Sind wir nicht alle ein bisschen schwanger?

Coronakrise All die Einschränkungen nerven euch jetzt schon? Hoffentlich tragt ihr dann niemals ein Kind aus ...
Ausgabe 17/2020
Better safe than sorry!
Better safe than sorry!

Foto: Anthony Wallace/AFP/Getty Images

All die Einschränkungen, die wir monatelang erdulden müssen! Wie sehr man den Geruch von Menschen, die wie Schnapsflaschen riechen, und von überfüllten Aschenbechern in Kneipen vermissen kann! Keine Konzerte, auf denen man, dicht an dicht gedrängt, zum kollektiven Resonanzboden für wummernde Bässe wird. Und all die Verzichtsregeln! Kein Sushi essen, keine Salami. Wie meinen? Was hat Salami mit Corona zu tun? Nichts! Denn hier geht es nicht um Corona, sondern um die Dinge, auf die man während einer Schwangerschaft verzichten muss.

Weil ich das schon zweimal erlebt habe, muss ich ein wenig schmunzeln, wenn nun Menschen die Einschränkung ihrer Freiheiten zugunsten der Gesundheit anderer beklagen. Und plötzlich sind wir alle schwanger! Plötzlich müssen wir kollektiv verzichten. Dabei folgen wir dem für Schwangere so wichtigen Motto: Better safe than sorry! Eine Infektion, die der Mutter aller Wahrscheinlichkeit nach nicht einmal Symptome beschert, könnte das Ungeborene schwer schädigen. Also bitte keine rohen Lebensmittel verzehren. Bei Corona ist es nun bekanntermaßen andersherum. Hier müssen wir für unsere Eltern und deren Eltern Verantwortung übernehmen. Lastenausgleich, oder so. Bevor Sie nun schreien: „Whataboutismus-Alarm! Nicht Äpfel mit Birnen vergleichen!“, hier noch ein Birnengedanke: Fast alle Schwangeren halten sich an die beschriebenen Verzichtsregeln. Selten hört man Mütter, die eine Grundsatzdebatte über den Verzicht auf selbstverständliche Freiheiten anstimmen, weil sie nun nicht mehr in verrauchten Kneipen sitzen dürfen oder der Arzt befiehlt (nicht empfiehlt!), nicht mehr zu rauchen. Schwangere lamentieren nicht über Grundrechte, auch wenn viele der Vorsichtsmaßnahmen verhältnismäßig kleine Risiken betreffen (bitte nicht zu viel Leberwurst im ersten Trimester, zu hoch dosiertes Vitamin A könnte dem Fötus schaden!).

Auch die nun so häufig beklagte Sozialkontrolle durch Dritte – Menschen, die Kennzeichen aus fremden Bundesländern notieren oder in zu großen Gruppen verweilende Passanten fotografisch dokumentieren –, kennen Schwangere nur allzu gut. Was täten Sie denn, wenn sie eine rauchende Schwangere sähen? Schon ein Gläschen Cola kann zu Ermahnungen führen.

Einen wichtigen Unterschied zu Corona aber gibt es: Die Einschränkungen werden wir wohl nicht neun Monate lang ertragen müssen. Bis dahin gilt: Je suis schwanger, du bist schwanger, bleiben wir guter Hoffnung!

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Geschrieben von

Marlen Hobrack

Was ich werden will, wenn ich groß bin: Hunter S. Thompson

Marlen Hobrack

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