Immer wieder im Frühsommer, wenn ich über meiner Steuererklärung brüte und Daten in digitale Formulare „einpflege“, wie es im Office-Deutsch heißt, kehrt sie wieder, die Frustration darüber, wie das Finanzamt meinen Familienstatus bewertet. Die Klage über die problematische Behandlung von Alleinerziehenden in Steuerfragen ist nicht neu. In meinen Fall kommt hinzu, dass Staat und Finanzwesen scheinbar keinen Begriff für das haben, was ich nun eigentlich bin. Eine ledige Alleinerziehende für den einen Sohn, eine ledige Gemeinsamerziehende für den anderen. Während mich das Jugendamt in Bezug auf meinen ältesten Sohn als Alleinerziehende wertet, weil ich unverheiratet bin, bin ich es für das Finanzamt nicht, weil ich mit einem Partner, der nicht der Vater meines ältesten Sohnes ist, den Haushalt teile. Das Definitionsproblem kratzt an Vorstellungen der patriarchalen Gesellschaft, die wir eigentlich überwunden haben sollten.
Natürlich teilen mein Partner und ich die Kosten für Miete und Strom. Von der Teilung der Sorgearbeit einmal abgesehen. Ich bin nicht alleinerziehend. Mein Partner ist aber trotzdem nicht der Vater meines Ältesten. Mein Partner muss meinem Sohn kein Eis spendieren, und er müsste schon gar nicht im Falle einer finanziellen Notlage für mich und mein Kind aufkommen. Wir profitieren als Paar nicht von steuerlichen Vergünstigungen für Ehepaare wie dem Ehegattensplitting.
Unterschwellig unterstreicht die steuerliche Gleichsetzung von geteiltem Leben und Sorgen das Bild, dass der neue Mann auch automatisch der neue Vater im Leben der Kinder (bzw. die neue Frau die neue Mutter) sein müsste. Das blendet aus, dass der „alte“ Vater (die „alte“ Mutter) nicht verschwinden sollte, weder als zahlende noch als sorgende Person. Das Bild der Patchworkfamilie ist auch deswegen so treffend, weil im Patchwork die aneinandergesetzten Flicken als solche sichtbar bleiben.
Logisch, dass komplexer werdende Familienstrukturen das Steuerrecht vor einige Probleme stellen. Andererseits ist es auch nicht so, dass das Steuerrecht andernorts nicht über komplexe Detailregelungen verfügte; man müsste doch meinen, dass der steuerlich vermutlich verbreitete Fall von Lebensgemeinschaften, bei denen nicht alle Kinder gemeinsame Kinder sind, berücksichtigt werden könnte.
Noch patriarchaler wird es in Fragen des Unterhaltsvorschusses. Wie oben erwähnt, endet der Anspruch auf Unterhaltsanspruch, bei dem der Staat an die Stelle des Elternteils tritt, der keinen Unterhalt leisten kann oder will, sobald die alleinerziehende Person heiratet. Dabei könnte auch hier gelten, dass der neue Partner womöglich für das Kind aus einer anderen Beziehung keine Unterhaltspflichten übernehmen will oder kann.
Vor allem aber entlässt die Regelung den leiblichen Elternteil aus der Unterhaltspflicht, sofern dieser nicht freiwillig zahlt. Im Rahmen des Unterhaltsvorschussgesetzes streckt der Staat nur vor, was er sich bei Gelegenheit beim unterhaltspflichtigen Elternteil zurückholt. Mit dem erlöschenden Anspruch auf Unterhaltsvorschuss werden Alleinerziehende auch beim Einklagen des ausbleibenden Unterhalts auf sich selbst zurückgeworfen.
Am schwersten wiegt aber, dass der Beziehungsstatus von Mutter (oder Vater) auf das Kind zurückwirkt. Das ist auch deswegen unzeitgemäß, weil wir wissen, wie wenig beständig Ehen sind und wie schwer es eine, sich möglicherweise aus der Ehe ergebende, finanzielle Abhängigkeit vom neuen Partner macht, sich auch wieder zu trennen. Kinder sind keine Güter, die man schlicht in Beziehung oder Ehe einbringt. Sie dürfen auch vor dem Gesetz nicht so behandelt werden.
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