Die unter großem Applaus vom Bundestag verabschiedete Novelle des Sexualstrafrechts hat eine seltsame Debatte ausgelöst: Sie scheint bei vielen Männern eine Angst auszulösen. Wenn es nur um den ausgesprochenen Willen einer Frau geht: Kann eine Frau dann nicht jederzeit einfach so einen Mann beschuldigen? Die Rollen sind klar verteilt: Frau ist im Zweifelsfall niederträchtig und Mann das Opfer. Zumindest aus der Perspektive der Kritiker. Oder: Frau ist Opfer, der Mann ist Täter. Zumindest aus der Perspektive der Befürworter.
Im Gesetzestext aber steht nichts von Frauen und Männern. Der Gesetzestext spricht von Personen, von Tätern und Opfern. Die angebliche Viktimisierung von Frauen und die angebliche Verdächtigung der Männer entsteht also erst in den Köpfen der Kritiker. Es geht ganz allgemein um den Schutz von Menschen vor sexuellen Übergriffen, die auch in homosexuellen (egal ob schwul oder lesbischen) Beziehungen vorkommen können, und ja, auch in heterosexuellen Beziehungen von Frauen ausgehen können.
Sex in der Grauzone
Noch seltsamer und zugleich aufschlussreicher ist ein zweiter Aspekt der Diskussion um das Gesetz. Das mit Abstand häufigste Argument in der Diskussion, das sowohl von Frauen wie von Männern (z.B.: in der Süddeutschen) vorgebracht wird, lautet so: Erotik sei auf Grauzonen und Grenzübertretung angewiesen. Erotik brauche das Spiel, und nein heiße eben nicht immer nein. Sich über das Nein des anderen hinwegzusetzen, wird gleichgesetzt mit "Verführung". Dieser Gemeinplatz einer Erotik der Eroberung wird so häufig wiederholt, dass er gar nicht mehr in Frage gestellt wird. Aber natürlich muss er in Frage gestellt werden. Es ergeben sich sogar zwei Fragen (mindestens): Braucht Erotik die Eroberung? Und wo endet Eroberung, wo beginnt die Vergewaltigung?
Man muss schon begrifflich unterscheiden zwischen der Eroberung, die eine gewaltsame Einnahme darstellt, und der Verführung, die mit sanfteren Mitteln vorgeht. Ja, Erotik braucht Verführung, aber die sanfte Verführung wird traditionell eher der Frau zugesprochen, während die sprachlich (und auch real) gewaltsamere Eroberung dem Mann zugedacht wird. Verführung jedenfalls setzt sich nicht über ein ausgesprochenes „Nein“ hinweg. Verführung beginnt bei dem „Jein“, bei einer Unsicherheit. Aber weil sie keine Gewalt, auch keine Überredungskunst, sondern Lust einsetzt, darf sie versuchen, aus dem Jein ein Ja zu machen.
Und genau hier kommen wir auch zur zweiten Frage: Die Eroberung setzt sich schon dem Namen nach über das Nein hinweg. Und hier ist gar nichts mehr erotisch. Zwar kann man den Sexualakt als gewaltvoll beschreiben – auf rein psychischer Ebene, weil im Moment der Verschmelzung zweier Menschen die Integrität (im Sinne einer Unverletztlichkeit der psychischen Grenzen) beider verloren zu gehen droht. Aber diese Form der psychischen Gewalt ist keineswegs identisch mit dem Druck, einen Nein-Sagenden zu überreden. Fakt ist: Wenn wir Eroberung imaginieren, dann meinen wir in aller Regel den Mann, der die Frau erobert. Wir meinen damit eher nicht eine Frau, die einen Mann „überredet". Wenn die Eroberung, die angeblich so wichtiger Teil der Erotik sein soll, aber nur vom Mann ausgeht oder ausgehen soll, dann diskutieren wir nicht Erotik oder Sexualität im Allgemeinen, sondern eher unsere Vorstellungsbilder von männlicher Sexualität.
Sex ist, wenn der Mann dominant ist?
Mit „männliche Sexualität“ ist gerade nicht die reale Form der Sexualität eines Mannes gemeint. Diese reale Form ist vielschichtiger und polymorpher, als es unsere kulturellen Vorstellungen von männlicher Heterosexualität und Sexualität erlauben. Sie beinhalten längst nicht nur die Unterwerfung der Frau, sondern auch den Wunsch nach Unterwerfung durch die Frau. Sie beinhalten Formen von Sexualität, die keineswegs nur um den Wunsch der Penetration kreisen, im Gegenteil, Praktiken, die diese sogar ausschließen.
In Wirklichkeit diskutieren Befürworter und Gegner des Sexualstrafrechts über ein Bild von männlicher Sexualität, das beide teilen, nur dass sie es unterschiedlich bewerten: Für unsere Kultur besteht männliche Sexualität in der Ausübung von Dominanz und Eroberung. Und genau dieses Bild wird von den Reformkritikern als positiv, weil eben der „Natur des Mannes“ entsprechend, betrachtet. Ein klares Verbot der Eroberung in Form der Regelung „nein heißt nein“ rüttelt damit an den Grundfesten der Männlichkeit und ihrer kulturellen Imago. Darin wird ein Bild aufgerufen, in dem Männer qua Biologie auf Eroberung programmiert seien und nur die Kultur (= das Gesetz) die Frau davor schützen könne. Aber gerade jene Kultur ist es ja, die Männern einredet, ein echter Mann sei nur der, der erobert und möglichst viele sexuelle Kontakte hat!
Eva Illouz zeigt in ihrem Buch „Warum Liebe wehtut“, wie modern die gegenwärtige Vorstellung vom Mann als sexuellem Eroberer ist. Unsere Kultur ist Ursache für die falschen und häufig gewalttätigen Vorstellungen von männlicher Sexualität, und nirgends wird es deutlicher als in Kulturen, in denen Männlichkeit und Ehre zum höchsten Gut erklärt werden.
Wenn einige Feministinnen früher behaupteten, alle Männer seien potenzielle Vergewaltiger, dann kam darin genau jenes Bild von Männlichkeit zur Sprache, das von einer übermächtigen Kultur des Patriarchats erzeugt wurde; zugleich verwechselte diese Kritik die Sexualität des Mannes (oder die kulturelle Vorstellung davon) und die Sexualität eines Mannes. Jedem männlichen Individuum (abgesehen von wenigen pathologischen Fällen) ist nämlich zugleich ein Unrechtsbewusstsein mitgeben und die Fähigkeit zu Empathie. Ein empathischer Mann braucht kein Nein; ein moralisch agierender Mann braucht kein Nein. Er wird das Wimmern oder den ängstlichen Blick der Frau oder seines männlichen Partners als Nein erkennen.
Umgekehrt bedeutet der Umstand, dass so etwas wie eine weibliche Vergewaltigerin nicht mal in in unseren verwegensten Fantasien möglich erscheint, eine seltsame Verharmlosung menschlicher Möglichkeiten. Denkbar ist solch eine Tat allemal. Das neuen Sexualstrafrecht liefert damit eben nicht nur den Schutz von Frauen vor sexueller Gewalt.
Am Ende wird das Sexualstrafrecht immer mit dem „Aussage gegen Aussage-Problem konfrontiert sein. Insofern könnte man unken, die Reform sei nur eine symbolische. Aber selbst oder gerade wenn dies der Fall ist: Sie erzwingt eine symbolische Neuorientierung unserer Vorstellung von männlicher Sexualität, die im Mann nicht länger nur den dominanten Macho sieht, dessen einzige Lustquelle in der notfalls gewaltsamen Eroberung der Frau mit anschließender Penetration besteht. Eine neue symbolische Ordnung würde ihn als menschliches Wesen mit vielfältigen Bedürfnissen erkennen, zu denen auch das Recht auf Schutz vor sexueller oder jeder anderen Form von Gewalt besteht. Damit müsste man seine potenzielle Verwundbarkeit ebenso akzeptieren.
Kommentare 21
"Eine neue symbolische Ordnung würde ihn (den Mann) als menschliches Wesen mit vielfältigen Bedürfnissen erkennen, zu denen auch das Recht auf Schutz vor sexueller oder jeder anderen Form von Gewalt besteht. Damit müsste man seine potenzielle Verwundbarkeit ebenso akzeptieren."
Ich bin gerührt, anerkenne aber ihre guten Absichten.
besser als nüscht
Umgekehrt bedeutet der Umstand, dass so etwas wie eine weibliche Vergewaltigerin nicht mal in in unseren verwegensten Fantasien möglich erscheint, eine seltsame Verharmlosung menschlicher Möglichkeiten. Denkbar ist solch eine Tat allemal.
Ich denke, dass es für Frauen gar nicht so schwer ist, Männer dazu zu bringen, gegen ihren Willen mit ihnen zu schlafen. Das könnte beispielsweise dadurch geschehen, dass sie die Trennung in einer Beziehung einfach nicht akzeptieren und einen solchen psychologischen Druck aufbauen, beispielsweise durch (implizite) Selbstmorddrohung, dass der Mann sich dazu genötigt sieht, gegen seinen Willen bei ihr zu bleiben. Täte er´s, er stünde unter solch immensem Druck, dass er ihn wahrscheinlich noch selbst über Sex entladen wollen würde - obwohl er das eigentlich nicht gewollt hätte.
Angesichts organisierter MRA/GG Mobs und Typen wie Milo Yannopolis wäre mir das als Frau ehrlich gesagt zu wenig.
Was ist den MRA.GG?
Mans Rights Activists/GamerGate. Die Creme de la Creme der frauenverachtenden Antifeministenszene aller sozialen Netzwerke und Online-Games.
Ihren Idealismus in Ehren, doch ich befürchte Eroberungslust ist leider eben doch eine biologische Komponente, die durch Kultur und Recht gezähmt werden muss. Dass in jedem Krieg, wenn kulturelle und rechtliche Hindernisse suspendiert sind, Vergewaltigungen grassieren, zeigt das auf traurige und unmissverständliche Weise.
Umgekehrt zeigt, dass laut Sexualstudien Vergewaltigung (als Opfer wohlgemerkt) in weiblichen Sexualfantasien eine so grosse Rolle spielt, dass Gewaltasymetrie eine vitale Komponente von Sexualität auch auf weiblicher Seite ist.
Dass es, zumal in homosexuellen Konstellationen, auch zu einer Umkehrung und Ausdifferenzierung dieser Asymetrien kommen kann, ist wiederum auch selbstverständlich. Meine Beobachtung ist allerdings, dass auch die meisten schwulen und lesbischen Beziehungen in sich asymetrisch sind.
Ich begrüsse die Verschärfung insofern sie eine Verbesserung des Schutzes vor Gewalt bedeutet. Doch Geschlechtermorphologien sitzen tiefer in uns und lassen sich durch Kultur und Gesetz nicht beeinflussen.
Die angebliche Viktimisierung von Frauen und die angebliche Verdächtigung der Männer entsteht also erst in den Köpfen der Kritiker.
Das ist zu einfach. Die gesamte dieser Gesetzesnovelle vorangehende Debatte wurde vorrangig in feministischer Diktion geführt, mit eindeutigen Zuordnungen, aus welchem Geschlecht die Täter und aus welchem Geschlecht die Opfer vorrangig stammen. Nur weil die gesetzlichen Regelungen jetzt geschlechtsunspezifisch gehalten sind, hat niemand vergessen, was gemeint ist.
--------------------------------------Aus meiner Perspektive - vermutlich oute ich mich jetzt als hoffnungslos vorsintflutlich - ist Sexualität eine Kommunikationsform, die nur in einer Liebesbeziehung ausgelebt werden kann. Sexualität ist die Fortführung eines sehr intimen Gesprächs mit anderen Mitteln. Naturgemäß haben Menschen in einer Phase ihres Lebens, in der Sexualität triebhaft auftritt, massive Probleme mit einer derartigen Sichtweise. Aber im Kern einer jeden Vergewaltigung steckt, abgesehen von der Gewaltfrage, die Opferung des kommunikativen Aktes an den Trieb. Diese Opferung passiert auch schon in vielen sexuellen Akten, die ohne Gewalt auskommen. Aus meiner Sicht geht damit eine Tiefendimension verloren, welche die Ausführung von Sexualität erst zu etwas Erhebendem macht.
Wenn das der Fall ist, bleibt eben nur profanes Vögeln.
Die Formel "Ein Nein sei in Wirklichkeit kein richtiges Nein" bildet wohl eher die Pathologisierung der Sexualität nach dem Credo ab, eine Person hat mit einem Nein seinen Borderline Autismus signalisert, der zu durchbrechen bzw. durch ein slbstermächtigt stelvertretendes Doppel- Ja aufzulösen sei, damit am Ende herauskommt
"Wir haben es doch beide gewollt!, oder etwa doch nicht? Du sagst ja ha gar nichts, Liebling "Is was?
Liebe Frau Hobrack,
grundsätzlich teile ich die Auffassung in Ihrem Beitrag.
Was aber ebenso ein Teil unsere Kultur ist, ist das Auswahlverhalten vieler (der meisten?) Frauen hinsichtlich eines Sexualpartners. Da wird nämlich ein "Macho" bevorzugt, der alles das vereint, was Frauen mittlerweile an einem Lebenspartner eigentlich nicht mehr haben wollen.
Frauen bestärken dadurch das Bild vom männlichen Eroberer und ermuntern entsprechend veranlagte Männer geradezu, diesem Bild zu entsprechen. Da wird es dann schon wieder schwierig mit "Nein heißt Nein".
falls die autorin wissen möchte, ab wo mir die anfängliche leselust vergangen war:
"Im Gesetzestext aber steht nichts von Frauen und Männern. Der Gesetzestext spricht von Personen, von Tätern und Opfern. Die angebliche Viktimisierung von Frauen und die angebliche Verdächtigung der Männer entsteht also erst in den Köpfen der Kritiker."
aber trotzdem danke für die minute, die sie drüber nachgedacht haben.
die gesetznovelle halte ich für ein weiteres teile und herrsche mosaiksteinchen und leider kaum mehr. die erweiterung fürs ausländerrecht dürfte grundgesetzwidrig sein. es fällt mir schwer, menschen ernst zu nehmen, die sich kurzsichtig vor den karren eines solchen werkzeugs spannen lassen.
Ich kann mir vorstellen, dass eine Veränderung der Haltung von Männern gegenüber Frauen am ehesten durch eine Änderung der weiblichen Präferenzen bei der Partnerwahl erfolgen könnte.
Wenn der körperlich größere, einkommensstärkere, mit höherem Bildungsabschluss versehene und durchsetzungsfähigere Mann nicht mehr das Ideal weiblichen Begehrens darstellen würde, könnte sich im Geschlechterverhältnis manches Ärgernis von selbst erledigen.
Ihr Ideal weiblichen Begehrens halte ich für ein Gerücht.
Auch der "alte" § 177 StGB (Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung) ist geschlechtsneutral. Alles andere wäre auch Quatsch. Es gibt Heteras und Heteros, die Männer vergewaltigen. Es gibt Frauen, die Frauen vergewaltigen. Das jetzt die Assoziation aufkommt, nur eine Frau sei von sexueller Gewalt betroffen und der Täter sei männlich, liegt vermutlich daran, das gerade Frauen die Lex Köln noch schnell vor der Sommerpause durchgehauen haben. (Das Gesetz muß übrigens noch vom Bundesrat abgesegnet werden.)
Die geschlechtsspezifische Zuordnung der Begriffe "Verführung und Eroberung" bringt meiner Ansicht nach nichts. Auch Männer können Verführer sein. Wenn ich den Memoiren Casanovas trauen darf, sind Frauen seinen Verführungskünsten ja reihenweise erlegen. Auch Frauen können eine Eroberung machen: Schauspielerinnen können das Herz ihres Publikums im Sturme erobern. Eine Frau kann einen Mann erobern. Der Ausdruck wird übrigens gern gebraucht, wenn ihr das allen Widerständen zum Trotz gelingt und sie dadurch beispielsweise gesellschaftlich aufsteigt.
Sicher ist es kulturell bedingt, das ein "echter" Kerl der ist, der seine Sexualität offensiv auslebt. Der tolle Hecht darf das, die olle Schlampe nicht.
Ein sehr guter Kommentar, jedenfalls sehr viel besser als das was man von feministischen Autorinnen gewohnt ist.
Zwei Punkte möchte ich doch ansprechen.
1. Der Punkt, dass zur Verführung notwendigerweise eine Übertretung gehört und ihr Contraargument. Ich glaube, dass hier ein grundsätzliches semantisches Missverständnis vorliegt mit zusätzlicher Verschärfung durch Extremisten auf beiden Seiten. Ihr Argument bezüglich, dass Verführung nicht ein Nein in ein Ja sondern ein Jein in ein Ja verwandelt ist meiner Meinung nach nicht ganz richtig. Um zu differenzieren: Es stimmt, dass manche Männer die psychologische Tatsache, dass Verführung eben darin besteht da wo kein Wollen vorliegt oder wo das Wollen nicht bewusst ist, ein Wollen zu schaffen, rhetorisch missbrauchen. Wie das? Das Fehlen eines Wollens kann man sprachlich als ein Nein darstellen und das Vorhandensein eines Wollens als ein Ja, insofern ist Verführung in der Tat das Verändern eines Neins in ein Ja. Das Entscheidende ist nicht ob vorher ein Nein oder ein Jein vorlag, sondern die Frage wie das Ja herbeigeführt wird. Mit Ihrer Aussage es würde kein Nein sondern ein Jein vorliegen verwischen Sie die psychologischen Tatsachen und betreiben letztlich nur ein ärgerliches semantisches Spiel. Um aber hier klar zu sein: Diejenigen die das Spannungsverhältnis der Verführung missbrauchen machen sich eines ekelhaftes semantischen Spieles schuldig. Denn sie reduzieren die ganze Diskussion auf die reinen Worte, was die psychologische Dynamik der Verführung vollkommen unterschlägt. Denn worauf kommt es an? Darauf wie das Ja herbeigeführt wird und wie das vorher vorhandene Nein in der Retrospektive erscheint. Physische und psychische Gewalt oder Zwang sind grundsätzlich ausgeschlossen und stellen keine Verführung dar. Warum? Weil selbst wenn das Opfer zu einem Ja gezwungen wird, so ist dies erstens nicht ernst gemeint und zweitens erscheint das vorher im Raum stehende Nein als nach wie vor gültig. Liegt hingegen eine Verführung vor (egal von welcher Seite) so erscheint das Nein in der Retrospektive als ein Irrtum, den man sich nicht erklären kann, es wird dadurch retrospektiv disqualifiziert. Verführung wiederum beinhaltet, dass sie tatsächlich in Grauzonen agiert; allerdings weniger in juristischen als vielmehr in Grauzonen der Sitte und in der Übertretung dessen was als Privatssphäre aufgefasst wird. Schlicht aufgrund der Tatsache, dass an irgendeinem Punkt die verführende Seite eine Grenze normalen persönlichen Verkehrs übertreten muss. Eine Frage die klären will ob ein Ja oder ein Nein vorliegt, kann entweder als erotische Avance oder als Übergriff interpretiert werden, genau wie der Versuch die andere Person zu küssen usw. Es liegt schlicht in der Natur der Sache, dass vor einer solchen Avance nicht klar ist woran man ist (egal ob ein Mann oder eine Frau die Avance macht) und es liegt auch in der Natur der Sache, dass eine solche Avance zu einem wirklichen Ja führen kann, obwohl vorher noch ein Nein im Raum stand. Das ist die wirkliche Problematik.
Warum betone ich das? Weil ich häufig beobachte, dass einige Feministinnen diese Problematik vollkommen vertuschen und so tun als ob alles straightforward klar wäre und jeder Versuch von männlicher Seite die Gegenseite zu beeinflussen eine Form von Vergewaltigung ist. Dass weder Sie dazu zählen, noch die Novelle des Sexualstrafrechts zum Inhalt hat diese Sichtweise in Gesetzesform zu gießen ist mir klar. Dennoch sollte man diese Sichtweise nicht legitimieren, denn sie scheint mir vielmehr eine neurotische Angst vor der eigenen Sexualität zu sein, die dann in projektiver Weise den Mann als Ursache dieser Gefahr ausmacht, obwohl die eigentliche Gefahr in der eigenen Sexualität liegt. Dass die Gegenseite nämlich die machistischen Männer dieses Komplexe und Schwierige Spiel der Verführung einfach auf ein reines Umbiegen von Ja zu Nein reduzieren lässt die ganze Komplexität des Vorgangs schlicht unter den Tisch fallen.
2. Warum leugnen Feministen immer wieder die biologische Bedingtheit menschlichen Verhaltens? Ja es ist richtig, dass unsere Geschlechterrollen in ihrer Form kulturell geformt sind, was allein schon daraus resultiert, dass eine Geschlechterrolle per Definition etwas kulturelles ist. Wer Sex von Gender trennt, und dabei Gender als das nicht biologische definiert, der kann sehr leicht hinterher darüber triumphieren, dass Gender nichts biologisches ist. Es ist auch nichts dagegen einzuwenden chauvinistische Sichtweisen, die sich auf eine mythologische Biologie berufen, zu bekämpfen. Aber die Biologie als notwendige Grundlage für unserer Geschlechterrollen zu leugnen ist nicht nur falsch sondern politisch auch töricht. Allein schon weil unsere Kultur als solche überhaupt erst auf biologisch bedingten Konflikten hervorgeht. Wozu haben wir denn überhaupt Geschlechterrollen? Um die biologisch vorliegenden Triebkonflikte im kulturellen Spannungsfeld irgendwie lösen zu können. Es ist selbstredend notwendig diese Rollen stets neu zu verhandeln und zu kritisieren. Und zwar gerade deswegen, weil unser Verhalten biologischen Einflüssen unterliegt, die sich nicht wegdiskutieren lassen und die Männer wie Frauen in irgendeiner Form lösen können müssen. Einer dieser Einflüsse ist, dass Frauen im Schnitt (d.h. natürlich dass es Variation gibt), das Gefühle von Sorge um Kinder und Verletzte auslöst und bei unseren biologischen Verwandten zu Brutpflegeverhalten führt (siehe dazu Forschung von Jaak Panksepp). Das ist schlicht eine biologische Tatsache. Sie zu leugnen trifft dabei nicht Männer, sondern gerade jene Frauen, die wegen dieser existenziellen Tatsache die Wahl haben sich für die Familie zu entscheiden und damit die Forderung dieses Systems zu befriedigen oder dagegen und infolge dessen psychisch zu erkranken, und sich dann nachvollziebarerweise für die Familie entscheiden. Ich habe Texte von Feministinnen gelesen die solche Frauen pauschal auf die übelste Weise angreifen und beleidigen. Da frage ich mich: Ist das eigentlich Frauenpolitik? Hat das irgendwas mit Emanzipation zu tun, oder geht es da manchen nicht vielmehr darum einen biologischen Unterschied krampfhaft zu leugnen und notfalls auch auf Frauen einzudrechen, die dem im Wege stehen. Harald Martenstein hat einmal sehr treffend darauf hingewiesen, dass im 20. Jhd die Biologie vorgeschoben wurde um zu rechtfertigen, dass Frauen keiner Lohnarbeit nachgehen dürfen sollten, dass sie daheim bleiben sollten, ja das sie nicht wählen dürfen sollten usw. Man kann daher verstehen, dass die feministische Tradition auf die Biologie nicht gut zu sprechen ist. Der Fehler ist dennoch der die Biologie als Ursache auszumachen, denn das würde heißen den Chauvinisten implizit zuzustimmen. Der Punkt ist vielmehr, dass das alles nicht stimmt. Wenn wir aber emanzipative Frauenpolitik machen wollen müssen wir vielmehr die biologischen Unterschiede feststellen, verstehen und daraus Schlüsse zu ziehen wie wir die Geschlechterrollen und unsere Gesellschaft gestalten sollen, damit Frauen in der Lage sind ein eingermaßen zufriedenes Leben zu führen, was bedeutet die biologischen und daraus resultierenden psychischen Konflikte lösen zu können.
Es ist schön, wenn Sie das aus Ihrer persönlichen Erfahrung so nicht bestätigen können.
Meine Erfahrungen sind allerdings (ich habe beruflich sehr viel mit jüngeren Paaren zu tun), dass fast alle Frauen mit Männern zusammen sind, die dem von mir genannten Ideal eines "potenten" Partners entsprechen.
Auch in meinem privaten Bekanntenkreis verhält es sich nicht anders.
Den gleichen Befund ergibt nach mehreren durchgeführten Studien das Klickverhalten der Frauen auf Parter-Suche-Portalen.
Von "Gerüchten" kann also keine Rede sein.
Wenn der körperlich größere, einkommensstärkere, mit höherem Bildungsabschluss versehene und durchsetzungsfähigere Mann nicht mehr das Ideal weiblichen Begehrens darstellen würde, könnte sich im Geschlechterverhältnis manches Ärgernis von selbst erledigen.
Bester Lösungsansatz. Frauen sollen sich einfach körperlich schwächere, devote, unselbstbewusste, unintelligente Männer mit sozial schwächerem Stand suchen! Ganz klar. Dass da niemand früher darauf gekommen ist?
Es gibt überhaupt kein Problem damit, wenn sich Frauen von Männern angezogen fühlen die Charaktereigenschaften die für sie als Frau, aber auch als Gesellschaft, stark gelten und wirken.
Solchen Männern in Abrede zu stellen, dass sie nicht die nötige Empathie, Rücksicht und Toleranz haben könnten um schwächere Personen (körperlich und / oder charakterlich) zu schützen, vorverurteilt einfach mal so eine ganze Gruppe von Männern.
Was wäre ihr Lösungsansatz in einer freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft ? Die Partnerwahl für die Frauen vom Staat übernehmen ? Oder Aufklärungskurse "vorsicht vor anziehenden Männern - wie sie sich zum Selbstschutz den uninteressantest Mann angeln in 10 Schritten" ?
Umgekehrt bedeutet der Umstand, dass so etwas wie eine weibliche Vergewaltigerin nicht mal in in unseren verwegensten Fantasien möglich erscheint, eine seltsame Verharmlosung menschlicher Möglichkeiten. Denkbar ist solch eine Tat allemal.
Wenn man im üblichen - heterosexuellen - Rollenmuster von Erwachsenen bleibt, wird die Täterin selten bleiben. Was die sexuelle Ausbeutung von Kindern, insbesondere Jungen angeht, sieht das ganz anders aus. Missbraucherinnen haben gegenüber ihren männlichen Pendants einen fast unschlagbaren Vorteil, nämlich der gesellschaftliche Mythos, nach dem Frauen nicht sexuell aggressiv, ja nicht mal sexuell initiativ sind. Eine gefährliche Fehlannahme, denn sexuelle Gewalt als gesellschaftlich fest etablierte Form Sex zu leben, wird in genau diesen Täter-Opfer-Ketten tradiert. In denen Missbraucherinnen ihren festen Platz haben. Ein Junge, der schon früh von seiner Mutter als lebendiges Sextoy missbraucht wurde, wird später große Probleme haben, eine gleichrangige, erfüllende Sexualität mit anderen Erwachsenen zu leben. Er wird das, was zwar zum Glück in der Minderheit ist, aber unsere Vorstellungen trotzdem prägt: ein Mann, der seine Sexualität in ein menschliches Klo abführt, wie andere ihre Darmverstopfung ins WC-Becken.
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von 9 Millionen Erwachsenen in Deutschland, die in ihrer Kindheit und/oder Jugend Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden
Knapp daneben ist auch vorbei. Ihre Schlussfolgerungen sind absurd, was Sie ja selbst einräumen.
Was man aus einem "Nein" alles so herausziehen kann ist schon erstaunlich. Warum ist hier fraglich, was ansonsten normal ist? Weil eine Frau nein sagt: ich fasse es nicht!
Gewaltsames, übergriffiges sexuelles Agieren entspricht einem traditionellen Rollenmuster männlicher Sexualität. Dies wird oft biologisch begründet, Andere sehen darin ein gesellschaftspolitisches Phänomen. Prof. Rolf Pohl vertritt letzteren Ansatz und hat dazu geforscht, in seinem Buch "Feindbild Frau" beschäftigt er sich auch mit ritualisierter sexueller Gewalt, die sich in dem von ihm angeführten Beispiel gegen männliche ! Kleinkinder richtet. Sein Hauptfokus sind aber Vergewaltigungen und sexualisierte Massentötungen im Zuge kriegerischer Auseinandersetzungen. Da Krieg ja den Zweck hat, dem Gegner zu schaden, gehört sexuelle Gewalt und sexualisiertes Morden zum Repertoire der Kriegsparteien http://calendar.boell.de/de/event/lesung-und-gespraech-mit-prof-dr-rolf-pohl
Seine Sexualität mit anderen Menschen zu teilen, setzt ein gewisses Maß an normaler und gesunder Aggression voraus. Sie einer Person aufzunötigen, hat meiner Einschätzung nach einen pathologischen Zug. In den Biografien von Sexualstraftätern und sexuell übergriffigen Leuten finden wir überdurchschnittlich oft in deren Kindheit Hinweise auf nicht adäquat verarbeitete negative Prägungen und traumatische Beziehungen. Einen biologischen Sinn kann ich in sexueller Übergriffigkeit nicht erkennen. Wir Hominiden leben in Gruppen, unser Nachwuchs ist lange Jahre über auf massive Unterstützung angewiesen. An der Aufzucht ist immer die Horde insgesamt beteiligt, Männer und Frauen gleichermaßen. Mütter, die ihre Kinder mittels negativ erlebter Sexualität empfangen, haben später erwiesenermaßen viel weniger Chancen, ihn anzunehmen. Die Mutter-Kind-Bindung ist schlechter, die Lebensperspektiven der Kinder sinken. In grauer Vorzeit war es für die Gruppe überlebensnotwendig, dass jedes Mitglied sozial interagiert und seinen Teil dazu beiträgt, dass die Gemeinschaft gedeiht. Sexuell dominante männliche Personen tragen aber Streß in ein soziales Gefüge. Vermutlich haben unsere Vorfahren solche Typen ausgegrenzt und damit dem sicheren Tod überantwortet oder gleich mit Knüppeln erschlagen. Was deren Chance, Nachwuchs zu zeugen erheblich eingeschränkt haben wird. Definitiv kein biologischer Vorteil. Liebe und Lust zu bewirken und zu erfahren, regt dagegen die Ausschüttung von Wohlfühlhormonen an und die Aussicht darauf hat die Bereitschaft der Männer sicherlich erhöht, gemeinsam Tiere zu töten und in die heimatliche Wohnhöhle zu tragen. Für Macker war da sicherlich kein Platz. Die konnte sich erst die moderne Gesellschaft leisten.