentlich, wörtlich genommen, oft eine viel bessere Formulierung als "es tut mir leid": Wo das Ereignis einem selber eben gar nicht "Leid" zufügt, das sich - wie beim "Mitleid" - verbal an das tatsächliche Leiden des Betroffenen ranwanzt, sei es nun aus empfundener Solidarität oder auch nur der Form halber.
Ich glaube, dass kaum jemand Mitleid so versteht und sehe auch nicht, dass die Wortbildung das impliziere.
Die Wortbildung impliziert das nicht, aber sie erlaubt die Zweideutigkeit (daher sagte ich: leicht irreführend). Vielleicht mögen Sie nicht anhand meiner Überlegungen mit-denken, aber genau diese zweite Bedeutung ist bei Mitdenken gemeint, es ist kein Fremddenken, keine Identifikation mit Fremdem, sondern ein Synchrondenken. Und genau darauf zielte meine Vorstellung von einem moralfreien, objektivierten Mitleid. Natürlich gibt es Ihr Mitleid mit Fremdem. Das will ich gar nicht entwerten. Aber ich wollte dem etwas Besseres, Richtigeres gegenüberstellen. Daher hatte ich die zwei nicht auf Fremdidentifikation zielenden, sondern inneren Vorgängen, sei es den vorhandenen oder nichtvorhandenen Spiegelneuronen oder der entsubjektivierten Form des Denkens entspringenden Formen des Mitleids ins Spiel gebracht. Schade, daß Ihnen solche Überlegungen so fremd sind.
Mitleid als Emotion bewirkt eine hoffnungslose Überforderung, sobald sie mit großen Zahlen konfrontiert ist. Wobei falsches Mitleid nicht mal notwendigerweise falsch ist, wenn es denn nicht vorsätzlich geheuchelt wird; es ist einfach eine unvermeidbare Abstraktionsleistung, die vom konkreten Einzelnen, mit dem man noch mitleiden könnte, absehen muss. Es wäre vermutlich für alle besser, im Falle einer großen Anzahl Toter und Hilfsbedürftiger die Bekundung von Mitleid zu unterlassen und auf Grundlage des Maßes des eigenen Bedauerns einfach ein bisschen Geld an eine involvierte Hilfsorganisation zu überweisen.
Diese öffentlichen Empathiebekundungen werden für mich jedenfalls immer schwerer zu ertragen.
Es wäre vermutlich für alle besser, im Falle einer großen Anzahl Toter und Hilfsbedürftiger die Bekundung von Mitleid zu unterlassen und auf Grundlage des Maßes des eigenen Bedauerns einfach ein bisschen Geld an eine involvierte Hilfsorganisation zu überweisen.
Ganz ehrlich? Mir fehlen die Worte.
Ja? Warum?
Na ja, so ganz hoffnungslos ist es ja selbst in diesem langen Thread nicht.
Denn allein schon die hartnäckigen Versuche, das Mitleid kategorial irgendwie loszuwerden - Ich plädiere ja für mehrere Ebenen der Betrachtung, von der Humanzoologie bis zum selbsterwählten Prinzip einer Gesellschaft - spricht für dessen Bedeutung.
Mitleid macht manche Menschen regelrecht zornig: Ei, dass es sowas Nutzloses überhaupt gibt (Es wird immer Nietzsches Übermenschen unterstellt, er sei so ein Modelltyp). Sehr verbreitet auch die Blitzantwort, meist sei das Mitleid nicht aufrichtig, diene also anderen Zwecken oder stelle sich sogar als schädlich heraus (Australien/manche Europäer: Einige müssen im Mittelmeer elend ersaufen, damit andere gar nicht erst auf die Reise gehen).
Ich musste noch ein wenig nachdenken, dass bei der letzten Berlinale ein Dokumentarfilm, Fuocoammare, über die Bürger Lampedusas, ausgezeichnet wurde. Auf vorgeschobenem Posten Europas, zeigen die lange schon Mitleid mit den Angeschwemmten. Länger, als es die Presse mit den Satellitenschüsseln überhaupt erst wahrnahm und versendete. Die Einwohner der Mittelmeerinsel sind zu Recht stolz auf die unbedingte Achtung ihrer moralischen Regel, nämlich fast unbegrenzt Mitleid zu haben.
Mir ist so wichtig, im Mitleid das starke aktive Element zu achten, das schon darin bestehen kann, ein Leid überhaupt erst bekannt zu machen.
Man denke an Florence Nightingale, die mit etwa zehn Jahren erstmals dieses Gefühl des Mitleidens empfand und zuließ, dass daraus bei ihr die Tugendpflicht wurde. Man denke an die Heilige Elisabeth von Marburg. Man denke an den Mut der kubanischen Regierung, die sonst so kleinmütig sein konnte, ihre, mit den geringsten Mitteln bestausgebildeten Ärzte der Welt, nach Afrika und Südamerika zu schicken, selbst wenn das zu Hause Einschränkungen bedeutet.
Ganz wesentlich ist, dass man als Person und als Gesellschaft, die Fähigkeit zum Mitleid erweitern und schulen kann und dazu Fantasie nötig ist, sich in Menschen und Situationen hineinzudenken, die man gerade nicht kennt.
Sogar die lehrsatzartige, eher hölzerne Ethik des großen Spinoza, kann nicht ganz daran vorbeisehen: <<Endlich ist zu bemerken, daß wir nicht nur ein Ding bemitleiden, das wir geliebt haben (wie wir Lehrsatz 21 gezeigt), sondern auch ein solches, für das wir vorher gar keinen Affekt hatten, wenn wir es nur für unseresgleichen halten (wie ich unten zeigen werde), und daß wir also auch gegen denjenigen wohlwollend sind, der jemandem unsersgleichen Gutes tat, und dagegen gegen den entrüstet, der jemandem unsersgleichen Böses zugefügt hat.>> - Viel und Tiefes, hat unser Licht des Wissens allerdings nicht dazu zu sagen.
Die Frage, wie weit unser Mitleid gehen "muss", zielt in die falsche Richtung. Die Hoffnung liegt ja gerade in der Erweiterung der Fähigkeit, die schon auf der zoologischen Ebene bei vielen höheren Wirbelartigen angelegt ist. Die Spur der Anlage, kann von Menschen immer erweitert oder aber bestritten werden. Aber es verlangt dann eine Aktivität, geistig, dies so zu halten.
Und die vielen umständlichen Begründungen psychologischer, motivationaler und philosophischer Art, so zu verfahren, deuten eher auf die Schwäche der Gegenargumente, als auf ihre Stärke.
Natürlich ist, Mitleid mit Menschenbruder und -Schwester zu haben und säßen die auch auf den Antipoden. Sogar mit der Erde als Ganzes haben jene plötzlich Mitleid, die sie einmal, in der Kapsel oder in der Fantasie, von oben, aus dem All gesehen haben.
(...)What have they done to the earth?
What have they done to our fair sister?
Ravaged and plundered and ripped her and bit her
Stuck her with knives in the side of the dawn
And tied her with fences and dragged her down
(...)
The Doors, <<When the music ´s over>>, vom Album Strange Days, 1966/1967.
Ein Problem, eine Anstrengung ist, sich dieses Mitleid wieder auszureden, und es bedarf meist vieler persönlicher Kränkungen und dauerhaft ungerechter sozialer Zustände, um gar einen Hass auf das Mitleid und die Mitleidigen zu entwickeln, der am Ende sogar Aktivitäten entfaltet, jede Erinnerung und Anschauung von Opfern aus der Wahrnehmung zu tilgen sucht (Distanzwaffe real und geistig).
Beste Grüße und Dank für den Trost (:-))
Christoph Leusch
"Mir fehlen die Worte."
Hoffentlich bleibt das so.
sucht, ansonsten sind zahlreiche Fehler geschenkt. C.L.
In der Tat, es ist die blanke Verzweiflung, die aus mir spricht.
Warum kein Generalstreik in: (wo soll ich anfangen?)
... ich kann um die Welt wandern -
von Australien (wir machen für die Kohlebarone unsere Umwelt schnellstmöglich platt...... - aber uns geht es ja super!)
über Japan (die Atommafia könnte ja noch die anderen Inseln gründlich verstrahlen, die Arbeitswut könnte man auch noch etwas weiter steigern, da überholen uns die Chinsesn bald....)
... ja eben China (entweder du schaffst die Prüfungen oder du bis am Ende.....)
.... Pakistan/Indien (wenn du das Geld für die Behörden nicht hast, bist du wohl morgen schon ein Teil des Elends.....)
Russland (mach eine falsche Geste, der Oligarch läßt morden, wann immer er genervt ist......)
Türkei (entweder du bist im Nepotenboot der AKP, oder du solltest so unauffällig wie irgend möglich versuchen, dein Überleben zu organisieren....)
usw. usf. .... - ok, ich nenne auch
Deutschland (ohne Scoringpunkte und ein Netzwerk bleibst du Praktikant bis zu vermoderst....... )
Die Welt, unsere Welt, sie ist ein Panoptikum gesellschaftlicher Verwerfungen, wer auf der falschen Ebene steht, der verliert, ganz locker und ohne jede Chance, es sei den, er findet einen Kopf über den er sich auf eine andere Ebene retten kann, tritt sie nieder, damit du nach Oben kommst!
Das gilt in allen Ländern dieser Erde, in manchen geht es in der Tat ums tägliche Überleben, in anderen darum ob man eine Art Straßenköter ohne Rechte, eine Leiche im Graben, oder ein Millionär wird, in den "elegantesten" Zonen, liegen keine Elenden in den toten Winkeln der Städte, dort wird Müll sauber getrennt und der menschliche "Überfluss" darf sich als Rohstoff für eine bürokratische Orgie betrachten, bekommt dafür die nötige Versorgung, um das Straßenbild nicht zu beeinträchtigen.
Da soll man nicht verzweifelt sein? Die Gesellschaft vernichtet ihre Individuen, sie ist eine unbarmherzige Walze, eine Walze die wirklich jede Schwäche, jedes Zögern, jede Scham ins Nichts drückt. Entweder man passt sich diesem Nichts an, oder man bekommt mit seinen Gedanken ernste Probleme.
Das Bild ist schlicht fürchterlich, es sei den man ist ein Meister des selektiven Blicks, ein Hirn, das schlicht die positiven Aspekte aufsaugt und den Rest verdrängt.
In diesem Blog sollte es doch um Gefühle gehen (dachte ich) - wer in diesem Wahn nach Erfolg strebt, der organisiert seine Gefühle, der passt sich an, egal wie furchtbar das Blatt ist, auf dem er seine Konturen zu verwischen hat.
Wer die Liebe sucht, der verzweifelt daran, wer Solidarität ohne Gruppenzwang sucht, der wird zerfetzt!
.... und ich bin so naiv , vom friedliebendem Wesen zu träumen.
Der naive Träumer verzweifelt, der kluge Geist findet eine Strategie - für sich!
.... ja.... vielleicht setzen andere die "Weltreise" fort - nirgends solidarisieren sich die realen Mehrheiten, selbst in Zeiten, da man es könnte - die Mehrheiten schauen sich Katzenbilder an oder suchen virtuelle Wesen auf ihrem Smartphone.......
Die Mehrheiten jammern, kämpfen um ihren persönlichen Status und vertrauen ihrem Nachbarn noch weniger, als dem Abgeordneten, der sie "theoretisch" in Parlamenten vertreten sollte....
Würden die Mehrheiten endlich aufhören sich anzubiedern, hätten jene kleinen Bewegungen eine Chance, die es seit jeher in Nischen versuchen - das Andere!
Jenes Leben, das möglich wäre doch da den Interessen ein winzigen Minderheit zuwider läuft!
(Ich bin sogar ziemlich sicher, es gibt mehr Menschen die in alternativen "Mikronischen" ihre gesellschaftlich bedeutungslosen Leben kreativ und eben friedlich erhalten und dabei sogar Sinn und Zufriedenheit empfinden, doch sobald man aus diesen Nischen blickt, kommt einem das Grauen entgegen -
man zieht sich lieber wieder zurück, man bleibt unter sich - hoffend man wird nicht aus seinem Winkel gezerrt und behördlich behandelt.
Nur -irgendwie bin ich so größenwahnsinnig, den Blick nicht endlich zu senken und meine Gedanken schlicht nurmehr der unmittelbaren Mitnatur zuzuwenden, die Mainstreamgesellschaft zu vergessen, kurz einfach eine ruhige Ignoranz in mir zu etablieren.
Ich bin so naiv ernsthaft zu glauben, die Menschen könnten es doch hinbekommen - manche glauben an einen Gott, das ist wohl besser durchstrukturiert - ich glaube im Grunde meiner Gedanken an die Menschen - noch.
Ich hoffe baldmöglichst diesen Irrglauben los zu werden, dann belästigen mich keine verzweifelten Gedanken mehr.
Dann strukturiere ich mein Glück und übersehe schlicht das Elend!
Glauben Sie, daß unsere Gesellschaft keinen Diskurs über diese Dinge braucht? Ich glaube es nicht. Ich nehme es nicht einmal Ihnen persönlich ab, daß sie sich das alles verzeihen können, wenn Sie es sich nicht bewußt machen, was zur Folge hat und wohl auch zur Voraussetzung, daß sie mit anderen darüber sprechen, zu Ihrem und zu deren Nutzen.
Langsam werde ich sauer. Meine Güte, ein erster Beitrag von mir - zu DDR-Zeiten - handelte von der Bhopal Katastrophe. Später kam Sandoz. Ihre noch einmal aufgeblätterten Details, Fakten und skandalösen Entwicklungen sind mir nicht fern. Nein, auch Columbus Anmerkungen sind mir nichts Neues. Es wird viel Welt erklärt auf der Welt manchmal auch durchaus Bekanntes.
Sie zählen Ursachen und Wirkungen auf und wenden sich gegen meinen Begriff "Zusammenhänge". Es sind aber welche, es sind mörderische Zusammenhänge, wenn es Ihnen an charakterisierenden Adjektiven fehlt.
Ja, die Gesellschaft braucht diesen Diskurs, der wird ja auch geführt. Wie kommen Sie darauf, dass ich das verleugne. Sie haben aber mit dem Begriff "Schuld" operiert und nicht mit Erkenntnis .Das bringt mich auf was: Die Früchte vom "Baum der Erkenntnis" wurden von Eva gepflückt und Adam verabreicht und flugs war die Schuld auf der Welt. Man kann gar nicht misstrauisch genug sein. :-)))))))))))))
Vor allem ist es ein Diskurs, der auch in frauenpolitischen Zusammenhängen ständig geführt wird, denn es sind - jenseits der theoretischen Schuld - und Sühneerwägungen - meistens die Frauen, die ständig die Folgen dieser Politik tragen müssen, während Männer die Welt erklären und Bewusstmachung anmahnen.
Aber, bitte bleiben Sie mir vom Leibe mit "Schuld". Denn: Mit Schuldzuweisungen oder mit unterstellter verleugneter Schuld machen Sie die Leute kirre oder störrisch und verstockt. ich war lange genug katholisch.
Ich verstehe Sie nicht, aber gut, kann auch mein Problem sein. Wir reden doch von Verbrechen, auch politischen Verbrechen. Und wo Verbrechen sind, ist keine Schuld? Lassen wir es. Ich bleibe Ihnen vom Leibe.
Meine Güte, so pauschale Zuschreibungen an jedes Land, das ist ja auch schon ziemlich destruktiv.
Beispiel .. ja eben China (entweder du schaffst die Prüfungen oder du bis am Ende.....)
Wissen Sie, eben gab es beim ARD Weltspiegel einen so wunderbaren Beitrag über eine Frau, die als Kind beide Beine verloren hat, jetzt als Kinderärztin arbeitet, von ihrem Mann unterstützt, vielen Leuten hilft.
http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/china-aerztin-land-100.html
Überall leben Menschen, Menschen, Menschen. Ihr Beitrag wirkt auf mich weniger verzweifelt als ziemlich klischeehaft und menschenfern. Hätscheln Sie Ihre Verzweiflung nicht ein bisschen oder ist sie nur Attitüde.?
Lassen Sie es sich mal gut gehn.
Ich bin nicht verbrechenseinsichtig. Eine verstockte Sünderin. :-)
Ich denke, unser Dissens besteht darin, dass Sie Vorschläge für ein "besseres, richtigeres" Mitleid machen und ich nicht glaube, dass das geht. Das lässt sich vielleicht auch mit einem begrifflichen Zugang auflösen, indem wir auseinanderzuliegen scheinen: Nach meinem Dafürhalten sprechen Sie nicht vom Mitleid an sich, sondern vom Umgang damit - für den Sie dann Vorschläge machen. Das Sich-Hineinfühlen, auf eine Ebene-Bringen mit dem leidenden Gegenüber, ja, der Nachvollzug, von dem Sie sprechen, ist doch aber eine bewusste, gesteuerte Handlung. Das notwendig vorangehende Mitleid dagegen nicht. Ich halte es für vollkommen unmöglich, mit einer Gefühlsregung, die durch den Zustand eines Gegenüber provoziert wird, zunächst nicht im Fremden zu bleiben. So ist etwa der Satz, "ich weiß genau, wie du dich fühlst", immer eine Unwahrheit. Selbst wenn der Gegenüber Zahnschmerzen hat, und ich mich in dem Moment selbst an den einen oder anderen Tag mit Zahnschmerzen erinnere. Ich kann dann also mitfühlen - dennoch bleibt das eine "Fremdidentifikation", um einmal das Wort von Ihnen zu borgen. So kann ich auch nicht, um auf Ihren Vergleich Bezug zu nehmen, synchron fühlen. Das zu behaupten wäre eine Anmaßung.
Zurück zum Zahnweh: Selbst wenn ich darauf vernünftige Vorschläge mache, wie das Zahnweh bzw. die Gesamtsituation zu lindern und letztlich zu beheben sei, ist es nicht mein Mitleid, das ich rationalisiere. Das, in was mein Mitleid resultiert - wenn es das denn tut -, ist eine Handlung, für die das Einschalten von Vernunft Bedingung war. Für mein Mitleid aber kann ich keine Bedingungen setzen; es nicht "besser" oder "richtiger" machen.
Ich hoffe das hilft, unseres Auseinander-Sein etwas aufzuknacken?!
Internet killed Habermas.
Das kommt davon, wenn mensch das Gefühl hat, das Elend der Welt auf den eigenen Schultern tragen zu müssen. Muss mensch aber gar nicht, mensch muss nur sein eigenes Leben und vielleicht noch das Leben der Leute in seinem sozialen Nahfeld tragen und ertragen. Empathie und Medien erzeugen den Eindruck einer Nähe, die gar nicht gegeben ist.
Eine sehr gesunde Einstellung. Passend für alle deren "soziales Nahfeld" nicht gerade in Aleppo verortet ist, einschließlich der eigenen Person.
In der Tat, hier in meiner Heimat geht es den Menschen meist wirklich unglaublich, ja geradezu bombastisch gut!
Da sollte man wirklich nicht daran rütteln, man sollte auf Makro einstellen und schwupps wird es die Welt im Umkreis unscharf.
Einem Aspekt kann ich zustimmen, jeder Mensch hat nur sein eigenes Leben, würden wir so miteinander umgehen, wäre die Welt eine andere - den wenn wir auf das Wort tragen anspielen, dann würde ich sagen 99 Menschen tragen momentan einen durchs Leben, der genießt die Aussicht und der findet das ganz vorzüglich - vielleicht sollte man mit den 99 wirklich kein Mitleid haben, vielleicht sind sie schlichgt alle selber schuld, da sie sich für diesen Tragedienst entscheiden.
Ok, von den 99 können einige ganz lässig neben dem Getragenen herschlendern, wir zählen wohl dazu.
Manchmal dürfen wir sogar auf das Schild steigen, die Aussicht kurz genießen (nun im Restaurant hat man Diener, im Urlaub hat man Diener, kurz wer Geld hat, kann sich ja die Dienstleistungen kaufen - Stundenweise - der Reiche hat es in Permanenz..... - es gibt keine Dienstleistung die man nicht kaufen kann, keine die irgend vorstellbar ist, sofern nicht die Grenzen der menschlichen Fähigkeit dem entgegen stehen.).
Ja, und wenn wir dann dort Oben stehen, haben wir vielleicht kurz mal Mitleid, mit jenen die gerade am Schleppen sind, oder jenen die tod in der "Schleppspur" liegen - aber das betrifft uns nicht!
Meinen Sie das wirklich so?
Das sprach ich doch an - ich bettle um einen konstruktiven Lösungsvorschlag, wie ich diese Einstellung in mich reinkonditionieren kann, gibt es da eine Pille, oder was kann man tun?
Wie werde ich zum Lebenskünstler, zu einem Menschen der das Elend der Anderen schlicht ausblendet, da er es nicht zu verantworten hat?
Diese Einstellung ist fatal, den genau diese Einstellung macht das Leben zu einer immerwährenden Lotterie.
Wenn Sie verunglücken, dann fahren 9 Menschen an ihrem geschundenen Körper vorbei, einer jedoch hat Mitleid, der hält an, ein Fehler in seinem Glückssystem, er hat sie doch gar nicht überfahren, trägt keine Schuld an ihrem Zustand.
Er rettet Ihnen das Leben. Schön, er handelte sozusagen im Nahfeld - solche Taten schließen sie ja ein.
Jetzt kommt die Frage, wo ziehen sie die Grenze, wann wird aus dem "Nahfeld" ein "Fernfeld" das mich nicht mehr anficht?
Im Übrigen hab ich diese Aspekte ohnehin in meiner kurzen Verzweiflungssuade angesprochen.
Kommen wir als Menschen wirklich nicht über diese Stufe der partiellen Empathie hinaus?
Hier wurden Begriffe wie Betroffenheitsökonomie (oder war es Mitleidsökonomie?) zitiert, in diesem Forum hier wurde sehr oft der Selbstschutz propagiert, manche sagen schlicht, es ist eben, wie es ist.
Das lakonische Zucken der Schultern, ein kurzes Ökonomieschluchzen und man wendet sich um, geht zielstrebig weiter seinen Karriereweg!
Zum Glück gibt es Artgenossen mit Helfersyndrom - sonst müssten alle die Hilfe brauchen, keine Millionärskaufkraft haben, keine Angehörigen die helfen haben, keine Menschen die sie wirklich als Mensch achten und ihnen Zuneigung schenken, auf diese Hilfe verzichten.
Pflegepersonal, ist der kleinste Posten im Budget der Sozialtröge - die Verwaltung, die "Experten", die Pillen sind es die wirklich kräftig schlucken und wenn es so weiter geht, dürfte unser soziales Netz in Sachen Hilfe bei Krankheit bald noch größere Maschen aufweisen - von der Pflege alter Menschen möchte ich nicht mehr reden - wer arm ist, der wird ohne eine selbstlos helfende Person im Nahfeld langsam verrotten!
Dekubitus ist ein unschönes Abschiedsgeschenk!
Die Solidaritätskassen werden von den Werktätigen gefüllt und von den gewissenlosen Geschäftemachern geplündert.
Doch die Mehrheit lässt es sich gefallen, da - noch - alles soweit ganz komfortabel läuft - im "Nahbereich".
Wer sich Gedanken über den "Fernbereich" macht, der ist schlicht auf dem falschen Pfad unterwegs, der soll sich nicht so überheblich, so affektiert, eine pseudosoziale Attitüde anmaßen, es sei den, er wander per pedes nach Afrika und baut eigenhändig den Kontinent gesellschaftspolitisch zu einer sozialen Subsidaritätskommune um (was er nicht lange tun wird, hätte er solches Charisma, da die etablierten Raubbarone ihn schnell ins Jenseits befördern lassen würden.....).
Wir tragen Schuld, jeder von uns, da wir gleichgültig an den Hilfesuchenden im Fernbereich vorbeischlendern!
Ja, wir sind gar noch schlimmer, da wir indirekt den am Boden liegenden Menschen noch ihre Schuhe rauben!
Dafür gibts dann Klamotten zu 1 Euro und exotische Früchte zu 50 Cent, die Konzerne machen fette Gewinne und teilen etwas an die Nutzmenschen im "Mutterland" aus, damit diese brav konsumieren können.
Die "anspruchsvollen" Jobs, können eben nur die intellektuellen, gut ausgebildeten Hochleistungsmenschen erledigen - die dürfen als Belohnung dann einen Lebensstil pflegen, der ein paar Erdplaneten in der Vorratskammer beansprucht - aber klar, das Problem ist nicht der unschuldige Ingenieur, der so clever ein technisches Gimmick - einen Agrarpanzer, eine Monsterplanierraupe, oder einen Abfangjäger, oder eben die nächste Generation Speichermedien, AKW`s, was auch immer plant und die Produktion ermöglicht, nein, der macht super seinen Job - der hat es verdient die Erde über alle Maßen zu beanspruchen, für sich, für seine tolle Arbeit, es ist der gerechte Lohn!
Die Anderen, jene die nicht so "überragend" sind, tja - Pech gehabt!
Wir landen wieder beim Verteilungsaspekt - wir drehen uns im Kreis - wir fahren Karussell - für manche eine lustige Fahrt, ein lustiges, vergnügtes Leben, ja, man macht sich gar vor, es hätte Sinn, - jene die von den Fliekräften ins Elend gezogen werden, vor allem da sie das Pech hatten am Rand zu hocken, am äußersten Rand, die gehen uns halt nichts an.
Ich muss grad an Dante denken - in der Mitte, da hockt das absolute Grauen, desto näher man der Mitte kommt, desto grausamer und egomaner die dort lebenden Monster.... aber man strebt zur Mitte hin, lieber sicher in der Hölle, als einen Versuch mit jenen zu wagen, die am Rand hocken - es könnte ja sein, wenn man ihnen die Hand reicht, kriechen sie nur über einen drüber und drängen dich selber weiter nach Außen.
Ihr kennt es ohnehin, Rattenrennen, Hamsterrad - nett - aber es trifft nicht wirklich - Dantes Höllenkreise - das schrieb der Mann nicht von ungefähr - den es ist ein Karussell, das sich schon sehr, sehr lange dreht.
Was tipp ich noch - lest schlicht wieder einmal die Commedia!
Wir hausen alle im Inferno - nicht mal das Purgatorio haben wir bis dato erreicht - da wir im Mittelpunkt der Hölle das höchste Glück erwarten - Geld, Gier und Macht (für uns und unseren sozialen Nahbereich)!
Wer da ans Paradies glaubt - dem bleibt wirklich nur das Jenseits!
So ungefähr sehe ich das auch.
"Da war doch tatsächlich in der FC bezüglich Gauck von einem "großen" Bundespräsidenten die Rede. Wenn schon, dann fällt mir dazu Gustav Heinemann ein."
Seh ich genauso.
Und Heinemann wäre sicher schon eine Formulierung wie "großer Präsident" unangenehm gewesen und in die falsche Richtung gegangen, deshalb sind die Anführungszeichen im oben zitierten Satz genau richtig gesetzt.
Diese öffentlichen Empathiebekundungen werden für mich jedenfalls immer schwerer zu ertragen.
Es sind inszenierte Betroffenheitsrituale, schwer zu ertragen, da kann ich nur zustimmen. In ihrer auftrumpfenden Phrasenhaftigkeit kann man eher eine Verhöhnung der Opfer als eine Tröstung der wahrhaftig trauernden Angehörigen sehen. Die Nizza-Toten sind für unsere Freiheit gestorben – was für ein Quatsch. Unsere Schreck- und Mitleidsreaktion gilt dem Schock einer abrupten Konfrontation mit der im Alltag sonst gut verborgenen Sinnlosigkeit des menschlichen Lebens, und vielleicht auch der Wut über die Sinnlosigkeit oder besser Absurdität des Handelns, das dafür verantwortlich ist. Sie ist also eher Ausdruck der eigenen Betroffenheit durch Kenntnisnahme einer Situation als Geste der Großzügigkeit gegenüber einem fremden Schicksal, das einen nicht persönlich betrifft. Oder wird das hier in der FC als mitleidlos empfunden? Die hier formulierte Sicht auf Mitleid und Gefühle insgesamt berücksichtigt stärker die Funktionalität der Emotionen, was ich für angemessen halte.
Das öffentliche Empörungs- und Trauertheater wäre noch erträglich, wenn es nur die Begleitmusik zu einem ernsthaften Nachdenken darüber lieferte, wie man nicht die schrecklichen Ereignisse verhindern, das kann man nur sporadisch, sondern sie durch kluge Politik und Öffentlichkeitsarbeit unwahrscheinlicher machen kann. Stattdessen kommt die Antwort: weiter so, nun erst recht, Krieg. Ich habe ja nichts gegen Gefühle und einiges gegen Gefühllosigkeit. Aber diese Rituale sind kein Ausdruck unmittelbarer Gefühle, die in ihrer Unmittelbarkeit in der Regel vorläufig als angemessene Reaktion des Individuums auf eine undurchschaubare, bedrängende Situation berechtigt und motivierend sind. Sie sind vielmehr Kalkül, Funktionalisierungen, die kurzschlüssige Fabrizierung einer korrekten Sprachregelung.
Tatsächlich ist die Ritualisierung selbst eine Form der Neutralisierung von Gefühlen. Es ist aber unsinnig, Gefühle unbearbeitet zu neutralisieren, was ja heißt, eine wichtige Instanz - im Bereich des unmittelbar notwendigen ganzheitlichen Reagierens die Hauptinstanz - der Verhaltenssteuerung aufzugeben und was, auch wenn man es wollte, gar nicht durchführbar ist. Auf der anderen Seite ist es ratsam, die Gefühle immer wieder dem Filter der Vernunft auszusetzen (wie wir gut beraten sind, im Falle eines unguten Gefühls unserem rationalen Denken und Verhalten gegenüber dieses einer gründlichen Reflexion zu unterziehen).
Meinen Sie das wirklich so?
Mein Ausgangspunkt ist kein moralphilosophischer sondern beschäftigt sich mit der Frage des Menschenmöglichen. Letztlich bin ich Zyniker, weil ich an der Unvermeidbarkeit des Menschlichen verzweifele.
In Ihrem Sinne lösbar ist das Dilemma m.Mn.n. nicht. Edel sei der Mensch, Hilfreich und gut! Schöner Scherz. Das Leben lebt davon, sich selbst zu verzehren. Menschen sind da keine Ausnahme.
Ich denke, unser Dissens besteht darin, dass Sie Vorschläge für ein "besseres, richtigeres" Mitleid machen und ich nicht glaube, dass das geht. …. der Nachvollzug, von dem Sie sprechen, ist doch aber eine bewusste, gesteuerte Handlung.
Ich habe zunächst von der Empathie gesprochen, die nicht bewußt ist, unwillkürlich sich einstellt. Selbstverständlich sind Gefühle nicht diskursiv, sondern integral, in ihrer unmittelbaren Komplexität nicht bewußt aufgreifbar. Sonst wäre die Zweiteilung unseres mentalen Organs in Pathos und Ratio nicht notwendig. Ich wehre mich gegen zwei kardinale Irrtümer unserer Zeit, erstens die Unterbewertung der Gefühle generell und zweitens die schizoide, unserer gesellschaftlichen Fehlentwicklung der einseitig-dominanten instrumentellen Vernunft geschuldete übermäßige Trennung der Arbeit der zwei Gehirnhälften. Unser Denken muß weiblicher werden. Dann wird eine stärkere Durchdringung von Gefühl und bewußter Intellektualität möglich, die rationale Reflexion der Gefühle und die intuitiv-emotionale Kontrolle des rationalen Denkens (vergleiche meinen Vorkommentar @Lethe).
Ich kann dann also mitfühlen - dennoch bleibt das eine "Fremdidentifikation", um einmal das Wort von Ihnen zu borgen. So kann ich auch nicht, um auf Ihren Vergleich Bezug zu nehmen, synchron fühlen.
Richtig ist, daß Wahrnehmen, Fühlen, Denken immer ein Vorgang im Inneren, in der Physis eines einzelnen Individuums ist. Wir hätten aber eine beziehungslose, kommunikationslose Welt der Monaden, wenn nicht Wahrnehmen, Fühlen und Denken aller Menschen außerordentlich ähnlich wären, und das setzen wir auch ständig in Handeln, Denken und Kommunizieren voraus. Unsere Welt ist strukturiert durch diese Synchronizität. Anders ausgedrückt: Wir können nur zusammenleben, weil wir Gleiche mit differentiellen individuellen Abweichungen sind. Das Fremde können wir uns vorstellen, simulieren, mit ihm identifizieren, weil es zwar lokal und zeitlich getrennt, aber isomorph zu uns ist. Ich widerspreche also absolut: das Wahrnehmen, Fühlen, Denken der Menschen ist synchron, was allerdings den Konflikt und feindlichen Bezug von Menschen aufeinander nicht ausschließt, denn weniger im Wahrnehmen, aber deutlich in Fühlen und Denken bewegen wir uns in Widersprüchen. Synchronität steht also nicht nur für Verständnis und Einheit, sondern auch für Mißverständnis und Ablehnung. Ich gehe nicht weiter darauf ein, daß es sogar die synchronisierte Synchronizität gibt, wo man von kollektiven Gefühlen und kollektivem Denken redet.
Für mein Mitleid aber kann ich keine Bedingungen setzen; es nicht "besser" oder "richtiger" machen.
Wie oben schon gesagt, sind Gefühle zwar nicht so zugänglich und plastisch wie das Denken, aber auch sie unterliegen einem langsamen Anpassungs- und Formungsprozeß, in den das Denken auf bescheidene Weise eingreifen kann. Und das ist gut so.
Eine Darstellung, die mir eine eigene Darstellung erspart :-) Ja, im Wesentlichen sehe ich das ebenfalls so. All diese Mitleidswolken dienen nicht den Leidtragenden sondern der Selbstvergewisserung einer Gesellschaft, die erkennen muss, dass ihren Mitgliedern keine Unsterblichkeit eigen ist. Man könnte noch sehr viel mehr über die Psychologie der Masse schreiben, aber das Wesentliche haben Sie bereits zusammengefasst.
Ich kann ihnen nicht widersprechen, im Gegenteil, seit Jahrtausenden bedeutet Menschlichkeit meist das Gegenteil dessen, was wir uns so sehr ersehenen - ich möchte diese Sehnsucht nicht aufgeben, so naiv das auch sei.
Mein Leben ist keine Qual, ich finde meine Nischen, doch ab und an lasse ich meiner Verzweiflung über die Aussichtslosigkeit meiner Träume bezüglich unserer menschlichen Gesellschaft, eben in Worten freie Bahn.
Wie ich weiter oben schrieb, ich glaube an eine positive Menschlichkeit - ja an eben diesen Scherz, den sie zitierten.
(..... da fällt mir ein - was wäre das für mich für ein Fest (da sie die Medien ansprechen....) würden die Nachrichten nur die positiven Dinge übermitteln (ich habe in meinem Leben noch niemals persönlich Gewalt oder umittelbare Grausamkeit von Menschen, gegen andere Menschen miterleben müssen....) - sprich, ich wüßte nicht was im Rest der Welt so passiert.
In diesem Licht betrachtet, könnte ich mich in der Tat auf die Insel der völlig Ahnungslosen flüchten.
Kommt das Grauen irgendwann, nun, würde ich eben überrascht kurz zucken..... - je nach Einschlag nicht mehr mucken, oder mir die Augen reiben, dann angepasst am Leben bleiben.............. - zwischen den Leitplanken von Zynik und Ignoranz stellen wir dann einen neuen Rundenrekord auf.
Die Alm ist so ein Ort - ohne W-Lan, ohne Kontakt zur Außenwelt........ - vor Jahren las ich mal ein Buch (hat mir meine Mutter in die Hand gedrückt - M. Haushofer - Die Wand) ich fand es gar nicht so furchtbar, hinter so einer unsichtbaren Barriere plötzlich isoliert zu sein..... - mit Hund und Kuh .
Nun den, sollte ich nicht mehr hier aufscheinen, hab ich ja vielleicht die vollkommene Ignoranzzone für mich geschafft.
Jedenfalls waren diese Wochen ganz informativ - jenseits von Passau, denken die Menschen in etwa gleich - da gibt es keine großen Differenzen - kaum einer scheint wirklich optimistisch zu sein, zumindest bezüglich derer, die man als die ewigen Verlierer betrachten kann.
Gesundheit wünsch ich, den Krankheit macht aus einem reichen Menschen, schnell ein armes Würstchen.
Menschlichkeit umfasst alles, was Menschen möglich ist zu tun. Die Beschränkung dieses Begriffs auf den anscheinend oder tatsächlich wünschenswerten Ast des Totals aller Möglichkeiten hat schon immer nur zu Widersprüchen zwischen Beobachtungen und Anspruch geführt^^
"No More Games. No More Bombs. No More Walking. No More Fun. No More Swimming. 67. That is 17 years past 50. 17 more than I needed or wanted. Boring. I am always bitchy. No Fun--—for anybody. 67. You are getting greedy. Act your old age. Relax—--This won’t hurt.”
Ok - bis 50 bleiben mir noch 29 - die 17 danach könnte ich weglassen - mit 21 war er noch ein Teichen, das dafür zu sorgen hatte, die Mordflugzeuge in die Luft zu bringen - selber durfte er nicht - er hätte gewollt.
Manche gehen auch mit 15 schon, andere mit 17, 18,19...............
belanglos, ob man nun in diesem Spiel mitzockt, oder gleich nachschaut, wie es im nächsten Akt läuft - ob da überhaupt was läuft, ob da was weh tut?
Vielleicht ist diese Abstumpfung überlebensnotwendig?
Wobei was bedeutet überleben? Macht es einen unterschied, 100 Jahre sinnlos in diesem Wahn mitzustrampeln, oder gleich mit 10 zu kapieren, das keine Chance besteht - es sei den Karriere ist die Chance auf die man steht?
Hm, da halt ich gegen - sich an Land und zu Wasser fortbewegen - ist nichts typisch menschliches, fressen um zu überleben, ebensowenig, sich fortpflanzen durch Sex, sich lieben (behaupte ich mal - gibt es auch bei anderen Spezies) - nein, unter Menschlichkeit gibt es durchaus zwei Äste - die beide existieren - jener der dick und kräftig unsere Gesellschaft bestimmt und jener der dünn und fragil Empathie und die Fähigkeit zum Frieden trägt.
Viele unserer Möglichkeiten teilen wir ganz banal mit anderen Lebewesen - einzig - wir haben die Möglichkeit die Erde zu transformieren, so oder so - wir hätten auch die Möglichkeit die Erde zu respektieren, mit all den anderen Molekühlkonglomeraten, welche mit uns hier existieren, aber das führt wohl jetzt zu weit - sorry, ist auch Erbsenzählerei von mir - ich denke ich weiß wie Sie es meinten - nur wer was wünscht, ist eben leider zu oft sehr unterschiedlich,...........
Ich will damit nur sagen, dass nichts, was Menschen möglich ist, menschenunmöglich ist. Das Menschliche ist immer beides, es deckt das ganze Spektrum zwischen "Heiligkeit" und schlimmster Bösartigkeit ab, und ob es einen Häufungspunkt in der Mitte gibt, müsste sich erst noch zeigen.
Im Verfolgen dieses Threads stellt sich mir die Frage, wie es denn sein kann, daß so viele Betrachtungen nach Hinter- und Untergründen angestellt werden, die modal hinter der Sache liegend noch vermutet werden. Geht doch moderne Wissenschaft, insbesondere Neurowissenschaft, doch davon aus, daß alles, was ein Mensch tut oder läßt, Ergebnis gewisser substanzlicher Konfigurationen des Gehirns seien. Einige Kommentatoren hier haben solche Positionen in anderen Zusammenhängen hier engagiert und mit Entschlossenheit schon vertreten. Worin also besteht nun das Problem, alles das, was hier behandelt wird, nicht ebenso befriedigend auf Emergenz, Autopoiesis, Kontingenz udgl. zurückzuführen? Warum versagen diese Erklärungsmodelle inbezug auf Mitleid und Mitgefühl, resp. deren jeweiliger Graduierungen?^^
Meine Replik zu Gewalt und Empathie: https://www.freitag.de/autoren/anne-monen/gewalt-aus-mangel-an-empathie
Meine Replik zu Gewalt und Empathie: https://www.freitag.de/autoren/anne-monen/gewalt-aus-mangel-an-empathie
Ich fand Ihren Artikel interessant , und habe ihn gerne gelesen. Ich dachte, ich wäre die Einzige, die vielleicht abgestupft ist von den vielen schlechten Nachrichten. Jetzt sehe ich, dass es nicht so ist
Ich fand Ihren Artikel interessant , und habe ihn gerne gelesen. Ich dachte, ich wäre die Einzige, die vielleicht abgestupft ist von den vielen schlechten Nachrichten. Jetzt sehe ich, dass es nicht so ist
Was mich überrascht hat, wie wenig dazu bisher geforscht wurde: Neue Studien zu einer alten Tugend.
siehe mein neues Blog zu neuen Forschungen "Mitleid"
Ach wirklich? Es fehlt eben, trotz der Vielfalt der dDC, ein Granate des Wissens, die das für uns nun noch einmal kategorisch feststellt. - Typischer Fall von ungerechtfertigter Größenfantasie. Es ist ja heiß, Gebe. Vielleicht liegt es an der mangelnden Kühlung des ZNS.
Christoph Leusch
Nein, Pleifel, dazu wurde und wird viel geforscht und publiziert. Seit der ersten historischen und schriftlichen Zeit, bis hin zum neuen Zeitalter des Blablablas in der größten Sommerhitze. Vielleicht hilft ihnen schon, in ihrem unendlichen Wissenseifer, einfach einmal die primäre Suchsprache des Blablabla- Browsers auf ein paar andere, international anerkannte Suchsprachen umzustellen und erst einmal ein Stichwortfeld zum Thema anzulegen, mit dem man dann verknüpft sucht. Sie werden fündig und haben eher Mühe, anhand welcher Kritierien auch immer, auszuwählen.
Grüße
Christoph Leusch
Der Spiegel heißer Luft scheint Ihnen ja sehr zu behagen.^^
P.S.: Und wenn es nicht der Spiegel heißer Luft ist, was affiziert Sie sonst so erruptiv?
Ja!
Wenn Sie die Philosophie meinen oder die Religionen, sicher. Ansonsten schauen Sie bitte etwas genauer hin, denn hier war die Naturwissenschaft gemeint.
Und was die Spitze mit dem "unendlichen Wissenseifer" betrifft, habe ich gar nicht erst versucht, als Experte in Mitleid (Mitgefühl usw.) aufzutreten, was Ihnen offensichtlich nicht schwer gefallen ist.
Sich aber zu entscheiden, wie viel Zeit man in ein Thema investieren möchte, um es adäquat behandeln zu können, muss jeder selbst entscheiden.
Und wie sagen Sie oft so gönnerhaft: weiter so.
jeder simple erlebnis-bericht aus kriegs-tagen
belehrt: empathie ist aus-knips-bar.
auch vollständige menschl. wesen können in den modus
des umstands-losen tötens und quälens übergehen. oder?
Was soll man noch gegen die 24/7 Analytik aus ihrer Tastatur, sie haben auch noch ein paar ähnlich tickende Mitforisten, anschreiben? Das ist völlig hoffnungslos.
Ich wollte nur, weil es mich am Frühsommerabend juckte, einmal vermerkt haben. Damit nicht ständig jede Flachheit und Hohlheit hier unkommentiert bleibt. - Ich werde es aber auch sofort wieder lassen.
Also, auch mit wird es manchmal zu warm. Nehmen Sie es sportlich, als Teil eines autopoetischen Ereignisses, als dissipative Energie, die sich sichtbar machte.
Beste Grüße
Christoph Leusch
Geben Sie doch einfach einmal "compassion", "empathy" und "neuroscience" in ihren Lieblings- Blablabla- Browser ein.
Sie werden dann bis ans Lebensende lesen und studieren dürfen.
Es ist gerade zu diesen Gefühlen und Einstellungen bereits sehr viel naturwissenschaftlich beforscht worden. Von Hormonen und Enzymen, bis zur Hirnlokalisation und Hirnaktivität, während der Empfindung. Bei Gesunden und Gefühlskranken, bei speziellen Altersgruppen, bei allen Gendern, unter Drogen und Medikamenten, schon aus Sicherheitsgründen, zu bestimmten Anlässen, bei denen man nachher, vom Blut bis zum Gewebe, alles untersucht hat. Sogar die Suche nach ultimativen Beeinflussungsstoffen in Reinform, wird intensiv betrieben, wenn Sie sich z.B. einmal den Rummel um Oxytocin vergegenwärtigen.
Das soll auch bei Männern wirken. Und wie?
Klar, beste Grüße und nur weiter. Man gönnt sich ja sonst nichts
Christoph Leusch
Ei, Herr Leusch, das dünkt mich seltsam zu sein, daß Sie nicht die Frage stellen ob, sondern nur was Sie per se gegen meine aufgeworfene Frage anschreiben sollen!
Und bitte, wenn Sie die Hoffnungslosigkeit juckt, wie kann ich da behilflich sein?
Was ist "24/7 Analytik"? Meinen Sie etwa Geistesgegenwart damit? Was, um alles in der Welt, ist denn an geistiger Präsenz bemäkelnswert?
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Ich verstehe nicht, was Sie derart bärbeißig aufgebracht macht – lasse es aber mitfühlend gerne so stehen -, wenn ich die Frage aufgeworfen habe, wieso bei der Erörterung des Themas (speziell hier an diesem Ort) die Naturwissenschaft, explizit die Fakultät der Neurobiologie, wie in Sommerurlaub geschickt, oder gar wie vollends suspendiert zu sein scheint, welche ja doch sonst als maximam scientiam allseits in Erklärungs-Anspruch genommen und um Eideshelferschaft einzig gültiger Erkenntnisse bemüht wird?
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Ich wünsche Ihnen noch einen möglichst erfrischenden Abend
"Die "seriöse" wissenschaftliche Erforschung von Mitgefühl fängt gerade erst an." Es ist halt nur ein Satz von vielen.
Danke für ihre Begründung.
Browser: Ixquick, Quant und MetaGer, zuletzt Blablaba-Google.
Zum Mitleid folgendes:
"Vom Mitleid", Autoren von der Antike bis heute, Insel
"Der Verlust des Mitgefühls", Arno Gruen
"Das Mitleid", Käte Hamburger
Das reicht dann wohl für mich zumindest.
Nichts für ungut, war kurzzeitig sauer. Hält bei mir aber eh nicht lange.
"Wir können nur zusammenleben, weil wir Gleiche mit differentiellen individuellen Abweichungen sind. Das Fremde können wir uns vorstellen, simulieren, mit ihm identifizieren, weil es zwar lokal und zeitlich getrennt, aber isomorph zu uns ist."
"Wie oben schon gesagt, sind Gefühle zwar nicht so zugänglich und plastisch wie das Denken, aber auch sie unterliegen einem langsamen Anpassungs- und Formungsprozeß, in den das Denken auf bescheidene Weise eingreifen kann."
Ich kann Ihnen hier vollauf zustimmen und trotzdem bei meiner Ansicht und meinen Darlegungen bleiben. Das muss sich nicht vollkommen widersprechen. Natürlich kann ich eine Vorstellung und einen Nachvollzug des Befindens meines Gegenüber, eines Anderen, herstellen. Sie haben völlig recht, dass wir mit unserem Gefühlshaushalt und unserem Denken nicht solitär vor uns hinbummeln - sonst wäre auch nicht von einem "wir" zu sprechen. Wir erkennen uns schon, klar. Ich wollte einzig darauf hinaus, dass wir keine Identität im Denken und Fühlen herstellen können - denn so hatte ich Sie oben verstanden.
Öffentliche Empathiebekundungen sind halt i.d.R. Politik, Pflichtprogramm. Obwohl sie auch nicht generell und pauschal zu verdammen sind - wenn es jemand aufrichtig meint, merkt man das wohl auch. So gesehen gibt es auch kein falsches oder richtiges Mitleid - geheucheltes oder vorgegebenes sehr wohl.
Ich nehme an, dass viele aufrichtig schockiert sind.
»Ich fand Ihren Artikel interessant , und habe ihn gerne gelesen«
Schön, dass Sie etwas damit anfangen können. Vielen Dank für das positive Feedback. Tatsächlich halte ich die Unterscheidung zwischen der Nachricht, vor allem die Nachricht als Ware, und dem persönlich erlebtem Leid, Mitleid oder Mitgefühl für ganz entscheidend im Zusammenhang mit dem Auslöser für diese Debatte.
Mitgefühl ist ein sehr hoher Wert; aber die Nachrichtenverkäufer kennen keine schlechten oder guten Nachrichten. Der Wert einer Nachricht bemisst sich allein nach dem Aufmerksamkeitswert. Das ist die Bedingung, die unsere Nachrichtenwelt so attraktiv macht für Terroristen. Und nicht nur für die. Auch Demagogen, Propagandisten, die Politik, einfach Alle, nutzen die Nachrichten in diesem Sinn für ihre Absichten. Gerade die Politik fordert über Nachrichten, in denen sie uns ihre Botschaften vermittelt, ständig auch eine Bewertung ein, - im Sinne einer Parteinahme für ihre Interessen. Dabei geht es primär nicht um Mitsprache, sondern nur um Bestätigung ihrer Kurswerte. Auch für folgenschwere und im Kern für die Meisten spürbare Entscheidungen, wie TTIP zum Beispiel, die wir im Detail gar nicht mehr beeinflussen können. Was eine parlamentarische Demokratie eigentlich auch so mit sich bringt, für das die Politik aber in der Regel nicht mehr bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Und häufig genug ohne das hier thematisierte Mitgefühl betroffenen Menschen gegenüber. Das Gefühl der Verantwortung für "das Schicksal der Anderen" wird den Nachrichtenkonsumenten überlassen. Deren Grundlage ist aber eine ganz andere, als die der Macht, oder das Interesse, Nachrichten zu verkaufen. Wenn man sich nicht gegen diese unterschiedlichen Bezugsräume schützen kann, und alles, was die Nachrichtenindustrie einem vorsetzt nach Maßstäben bemisst, die ein persönlicher Bezug mit sich bringt, dann wird man entweder völlig überfordert, überdreht, was sich ja auch überall im Netz verfolgen lässt, oder man stumpft ab. Zynismus und Opportunismus sind die Folge, die diese Spirale noch weiter antreiben. An der Basis kann man sich dem als Einzelner, glaube ich nur entziehen, wenn man den "useless informations" Terror der trivialisierten Newsworld im Zusammenhang sieht mit den Interessen die diesen hervorbringen und im Unterschied zu einer persönlichen Betroffenheit, die ich mir jedenfalls von den Botschaften der Herrschaft, die durch die Nachrichten vermittelt wird, nicht nehmen lassen will. Vielleicht sind die Stones nicht mehr unbedingt das Paradebeispiel für erfolgreichen Widerstand "an der Basis". Die Textzeite von Jagger finde ich nach wie vor aussagekräftig in dem Zusammenhang
»When I'm drivin' in my car
And the man comes on the radio
He's tellin' me more and more
About some useless information
Supposed to drive my imagination«
medien bedienen human interest= interesse am menschlichen. gelegentlich nicht nur schadenfreudig oder peep-show-mäßig, sondern menschen-verbindend, mit-leid-erregend.
Gelegentlich vielleicht. In Nischen, und in dem Maße, wie unsere freie Gesellschaft Alibifunktionen zulässt und benötigt. Für Randgruppen, die natürlich ihre Meinung frei äußern und frei informieren dürfen. - Feigenblätter für die Peepshows der Massenveranstaltung, die genau diese Mechanismen und mit denen in erster Linie sich selber bedient. Ein menschliches Interesse, - klar, eines unter vielen. Aber alle nicht ökonomisch verwertbaren Interessen fallen politisch, gesellschaftlich, ethisch mehr oder weniger unter den Tisch. Das Interesse am Menschen, die Menschen als Verfügungsmasse, werden meiner Meinung nach in diesem Prozess weniger ver- als gebunden; gebündelt, fasziniert ganz im Sinne der von fascis abgeleiteten Bedeutung.
Und das ist der eigentliche Ursprung für die Abstumpfung von Mitgefühl, das in dem Zusammenhang als verkaufsförderndes Argument kaum mehr, als für kommerzielle Nachrichteninhalte steht, denen sich Viele kaum noch entziehen können. Weshalb sie zunehmend unbeteiligt reagieren, achselzuckend, angesichts der Unfähigkeit der etablierten Politik etwas anderes zu tun als Botschaften zu verkaufen.
Jetzt wieder die Debatte um die Todesstrafe, die die konsequent menschliche EU niemals von ihrem unverzichtbaren Partner der Türkei akzeptieren würde. → Hier die Statistik der Todesurteile in den USA. Das wird in dem Zusammenhang nicht nicht Inhalt der Massenmedien, weil es sich mit dem Selbstverständnis unserer Peepshows nicht vereinbaren lässt. Die Erosion der propagierten Werte aber, die wird durch diese Scheinheiligkeit vorangetrieben. Um nur auf ein weiteres Beispiel für den Unterschied zwischen dem medial angesprochenen Mitgefühl und den real verbreiteten Narrativen hinzuweisen.
die in-dienstnahme menschlicher regungen,
deren ausbeutung zum ausbau von macht und herrschaft,
hat in der geschichte des europäischen klerus(auch des reformierten) eine skandalöse chronik.
kein grund zu übertriebener hoffnung also,
aber auch kein anlaß zu: endzeit-stimmung. oder?
Der Klerus hat nie von sich etwas anderes behauptet, als Klerus zu sein. Sein "Produkt" war aufgeklärten Schäfchen niemals verdächtig, eine "natürliche", zwischenmenschlich jedem mit auf die Reise gegebene, universelle Reaktion auf die erfahrbare Welt zu sein. Die neuen Hohepriester der Aufklärung aber verkaufen Mitgefühl in Newstickern, Brennpunkten und Sondersendungen. Ihr Produkt kann man verwechseln mit dem, was jedem als natürliche Reaktion auf die Leiden der Anderen mitgegeben wurde. Und das geschieht m.E. massenhaft und ist die Ursache für noch viel mehr, als ohnehin vorhandenes Leid. Darum ging es mir.
Die Hoffnung stirbt zuletzt, auch als übertriebene Reaktion auf Heilserwartungen durch die aufgeklärten Götter der Analyse. Da die Zeit keinen Anfang gehabt haben kann, glaube ich persönlich auch nicht an ihr Ende.
na, jetzt tauchen se mal nicht zu sehr unter ihr niveau ab.
der klerus(mhd: die pfaffheit) war besitzerin des gnaden-schatzes, das die märtyrer erworben haben. daher konnte sie (teil-)vergebung(sogar im fege-feuer) gegen bare münze liefern(ablaß).
als trösterin der trost-bedürftigen stellte sie die hilfe der heiligen in aussicht, die stärkung der schwachen durch die kommunion mit dem herrgott selbdritt.
um bekannt-zu-werden mit den arbeiten der aufklärer, die den kirchlichen prämissen,dem produktions-prozess, die produkte und deren konsumtion und anpreisung auf die schliche gekommen sind, empfehle ich hier,der bequemlichkeit wegen, die internet-erinnerungen des holbachinstituts.
hinweise auf die tendresse, sensualismus,bürgerliche empfindsamkeit liegen auf dem wiki-weg.
amtiert-habende oder amtierende hohe-priester der aufklärung sind mir nicht bekannt. ihre kanzeln haben sie sich erarbeitet, sie fielen ihnen nicht durch salbung oder konformes larifari zu.
Ich will mich hier nicht zum Anwalt für den Klerus machen, oder von Ihnen machen lassen. Eigentlich habe ich den Klerus in diese Debatte ja auch gar nicht eingeführt. Das war Ihr Kampfbegriff. Ein rhetorischer Trick, um von den eigentlichen Inhalten und damit den Adressaten meiner Aussagen abzulenken. Was hab ich mit dem Klerus zu tun? Und was der Standpunkt, den ich vertrete?
Aber selbst wenn ich mich auf diese Rhetorik einlasse:
»daher konnte sie (teil-)vergebung(sogar im fege-feuer) gegen bare münze liefern(ablaß).
als trösterin der trost-bedürftigen stellte sie die hilfe der heiligen in aussicht, die stärkung der schwachen durch die kommunion mit dem herrgott selbdritt.«
Sollen das "die aufgeklärten Schäfchen" meiner Argumentation sein, auf die Sie mir jetzt meinen, mit noch mehr Polemik eine Antwort zu geben, Herr Denkzone? Oder ist das einfach der nächste Trick, um jovialer Empfehlung, aufgeklärter Belesenheit und blumiger Rhetorik den Weg zu bereiten, die letztlich nur dazu dienen, das Argument des quasi religiösen Habitus neoliberaler Intelligenz zurück zu weisen? Und die Behauptung zu rechtfertigen, "die hätten sich das ja alles rational sauber und ethisch einwandfrei selber erarbeitet"? Mir ist es wurscht, dass Sie diesen Standpunkt vertreten; ungewöhnlich ist er auf gar keinem Fall. Und auch nicht die Überheblichkeit, mit der er in der Regel geäußert und praktiziert wird. Aber inhaltlich hat das mit einer Antwort auf meinen Kommentar, oder die Kommentare, die Sie ja wohl zu dieser Polemik angeregt haben wenig bis gar nichts zu tun. Und genau das halte ich auch, ehrlich gesagt für intellektuell verbrämtes Larifari, das sich aufgeklärt gibt, und bei jedem freien Versuch aufzuklären meint, systemkonform mit angelesenem Wissen über "die Aufklärung" kontern zu können, und vor allem auch zu müssen. Lernen Sie meinetwegen Ihr Holbach Institut auswendig und die Wikipedia, die Ihre bürgerliche Tendresse bestätigt auch. Aber lassen sie mich mit Ihrer Polemik in Ruhe. Oder antworten Sie inhaltlich auf meine Kommentare. Oder?