Tränen lügen oft

Essay Büchner-Preis-Träger Marcel Beyer schreibt eine spezielle Geschichte des Weinens
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 18/2017

Wann hörten die Männer auf zu weinen? Marcel Beyer greift diese Frage, die Roland Barthes schon stellte, in seinem neuen Buch Das blindgeweinte Jahrhundert erneut auf. Jeder großen Frage ist eine weitere Frage vorgängig, und die müsste so lauten: Was bringt Männer eigentlich zum Weinen? Es sind, natürlich, die Frauen. Um diese Erkenntnis zu bestätigen, führt uns Beyer das berühmte Busenattentat, das Theodor Adorno bei seiner (angeblich) letzten Vorlesung ereilte, vor Augen. Eine Gelehrtentragödie in drei Akten ist das, nein, mit drei barbusigen Damen und einer Aktentasche. Freud wusste in der jüngsten und schönsten unter ihnen den Tod selbst in einer Maskierung zu erkennen. Weinte Adorno, oder weinte er nicht, als er sich mit